Patientenverfügung - Gesetz in Vorbereitung

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Service
phpBB God
Beiträge: 1828
Registriert: 14.09.2006, 07:10

Patientenverfügung - Gruppenantrag Bosbach et.al.

Beitrag von Service » 24.03.2007, 12:01

Patientenverfügung - Gruppenantrag Bosbach et.al.

Herr Dr. Arnd May hat mitgeteilt, dass auf der Seite

http://www.medizinethik.de/patientenautonomie.htm

der Gruppenantrag Bosbach et.al. und weitere Dokumente eingestellt worden sind. Sobald weitere Dokumente vorliegen, werden diese dort ebenfalls eingefügt.

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patientenverfügungen sind bereits verbindlich!

Beitrag von Presse » 25.03.2007, 07:08

Hoppe: Patientenverfügungen seien bereits verbindlich, dies wüssten nur zu wenige
Ärzteschaft sorgt sich um geplantes Gesetz zur Patientenverfügung


(PR-inside.com 24.03.2007 11:27:17) - Die Ärzteschaft sorgt sich um das geplante Gesetz zur Patientenverfügung. Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe warnte im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» die Parlamentarier davor, die Verbindlichkeit dieser Verfügungen rechtlich zu regeln. «Es ist schon gut geregelt. Ein Gesetz wird nur neue Probleme bringen», sagte Hoppe.
...
Weiter unter
http://www.pr-inside.com/de/aerzteschaf ... r75245.htm

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Bewegung in der Debatte über Gesetz zu Patientenverfügungen

Beitrag von Presse » 25.03.2007, 07:19

Bewegung in der Debatte über Gesetz zu Patientenverfügungen

Wenige Tage vor einer ersten Bundestagsdebatte über Patientenverfügungen gibt es Bewegung in der seit langem umstrittenen Frage. Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und ihr Fraktionskollege Michael Kauch kündigten am Freitag einen eigenen Gesetzentwurf an, über den die FDP-Fraktion derzeit berate. Danach sollen Therapiebeschränkungen für jede Krankheitsphase zulässig sein. Weitere Informationen unter:
http://www.1000fragen.de/projekt/aktuel ... d=507&pn=0

Quelle: Newsletter der Aktion Mensch, 24. März 2007

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Gesetzentwurf „Patientenverfügung“ Bosbach u.a.

Beitrag von Presse » 25.03.2007, 12:35

Stellungnahme zum Gesetzentwurf „Patientenverfügung“ der MdB Wolfgang Bosbach (CDU), René Röspel (SPD), Josef Winkler (Bündnis 90 / Die Grünen) und Otto Fricke (FDP)

Gesetzentwurf ist Mogelpackung
Massive Einschränkung der Patientenrechte
Millionen bestehende Patientenverfügungen würden unwirksam
Staatliche Zwangsbehandlung
Entwurf ist verfassungwidrig


22 Jahre wohl überlegte Rechtsprechung zu den Patientenrechten am Ende des Lebens bestimmen die Rechtslage. Unsere 15-jährige Erfahrung in hunderten von Fällen zeigt, dass die Rechtsprechung der Vielfalt der Konstellationen am Lebensende gerecht wird. Leider ist die Kenntnis dieser Rechtslage bei Ärzten und Vormundschaftsrichtern noch immer ungenügend. Daher befürworten wir nur ein Gesetz, wenn die geltende Rechtslage uneingeschränkt übernommen wird und damit die notwendige Sicherheit für alle Beteiligten schafft.

Das Gegenteil geschieht durch den vorliegenden Gesetzentwurf.

In verfassungswidriger Weise stellt er den Lebensschutz über die Selbstbestimmung des Patienten. Das Grundgesetz hingegen garantiert ein Recht auf Leben, begründet aber keine
Pflicht zu leben. So darf der Staat das Leben nie gegen den erklärten Patientenwillen „schützen“. Die Patientenverfügung findet nach dem Grundgesetz ihre Grenze allein in der Verletzung der Rechte anderer Menschen. Längst hat die höchstrichterliche Rechtsprechung unter Berufung auf die Verfassung festgestellt, dass ein Patient mit dem Verbot einer künstlichen Lebensverlängerung niemals die Rechte von Ärzten, Pflegekräften oder Angehörigen verletzen kann. Vielmehr verletzen diese seine Selbstbestimmung und körperliche Integrität, wenn sie eine solche Lebensverlängerung gegen den Patientenwillen aus Gewissensgründen durchführen. Erstaunlicherweise verschweigen die Autoren diese Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.06.2005. Ebenso erstaunlich ist, dass die Autoren die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02.08.2001 verschweigen: danach ist die Patientenverfügung der Zeugen Jehovas rechtlich zulässig, mit der diese Bluttransfusionen verbieten, so dass man ihr Sterben zulassen muss, obgleich sie völlig gesund weiterleben könnten. Damit hat das Bundesverfassungsgericht die uneingeschränkte Selbstbestimmung auch mit der Konsequenz der Verwerfung eines sogar gesunden Weiterlebens festgestellt. Hingegen stellt vorliegende Entwurf quasi einen Katalog auf, unter welchen Voraussetzungen ein Mensch fordern kann, dass man ihn sterben lässt. Diese Reichweitenbeschränkung ist
daher zwingend verfassungswidrig.

Es wird verkannt, dass mit einer Patientenverfügung die Menschen im voraus auch gezielt und bewusst auf letzte Chancen verzichten und sich lieber ihrer Selbstbindung als ärztlicher Fremdbestimmung unterwerfen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der Patient vor seiner eigenen Patientenverfügung geschützt werden. Dem „mündigen Bürger“ wird unterstellt, er verstehe die Tragweite der Erklärung nicht.

Verhindert werden soll schlicht „der Tod, der noch nicht nicht notwendig ist“ (René Röspel). Dies führt zurück zum Diktat des Machbaren, von dem sich die Medizin in den letzten Jahren endlich verabschiedet hat.

Im angeblich „schonenden Ausgleich“ zwischen Selbstbestimmung und Lebensschutz wird in Wirklichkeit die differenzierte Rechtssprechung in einem Handstreich außer Kraft gesetzt.

Der Gesetzentwurf stärkt das Selbstbestimmungsrecht der Patienten nicht, sondern schränkt es verfassungswidrig ein!

