TV-Tipp für den 20.08.2007, 21.45 - 22.15 Uhr - ARD - Report München
Wiederholgung 21.8.2007, 5.00 Uhr
Thema u.a.:
Das Geschäft mit dem Tod -
Die üblen Tricks bei Bestattung
Ob Kopfgeld für jeden Leichnam, oder Betrug mit dem Sarg: die über 800.000 Verstorbenen jährlich sind ein lukratives Geschäft für die Bestatter. Ein Insider berichtet gegenüber report MÜNCHEN, er habe unter Zwang die Toten in billigere Särge „umpacken“ müssen. Dies und mehr sei gängige Praxis bei den schwarzen Schafen im Bestattergewerbe, so die übereinstimmende Meinung von Kennern des Geschäfts mit dem Tod.
Fundstelle:
http://www.br-online.de/daserste/report/
Das Geschäft mit dem Tod - Die üblen Tricks bei BestattungenAutoren
Klaus Wiendl, Oliver Bendixen
Vielfach trügt der Schein. Hinter den Kulissen arbeiten findige Bestattungsunternehmer mit den rüdesten Methoden, um das Geschäft mit dem Tod zu machen. Ein Friedhof in Düsseldorf. Wir treffen einen Bestattungshelfer, der uns Haarsträubendes beschreibt: von Särgen, die mehrfach verwendet werden.
Jochen K., Bestattungshelfer: „Über 90-mal ein und derselbe Sarg, als Eichensarg. Der Verstorbene kam von der Trauerfeier, wurde umgebettet und dann wurde er wieder für einen frisch Verstorbenen verwandt. Die Blumen waren gleich, alles war gleich, das wurde so oft durchgezogen und das ist dann natürlich viel Geld, der Bestatter lässt sich von den Angehörigen die Blumen und alle Dienstleitungen bezahlen und hat es im Prinzip nur einmal.“
Bei den schwarzen Schafen im Bestattungsgewerbe geht es mehr um Profit als um Pietät, ihr System ist perfide und perfektioniert.
Jochen K., Bestattungshelfer: „Es war bei einem Großen der Branche, nach der Trauerfeier kamen die Särge zurück und dort musste, wie es im Fachjargon heißt, umgepackt werden. Ein teurer Sarg wurde geöffnet, ein billiger stand daneben, dann wurde der Verstorbene rübergelegt und ins Krematorium gefahren.“
Ortswechsel, Berlin, die Ahorn-Grieneisen AG, die zu den führenden Bestattungsunternehmen in Deutschland gehört. Jahresumsatz: gut 60 Mio. Euro. Doch die Methoden, wie Mitarbeiter den Umsatz steigern sollen, sind äußerst fragwürdig. Ein Beispiel dafür: eine Arbeitsanweisung vom vergangenen Jahr. Zitat: „alle Abholungen werden grundsätzlich in einem hochwertigen Sarg durchgeführt.“ Üblich ist das nicht, sagen Mitbewerber, das treibe die Bestattungskosten unnötig in die Höhe. Ahorn-Grieneisen behauptet nun in einer Stellungnahme gegenüber report MÜNCHEN: „Sollte es keine Wünsche geben, überführen wir in dem Sargmodell, das am häufigsten von unseren Kunden ausgewählt wird. Dieses befindet sich in der unteren Preisklasse bei gleichzeitig hoher Qualität.“
Ortswechsel: Schwetzingen. Von scheinbar kriminellen Strukturen in dieser Branche berichtet Peter Waldbauer. Während seines Studiums jobbte er bei mehreren Beerdigungs-Instituten. Seine Beobachtungen fasste er nun in einem Buch zusammen. Titel: die Bestattungsmafia.
Peter Waldbauer, Autor und ehem. Bestattungshelfer: „Bei dem einfachen Sarg hier, der kostet vielleicht 50 Euro, wenn’s hoch kommt, da nimmt der Bestatter schon mal mindestens 650 Euro oder auch 800 Euro, oder mancher Bestatter mindestens auch 1000 Euro."
Hinterbliebene sind angesichts des Todes oft in einem Schockzustand und der wird meist gnadenlos ausgenutzt. Zur Umsatzsteigerung wird dem Kunden wesentlich mehr verkauft, als er möchte. Denn viele Bestatter kassieren z.B. auch für den Blumenschmuck oder Grabstein teils noch stattliche Provisionen.
