Todesfälle bei Gurtfixierungen
Verfasst: 21.01.2012, 08:22
Todesfälle bei Gurtfixierungen
Deaths Due to Physical Restraint
Dtsch Arztebl Int 2012; 109(3): 27-32; DOI: 10.3238/arztebl.2012.0027
Berzlanovich, Andrea M.; Schöpfer, Jutta; Keil, Wolfgang
Forensische Gerontologie, Department für Gerichtsmedizin Wien, Medizinische Universität Wien: Prof. Dr. med. Berzlanovich
Institut f. Rechtsmedizin, LMU, München: Dr. med. Schöpfer, Prof. Dr. med. Keil
Hintergrund: Gurtfixierungen werden vor allem bei zu Pflegenden mit erhöhtem Sturzrisiko, motorischer Unruhe, agitiertem Verhalten sowie auch bei Selbstbeschädigungsabsichten und Suizidgefahr eingesetzt. Die Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM), insbesondere das Anbringen von Gurten gegen den Willen der Betroffenen, ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte und damit eine spezielle Form von Gewalt. Nicht fachgerecht verwendete Gurtsysteme können Verletzungen unterschiedlicher Schweregrade, gelegentlich sogar den Tod der Fixierten zur Folge haben.
Methode: Von 1997–2010 wurden im Institut für Rechtsmedizin München insgesamt 27 353 Obduktionen durchgeführt.
Ergebnisse: Alle Todesfälle, die sich bei Gurtfixierungen ereignet hatten (n = 26), wurden retrospektiv analysiert. Während in Gurtsystemen drei Patienten infolge eines natürlichen Todes und ein Betroffener durch Suizid starben, war bei 22 gleichfalls nicht unter Dauerbeobachtung stehenden Pflegebedürftigen der Todeseintritt allein auf die jeweilige Fixierung zurückzuführen. Deren Tod war entweder durch Strangulation (n = 11), Thoraxkompression ( n = 8 ) oder in Kopftieflage (n = 3) eingetreten. Bei fast allen Bewohnern/Patienten (n = 19) wurden die Gurte fehlerhaft angelegt, zweimal sind behelfsmäßige Mittel zur Fixierung herangezogen worden. Trotz korrekter Anwendung eines Bauchgurts kam es bei einer Heimbewohnerin aufgrund ihrer Gelenkigkeit und durch ihre Konstitution zur Strangulation.
Schlussfolgerungen: Zur Verhinderung derartiger Todesfälle wird aus gerichtsmedizinischer Sicht dringend empfohlen, alle Möglichkeiten von Alternativen zu FEM auszuschöpfen. Falls körpernahe Fixierungen dennoch unvermeidbar sind, müssen diese vorschriftsmäßig angewandt und die Betroffenen verstärkt beobachtet werden.
....
Weiter lesen unter
http://www.aerzteblatt.de/archiv/118941 ... ixierungen
Deaths Due to Physical Restraint
Dtsch Arztebl Int 2012; 109(3): 27-32; DOI: 10.3238/arztebl.2012.0027
Berzlanovich, Andrea M.; Schöpfer, Jutta; Keil, Wolfgang
Forensische Gerontologie, Department für Gerichtsmedizin Wien, Medizinische Universität Wien: Prof. Dr. med. Berzlanovich
Institut f. Rechtsmedizin, LMU, München: Dr. med. Schöpfer, Prof. Dr. med. Keil
Hintergrund: Gurtfixierungen werden vor allem bei zu Pflegenden mit erhöhtem Sturzrisiko, motorischer Unruhe, agitiertem Verhalten sowie auch bei Selbstbeschädigungsabsichten und Suizidgefahr eingesetzt. Die Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM), insbesondere das Anbringen von Gurten gegen den Willen der Betroffenen, ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte und damit eine spezielle Form von Gewalt. Nicht fachgerecht verwendete Gurtsysteme können Verletzungen unterschiedlicher Schweregrade, gelegentlich sogar den Tod der Fixierten zur Folge haben.
Methode: Von 1997–2010 wurden im Institut für Rechtsmedizin München insgesamt 27 353 Obduktionen durchgeführt.
Ergebnisse: Alle Todesfälle, die sich bei Gurtfixierungen ereignet hatten (n = 26), wurden retrospektiv analysiert. Während in Gurtsystemen drei Patienten infolge eines natürlichen Todes und ein Betroffener durch Suizid starben, war bei 22 gleichfalls nicht unter Dauerbeobachtung stehenden Pflegebedürftigen der Todeseintritt allein auf die jeweilige Fixierung zurückzuführen. Deren Tod war entweder durch Strangulation (n = 11), Thoraxkompression ( n = 8 ) oder in Kopftieflage (n = 3) eingetreten. Bei fast allen Bewohnern/Patienten (n = 19) wurden die Gurte fehlerhaft angelegt, zweimal sind behelfsmäßige Mittel zur Fixierung herangezogen worden. Trotz korrekter Anwendung eines Bauchgurts kam es bei einer Heimbewohnerin aufgrund ihrer Gelenkigkeit und durch ihre Konstitution zur Strangulation.
Schlussfolgerungen: Zur Verhinderung derartiger Todesfälle wird aus gerichtsmedizinischer Sicht dringend empfohlen, alle Möglichkeiten von Alternativen zu FEM auszuschöpfen. Falls körpernahe Fixierungen dennoch unvermeidbar sind, müssen diese vorschriftsmäßig angewandt und die Betroffenen verstärkt beobachtet werden.
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