Aus gegebenem Anlass wurden die Heime im Rhein-Kreis Neuss wie folgt informiert:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
Pro Pflege - Selbsthilfetzwerk ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
20.06.2012
An die
Stationären Pflegeeinrichtungen
im Rhein-Kreis Neuss
Nachrichtlich (zur Mitwirkung):
An den
Rhein-Kreis Neuss
Heimaufsicht mit Pflegekonferenz / Gesundheitsdezernat mit Gesundheitskonferenz und Arbeitskreise „Medizinische Versorgung in Heimen“, „Demenz“ und „Gesundheitsförderung im Alter“
Kreishaus Lindenstraße 2- 16
41515 Grevenbroich
Medizinische und pflegerische Versorgung der pflegebedürftigen Menschen einschließlich medikamentöse Versorgung und freiheitseinschränkende Maßnahmen (Fixierungen) ….
Sehr geehrte Damen und Herren,
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist regional und bundesweit aktiv und besonders durch die regelmäßigen Pflegetreffs mit hochkarätigen Referenten gut bekannt geworden. Zugenommen haben auch die Hilferufe von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen. Es melden sich auch immer wieder Pflegekräfte und Leitungskräfte mit vielfältigen Fragestellungen.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat daher die stationären Pflegeeinrichtungen im Rhein-Kreis Neuss mit Schreiben vom 05.03.2012 auf verschiedene Mangelsituationen aufmerksam gemacht und konkrete Verbesserungen eingefordert.
Da es insoweit von der Trägerseite noch keine hilfreichen Gestaltungsvorschläge gibt, sieht sich Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk veranlasst, nochmals auf die Handlungsnotwendigkeiten aufmerksam zu machen und um entsprechende Rückmeldungen zu bitten. Es geht konkret um folgende Themenbereiche:
• ärztliche Versorgung in den Heimen (mit Vermeidung von unnötigen Krankenhauseinweisungen),
• medikamentöse Versorgung der älteren und pflegebedürftigen Menschen,
• freiheitseinschränkende Maßnahmen (einschließlich Psychopharmaka zur Ruhigstellung) und
• Fort- und Weiterbildung der Krankenpflegekräfte zum Thema Demenz (offensichtlich gibt es Defizite – aktuell dazu eine Studie der Universität Witten-Herdecke vom 19.06.2012).
Das Thema
palliative Versorgung in den Pflegeeinrichtungen kann wegen der aktuellen Erörterungen anlässlich der umstrittenen Palliativstationen im Johanna-Etienne Krankenhaus und im Kreiskrankenhaus Dormagen hinzugefügt werden mit der Anregung, die diesbezügliche Pflege und Versorgung auch in den stationären Pflegeeinrichtungen (weiter) auszubauen. Die Palliativ- und Hospizversorgung im Rhein-Kreis Neuss muss nach hiesiger Überzeugung einer ganzheitlichen Betrachtung zugeführt werden.
Brandaktuell geht es in einigen Streitsituationen um die
Begleitung von HeimbewohnerInnen zu notwendigen Arztbesuchen. Nicht selten wird von der Heimträgerseite die Auffassung vertreten, HeimbewohnerInnen müssten notwendige Arztbesuche selbst organisieren und insoweit auch immer für die entstehenden Kosten einstehen. Diese Auffassung ist aber unzutreffend und benachteiligt die HeimbewohnerInnen in unzumutbarer Weise. Daher verweist Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk auf die nochmals angefügte Pressemitteilung vom 17.02.2012, mit der die Rechtssituation und die Pflichten der Heimträger beschrieben wurden.
