Medikation in den Heimen - Selbstbestimmungsrechte achten
Verfasst: 11.09.2010, 07:20
Medikation in den Heimen - Selbstbestimmungsrechte achten
In einer Mailingliste wurde das o.a. Thema angesprochen. Der Schriftwechsel wird nachfolgend in Teilen vorgestellt (anonymisiert):
Frau ... schrieb u.a.:
..... Hier klappt einfach die Zusammenarbeit zwischen Pflegeheim, Arzt und Betreuer nicht richtig. Ich werde doch meist überhaupt nicht gefragt. Einige Ärzte gehen im Schnelldurchgang durch das Heim, ohne manchmal den Patienten zu Gesicht zu bekommen, so dass ich einmal einen Psychiater bitten mußte, doch auch einmal ein Gespräch mit seiner Patientin zu führen. In diesem Falle wurde alles im Schwesternzimmer abgewickelt. Der Patient kann in diesem Falle überhaupt nicht noch einmal zum Arzt kommen, um ggf. ein anderes Medikament zu erhalten. .....
Antwort:
Sehr geehrte Frau ...,
die von Ihnen beschriebene Vorgehensweise ist nicht akzeptabel: Therapie ohne Aufklärung und Einwilligung (des rechtlichen Vertreters) ist, von Notfällen abgesehen, rechtswidrig. Das darf man m.E. nicht durchgehen lassen. Auch die Heim-MitarbeiterInnen müssten eigentlich wissen, wie korrekt vorzugehen ist. In Lehrveranstaltungen mache ich immer auf die vertraglichen Beziehungen und deren Umsetzung aufmerksam. Dass die Medikation auch schädliche Folgen (Nebenwirkungen) haben kann, bestätigt die vor wenigen Tagen vorgelegte PRISCUS-Liste eindrucksvoll - siehe dazu viewtopic.php?t=14576 . Rechtsvertreter sind insoweit (mit) gefordert!
Aktuell gibt es wieder einmal einen Versuch, die ärztliche Versorgung in den Heimen zu optimieren. Dazu habe ich soeben an die KV Nordrhein geschrieben und füge den Brief zur Unterrichtung an. Die möglicherweise in Gang kommenden Aktivitäten sollten genutzt werden, auch die Beziehungen zwischen Patienten / Rechtsvertretern und Therapeuten der Rechtslage anzupassen. Ich halte Kooperationsvereinbarungen zwischen Heimen und Ärzten für geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
+++
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ..... http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
An die
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
Betr.: KV Initiative Pflegeheim - Medizinische Versorgung in Pflegeheimen - Optimierung
Bezug: Pressemitteilung der KBV vom 08.09.2010 - Quelle: viewtopic.php?p=54563#54563
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der o.a. Angelegenheit gibt es im Netz umfangreiche Informationen (Quelle siehe oben). Beim Studium dieser Texte gewinnt man den Eindruck, dass die Optimierung zunächst in Bayern stattfinden soll. Ich frage daher an, welche Initiativen in Nordrhein in Gang gekommen sind bzw. was noch veranlasst werden soll.
Ich denke, dass es dringend erforderlich ist, bezüglich der medizinischen Versorgung in den Pflegeeinrichtungen schnellstmöglich Verbesserungen in Gang zu bringen sind. Es muss nämlich zunächst weiterhin davon ausgegangen werden, dass zumindest die fachärztliche Versorgung in den Heimen "mangelhaft" ist (vgl. auch die einschlägige Studie aus 2005). Veränderungen sind insoweit leider nicht erkennbar.
Es wird allzu oft vergessen, dass es neben den unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen (SGB XI) auch viele Unzulänglichkeiten in der medizinischen Versorgung gibt (zuviele und falsche Medikamente - siehe z.B. PRISCUS-Liste viewtopic.php?t=14576 - unnötige Krankenhauseinweisungen usw.).
Es wäre klarzustellen, wie dieser Zustand tatsächlich und nachhaltig überwunden werden kann - und dies ohne Zeitverzögerung. Sind alle Krankenkassen mit beteiligt oder sind eventuelle verbesserte Leistungsangebote nur für bestimmte Kassenpatienten abrufbar?
