Begleitung eines Heimbewohners >>> Arztbesuch

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

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Begleitung eines Heimbewohners >>> Arztbesuch

Beitrag von Service » 03.04.2012, 08:15

Begleitung eines Heimbewohners >>> Arztbesuch

Fahrtkosten von Bewohnern zum Arzt sind nicht durch das Altenheim zu tragen
Pflegeeinrichtungen haben Fahrtkosten ihrer Bewohner zu Ärzten nicht zu tragen. In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichtes Borken
vom 23. Dezember 2011 (Az 17 C 231/11) bestätigte dieses, dass Altenheime keine Taxikosten ihrer Bewohner bezahlen müssen, soweit diese nicht
ohnehin durch Leistungen des SGB V gedeckt sind. ...
Das Berufungsverfahren ist beim Landgericht Münster Az 6 S 22/12 anhängig. ...
Quelle: http://hopfenzitz.info/aktuelles/

WernerSchell
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Begleitung zu Arztbesuchen

Beitrag von WernerSchell » 20.06.2012, 08:30

Aus gegebenem Anlass wurden die Heime im Rhein-Kreis Neuss wie folgt informiert:

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
Pro Pflege - Selbsthilfetzwerk ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".


20.06.2012

An die
Stationären Pflegeeinrichtungen
im Rhein-Kreis Neuss


Nachrichtlich (zur Mitwirkung):

An den
Rhein-Kreis Neuss
Heimaufsicht mit Pflegekonferenz / Gesundheitsdezernat mit Gesundheitskonferenz und Arbeitskreise „Medizinische Versorgung in Heimen“, „Demenz“ und „Gesundheitsförderung im Alter“
Kreishaus Lindenstraße 2- 16
41515 Grevenbroich


Medizinische und pflegerische Versorgung der pflegebedürftigen Menschen einschließlich medikamentöse Versorgung und freiheitseinschränkende Maßnahmen (Fixierungen) ….

Sehr geehrte Damen und Herren,

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist regional und bundesweit aktiv und besonders durch die regelmäßigen Pflegetreffs mit hochkarätigen Referenten gut bekannt geworden. Zugenommen haben auch die Hilferufe von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen. Es melden sich auch immer wieder Pflegekräfte und Leitungskräfte mit vielfältigen Fragestellungen.

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat daher die stationären Pflegeeinrichtungen im Rhein-Kreis Neuss mit Schreiben vom 05.03.2012 auf verschiedene Mangelsituationen aufmerksam gemacht und konkrete Verbesserungen eingefordert.

Da es insoweit von der Trägerseite noch keine hilfreichen Gestaltungsvorschläge gibt, sieht sich Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk veranlasst, nochmals auf die Handlungsnotwendigkeiten aufmerksam zu machen und um entsprechende Rückmeldungen zu bitten. Es geht konkret um folgende Themenbereiche:

• ärztliche Versorgung in den Heimen (mit Vermeidung von unnötigen Krankenhauseinweisungen),
• medikamentöse Versorgung der älteren und pflegebedürftigen Menschen,
• freiheitseinschränkende Maßnahmen (einschließlich Psychopharmaka zur Ruhigstellung) und
• Fort- und Weiterbildung der Krankenpflegekräfte zum Thema Demenz (offensichtlich gibt es Defizite – aktuell dazu eine Studie der Universität Witten-Herdecke vom 19.06.2012).


Das Thema palliative Versorgung in den Pflegeeinrichtungen kann wegen der aktuellen Erörterungen anlässlich der umstrittenen Palliativstationen im Johanna-Etienne Krankenhaus und im Kreiskrankenhaus Dormagen hinzugefügt werden mit der Anregung, die diesbezügliche Pflege und Versorgung auch in den stationären Pflegeeinrichtungen (weiter) auszubauen. Die Palliativ- und Hospizversorgung im Rhein-Kreis Neuss muss nach hiesiger Überzeugung einer ganzheitlichen Betrachtung zugeführt werden.