Wenn letztlich der Staat und nicht der Patient bestimmt, wann sein Leben zu erhalten ist, wann staatliche Zwangsbehandlung die Folge ist, dann erinnert dies in fataler Weise an die Praxis der Euthanasie im Dritten Reich!

Wolfgang Putz
Rechtsanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter für Medizinrecht und Medizinethik an der
Ludwig-Maximilians-Universität München
Beate Steldinger
Rechtsanwältin für Medizinrecht

Zu Veranschaulichung drei typische Fälle aus der Praxis:

Johanna M.,76, lebt seit sechs Jahren demenzkrank, verwirrt und bettlägerig im Heim. In ihrer Patientenverfügung, die sie immer wieder bekräftigt hat, wollte sie im Falle von Alzheimer oder Demenz niemals an die Magensonde kommen (Text der Patientenverfügung der Bayerischen Staatsregierung). Nun erweist sich die Möglichkeit der natürlichen oralen Nahrungsaufnahme durch liebevolles Füttern früh, mittags und abends als langfristig nicht mehr ausreichend zur Lebenserhaltung. Eine Magensonde durch die Bauchdecke (PEG) soll gelegt werden. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf dürfte man den Patientenwillen nicht beachten. Er zählt die PEG bereits zu den gebotenen ärztlichen Maßnahmen.

Karl-Wilhem H., 55, liegt seit zwei Jahren nach mehreren Schlaganfällen nicht ansprechbar im Bett. Er ist halbseitig gelähmt und wird über die PEG ernährt. Beim zeitweisen Öffenen der Augen ist fraglich, ob er fixiert und ob er Wahrnehmungen hat. Eine Kommunikation ist unmöglich. Nach Aussage der behandelnden Neurologen kann die bewusste Wahrnehmung des Krankheitszustandes nicht ausgeschlosen werden, eine Besserung ist hingegen nicht mehr zu erwarten. Die vom Patienten selbst formulierte Patientenverfügung kann ohne weiteres mit diesem Zustand in Deckung gebracht werden und verbietet die weitere künstliche Ernährung. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf dürfte man den Patienten nicht sterben lassen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung des Bewusstseins ausgeschlossen ist - zumal der Patient nicht einmal sicher bewusstlos ist.

Ida F, 89, lebt im Altenheim. Sie hat eine "Patientenverfügung für Senioren", in der sie auf Grund ihres hohen Alters und ihres erfüllten Lebens eine ganze Reihe von lebenserhaltender Maßnahmen verbietet, die ohne weiteres ihr Leben auch um Jahre verlängern könnten. Eines Tages wird sie mit Atemnot neben dem Bett aufgefunden, ins Krankenhaus gebracht und untersucht. Es wäre im Rahmen des eingetretenen Herzinfarkts eine Implantation eines „Bypasses“ am Herzen möglich und mit geringem Risiko durchführbar. Ihre Patientenverfügung verbietet dies allerdings, obgleich sie danach noch Jahre gesund weiterleben könnte. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf müsste man die Patientin gegen ihren Willen operieren, statt durch Palliativmedizin nur ihr Leiden zu verhindern und ihr Sterben ggf. zuzulassen. Nach dem Gesetzentwurf müsste sie sogar ggf. im Widerspruch zu ihrer Patientenverfügung wiederbelebt werden! Denn ein irreversibler und zum Tode führender Krankheitsverlauf liegt in keinem Fall vor.

Zu telefonischen Rückfragen können Sie RA Wolfgang Putz bis ca 14.00 in der Kanzlei unter Telefon 089 / 65 20 07 erreichen

Quelle: Pressemitteilung vom 24.3.2007
--------------------------------------------
PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/ 65 20 07
Fax: 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de

PR-Inside.com

Gegen Regelung - Streit um Patientenverfügung

Beitrag von PR-Inside.com » 26.03.2007, 06:56

Geteiltes Echo auf Gruppenantrag - Ärztekammerpräsident gegen Gesetzesregelung
Streit um Patientenverfügung


PR-inside.com 25.03.2007 17:02:58 ) - Der von Bundestagsabgeordneten von Union, SPD, FDP und Grünen vorgelegte Gruppenantrag zur gesetzlichen Verankerung von Patientenverfügungen stößt auf unterschiedliche Resonanz.

Berlin (ddp). Der von Bundestagsabgeordneten von Union, SPD, FDP und Grünen vorgelegte Gruppenantrag zur gesetzlichen Verankerung von Patientenverfügungen stößt auf unterschiedliche Resonanz. Während Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) die Initiative am Wochenende nachdrücklich begrüßte, warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, davor, die Verbindlichkeit solcher Verfügungen gesetzlich zu regeln. «Es ist schon gut geregelt. Ein Gesetz wird nur neue Probleme bringen», sagte Hoppe. Patientenverfügungen seien bereits verbindlich, dies wüssten nur zu wenige. ...
...
Weiter unter
http://www.pr-inside.com/de/streit-um-p ... r75520.htm

Ärztliche Praxis
Full Member
Beiträge: 165
Registriert: 19.03.2007, 17:36

Hoppe warnt vor Gesetz zu Patientenverfügungen

Beitrag von Ärztliche Praxis » 26.03.2007, 17:31

Hoppe warnt vor Gesetz zu Patientenverfügungen
Am kommenden Donnerstag debattiert der Bundestag über Patientenverfügungen. Die Meinungen über das geplante Gesetz gehen weit auseinander. Heiß umstritten ist die Frage, in welchen Fällen die Verfügungen wirksam sein sollen.

26.03.07 - Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe warnte generell vor einer rechtlich verbindlichen Regelung: "Es ist schon gut geregelt. Ein Gesetz wird nur neue Probleme bringen."

Er wandte sich im Nachrichtenmagazin Spiegel speziell gegen eine Einschränkung von Verfügungen, wie sie in einem parteiübergreifenden Parlamentsantrag vorgesehen ist. "Der Effekt wäre nicht die Absicherung von Patientenverfügungen, sondern deren Verhinderung. Ein Großteil der acht Millionen Verfügungen in Deutschland wäre dann wertlos." Die Beschränkung führe praktisch zu einer Lebensverlängerung um jeden Preis. "Das lehnt die Ärzteschaft ganz klar ab."