Für Ihre Bemühungen vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
http://www.wernerschell.de
+++
Darauf gab es die Rückmeldung eines Arztes; u.a. wie folgt:
... es finden sich ja kaum noch Fachärzte die die Heimversorgung übernehmen. Auf Wirtschaftlichkeitsaspekte willl ich gar nicht eingehen. Herr Schell verlangt - rechtlich wohl zurecht - die Zustimmung der Betreuer bei jeder neuen Medikamnetenverordnung bei Einwilligungsunfähigen. Nur wie soll dies technisch gehen. ....
Antwort:
Sehr geehrter Herr ...,
Sie können unterstellen, dass mir die verschiedenen Aspekte der Medikamentenversorgung bekannt sind. Es kann in der Tat schwierig sein, alle Beteiligten zeitgerecht "unter einen Hut" zu bekommen. Gleichwohl muss die Medikation, die ja bekanntermaßen nicht problemlos ist (siehe u.a. "PRISCUS-Liste), ohne Patienten- bzw. Vertreterentscheidung nicht korrekt stattfinden. Es darf auch darüber nachgedacht werden, ob denn überhaupt alle Medikamentenverordnungen, die es heute so gibt, notwendig sind. - So ist das nun mal. Es ist im Übrigen auch zu bedenken, dass der ins Heim kommende Arzt den Pflegekräften gegenüber nicht weisungsbefugt ist. Er verordnet nur und ordnet nicht an.
Das alles gibt mir (und anderen) Veranlassung, seit Jahren zu verlangen, dass die Heimträger mit den ins Heim kommenden Ärzten möglichst Kooperationsvereinbarungen schließen und darin die Einzelheiten der Medikation (Verordnung einschließlich Erörterung der Notwendigkeit, Genehmigung, Beschaffung, Abgabe usw.) regeln.
Ich mache in diesem Zusammenhang noch einmal auf die neue Initiative der Kassenärztlichen Vereinigungen zur medizinischen Versorgung in den Heimen aufmerksam - viewtopic.php?t=14771 - Vielleicht kann dies die Basis sein dafür, die relevanten Fragen einer Klärung zuzuführen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten ja auch unter Beachtung der Rechtslage geeignete Vorschläge machen.
Möglicherweise müssen die hier angesprochenen Probleme im Rahmen der überfälligen Pflegereform angesprochen und einer Lösung zugeführt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
In einer Mailingliste wurde das o.a. Thema angesprochen. Der Schriftwechsel wird nachfolgend in Teilen vorgestellt (anonymisiert):
Frau ... schrieb u.a.:
..... Hier klappt einfach die Zusammenarbeit zwischen Pflegeheim, Arzt und Betreuer nicht richtig. Ich werde doch meist überhaupt nicht gefragt. Einige Ärzte gehen im Schnelldurchgang durch das Heim, ohne manchmal den Patienten zu Gesicht zu bekommen, so dass ich einmal einen Psychiater bitten mußte, doch auch einmal ein Gespräch mit seiner Patientin zu führen. In diesem Falle wurde alles im Schwesternzimmer abgewickelt. Der Patient kann in diesem Falle überhaupt nicht noch einmal zum Arzt kommen, um ggf. ein anderes Medikament zu erhalten. .....
Antwort:
Sehr geehrte Frau ...,
die von Ihnen beschriebene Vorgehensweise ist nicht akzeptabel: Therapie ohne Aufklärung und Einwilligung (des rechtlichen Vertreters) ist, von Notfällen abgesehen, rechtswidrig. Das darf man m.E. nicht durchgehen lassen. Auch die Heim-MitarbeiterInnen müssten eigentlich wissen, wie korrekt vorzugehen ist. In Lehrveranstaltungen mache ich immer auf die vertraglichen Beziehungen und deren Umsetzung aufmerksam. Dass die Medikation auch schädliche Folgen (Nebenwirkungen) haben kann, bestätigt die vor wenigen Tagen vorgelegte PRISCUS-Liste eindrucksvoll - siehe dazu viewtopic.php?t=14576 . Rechtsvertreter sind insoweit (mit) gefordert!
