82 Prozent der Mediziner sehen Patientenrolle grundlegend gewandelt
Arzt und Patient: Fast nichts mehr, wie es war
Das ärztliche Selbstverständnis, das Patientenverständnis und das Arzt-Patienten-Verhältnis sind einem fundamentalen Wandel unterworfen, wie nun eine Studie ergeben hat.
10.11.06 - An der Untersuchung des Zukunftsforums Gesundheitspolitik „Zufog“ waren 700 niedergelassene Haus- und Fachärzte beteiligt. Im Zuge des Forschungsprojekts am Lehrstuhl für Politikwissenschaft der Universität Passau unter Leitung von Prof. Winand Gellner wurde von Februar bis Juli 2006 eine bundesweite Umfrage mit 129 Fragen zu den Themen ärztliches Selbstverständnis, Patientenverständnis, Arzt-Patienten-Verhältnis und den institutionellen Rahmenbedingungen lanciert.
Fazit: Die deutsche Ärzteschaft sieht sich tatsächlich in einem massiven Veränderungsprozess. Eine überwältigende Mehrheit (84 Prozent) aller befragten Ärzte stimmt der Aussage zu, dass sich die Rolle des Arztes seit dem Jahr 2004 gewandelt hat. Zwar spielen die originären ärztlichen Aufgaben wie die medizinische Behandlung (93,1 Prozent) oder Patientengespräche (90,7 Prozent) nach wie vor eine große bis sehr große Rolle im Arbeitsalltag der Ärzte. Vor allem Verwaltungsaufgaben (93 Prozent) und wirtschaftliche Aspekte (86 Prozent) rücken aber immer stärker in den Mittelpunkt und behindern die ärztliche Tätigkeit. 74 Prozent der befragten Ärzte beklagen, dass sie ihre Tätigkeit als Arzt immer stärker rechtfertigen müssen.
Ärzte befürchten Rationierungen in der täglichen Arbeit und ungleiche Versorgung von Patienten
Dass die Rolle des Patienten einem grundlegendem Wandel unterworfen ist, glaubt der weit überwiegende Teil der Ärzte (82 Prozent). Die Patienten forderten von den Ärzten verstärkt medizinische Leistungen, sagen 61 Prozent der Befragten, und sie seien ganz allgemein misstrauischer gegenüber der ärztlichen Therapieentscheidung (45 Prozent).
Die in Politik und Gesellschaft immer lauter werdende Forderung nach dem mündigen Patienten unterstützen 86 Prozent der befragten Ärzte, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich durch einen mündigen Patienten Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen erhoffen (75,5 Prozent).
Für die Zukunft muss – so befürchten fast alle befragten Ärzte – mit Rationierungen in der täglichen Arbeit (95 Prozent) und einer ungleichen Versorgung von Patienten (88 Prozent) gerechnet werden. Während mehrheitlich davon ausgegangen wird, dass künftig Privatpatienten nach wie vor gemäß dem ärztlichen Selbstverständnis versorgt werden können (64 Prozent), sehen nur noch acht Prozent der Mediziner die optimale Versorgung von gesetzlich Versicherten als garantiert an.
Neben dieser pessimistischen Einschätzung künftiger Arzttätigkeit glaubt indes weit mehr als die Hälfte der befragten Ärzte (62 Prozent), dass das deutsche Gesundheitswesen hinsichtlich Humanität, Qualität und sozialem Niveau besser sei als sein Ruf.
Quelle: Zeitung "Ärztliche Praxis", 10.11.2006
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel_ ... 33.htm?n=1
Arzt und Patient: Fast nichts mehr, wie es war
Moderator: WernerSchell