Der am Freitag von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach (CDU), René Röspel (SPD), Josef Winkler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) vorgelegte Gruppenantrag sieht zwar vor, dass die verfügten Anordnungen "grundsätzlich verbindlich und vom Arzt und Betreuer zu befolgen und umzusetzen sein" sollen. Die Verfügung soll aber nur bei Krankheiten durchgesetzt werden, die unumkehrbar tödlich verlaufen oder wenn von einem endgültigen Bewusstseinsverlust auszugehen ist.

Gesetzliche Regelung soll in den kommenden Monaten beschlossen werden

Nordrhein- Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) befürwortete ausdrücklich, an einer solchen "Reichweitenbegrenzung", wie sie der Gruppenantrag vorsieht, festzuhalten. Der Entwurf enthalte "eine ausgewogene Regelung, die den Schutz des Lebens, die Würde des Menschen und die Selbstbestimmung des Patienten gleichermaßen berücksichtigt".

Der SPD-Rechtspolitiker Joachim Stünker setzt sich hingegen für ein möglichst weitgehendes Selbstbestimmungsrecht des Patienten ein. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist ebenso der Auffassung, dass der verfügte Wille voll wirksam sein sollte, auch wenn der Krankheitsverlauf nicht unbedingt zum Tod führt.

Der Bundestag will am kommenden Donnerstag in einer dreistündigen Debatte über Patientenverfügungen Schwerstkranker und Sterbender beraten. Eine gesetzliche Regelung über die Verbindlichkeit solcher Erklärungen soll in den kommenden Monaten beschlossen werden.

ÄP HINTERGRUND

Stichwort Patientenverfügungen
Mit einer solchen Verfügung können Menschen Regelungen für den Fall treffen, dass sie etwa durch Unfall oder Krankheit nicht mehr selbst Wünsche für eine medizinische Behandlung äußern können. Damit kann Ärzten beispielsweise untersagt werden, künstliche Ernährung oder Beatmung weiterzuführen.

In einer Umfrage von TNS Forschung (1.000 Befragte am 20./21. März) für den Spiegel gaben 59 Prozent an, am Lebensende nicht länger behandelt werden zu wollen, wenn alles dafür spricht, dass sie nie wieder das Bewusstsein erlangen werden. Nur 9 Prozent möchten, dass bis zum Schluss alles medizinisch Mögliche getan wird.

dpa / kc
Zeitung "Ärztliche Praxis"
http://www.aerztlichepraxis.de

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patientenverfügung: Geteiltes Echo auf Gruppenantrag

Beitrag von Presse » 27.03.2007, 06:57

Patientenverfügung: Geteiltes Echo auf Gruppenantrag
Montag, 26. März 2007

Berlin - Der von Bundestagsabgeordneten von Union, SPD, FDP und Grünen vorgelegte Gruppenantrag zur gesetzlichen Verankerung von Patientenverfügungen stößt auf unterschiedliche Resonanz. Während Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) die Initiative am Wochenende nachdrücklich begrüßte, warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, davor, die Verbindlichkeit solcher Verfügungen gesetzlich zu regeln.
...
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=27944

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patietenverfügung - Gesetzentwurf in der Kritik

Beitrag von Presse » 27.03.2007, 07:03

Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, zum Entwurf eines „Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht“ (Entwurf Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke)

Das Thema Patientenverfügung beschäftigt die Menschen in Deutschland derzeit wie wenige andere. Die erhebliche Rechtsunsicherheit, die sich mit diesem Thema verbindet, scheint die Politik nun endlich anzugehen. Der bereits lang erwartete Gesetzentwurf einer interfraktionellen Gruppe von Abgeordneten um Wolfgang Bosbach (CDU/CSU), René Röspel (SPD), Josef Winkler (DIE GRÜNEN) und Otto Fricke (FDP) ist einer von mehreren Gruppenanträgen, über den in den kommenden Monaten ohne Fraktionszwang abgestimmt werden soll.

Der Entwurf der Gruppe greift in vielen Punkten Vorschläge der Deutschen Hospiz Stiftung auf. In den zentralen Fragen der Reichweite von Patientenverfügungen, der fachkundigen Beratung bei der Erstellung von Patientenverfügungen und der Ermittlung des mutmaßlichen Willens, wenn keine valide Patientenverfügung existiert, verfolgt er aber eine Linie, die nach Auffassung der Deutschen Hospiz Stiftung der Korrektur bedarf.

Reichweitenbeschränkung

Die vom Bosbach-Röspel-Entwurf favorisierte Lösung einer Reichweitenbeschränkung ist keine Lösung für die komplexen Fragen, die der Umgang mit Patientenverfügungen aufwirft. Die Reichweitenbeschränkung ist verfassungsrechtlich problematisch, medizinisch schwer fassbar und für die Praxis weitgehend untauglich.

Eine solche massive Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts, wie sie in der Reichweitenbeschränkung zum Ausdruck kommt, stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken. Das Recht, sich jederzeit, also auch dann, wenn eine Krankheit theoretisch heilbar wäre, gegen einen medizinischen Eingriff entscheiden zu können, ist verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Es besteht kein Grund, solchen Entscheidungen im Falle von Vorausverfügungen die rechtliche Anerkennung zu versagen, zumindest nicht, wenn Aufklärung und Beratung vorausging.

Die Formulierung, nach der Patientenverfügungen erst gelten sollen, „wenn das Grundleiden des Betreuten nach ärztlicher Überzeugung unumkehrbar einen tödlichen Verlauf genommen hat oder der Betreute ohne Bewusstsein ist und nach ärztlicher Überzeugung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten das Bewusstsein niemals wiedererlangen wird“ schließt zunächst einmal eine wichtige Fallgruppe aus dem Geltungsbereich von Patientenverfügungen aus. Selbst in Fällen schwerster Demenz sollen Patientenverfügungen, sofern der Betroffene nicht irreversibel bewusstlos ist, nicht gelten. Einer ganzen Gruppe von Patienten wird so Selbstbestimmung und Integritätsschutz am Lebensende verweigert.

Sie verunsichert aber auch in praktischer Hinsicht mehr, als dass sie weiterhilft: Unumkehrbar tödlich verläuft das Leben selbst. Wo sollen hier also die Grenzen gezogen werden? Ab wann verläuft ein Leiden „unumkehrbar tödlich“? Ist etwa die Amyothrophe Lateralsklerose, an der der berühmte Physiker Stephen Hawking leidet, von Anfang ein tödlich verlaufendes Grundleiden oder erst ab einem bestimmten Zeitpunkt? Und wenn ja, ab welchem? Was ist weiterhin unter einem „Grundleiden“ zu verstehen, wenn doch in hohem Alter häufig viele Krankheiten zusammenkommen? Welche dieser Krankheiten ist dann das „Grundleiden“?

