Vollmacht & „Rechtliche Betreuung“ – Probleme

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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WernerSchell
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Vollmacht & „Rechtliche Betreuung“ – Probleme

Beitrag von WernerSchell » 20.02.2006, 08:35

Vollmacht & „Rechtliche Betreuung“ – Immer wieder Probleme!

Alle BürgerInnen sollten über die rechtlichen Vorgaben, „in gesunden Tagen“ eine Vollmacht erteilen zu können, informiert sein und damit die Möglichkeit nutzen können, eine eventuelle nicht gewollte „Rechtliche Betreuung“ auszuschließen und konkret Weisungen für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit zu erteilen (§ 1896 ff. BGB). Dazu sind die Kompetenzen der Betreuungsbehörden ab 1.7.2005 gestärkt bzw. ausgeweitet worden. Man kann sich dort z.B. beraten und seine Unterschrift beglaubigen lassen. Der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. - http://www.pflege-shv.de - bietet insoweit auch seine Hilfe an und informiert u.a. über Vortragsveranstaltungen zum Thema.

Wenn es im Zusammenhang mit einer Vollmacht oder „Rechtlichen Betreuung“ Probleme geben sollte, müssen sie juristisch sauber abgearbeitet werden. Zu einigen immer wieder auftauchenden Problemen ergibt sich:

1. Was ist, wenn die Vorsorgevollmacht auf jemanden ausgestellt wird, der sich dessen nicht würdig erweist? Heime reagieren da sehr schnell und oft mit besten Beziehungen zum Amtsgericht. Aber im Privatbereich?
Antwort: Der Bevollmächtigte ist grundsätzlich im Rahmen der Vollmacht entscheidungsbefugt und kann nicht beliebig seiner Rechtsmacht beraubt werden. Weder durch Heimträger noch durch Vormundschaftsgericht. Ob jemand "würdig" erscheint, ist rechtlich belanglos. Maßgeblich ist allein, ob er eine klare Bevollmächtigung besitzt und seine Rechtsmacht für den Vollmachtgeber zur Geltung bringt.

2. Was ist, wenn die Vorsorgevollmacht – Vollmachtgeber lebt im Heim - angezweifelt wird, weil der Angehörige sich beschwert und in Folge ein amtlicher Betreuer bestellt wird?
Antwort: Auch dann, wenn der Bevollmächtigte für Ärzte, Heimträger usw. ungünstig erscheinende Entscheidungen treffen muss, ist das zu akzeptieren (z.B. eine bestimmte ärztliche oder pflegerische Maßnahme ablehnt). Die Vollmacht ist verbindlich, basta. Es ist auch für das Vormundschaftsgericht nicht möglich, nach Gutdünken einen Bevollmächtigten durch einen „Rechtlichen Betreuer“ zu ersetzen. Das würde dem Sinn und dem Zweck des BGB zuwider laufen. Es gibt auch schon eine gerichtliche Entscheidung, die insoweit für klare Verhältnisse sorgt. Wäre es anders, würde man über die Aushebelung der Bevollmächtigung durch Einsetzung eines „Rechtlichen Betreuers“ letztlich eine umfassende Aufgabenkontrolle zulassen. Die Kompetenzen des Vormundschaftsgerichts bei einer Vollmacht sind in den §§ 1904 und 1906 BGB genau beschrieben. Dort sind für einzelne Bereiche lediglich Genehmigungspflichten vorgesehen, als Schutzfunktion.

3. Was ist, wenn der „Rechtliche Betreuer“ jeglichen Besuch des Angehörigen, Kontakt mit dem Angehörigen untersagt? Eventuell den Kranken noch dahingehend manipuliert – bei Menschen mit Demenz sehr einfach – dass er den Angehörigen ablehnt?
Antwort: Wenn ein „Rechtlicher Betreuer“ die Besuchsregelung in einer Art und Weise regelt, die dem Wohle der betreuenden Personen entgegen zu stehen scheint, kann / sollte das Vormundschaftsgericht informiert werden. Es hat dann die Möglichkeit, auf den „Rechtlichen Betreuer“ in einer dem Wohl des Betroffenen dienenden Weise einzugreifen, ja, sogar den „Rechtlichen Betreuer“ notfalls seiner Aufgaben zu entbinden und eine andere Person mit der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben zu betrauen.
Die hier angesprochene Problematik spricht sogar dafür, sich zeitgerecht über eine Bevollmächtigung Gedanken zu machen, damit eine fremdbestimmte Entscheidung nicht zu Lasen der Familie / der Angehörigen geht.
Zuletzt geändert von WernerSchell am 22.04.2007, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Moonlight_Admin

Ebenso wichtig - Patientenverfügung

Beitrag von Moonlight_Admin » 18.03.2007, 13:26

Im Notfall den eigenen Willen durchsetzen
Für viele ist es eine grauenhafte Vorstellung, durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr über sich selbst entscheiden zu können. Mit einer so genannten Patientenverfügung kann vorgebeugt werden.
Quelle: www.ard.de

ein Interessanter und vorallem Wichtiger Zusatz zu einer Versorgungsvollmacht meiner Meinung nach.

Den ganzen Artikel finden sie hier:

http://www.ard.de/ratgeber/gesundheit/p ... index.html

Gruß
Moonlight

Herbert Kunst
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Vollmacht mit Patientenverfügung kombinieren!

Beitrag von Herbert Kunst » 18.03.2007, 14:19

Hallo,
damit es nicht verloren geht: Wichtiger als eine Patientenverfügung ist eine Vollmacht. Der Bevollmächtige hat damit ausdrücklich Rechtsmacht und kann den Willten des Betroffenen durchsetzen.
Eine sinnvolle Kombination von Vollmacht und Patientenverfügung ist natürlich die ideale Lösung. Allerdings müssen die Text stimmig sein und juristisch unangreifbar. Leider werden zuviele unbrauchbare Texte angeboten.
Siehe auch die Informationen unter
viewtopic.php?t=4296
oder unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... lkunde.htm
Gruß
Herbert Hubert
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

WernerSchell
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Vollmacht kann der Rechtlichen Betreuung überlegen sein

Beitrag von WernerSchell » 03.05.2007, 05:55

In einer Mailingliste schrieb ein Jurist und Kenner des Betreuungsrechts u.a.:
.... Richtig angewendet, kann die Vorsorgevollmacht ein vernünftiges und der Betreuung haushoch überlegenes Vorsorgeinstrument sein. ...

Desem klaren Statement möchte ich uneingeschränkt zustimmen. Es versteht sich, dass eine Vollmacht nur nach ausreichender Aufklärung in Betracht kommen und mit aller Sorgfalt formuliert werden sollte.
Für die betroffene Person kann die Vertretung durch einen Bevollmächtigten im Übrigen erheblich günstiger gestaltet werden.
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