Peter Kotzbauer, Städtischer Bestattungsdienst München: „Ich kann nur jedem Kunden den Rat geben, sich einen Kostenvoranschlag machen zu lassen oder ein kurzer Blick ins Internet, um sich selbst ein Bild zu machen.“
Die Großen der Branche verschleiern ihre Kostenstruktur, kritisierte die Stiftung Warentest in Berlin schon vor drei Jahren in einem Sonderheft. Daran habe sich bis heute wenig geändert. Verschärft aber hat sich das Gerangel um die Toten von morgen.
Falk J. Murko, Stiftung Warentest: „Es ist bekannt, dass Bestatter mit Krankenhäusern Verträge machen, mit Angestellten, um an todkranke Personen, an deren Angehörige zu kommen. Wir haben es auch im Test gemerkt. Wir haben vorgegeben, eine ferne Verwandte, die im Krankenhaus liegt, dass deren Bestattung nahe liegt und einige Bestatter haben dann sehr intensiv versucht, sie wollten unbedingt das Krankenhaus herausbekommen, um frühzeitig dort sich an die Person zu wenden.“
report MÜNCHEN liegt ein Vertragsentwurf vor, der Provisionen von 2 Prozent für jeden verstorbenen Heimbewohner vorsieht. Den exklusiven Zugriff auf die Toten von Pflegeheimen und Krankenhäusern schreibt die Ahorn-Grieneisen AG in so genannten Kooperationsvereinbarungen fest. Geboten wird für die „Geschäftsfelderschließung“ ein „Sterbefallmanagement“. Als Gegenleistung soll die soziale Einrichtung die „angebotenen Dienstleistungen bei seinen Patienten und deren Angehörigen implementieren“. Es gibt aber auch Bestatter, für die der goldene Handschlag üblich ist.
Peter Waldbauer, Autor und ehem. Bestattungshelfer: „Die Bestatter arbeiten sehr intensiv mit Altenheimen zusammen, das ist klar, weil da sehr viele Verstorbene abgeholt werden. Und da gibt es schon mal für die Mitarbeiter im Altenheim entweder Bares, 50 Euro oder 100 Euro pro Sterbefall können es sein, oder auch eine goldene Uhr, oder für die Pflegeleiterin darf es auch mal ein neuer Wandschrank sein. Und es ist auch schon vorgekommen, dass der Leiter eines Altenheimes mit einem neuen Leasingvertrag für ein gehobenes Auto belohnt wurde.“
Ortswechsel: Hamburg-Harburg. Vertraglich fest im Griff hat dort nun Ahorn-Grieneisen das Deutsche Rote Kreuz, das am 1. August sein eigenes Bestattungsinstitut „Trauerhilfe“ gegründet hat. Damit mausert sich das DRK zu einem Wohlfahrtsverband, der nicht nur Alte bis zum Tod pflegt, sondern sie auch noch unter die Erde bringt. Ein Grund mehr zum Feiern, auch für die angereisten Mitarbeiter der Ahorn-Grieneisen AG, die damit direkt an der Geldader sitzt.
report MÜNCHEN: „Kann ein Pflegefall denn überhaupt noch ausscheren, wenn er einmal in den Fängen des DRK ist?"
Harald Krüger, DRK Hamburg-Harburg: „Er ist nicht in den Fängen des DRK und wir werden auch nicht offensiv werben. Aber unsere Mitarbeiter sind natürlich auch Ansprechpartner und werden auch gefragt. Und sicherlich wird es auch so sein, wenn Angehörige uns fragen, ob wir in diesem Fall auch helfen können, dann werden unsere Mitarbeiter sagen, dass auch das, wenn es gewünscht wird, vom DRK gemacht werden kann.“
„Totengräber DRK“ – schlimmer konnte es nicht kommen. Auch wenn sich das DRK auf Bundesebene „alarmiert“ zeigt, es ändert nichts daran, dass nun Rotkreuz-Mitarbeiter älteren Menschen gleich auch noch einen Bestattungsvertrag aufschwatzen werden: das Rundum-sorglos-Paket von Ahorn-Grieneisen.
report MÜNCHEN: „Warum sehen Sie eine Wettbewerbsverzerrung, wenn das DRK in das Bestattungsgeschäft einsteigt?"
Frank Kirste, Bestattungsunternehmer Hamburg - Harburg: „Weil sie schon heute Zugang zu den Toten von morgen haben, durch die häusliche Pflege, durch die Altenheime, wo sie Träger sind oder wo sie die Verwaltung machen.“
Die über 800.000 Toten jährlich in Deutschland sind ganz offensichtlich ein todsicheres Geschäft.
Geschäft mit dem Tod - Bestattungstricks - TV-Tipp
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