Ebenso problematisch ist der zweite Teil der Formulierung, der offenbar in erster Linie auf das Wachkoma und auf Situationen schwerster Hirnschädigung abzielt. Gerade beim Wachkoma wird man aber vermutlich nie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen können, dass der Betroffene auf keinen Fall das Bewusstsein wiedererlangen wird.

Alle diese Fragen zeigen, wie wenig praxistauglich die vom Bosbach-Röspel-Entwurf vorgesehene Reichweitenbeschränkung ist, mag sie auch von den besten Absichten geleitet sein. Es wird in der medizinischen und pflegerischen Praxis immer wieder Fallkonstellationen geben, die sich nicht in das enge Raster von Reichweitenbeschränkungen pressen lassen.

Beratung und Aktualisierung

Die Gruppe um Bosbach und Röspel setzt sich ohne Not dem Vorwurf des Paternalismus aus. Selbstbestimmung und staatliche Fürsorgepflicht für das Leben können auf eine andere Art und Weise besser in Einklang gebracht werden als durch eine Reichweitenbeschränkung: Angesichts der erheblichen Folgen eines vorab verfügten Behandlungsverzichts sind eine regelmäßige Aktualisierung und eine Beratung durch fachkundige Personen geboten, um eine für Dritte unmittelbar bindende Wirkung der Verfügung zu erzielen.

Dies zeigen die Erfahrungen der Informations- und Beratungsgespräche der Deutschen Hospiz Stiftung: Die Menschen kommen mit diffusen Ängsten vor „Überversorgung, medizinischen Apparaten, Schläuchen und Geräten“. Sie kommen aus Angst vor „schlechter Pflege“ und in Unkenntnis der Angebote von Palliativmedizin und hospizlicher Sterbebegleitung. Sie wollen daher so schnell wie möglich „abgeschaltet“ werden. Erst die fachkundige Beratung bringt Licht ins Dunkel und schafft die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung. Nach Aufklärung verfassen die Menschen konkrete und differenzierte Patientenverfügungen, die sehr oft nicht den frühestmöglichen Behandlungsabbruch verlangen. Ein Beratungserfordernis führt insofern zu einem effektiveren Schutz vor Missbrauch und Irrtum als dies jede Reichweitenbeschränkung könnte und bringt zugleich eine Stärkung des Patientenwillens .

Mutmaßlicher Wille

Es ist ein Schritt nach vorne, dass der Bosbach-Röspel-Entwurf das Thema der Ermittlung des mutmaßlichen Willens aufgreift. Bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Entscheidungen über den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen wird keine oder keine valide Patientenverfügung vorliegen. Daher spielt für die Entscheidungen über Weiterbehandlung oder Behandlungsabbruch der „mutmaßliche Wille“ eines Patienten die zentrale Rolle. Das ist nicht zuletzt deshalb der Fall, weil nach den Vorstellungen der Deutschen Hospiz Stiftung Patientenverfügungen, die ohne Beratung abgefasst wurden, ein entscheidendes Indiz bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens darstellen.

Hier besteht zurzeit allerdings noch eine enorme Unsicherheit, und das nicht nur bei Ärzten, Betreuern und Bevollmächtigten vor Ort, sondern selbst unter Vormundschaftsrichtern. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung des mutmaßlichen Willens sind mit „diffus“ noch freundlich umschrieben. Unterstrichen wird die allgegenwärtige Unsicherheit durch die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2005: Im Hinblick auf den fiktiven Fall einer Wachkomapatientin, die keinerlei Vorsorgedokumente verfasst hatte, vertraten immerhin 28 Prozent der befragten Richter die Auffassung, dass allein die Kommunikationsunfähigkeit der Patientin eine Vermutungsregel für den Abbruch der künstlichen Beatmung begründe. Die Betonung liegt also eher auf der Mutmaßung als auf dem „Willen.“ (Wolfram Höfling / Anne Schäfer: Leben und Sterben in Richterhand? Tübingen 2006) Der politische Handlungsbedarf ist gegeben.

Bedauerlicherweise bringen auch die Bestimmungen des Bosbach-Röspel-Entwurfs nicht die nötige Klarheit. Der Entwurf spricht lediglich von „Anhaltspunkten für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens“, um dann eine eher willkürlich erscheinende Sammlung nicht näher qualifizierter Äußerungen, Wertvorstellungen und religiöser Überzeugungen des Betroffenen folgen zu lassen. Das reicht bei weitem nicht aus, um die dringend geforderte Rechtssicherheit herzustellen und den „mutmaßlichen Willen“ nicht zum Einfallstor für Fremdbestimmung am Lebensende werden zu lassen.

Gerade zum Thema „Mutmaßlicher Wille“ hätte auf den bereits im Juni 2005 veröffentlichten Entwurf der Deutschen Hospiz Stiftung für ein Patientenverfügungsgesetz zurückgegriffen werden können. Die Deutsche Hospiz Stiftung hat in ihrem Entwurf detaillierte Kriterien für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens formuliert. So stellt der Entwurf klar, bei welchen Personen diese Informationen von wem zu erheben sind. Ebenso sollen zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens nur Informationen in Betracht kommen, die auf Äußerungen des Betroffenen selbst beruhen und sich konkret auf die Umstände des eigenen Sterbens oder des eigenen Todes beziehen. Mündliche Äußerungen sollten dabei nur gelten, wenn sie nicht länger als zwei Jahre zurückliegen, während schriftliche Äußerungen, im Sinne einer Patientenverfügung ohne Beratung, den Charakter eines entscheidenden Indizes erhalten.