Brandaktuell geht es in einigen Streitsituationen um die Begleitung von HeimbewohnerInnen zu notwendigen Arztbesuchen. Nicht selten wird von der Heimträgerseite die Auffassung vertreten, HeimbewohnerInnen müssten notwendige Arztbesuche selbst organisieren und insoweit auch immer für die entstehenden Kosten einstehen. Diese Auffassung ist aber unzutreffend und benachteiligt die HeimbewohnerInnen in unzumutbarer Weise. Daher verweist Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk auf die nochmals angefügte Pressemitteilung vom 17.02.2012, mit der die Rechtssituation und die Pflichten der Heimträger beschrieben wurden.

Aus gegebenem Anlass wird noch einmal präzisiert:

Zur Regelung des § 2 Abs. 2 im Rahmenvertrag für die vollstationäre Pflege und Kurzzeitpflege in Nordrhein-Westfalen gehört die Begleitung von BewohnerInnen zu Arztbesuchen zu den Regelleistungen stationärer Pflegeeinrichtungen. Zu den allgemeinen Pflegeleistungen (Grundpflege) gehören hiernach, je nach Einzelfall, auch Hilfen bei der Mobilität. Diese umfasst auch das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung bei Maßnahmen außerhalb des Pflegeheims zur Aufrechterhaltung der Lebensführung, die ein persönliches Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern. Hierunter können auch Arztbesuche fallen. Diese Leistungen sind daher mit den nach SGB XI vereinbarten Vergütungssätzen abgegolten und können daher nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Hiervon abzugrenzen ist jedoch eine Begleitung lediglich auf Wunsch des Bewohners. Unberührt hiervon bleibt der Anspruch auf Krankentransportleistungen nach dem SGB V.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich die Pflegeeinrichtungen zu den angesprochenen Handlungsnotwendigkeiten positionieren und Rückmeldungen geben könnten. Es ist vorgesehen, die angesprochenen Problembereiche im nächsten Pflegetreff am 14.11.2012 in Neuss-Erfttal anzusprechen.

Hinsichtlich der Fixierungsproblematik hat inzwischen auch das Gesundheits- und Pflegeministerium NRW Regelungen angekündigt, mit denen die Heimträger und die sonst Beteiligten verpflichtet werden (sollen), freiheitseinschränkende Maßnahmen durch geeignete Maßnahmen auf das zwingend notwendige Maß zurückzuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell


>> Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk <<
Pressemitteilung vom 17.02.2011

Begleitung von Heimbewohnern zu Arztbesuchen = Regelleistung der Heimträger

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 13.01.2011 - 4 K 3702/10 - in einem Klageverfahren einer Pflegeeinrichtung gegen die Heimaufsicht entschieden, dass die Begleitung von Heimbewohnern zu notwendigen Arztbesuchen, für die eine Begleitung durch Dritte nicht sichergestellt ist, eine Regelleistung der Pflegeheimen ist.

Damit steht fest, dass die Heimbetreiber für ihre Bewohner bei notwendigen Arztbesuchen außerhalb der Einrichtung auch die Begleitung als Regelleistung sicher zu stellen haben, und die finanziellen Aufwendungen hierfür nicht als Zusatzleistung oder sonstige Leistung abgerechnet werden dürfen. Vielmehr sind solche Leistungen Teil der allgemeinen Pflegeleistungen, die durch den entsprechenden Pflegesatz abgegolten werden. Mit der jetzt bekannt gewordenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wurde eine von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk seit längerer Zeit vertretene Auffassung bestätigt.

