Neue Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: "Gestaltung der Arbeitszeit im Krankenhaus"
Dauernachtarbeit im Krankenhaus neu regeln und Belastung der Pflegekräfte senken
Familie und Beruf zu vereinbaren, ist nicht gerade besonders einfach. Die
Dauernachtarbeit erscheint vielen Pflegekräften als die ideale Lösung. Deshalb genießt diese Form der Arbeit im Krankenhaus bei den Betroffenen, meist weiblichen Nachtwachen,
eine hohe Akzeptanz. Doch die Dauernachtarbeit steht im Widerspruch zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen.
Um die Gestaltung der Nachtarbeit von Pflegekräften geht es in der neuen Broschüre "Gestaltung der Arbeitszeit im Krankenhaus". Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht
besteht gerade bei der Dauernacharbeit ein erheblicher Handlungsbedarf.
Bereits seit 1994 ist das Arbeitszeitgesetz in Kraft, das seit dem 1. Januar 1996 auch für das Krankenhauspersonal gilt. Das Gesetz verbietet Dauernachtarbeit nicht
grundsätzlich, allerdings dürfen zum Schutze der Gesundheit der Beschäftigten derzeit maximal vier Nächte in Folge gearbeitet werden.
In der Realität sieht es jedoch anders aus, wie die Schwerpunktaktion "Gesundheitsschutz im Gesundheitswesen" ergab, deren Ergebnisse sich im
Jahresbericht der Staatlichen Arbeitsschutzverwaltung des Landes NRW von 1996 nachlesen lassen: So sind in vier von fünf Krankenhäusern überlange Schichtfolgen von sieben und
mehr Nachtdiensten in Folge die Regel. Zum Teil werden bis zu 15 Nachtdiensten in Folge geleistet. Darüber hinaus sind in zwei von fünf Häusern überlange Dienste, das heißt
zehn Stunden und mehr, "normal". Hinzu kommt, dass viele Pflegekräfte nachts keine Pause haben, in der sie die Station verlassen können.
Die Praxis der heutigen Dauernachtarbeit im Krankenhaus macht also den präventiv-gesundheitspolitischen Handlungsbedarf offenkundig. Durch die Arbeit in der
Nacht wird der Tag-/Nachtrhythmus gestört. Dies ist die zentrale Belastung der Nacht- / Schichtarbeit. Gelingen kann eine Anpassung an die Nachtarbeit aber nur, wenn die
Dauernachtarbeiterinnen ihren gesamten Lebensrhythmus auf die Nachtarbeit einstellen. Das heißt, an allen Tagen, ob sie nachts arbeiten oder nicht, sie machen die Nacht zum Tag.
Diese Voraussetzung dürfte bei den meisten Dauernachtwachen wohl kaum erfüllt sein, da sie alle durch Familie, Kinder, Freunde und Bekannte in den gesellschaftlichen Rhythmus
integriert sind. Die Konsequenz: Der Körper ist einem ständigen Wechsel unterworfen.
Ein Trugschluss ist es auch, dass sich der Körper bei langen Dienstfolgen (fünf und mehr Nächte in Folge) besser an die Nachtarbeit anpassen kann. Arbeitswissenschaftliche
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei langen Dienstfolgen nur eine Teilanpassung an die Nachtarbeit erfolgt. Hinzu kommt, dass sich beim Tagschlaf ein Schlafdefizit aufbaut. Das
Belastungsempfinden der Betroffenen steht oftmals aber im Widerspruch zu der realen Belastungssituation.
Die Arbeitswissenschaftler empfehlen drei zentrale Punkte, an denen Veränderungen im Nachtdienst ansetzen müssen:
- 1. Verkürzung der langen Nachtdienstblöcke mit entsprechenden Ruhepausen
- 2. Verkürzung der Dienstlänge
- 3. Einführung einer Pause
Diese Empfehlungen lassen sich durchaus praktisch umsetzen. Zu diesem
Ergebnis kommt das von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geförderte Projekt "Gestaltung der Arbeitszeit Krankenhäusern". Es wurde vom
Landesinstitut Sozialforschungsstelle Dortmund in Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus in Essen durchgeführt. Ziel des Projekts war die Entwicklung und Erprobung
neuer Arbeitszeiten. Dabei lag der Schwerpunkt auf einer zeitlichen Neuorganisation des Nachtdienstes. Auf insgesamt vier Stationen wurden gemeinsam mit den Pflegekräften neue
Arbeitszeitregelungen entwickelt und umgesetzt.
Über Ablauf und Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelung finden sich detaillierte Informationen in der neuen Broschüre. Anhand der zwei Praxisbeispiele wird deutlich, dass
es möglich ist, neue Arbeitszeitregelungen zu entwickeln, die den Interessen der Beschäftigten, den Anforderungen der Patienten und den arbeitswissenschaftlichen
Erkenntnissen Rechnung tragen. Der Einsatz von Teilzeitdauernachtwachen und ehemaliger Vollzeitnachtwachen im Tagdienst unter Beibehaltung des nächtlichen Arbeitsschwerpunkt
kann für eine neue Arbeitszeitgestaltung sorgen. Die Verkürzung des einzelnen Nachtdienstes und der Nachtdienstfolgen bilden zusammen mit einer zeitlichen
Neuorganisation des Tagdienstes und organisatorischen Veränderungen ein stationsbezogenenes Masznahmenpaket.
Quelle: Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Werner Schell
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