Unüberprüfbare „persönliche Wertvorstellungen“, vermeintlich „objektive Kriterien“ wie eine verkürzte Lebenserwartung oder gar „allgemeine Wertvorstellungen“ dürfen nach Auffassung der Deutschen Hospiz Stiftung keine entscheidende Rolle spielen. Zwar wendet sich auch der Entwurf der Gruppe um Bosbach und Röspel gegen einen Rückgriff auf derartige „allgemeine Wertvorstellungen“. Er unterläuft seine gute Absicht aber sofort wieder, wenn er unter seinen „Anhaltspunkten“ nicht die individuelle Einstellung zu Schmerzen und verkürzter Lebenszeit anführt, sondern unverständlicherweise die „verbleibende Lebenserwartung und das Erleiden von Schmerzen“ selbst. Auf diese Weise werden offensichtlich diffuse „allgemeine Wertvorstellungen“ über die Hintertür doch wieder eingeführt. In der Frage des mutmaßlichen Willens besteht also in jedem Fall noch erheblicher Nachbesserungsbedarf auf Seiten des Bosbach-Röspel-Entwurfs.

Bei Rückfragen und Interview-Wünschen:
Dr. Markus Rothhaar Tel. 030 / 2 84 44 84 4;
E-Mail: rothhaar@hospize.de

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hospizi-Stiftung vom 26.3.2007

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Beratungsgespräch vor Erstellung einer Patientenverfügung

Beitrag von Presse » 28.03.2007, 07:50

Ärzte empfehlen Beratungsgespräch vor Erstellung einer Patientenverfügung

Die Ärzteschaft empfiehlt Patienten, vor Abfassung einer vorsorglichen Willenserklärung das Gespräch mit einem Arzt des Vertrauens zu suchen. 'Zwar kann der Arzt dem Patienten die oftmals schwierige und als belastend empfundene Entscheidung über das Ob und Wie einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung nicht abnehmen, wohl aber über medizinisch mögliche und indizierte Behandlungsmaßnahmen informieren, auf die mit Prognosen verbundenen Unsicherheiten aufmerksam machen und allgemein über Erfahrungen mit Patienten, die sich in vergleichbaren Situationen befunden haben, berichten', heißt es in den heute vorgestellten 'Empfehlungen der Bundesärzte­kammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärzte­kammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patienten­verfügung in der ärztlichen Praxis'.

Die Empfehlungen sollen Ärzten wie Patienten eine grundlegende Orientierung im Umgang mit Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen geben. Nutzen und Grenzen dieser beiden Instrumente der vorsorglichen Willensbekundung sollen deutlich werden. Insoweit sind die Empfehlungen eine Weiterentwicklung der "Handreichungen für Ärzte zum Umgang mit Patientenverfügungen" aus dem Jahr 1999.

Im Kontext der aktuellen politischen Debatte über eine gesetzliche Regelung zu Patientenverfügungen weisen die Bundesärztekammer und die Zentrale Ethikkommission mit ihren Empfehlungen aber auch auf die bereits existierenden rechtlichen Grundlagen hin. Schon nach geltendem Recht sei die Patientenverfügung zur zukünftigen Behandlung im Fall der eigenen Einwilligungsunfähigkeit grundsätzlich verbindlich, soweit nicht rechtlich Verbotenes, z. B. aktive Sterbehilfe, verlangt werde, betonen die Verfasser.

Um Zweifeln an der Bindungswirkung und an der Aktualität einer Patientenverfügung zu begegnen, sollten folgende Aspekte beachtet werden:

Vor der Erstellung der Patientenverfügung wird ein ärztliches Beratungsgespräch empfohlen, da der verfügenden Person medizinische Fachkenntnisse für die Beschreibung eines bestimmten Krankheitszustandes fehlen können.
Die Patientenverfügung sollte mit Blick auf konkrete Situationen und Maßnahmen formuliert werden.
Die Patientenverfügung sollte zum Zweck des Nachweises schriftlich erstellt, mit Datum versehen und von dem Verfügenden unterschrieben werden. Der Wille des Patienten kann auch in anderer Form verlässlich dokumentiert werden (z. B. Videoaufnahme).
Die Unterschrift auf der Patientenverfügung sollte regelmäßig erneuert werden, um zu dokumentieren, dass die Verfügung weiterhin dem aktuellen Willen entspricht.
Die Patientenverfügung muss leicht auffindbar sein. Es empfiehlt sich, beispielsweise bei dem Hausarzt, eine Kopie der Verfügung zu hinterlegen, auf der vermerkt ist, bei wem sich die Originalurkunde befindet.
In der Patientenverfügung sollte zudem eine Vertrauensperson benannt werden, mit der die Patientenverfügung und der darin erklärte Wille besprochen wurde.
Die Verfügung sollte Hinweise auf weitere Erklärungen in Gesundheitsangelegenheiten (z. B. Betreuungsverfügung) enthalten.
Besondere Bedeutung messen Bundesärztekammer und Zentrale Ethikkommission der Vorsorgevollmacht bei, mit der ein Patient eine Person des Vertrauens zum Bevollmächtigten in Gesundheitsangelegenheiten erklärt. "Damit hat der Arzt einen Ansprechpartner, der den Willen des Verfügenden zu vertreten hat und der bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens mitwirkt. Die Praxis hat gezeigt, dass ein grundsätzlicher Unterschied besteht, ob Menschen in gesunden Tagen und ohne die Erfahrung ernsthafter Erkrankung eine Verfügung über die Behandlung in bestimmten Situationen treffen oder ob sie in der existenziellen Betroffenheit durch eine schwere, unheilbare Krankheit gefordert sind, über eine Behandlung zu entscheiden", heißt es in den Empfehlungen. Eine Kombination aus Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sei daher ratsam und gegenüber einer Patientenverfügung ohne Vorsorgevollmacht zu präferieren.

Statement von Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
zur Pressekonferenz 'Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung' am 27. März 2007 in Berlin
Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis
... Siehe dazu unter
http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .4993.5041
--------------------------------------------------------------------------------

Kontakt zur Bundesärztekammer
Pressestelle der deutschen Ärzteschaft
Herbert-Lewin-Platz 1 (Wegelystr.)
10623 Berlin
Postfach 120 864
10589 Berlin
Tel.: (030) 40 04 56-700
Fax: (030) 40 04 56-707
eMail: presse@baek.de

Ihre Ansprechpartner:
Alexander Dückers
Telefon:
Büro: 030 / 400456-700
mobil: 0172 / 250 3790
Hans-Jörg Freese
Telefon:
Büro: 030 / 400456-703
mobil: 0172 / 214 2791

Quelle: Pressemitteilung vom 27.3.2007
http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .4993.5041

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Empfehlungen zum Umgang mit Patientenverfügungen

Beitrag von Presse » 28.03.2007, 17:40

Bundesärztekammer legt Empfehlungen zum Umgang mit Patientenverfügungen vor
Dienstag, 27. März 2007

Berlin – Die Bundesärztekammer empfiehlt Ärztinnen und Ärzten, mit ihren Patienten über die Vorteile einer Vorsorgevollmacht oder einer Patientenverfügung zu sprechen. So könne der Arzt über mögliche medizinische Behandlungsmaßnahmen informieren und auf die mit Prognosen verbundenen Unsicherheiten aufmerksam machen. Auch könnten Ärzte über Erfahrungen mit ähnlich betroffenen Patienten berichten, heißt es in den heute vorgestellten „Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen in der ärztlichen Praxis“. Die Empfehlungen sollen Ärzten wie Patienten eine grundlegende Orientierung im Umgang mit vorsorglichen Willenserklärungen geben.

