KAUCH:
Gewebegesetz treibt Kosten für Krankenhäuser hoch und gefährdet Organspenden
Im Bundestag wird aktuell das neue Gewebegesetz beraten. Dies regelt die Entnahme, Aufbewahrung und eventuelle Weiterverarbeitung von Gewebe - von Augenhornhäuten über Herzklappen bis zum Knochenmark. Anders als die entsprechende EU-Richtlinie es fordert, will die Bundesregierung jedes Gewebe dem Arzneimittelrecht unterstellen.
Zu den Konsequenzen der gestrigen Anhörung zum Gewebegesetz im Gesundheitsschuss des Bundestages erklärt der Sprecher der FDP-Fraktion für Transplantationsmedizin , MICHAEL KAUCH:
Die Anhörung hat gezeigt, dass der Entwurf der Bundesregierung komplett überarbeitet werden muss. Er verursacht mehr Kosten und Bürokratie für die Krankenhäuser, als die EU-Richtlinie verlangt. Ohne Notwendigkeit und ohne ein Mehr an Sicherheit für die Patienten werden alle Formen von Gewebe dem Arzneimittelrecht unterstellt. Das bedeutet, dass die OPs in Krankenhäusern die gleichen Reinraum-Bedingungen erfüllen müssen wie Pharma-Unternehmen. Das ist fern der Realität des medizinischen Betriebs und kostet pro Klinik bis zu 2 Millionen Euro. Wieder einmal bricht Schwarz-Rot die Vorgabe der Bundeskanzlerin, die die Eins-zu-Eins-Umsetzung von EU-Richtlinien fordert.
Sinnvoll wäre als Alternative, zwischen weiterverarbeiteten und nicht-weiterverarbeiteten Geweben zu unterscheiden. Erstere gehören ins Arzneimittelrecht, letztere nicht.
Durch die Unterstellung unter das Arzneimittelgesetz wird zudem der Handel mit Gewebe ab der Entnahme vorgesehen. Bei Organspenden ist das verboten. Deshalb gibt es die berechtigte Sorge, dass der Vorrang der lebensnotwendigen Organspende zugunsten der Gewebespende vernachlässigt wird.
Da das Gesetz selbst für Gewebe gelten soll, das dem Patienten entnommen wird, um es ihm später wieder zu implantieren, verschlechtert sich sogar die Versorgungslage. Denn Notfallpatienten, denen z.B. wegen einer Hirnverletzung ein Teil des Schädels entnommen werden muss, um ihn zeitverzögert nach einigen Wochen wieder einzusetzen, können künftig nur noch in Kliniken behandelt werden, die nach dem Gewebegesetz zugelassen sind.
Schließlich sollten ganze Arten von Geweben in anderen Gesetzen geregelt werden. Für Knochenmarkspenden, Samen- und Eizellenspenden von Lebenden erfordert die medizinische Praxis andere Regeln als für Augenhornhäute oder Herzklappen von Toten. So fördert es bei Knochenmarkspenden gerade die Spendenbereitschaft, dass der Spender wissen darf, wessen Leben er rettet. Das will das Gewebegesetz aus Angst vor dem Handel mit anderem Gewebe ausschließen.
Auch Reinraumbedingungen bei der Reproduktionsmedizin sind blanker Unsinn - im natürlichen Fortpflanzungsprozess herrschen alles andere als Reinraumbedingungen.
Quelle: Pressemitteilung vom 8.3.2007
Bundestagsbüro Michael Kauch
Tel: 030/227 70 535 - Fax: 030/227 76 535
Platz der Republik 1 - 11011 Berlin
Gewebegesetz umstritten
Moderator: WernerSchell