In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Grundsätzlich dürften keine zusätzlichen Entgelte für solche Leistungen von den Heimbewohnern verlangt werden, die die Einrichtung als Regelleistung zu erbringen habe und die Teil der allgemeinen Pflegeleistungen seien, die durch den von den Pflegekassen hierfür geleisteten entsprechenden Pflegesatz abgegolten würden. Zu den allgemeinen Pflegeleistungen gehörten nach dem zwischen den überörtlichen Trägern der Pflegeeinrichtungen und den Pflegekassen geschlossenen Rahmenvertrag u.a. Hilfen bei der Mobilität. Die Mobilität umfasse u.a. auch das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung. Nach dem Rahmenvertrag seien dabei solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig seien und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erforderten. Zu den Hilfen bei Mobilität sei jedenfalls für den Fall, dass ein Arztbesuch zwingend außerhalb der Einrichtung der Klägerin notwendig und eine notwendige Begleitung durch Dritte nicht möglich sei, auch die Begleitung durch den Heimbetreiber für die Bewohner sicherzustellen, indem dieser Beschäftigte des Heims einsetze oder sonstige Personen damit beauftrage. Die sicherzustellende Begleitung als Teil der Regelleistung sei daher weder eine Zusatzleistung noch eine sonstige Leistung, für die ein gesonderter Zuschlag von den Heimbewohnern zu entrichten sei.

Werner Schell
Dozent für Pflegerecht, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk

Quelle: http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... suchen.php
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Begleitung zu Arztbesuchen

Beitrag von WernerSchell » 17.07.2012, 07:17

Siehe auch die aktuelle Texteinstellung unter
viewtopic.php?t=16097
johannes hat geschrieben:Der VGH Stuttgart hat gesprochen am 9.7.2012 - siehe dazu unter
http://www.kwa.de/aktuelles/aktuelle-me ... -werden-1/
Offensichtlich gibt es noch Menschen mit Augenmaß.
Guten Morgen,
wir danken für den interessanten Hinweis. Da es sich zunächst nur um eine Entscheidung anhand der baden-württembergischen Rechtslage handelt, sind weitere Abklärungen notwendig. Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat diese veranlasst und wird demnächst erneut Stellung nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Begleitung zu Arztbesuchen

Beitrag von WernerSchell » 17.07.2012, 08:55

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
Pro Pflege - Selbsthilfetzwerk ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".


17.07.2012

Begleitung von Heimbewohnern zum Arzt im Streit - Wer ist verantwortlich, wird trägt ggf. die Kosten?

Der VGH Mannheim hat in einem Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - anhand der baden-württembergischen Rechtslage über den Transport und die Begleitung der Heimbewohner zum Arzt entschieden. Siehe dazu die ersten Hinweise unter:
http://www.kwa.de/aktuelles/aktuelle-me ... -werden-1/ - Dort ist u.a. ausgeführt: "Pflegeheime in Baden Württemberg dürfen die Begleitung von Bewohnern zum Arzt in Rechnung stellen; zugleich ist die Heimaufsicht nicht befugt, den entsprechenden Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI oder den Heimvertrag zu interpretieren bzw. auszulegen."

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vertritt die Auffassung, dass die Begleitung eines Heimbewohners zum Arzt in bestimmten Fallkonstellationen sehr wohl in die Zuständigkeit des Heimträgers fällt und in aller Regel auf den jeweiligen Rahmenvertrag gestützt werden kann. In diesem Sinne wurde zuletzt mittels einer Pressemitteilung vom 17.02.2012 Stellung genommen. Die Heime im Rhein-Kreis Neuss wurden am 20.06.2012 nochmals entsprechend informiert. Die rechtliche Beurteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk stützte sich (musterhaft) vornehmlich auf den für Nordrhein-Westfalen geltenden Rahmenvertrag und wurde mit der Heimaufsicht bzw. die AOK Rheinland / Hamburg abgestimmt.

Im hiesigen Forum wird das Thema näher ausgeführt:
viewtopic.php?t=17145&highlight=begleitung
viewtopic.php?t=16097

Nun stellt sich die Frage, wie die angesprochene Rechtsfrage im Lichte der Entscheidung des Urteils des VGH Baden-Württemberg vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - zu beurteilen ist. Im Interesse der HeimbewohnerInnen, die immer wieder mit Transport- und Begleitungsfragen in Berührung kommen, sollte alsbald ein klärendes Wort gesprochen werden. In diesem Zusammenhang kann auch die Forderung an die Ärzteschaft, die ärztliche Versorgung in den Heimen durch Hausbesuche umfassend sicherzustellen, eine neue Bedeutung gewinnen.