...
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=27973

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Sicherheit statt Zweifel: Patientenverfügungen helfen

Beitrag von Presse » 29.03.2007, 06:08

113. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
14. bis 18. April 2007, Rhein-Main-Hallen Wiesbaden

Sicherheit statt Zweifel: Patientenverfügungen helfen

Wiesbaden – Nahezu neun Millionen Menschen in Deutschland besitzen eine Patientenverfügung. Diese soll regeln, dass der Verfügende seinen Wünschen und Werten entsprechend medizinisch behandelt wird, wenn er diese nicht mehr äußern kann. Im Rahmen der 113. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden diskutieren Experten das Für und Wider der Patientenverfügung und erörtern dabei geltende Rechte von Ärzten und Patienten.

Gemäß einer Studie aus dem Jahr 2005 ist 70 Prozent der Befragten die Vorsorge in Form einer Patientenverfügung bekannt. Unter den über 60-Jährigen kennen sogar mehr als 80 Prozent das Dokument. Rund die Hälfte der Befragten weiß jedoch nicht genau, was die Patientenverfügung regelt. Kann ein Patient sich nicht mehr mitteilen, legt das Dokument fest, welche medizinische Behandlung er für sich wünscht und welche er ablehnt. Nicht selten geht es dabei um entscheidende Fragen wie lebenserhaltende Intensivmedizin, Beatmung, künstliche Ernährung oder Wiederbelebung.

Mit Blick auf den 113. Internistenkongress rät Professor Dr. Stella Reiter-Theil Ärzten zu einem respektvollen Umgang mit den Wünschen des Kranken, die in Patientenverfügungen ausgedrückt werden: „Die existentiellen Vorstellungen des Patienten müssen respektiert werden“, so die Vorsteherin des Instituts für Angewandte Ethik und Medizinethik der Universität Basel. Zudem ermutigt sie Mediziner dazu, behutsam für die Patientenverfügung zu werben. Allerdings müssten Ärzte auch darin geschult werden, Patienten und Angehörige zu beraten.

Der Deutsche Juristentag hat sich im September 2006 für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und verbindliche Patientenverfügungen ausgesprochen. Demnach solle erlaubt sein, lebenserhaltende Maßnahmen auch schon vor der Sterbephase zu beenden. Das Strafgesetzbuch soll zukünftig klarstellen, dass Ärzte sich in solchen Fällen nicht strafbar machen. „Die rechtliche Klärung ist überfällig“, so Reiter-Theil.

Jede Eventualität kann das Schriftstück allerdings nicht regeln. Die Expertin rät deshalb, über die Verfügung hinaus eine „Vorsorgevollmacht“ aufzusetzen. Das heißt, eine Person des Vertrauens zu benennen, die gegebenenfalls stellvertretend Entscheidungen im Sinne des Patienten treffen kann. Wichtig sei dabei das Gespräch mit dem Betreffenden.

In ihrem Vortrag auf der 113. Jahrestagung der DGIM in Wiesbaden referiert Professor Reiter-Theil auch über Aspekte der legalen Sterbehilfe. „Die Betreuung am Lebensende ist eine Herausforderung – und wird dies wahrscheinlich auch für immer bleiben“, so die Expertin.

Terminhinweis:

- Symposium: Patientenbetreuung am Lebensende – medizinische, ethische und juristische Aspekte
Dienstag, 17. April 2007, 08.30 bis 12.00 Uhr
Museum Wiesbaden, Friedrich-Ebert-Allee 2, 65185 Wiesbaden
Vorsitzende: V. Diehl (Köln); M. Classen (München)
Eines der Themen: Aus Sicht der medizinischen Ethik (9.00 Uhr)
Referentin: S. Reiter-Theil (Basel, CH)

- Mittags-Pressekonferenz:

Dienstag, den 17. April 2007, 13.00 bis 14.00 Uhr
Rhein-Main-Hallen, Pressezentrum
Eines der Themen: Patientenverfügung und Sterbebegleitung: Klare
Regeln nicht in Sicht?
Professor Dr. med. Stella Reiter-Theil
Institut für Angewandte Ethik und Medizinethik, Medizinische Fakultät
der Universität Basel

Antwortformular:
O Ich werde den 113. Internistenkongress persönlich besuchen.
Bitte informieren Sie mich kontinuierlich ___per Post/___per E-Mail über
aktuelle Themen der DGIM aus dem/den Bereich(en):
O Gesundheitspolitik
O Medizin

NAME:
MEDIUM/REDAKTION:
ADRESSE:
TEL/FAX:

Kontakt für Rückfragen:
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Pressestelle
Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20
D-70451 Stuttgart
Tel: 0711 89 31 552
Fax: 0711 89 31 167
E-Mail: info@medizinkommunikation.org
Internet: http://www.dgim.de
Kongresshomepage: www.dgim2007.de

Quelle: Pressemitteilung vom 28.3.2007

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

gegen eingeschränkte Wirksamkeit von Patientenverfügungen

Beitrag von Presse » 29.03.2007, 06:13

Scholz gegen eingeschränkte Wirksamkeit von Patientenverfügungen
Mittwoch, 28. März 2007

Berlin - Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, rechnet mit einer baldigen gesetzlichen Regelung zu Patientenverfügungen. Scholz selbst will den von seinem Fraktionskollegen Joachim Stünker vorgelegten Entwurf unterstützen, der vor allem den Gedanken der Selbstbestimmung betont. „Mir leuchtet nicht ein, warum die Entscheidung eines Menschen nicht zu respektieren sein sollte“, sagte Scholz heute in Berlin.

