Hierzulande wird zum Generalangriff auf die Befürworter der ärztlichen Suizidassistenz geblasen; namhafte Ethiker und Hobbyphilosophen scharen ihre Jünger um sich und sie treten an, die befürchtete moralische Verrohung als drohendes Übel nicht nur eines erheblichen Teils des Staatsvolkes, sondern auch der Ärzteschaft gleichsam an der Wurzel zu packen. Das Streben nach individueller Selbstbestimmung und Gewissensfreiheit ist ungehörig und so gesehen ist es hohe Zeit, eben diese Freiheiten ad absurdum zu führen, bevor das Unkraut in die Saat schießt und sich rasend schnell vermehren kann.
Das Leben als ein unverdientes Geschenk beginnt nicht zu welken – gleich einer Blume im Himmel – und da kann es denn auch schon notwendig sein, hier auf Erden rechtzeitig damit zu beginnen, dass Unkraut auszumerzen.
Apropos „Unkraut“: Dem ambitionierten Hobbygärtner stehen nun allerlei Alternativen zur Verfügung: die zuweilen mühevolle Handarbeit und damit das Jäten von Unkraut oder – aus meiner Sicht eine nicht wünschenswerte Alternative – der Einsatz handelsüblicher chemischer Keulen, die es zumindest ermöglichen, großflächig das Unkraut zu bekämpfen.
In jedem Falle wird der Hobbygärtner bemüht sein, dass seine Blumen sich zu einer wahren Pracht entwickeln und nicht vom Unkraut erstickt werden: Das Unkraut soll den Blick auf die wundersame Pracht auf die lebendigen Farben eines Blumenmeeres nicht eintrüben und so gesehen dürfen wir auch dem wohlmeinenden ethischen Paternalismus etwas Positives abgewinnen. Wir vernehmen die frohe Kunde, dass auch hier auf Erden die Blume des Lebens nicht verwelkt und da schickt es sich nicht, eben diese Blume dem Beet zu entreißen oder – wieder aus dem Blickwinkel eines Hobbygärtners gewendet: Großflächig eine chemische Keule über das gesamte Blumenbeet zum Einsatz zu bringen, in der Hoffnung, dass die auf dem Mittel enthaltene Gebrauchsanweisung und der versprochene Wirkung tatsächlich das hält, was sie verspricht: Nicht die Blumen, sondern nur das Unkraut wird vernichtet.
Sollte dennoch eine der Blumen mal „schwächeln“, werden wir versuchen, diese aufzupäppeln und harren dem Lauf der Dinge; sollte sich – was letztlich nicht vorausgesehen werden kann – die Blume dennoch wider Erwarten eingehen, können wir uns als Hobbygärtner damit trösten, dass wir alles versucht haben und es uns nicht vergönnt war, auch im nächsten Frühjahr (oder je nach Blumenart zu einer beliebigen anderen Jahreszeit) die Pracht der leider nunmehr eingegangenen Blume zu bewundern.
Freilich: Ich als Hobbygärtner wäre natürlich zutiefst betrübt, wenn meine über Jahre hinweg liebevoll gepflegten Rosen schlicht, aber für mich eben durchaus ergreifend ihren „Geist“ aufgeben würden. Ich werde versuchen, mir einen entsprechenden Rat bei einem fachkundigen Gärtner zu holen, der vielleicht dem sich anbahnenden „Schicksal“ meiner Rosen noch Einhalt gebieten kann.
Übrigens: Mir fällt da gerade ein, dass der Papst wohl in Aussicht gestellt hat, eine Rede bei seinem nächsten Besuch hierzulande vor dem Deutschen Bundestag halten zu wollen. Der kommende September ist auserkoren. Ob es dazu kommt, ist nun so klar nicht und da könnte es sich dann anbieten, dass vielleicht der Deutsche Ärztetag kurzfristig umterminiert wird oder die Zunft der Ethiker zu einer Zusammenkunft einlädt, um dann dem Papst eine geeignete Alternativen bieten zu können.
Nicht, dass ich gegen den Papstbesuch etwas einzuwenden hätte, geschweige denn gegen eine geplante Rede im Deutschen Bundestag, aber für die Neopaternalisten ergäbe sich hier eine einmalige Gelegenheit, die „Schafe, die sich von der Herde entfernt haben“, wieder einzusammeln und auf den ethischen und moralischen Grundkurs zu bringen.
So wie ich nun erwäge, den Rat eines Gärtners über die sachgerechte Pflege von Rosen einzuholen, sei es den Oberethikern in unserem Lande freilich zugestanden, den Rat eines Oberhirten einzuholen, denn jedes Schäflein macht den Wert einer Herde aus.
Mich hingegen plagt aber das „Rosenproblem“: Soll ich vielleicht zu einem bewährten „Hausmittel“ greifen und Brennenesel-Sud ansetzen, um die lästigen Schädlinge vom Blattwerk hinfort zu spülen?
Ihr Lutz Barth