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat vorgesehen, die jetzt aufgekommene Streitfrage beim Pflegetreff am 14.11.2012 in Neuss-Erfttal, 15.00 – 17.00 Uhr, aufzugreifen. Themen des Treffs: Medizinische Versorgung (Arztbesuche zu Hause und im Heim), Medikamente für ältere pflegebedürftige Menschen (zuviele, Wechselwirkungen?), Fixierungen (auch mittels Psychopharmaka), Weiterbildung zur Krankheit Demenz und Palliativversorgung. Auf dem Podium werden hochkarätige Referenten sitzen. U.a. haben Frau Prof. Dr. Dr. Ursula Lehr, ehemalige Bundesfamilien- und Gesundheitsministerin, und Uwe Brucker, Fachbereichsleiter des MDS, zugesagt. Zugesagt hat auch ein Hausarzt aus Neuss, Dr. med. Verfürth, u.a. als Vertreter der Ärztekammer Nordrhein aktiv (war bereits 2011 als Referent bei einem Pflegetreff). Näheres hier: viewtopic.php?t=17341

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat die Heimaufsicht im Rhein-Kreis Neuss, die AOK Rheinland / Hamburg bzw. das Gesundheits- und Pflegeministerium NRW auf die Thematik aufmerksam gemacht und eine rechtliche Beurteilung erbeten.

Werner Schell – Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk

Die Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei!
+++
Die Medien berichten u.a. wie folgt:
http://www.openbroadcast.de/article/219 ... treit.html
http://www.presseanzeiger.de/pa/Begleit ... eit-608390
http://www.openpr.de/news/648930/Beglei ... treit.html

Stand: 19.07.2012
Zuletzt geändert von WernerSchell am 19.07.2012, 12:16, insgesamt 1-mal geändert.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Herbert Kunst
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Begleitung zum Arzt und Pflegenotstand - zwei Probleme

Beitrag von Herbert Kunst » 17.07.2012, 18:29

Siehe auch die Texte unter folgender Adresse:
viewtopic.php?t=16097
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Marlene Böttinger
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Begleitung zum Arzt - bei vielen Heimbewohnern notwendig!

Beitrag von Marlene Böttinger » 20.07.2012, 09:03

Begleitung zum Arzt - bei vielen Heimbewohnern notwendig!

Bewohner, die nicht mehr selbst einen Arzt aufsuchen können, keine Unterstützung durch Angehörige oder Betreuer erfahren, müssen doch vom Heimträger unterstützt werden. Von wem denn sonst? Das ergibt sich m.E. auch aus den einschlägigen Vorschriften im SGB XI. Daher dürfen auch keine Entgelte für die Begleitung in Rechnung gestellt werden.
M.E. sollten die sonst so klugen Politiker schnellstmöglich dafür sorgen, dass die Begleitungsfrage klar geregelt wird. Streitfälle an der "Pflegefront" gibt es genug. Wir müssen uns endlich dazu aufraffen, solche Streitpunkte im Interesse der pflegebedürftigen Menschen abzuräumen.

Marlene Böttinger
Pflege braucht Zuwendungszeit!

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Begleitung zum Arzt - Heime in der Pflicht

Beitrag von WernerSchell » 30.07.2012, 06:23

Die Zeitschrift "CAREkonkret", Die Wochenzeitung für Entscheider in der Pflege, berichtet in ihrer Ausgabe vom 27.07.2012 in einem Interview mit Prof. Dr. Klie über die "Begleitung zum Arzt" und titelt:
Interview mit Prof. Dr. Thomas Klie zum Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim - Konflikte um den Heimvertrag sind kein Fall für die Heimaufsicht".
Dazu gibt es ergänzend einen Kommentar Heime sind auch nach dem Urteil des VGH weiter in der Pflicht von Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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WernerSchell
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Begleitung von Heimbewohnern zu Arztbesuchen

Beitrag von WernerSchell » 07.08.2012, 16:50

Das Thema: "Begleitung von Heimbewohnern zu Arztbesuchen"
wird in diesem Forum bereits umfänglich behandelt. Die Beiträge sind nachlesbar unter:
viewtopic.php?t=16097
viewtopic.php?t=17145
Dort kann auch weiter diskutiert werden!