...
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=27986

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patientenverfügung - Und wie sterbe ich?

Beitrag von Presse » 29.03.2007, 10:22

Patientenverfügung - Und wie sterbe ich?
29.03.2007

An diesem Donnerstag debattiert der Bundestag erstmals darüber, ob und wie der Wille der Patienten am Lebensende gesetzlich geregelt werden kann. Ob die menschliche Würde mit einem Gesetz mehr Beachtung fände als bisher, ist jedoch höchst umstritten.

Von Kathrin Zinkant
...
weiter unter
http://www.zeit.de/online/2007/13/patie ... uebersicht

Service
phpBB God
Beiträge: 1828
Registriert: 14.09.2006, 07:10

Patientenverfügung - Thema im Bundestag angekommen!

Beitrag von Service » 29.03.2007, 13:04

Die beiden aktuellen Konzepte gesetzlichen Regelung des Themas Patientenverfügung sind nachlesbar unter:

--- Stünker-Entwurf (SPD):
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dat ... 135,00.pdf
--- Bosbach-Entwurf (CDU)
http://wobo.de/home/downloads/GE%20Pati ... .07%29.pdf

Links zur Bundestagssitzung am 29.3.2007:

http://www.phoenix.de/vor_ort/2007/03/29/0/126171.1.htm
http://www.welt.de/politik/article78299 ... egung.html

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patientenverfügungen - Redebeitrag Michael Kauch

Beitrag von Presse » 29.03.2007, 13:08

Rede im Deutschen Bundestag von Michael Kauch, MdB
Datum: 29. März 2007

<TOP 3> Patientenverfügungen

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Menschenwürdig leben bis zuletzt das war das Leitmotiv der Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ in der letzten Wahlperiode, der ich angehören durfte.

Dieses Leitmotiv Menschwürdig leben bis zuletzt muss auch Leitmotiv dieser Debatte sein; denn der Sterbeprozess ist Teil des Lebens. Es ist unser aller Aufgabe, mit sterbenden Menschen Solidarität zu üben und sie nicht alleinzulassen. Das gilt persönlich genauso wie politisch; denn sie gehören zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft.

Wir sprechen heute über mehr Selbstbestimmung durch Patientenverfügungen. Dabei müssen wir erkennen, dass das ein Baustein einer Politik für ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt ist, aber eben nur ein Baustein. Wir brauchen mehr Qualität in der Pflege, wir brauchen ein Gesundheitssystem, mit dem wir nicht sehenden Auges in die Rationierung laufen, wir brauchen mehr menschliche Zuwendung für Sterbende, und wir brauchen gerade auch für die Menschen, die zu Hause sterben wollen, eine professionelle, leidmindernde Palliativmedizin nicht nur in wenigen Zentren, sondern in der Fläche.

Mit der Finanzierung der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung ist ein Anfang gemacht. Jetzt kommt es darauf an, dass wir auch in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Pflegekräften hier Akzente setzen. All diese Maßnahmen sind aber kein Gegensatz zu einer Politik für mehr Patientenautonomie. Beides gehört zusammen: das Angebot einer optimalen Versorgung an die Gesellschaft, aber eben auch die Freiheit des Einzelnen, bestimmte Behandlungen, die er nicht wünscht, auch ablehnen zu dürfen. Selbstbestimmung ist nämlich untrennbarer Teil der Menschenwürde.

Eines möchte ich klarstellen auch der Kollege Stünker hat das bereits getan : Wir reden hier nicht über aktive Sterbehilfe. Wir reden nicht über das gezielte Töten eines Menschen. Es geht auch nicht um die Verweigerung indizierter medizinischer Maßnahmen. Es geht nicht um Töten, es geht um Sterbenlassen. Es geht darum, der Natur ihren Lauf zu lassen, wenn der Patient das wünscht.

Bereits 2004 und 2006 haben die Liberalen als bisher einzige Fraktion einen Antrag zur Stärkung der Patientenautonomie und Patientenverfügungen in den Deutschen Bundestag eingebracht. Leitbild unseres Antrages ist dabei das Bild eines Menschen, der über sein Leben auch in existenziellen Fragen so weit wie möglich selbst entscheiden kann. Mit diesem Menschenbild geben wir der Selbstbestimmung Vorrang vor anderen Überlegungen, seien sie auch noch so fürsorglich motiviert. Das ist die eigentliche Trennlinie zwischen den Lagern, die sich hier in dieser Debatte abzeichnen. Die eine Seite nimmt fürsorglichen Paternalismus mit Zwangsbehandlung in Kauf, die andere Seite vertraut auf die Kraft und die Urteilsfähigkeit des einzelnen Menschen.

Um es klar zu sagen: Wir haben keine naive Vorstellung von der Selbstbestimmung eines autonom handelnden Individuums. Natürlich ist der Mensch eingebunden in Beziehungen und auch in innere Zwänge. Gerade bei Patientenverfügungen kommt ein anderer Aspekt hinzu: Man verfügt etwas für die Zukunft, was man nicht genau abschätzen kann. Der vorausverfügte Wille ist immer schwächer als der aktuell verfügte. Aber was ist die Alternative? Die Alternative zum vorausverfügten Willen unter Unsicherheit ist, dass ein Dritter für einen selbst entscheidet. Die Alternative ist die Fremdbestimmung des Menschen.

Bei aller Relativierung des autonom handelnden Menschen: Wir entscheiden uns deshalb für die Selbstbestimmung. Die moderne Medizin hat viele Möglichkeiten geschaffen, die man sich vor 50 Jahren noch nicht vorstellen konnte. Für viele Menschen ist das ein Geschenk, für viele ist es aber auch eine Qual. Ob es als Geschenk oder Qual empfunden wird, kann nur jeder Einzelne für sich selbst entscheiden und nicht der Deutsche Bundestag.

Jede medizinische Maßnahme, nicht aber der Verzicht darauf, ist durch die Einwilligung des Patienten zu rechtfertigen. Eine Zwangsbehandlung ist Körperverletzung, die strafrechtlich bewehrt ist. Dies gilt im Grundsatz für den nichteinwilligungsfähigen Menschen. Niemand muss eine Patientenverfügung abfassen. Jeder hat das Recht, auch existenzielle Entscheidungen seinem gesetzlichen Vertreter zu überlassen. Doch wer klar weiß, was er will und was er nicht will, dessen Verfügung muss geachtet werden.