Aktuell gibt es wieder einmal einen Versuch, die ärztliche Versorgung in den Heimen zu optimieren. Dazu habe ich soeben an die KV Nordrhein geschrieben und füge den Brief zur Unterrichtung an. Die möglicherweise in Gang kommenden Aktivitäten sollten genutzt werden, auch die Beziehungen zwischen Patienten / Rechtsvertretern und Therapeuten der Rechtslage anzupassen. Ich halte Kooperationsvereinbarungen zwischen Heimen und Ärzten für geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
+++
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ..... http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
An die
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
Betr.: KV Initiative Pflegeheim - Medizinische Versorgung in Pflegeheimen - Optimierung
Bezug: Pressemitteilung der KBV vom 08.09.2010 - Quelle: viewtopic.php?p=54563#54563
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der o.a. Angelegenheit gibt es im Netz umfangreiche Informationen (Quelle siehe oben). Beim Studium dieser Texte gewinnt man den Eindruck, dass die Optimierung zunächst in Bayern stattfinden soll. Ich frage daher an, welche Initiativen in Nordrhein in Gang gekommen sind bzw. was noch veranlasst werden soll.
Ich denke, dass es dringend erforderlich ist, bezüglich der medizinischen Versorgung in den Pflegeeinrichtungen schnellstmöglich Verbesserungen in Gang zu bringen sind. Es muss nämlich zunächst weiterhin davon ausgegangen werden, dass zumindest die fachärztliche Versorgung in den Heimen "mangelhaft" ist (vgl. auch die einschlägige Studie aus 2005). Veränderungen sind insoweit leider nicht erkennbar.
Es wird allzu oft vergessen, dass es neben den unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen (SGB XI) auch viele Unzulänglichkeiten in der medizinischen Versorgung gibt (zuviele und falsche Medikamente - siehe z.B. PRISCUS-Liste viewtopic.php?t=14576 - unnötige Krankenhauseinweisungen usw.).
Es wäre klarzustellen, wie dieser Zustand tatsächlich und nachhaltig überwunden werden kann - und dies ohne Zeitverzögerung. Sind alle Krankenkassen mit beteiligt oder sind eventuelle verbesserte Leistungsangebote nur für bestimmte Kassenpatienten abrufbar?
Für Ihre Bemühungen vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
http://www.wernerschell.de
+++
Darauf gab es die Rückmeldung eines Arztes; u.a. wie folgt:
... es finden sich ja kaum noch Fachärzte die die Heimversorgung übernehmen. Auf Wirtschaftlichkeitsaspekte willl ich gar nicht eingehen. Herr Schell verlangt - rechtlich wohl zurecht - die Zustimmung der Betreuer bei jeder neuen Medikamnetenverordnung bei Einwilligungsunfähigen. Nur wie soll dies technisch gehen. ....
Antwort:
Sehr geehrter Herr ...,
Sie können unterstellen, dass mir die verschiedenen Aspekte der Medikamentenversorgung bekannt sind. Es kann in der Tat schwierig sein, alle Beteiligten zeitgerecht "unter einen Hut" zu bekommen. Gleichwohl muss die Medikation, die ja bekanntermaßen nicht problemlos ist (siehe u.a. "PRISCUS-Liste), ohne Patienten- bzw. Vertreterentscheidung nicht korrekt stattfinden. Es darf auch darüber nachgedacht werden, ob denn überhaupt alle Medikamentenverordnungen, die es heute so gibt, notwendig sind. - So ist das nun mal. Es ist im Übrigen auch zu bedenken, dass der ins Heim kommende Arzt den Pflegekräften gegenüber nicht weisungsbefugt ist. Er verordnet nur und ordnet nicht an.
Das alles gibt mir (und anderen) Veranlassung, seit Jahren zu verlangen, dass die Heimträger mit den ins Heim kommenden Ärzten möglichst Kooperationsvereinbarungen schließen und darin die Einzelheiten der Medikation (Verordnung einschließlich Erörterung der Notwendigkeit, Genehmigung, Beschaffung, Abgabe usw.) regeln.
Ich mache in diesem Zusammenhang noch einmal auf die neue Initiative der Kassenärztlichen Vereinigungen zur medizinischen Versorgung in den Heimen aufmerksam - viewtopic.php?t=14771 - Vielleicht kann dies die Basis sein dafür, die relevanten Fragen einer Klärung zuzuführen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten ja auch unter Beachtung der Rechtslage geeignete Vorschläge machen.
Möglicherweise müssen die hier angesprochenen Probleme im Rahmen der überfälligen Pflegereform angesprochen und einer Lösung zugeführt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de