Nun liegt das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - vollständig vor. Es wurde mit den nachfolgenden Leitsätzen vorgestellt:

1. Die zuständige Heimaufsichtsbehörde darf anordnen, dass ein Heimbetreiber die Heimbewohner zum Arzt begleiten lässt; sie kann nicht anordnen, dass dies als allgemeine Pflegeleistung, also ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts, zu geschehen hat.
2. Der Landesgesetzgeber kann die Heimaufsichtsbehörden nicht ermächtigen, Verpflichtungen von Heimbetreibern gegenüber Heimbewohnern aus Heimverträgen, die dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterliegen, im Wege einer heimaufsichtsrechtlichen Verfügung durchzusetzen.
3. Die zuständige Heimaufsichtsbehörde darf Verpflichtungen von Heimbetreibern gegenüber Heimbewohnern, die sich aus pflegeversicherungsrechtlichen Rahmenverträgen ergeben, grundsätzlich zum Gegenstand einer heimaufsichtsrechtlichen Verfügung machen. Der Landesgesetzgeber kann die Heimaufsichtsbehörden aber nicht ermächtigen, Verpflichtungen, die im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt sind und zu denen auch keine Gemeinsame Empfehlung der Vertragsparteien zustande gekommen ist, durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung festzusetzen.
4. Der Rahmenvertrag für die vollstationäre Pflege für das Land Baden-Württemberg zählt die vom Heimbetreiber zu gewährleistende Begleitung eines Heimbewohners zum Arzt nicht zu den allgemeinen Pflegeleistungen.

+++
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hält an seiner Auffassung fest, dass die Begleitung von Heimbewohnern zu Arztbesuchen unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufgabe des Heimträgers sein muss und nicht extra in Rechnung gestellt werden darf. Die o.a. Entscheidung bezieht sich nur auf die vertraglichen Verhältnisse in Baden-Württemberg und ist damit für andere Regionen keineswegs bindend. Die Urteilsbegründung zeigt im Übrigen auf, dass das Kernproblem in der seinerzeit durchgeführten Föderalismusreform begründet liegt. Die Länder sind für das Ordnungsrecht und der Bund ist weiterhin für das Vertragsrecht zuständig. Der VGH hat daher im Wesentlichen auch ausgeführt, dass die Heimaufsicht nicht für Vertragsauslegungen zuständig ist, sondern ihre Aufgaben im Ordnungsrecht begründet liegen.
Es wird für erforderlich gehalten, die Rahmenverträge, die in der o.a. Unterstützungsangelegenheit nicht eindeutig sind, entsprechend neu zu fassen!
Werner Schell
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Beitrag von johannes » 08.08.2012, 17:33

Sicher ist es keine Frage, daß sich die Entscheiung nur auf Baden-Württemberg bezieht. Nicht berücksichtig wird hierbei aber, daß auch andernorts die gleiche Entscheidung getroffen wurde - rechtskräftig. Wenn diese Leistung nicht extra in Rechnung gestellt werden soll, sind die Kosten des hierfür erforderlichen zusätzlichen Personals nach den Regeln eines geordneten kaufmännischen Verhaltens auf alle Bewohner umzulegen.

Das bedeutet eine generelle Erhöhung der Heimentgelte für alle

Da nicht von vorn herein feststeht, wann eine Begleitung erforderlich ist, ist hierbei von der durchschnittlichen Begleiterfordernis auszugehen und eine entsprechende Stellenbemessung vorzunehmen.

Ich stimme zu, daß die Politik gefragt ist, bereits bei Beschlußfassung eines Gesetzes jene Qualitätsrichtlinien anzuwenden, die sie von den Heimen im Nachhinein einfordert. Das ist bisher nicht geschehen. Es ist eine Schande, daß Politiker Gesetze so fassen, daß erst noch kostenträchtige Rechtsstreite geführt werden müssen, um das Gesetz klar zu stellen.
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

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