Für die große Mehrheit der FDP-Abgeordneten kommt deshalb eine Begrenzung der Reichweite von Patientenverfügungen nicht infrage. Eine Begrenzung der Reichweite auf irreversibel zum Tode führende Erkrankungen liefert Patientinnen und Patienten in bestimmten Fällen Zwangsbehandlungen gegen ihren erklärten Willen aus. Denn diese Rechtsfigur macht Patientenrechte von einer ärztlichen Prognose abhängig, deren Verlässlichkeit nicht in allen Fällen garantiert werden kann. Das gilt analog auch für die Erweiterung im Entwurf von Herrn Bosbach auf Zustände der Bewusstlosigkeit, bei denen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Bewusstsein nicht wiedererlangt werden kann. Wie machen Sie denn diese Sicherheit fest? Der eine Arzt sagt 99 Prozent, der nächste 95 Prozent und der dritte 90 Prozent.

Wann ist die Wahrscheinlichkeit groß genug, und wann zwingen sie den Patienten trotz gegenteiliger Verfügung, weiter künstlich am Leben gehalten zu werden?
Eine Reichweitenbegrenzung bedeutet auch, dass gegen den Willen der Patienten Magensonden gelegt, Sehnen zerschnitten und Antibiotika verabreicht werden. Das hat mit Selbstbestimmung nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Auch über religiös motivierte Behandlungsbeschränkungen setzen Sie sich hinweg. Wenn ein Zeuge Jehovas verfügt, keine Bluttransfusionen zu wollen, weil das gegen seine religiöse Überzeugung verstößt, dann ist das aktuell wirksam. Warum endet die Religionsfreiheit in Ihrem Entwurf dann, wenn die Bewusstlosigkeit eintritt? Das ist auch bei einer christlichen Partei nicht hinnehmbar. Nehmen Sie als weiteres Beispiel einen 85-jährigen Patienten, der nach einem Herzinfarkt schon einmal wiederbelebt wurde. Er weiß genau, dass bei einer weiteren Wiederbelebung nach einem Herzinfarkt die Wahrscheinlichkeit hoch ist, einen Gehirnschaden zu erleiden. Wollen Sie diesem Patienten, wenn er verfügt, keine Wiederbelebung zu versuchen, weil er in seinen letzten Jahren nicht dahinvegetieren will, wirklich sagen: „Das darfst du nicht, weil wir das für falsch halten“? Das kann nicht Inhalt eines Gesetzes sein, das wir zugunsten von Patientenrechten verabschieden wollen.

Kernforderung unseres Antrags und zahlreicher Kollegen anderer Fraktionen ist es deshalb, Therapiewünsche, Therapiebegrenzungen und Therapieverbote durch eine Patientenverfügung für jeden Zeitpunkt eines Krankheitsverlaufes zuzulassen. Voraussetzung ist, dass die Patientenverfügung hinreichend klar formuliert ist und es keine offenkundigen auch nonverbalen Äußerungen des Patienten gibt, die dagegensprechen. Bei manchen Formen der Demenz wird man daran Zweifel haben müssen. Insofern ist es unser Anliegen, dass ein Gesetzentwurf dies berücksichtigt. In Zweifelsfällen muss dann pro vita entschieden werden.
Wir möchten, dass die Patientenverfügung schriftlich verfasst wird, aber wir lehnen eine Pflicht zur regelmäßigen Aktualisierung nach dem Motto „Wenn seit der Unterschrift zwei Jahre vergangen sind, dann ist sie ungültig“ ab. Das entspricht nicht der Lebensrealität gerade älterer Menschen. Wir können nicht sagen: Wenn du vergessen hast, die Patientenverfügung wieder zu unterschreiben, dann legen wir sie beiseite und beachten sie nicht.
Auch eine generelle Beratungspflicht ist nicht praktikabel. Ich selbst habe diese einmal befürwortet, aber alle Experten von den Kirchen bis zu den sonstigen Beratungsstellen sagen, dass man eine solche Pflicht nicht ins Gesetz schreiben kann.
Wir müssen aber dafür werben, dass es in dieser Gesellschaft mehr Aufklärung gibt über die Möglichkeiten, die die moderne Palliativmedizin und neue Behandlungsmethoden bieten. Denn je aufgeklärter ein Mensch ist, desto selbstbestimmter kann er Entscheidungen treffen.
Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, bei einer schriftlichen Patientenverfügung die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichtes einzuschränken. Nur im Konfliktfall zwischen dem behandelnden Arzt und dem gesetzlichen Vertreter soll das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden. Dabei ist für uns in unserem Antrag wichtig, dass zuvor die Pflegekräfte und die nächsten Angehörigen zumindest angehört wurden. Wenn sie dann mit einer Betreuerentscheidung nicht einverstanden sind, können sie das Vormundschaftsgericht anrufen. Damit gibt es eine zusätzliche Missbrauchskontrolle in dem Verfahren.
Meine Damen und Herren, die Verbindlichkeit und der Anwendungsbereich von Patientenverfügungen müssen endlich neu geregelt werden. Es herrscht verbreitete Rechtsunsicherheit über die Auslegung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Erst gestern habe ich es erlebt, dass eine Ärztin in einer Radiosendung angerufen hat, die gerade von einer Fortbildung über die rechtlichen Fragen in diesem Bereich kam. Mir standen die wenigen Haare, die mir verblieben sind, wirklich zu Berge. Was dort gesagt wurde, entsprach absolut nicht dem, was der Bundesgerichtshof entschieden hat. Die Rechtsunsicherheit, gerade unter den Ärzten, ist groß. Umso mehr ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, um Klarheit in diesem Bereich zu schaffen.

Meine Damen und Herren, wir werden jetzt versuchen, die Anliegen, die wir in unserem Antrag formuliert haben, mit den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen in einen Gesetzentwurf zu gießen. Unsere Leitlinie ist dabei die Selbstbestimmung des Patienten. Ich lade Sie ein, mit uns gemeinsam diesen Gesetzentwurf zu formulieren.
Vielen Dank.

Quelle: Pressemitteilung vom 29.3.2007
Marcel Klinge
Bundestagsbüro Michael Kauch
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030-277-70537
Fax: 030-277-76535

Antworten