Aus gegebenem Anlass wird noch einmal präzisiert:
Zur Regelung des § 2 Abs. 2 im Rahmenvertrag für die vollstationäre Pflege und Kurzzeitpflege in Nordrhein-Westfalen gehört die Begleitung von BewohnerInnen zu Arztbesuchen zu den Regelleistungen stationärer Pflegeeinrichtungen. Zu den allgemeinen Pflegeleistungen (Grundpflege) gehören hiernach, je nach Einzelfall, auch Hilfen bei der Mobilität. Diese umfasst auch das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung bei Maßnahmen außerhalb des Pflegeheims zur Aufrechterhaltung der Lebensführung, die ein persönliches Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern. Hierunter können auch Arztbesuche fallen. Diese Leistungen sind daher mit den nach SGB XI vereinbarten Vergütungssätzen abgegolten und können daher nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Hiervon abzugrenzen ist jedoch eine Begleitung lediglich auf Wunsch des Bewohners. Unberührt hiervon bleibt der Anspruch auf Krankentransportleistungen nach dem SGB V.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich die Pflegeeinrichtungen zu den angesprochenen Handlungsnotwendigkeiten positionieren und Rückmeldungen geben könnten. Es ist vorgesehen, die angesprochenen Problembereiche im nächsten
Pflegetreff am 14.11.2012 in Neuss-Erfttal anzusprechen.
Hinsichtlich der
Fixierungsproblematik hat inzwischen auch das Gesundheits- und Pflegeministerium NRW Regelungen angekündigt, mit denen die Heimträger und die sonst Beteiligten verpflichtet werden (sollen), freiheitseinschränkende Maßnahmen durch geeignete Maßnahmen auf das zwingend notwendige Maß zurückzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
>> Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk <<
Pressemitteilung vom 17.02.2011
Begleitung von Heimbewohnern zu Arztbesuchen = Regelleistung der Heimträger
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 13.01.2011 - 4 K 3702/10 - in einem Klageverfahren einer Pflegeeinrichtung gegen die Heimaufsicht entschieden, dass die Begleitung von Heimbewohnern zu notwendigen Arztbesuchen, für die eine Begleitung durch Dritte nicht sichergestellt ist, eine Regelleistung der Pflegeheimen ist.
Damit steht fest, dass die Heimbetreiber für ihre Bewohner bei notwendigen Arztbesuchen außerhalb der Einrichtung auch die Begleitung als Regelleistung sicher zu stellen haben, und die finanziellen Aufwendungen hierfür nicht als Zusatzleistung oder sonstige Leistung abgerechnet werden dürfen. Vielmehr sind solche Leistungen Teil der allgemeinen Pflegeleistungen, die durch den entsprechenden Pflegesatz abgegolten werden. Mit der jetzt bekannt gewordenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wurde eine von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk seit längerer Zeit vertretene Auffassung bestätigt.
In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Grundsätzlich dürften keine zusätzlichen Entgelte für solche Leistungen von den Heimbewohnern verlangt werden, die die Einrichtung als Regelleistung zu erbringen habe und die Teil der allgemeinen Pflegeleistungen seien, die durch den von den Pflegekassen hierfür geleisteten entsprechenden Pflegesatz abgegolten würden. Zu den allgemeinen Pflegeleistungen gehörten nach dem zwischen den überörtlichen Trägern der Pflegeeinrichtungen und den Pflegekassen geschlossenen Rahmenvertrag u.a. Hilfen bei der Mobilität. Die Mobilität umfasse u.a. auch das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung. Nach dem Rahmenvertrag seien dabei solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig seien und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erforderten. Zu den Hilfen bei Mobilität sei jedenfalls für den Fall, dass ein Arztbesuch zwingend außerhalb der Einrichtung der Klägerin notwendig und eine notwendige Begleitung durch Dritte nicht möglich sei, auch die Begleitung durch den Heimbetreiber für die Bewohner sicherzustellen, indem dieser Beschäftigte des Heims einsetze oder sonstige Personen damit beauftrage. Die sicherzustellende Begleitung als Teil der Regelleistung sei daher weder eine Zusatzleistung noch eine sonstige Leistung, für die ein gesonderter Zuschlag von den Heimbewohnern zu entrichten sei.
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
Quelle:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... suchen.php