Neuausrichtung der Pflegeversicherung

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

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Neuausrichtung der Pflegeversicherung

Beitrag von Presse » 25.01.2012, 08:15

Achtung -
Weitere Beiträge und Diskussion ab 28.03.2012 jetzt unter
viewtopic.php?p=65313#65313

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Zu frühere Beiträge zur anstehenden Pflegereform u.a. unter:
Pflegereform 2011/2012 - Stellungnahme
viewtopic.php?t=16033
Pflegereform - Eckpunkte der Bundesregierung vom 16.11.2011
viewtopic.php?t=16609
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Zusammenfassung des Arbeitsentwurfs zum Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung

1. Die Leistungen der Pflegeversicherung werden mit Beginn des Jahres 2013 auf die besonderen Bedürfnisse der Demenzkranken hin ausgeweitet. Das ambulante Leistungsangebot, das bisher Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung umfasst, wird um Betreuungsleistungen für Demenzerkrankte erweitert. Zugleich bekommen Demenzkranke in der ambulanten Versorgung höhere Leistungen als bisher.
Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz in der sogenannten Pflegestufe 0 erhalten Leistungen in Höhe von 50 Prozent der Stufe 1. Das sind 225 Euro pro Monat für Pflegesachleistungen. In den Stufen 1 und 2 werden die Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz um ein Drittel der Leistungen zur nächst höhe-ren Pflegestufe hin erhöht. Statt 450 € sind das künftig 665 € an Pflegesachleistungen in Stufe 1 und 1.250 € statt 1.100 € an Pflegesachleistungen in Stufe 2.
Entscheidet sich der Pflegebedürftige mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz für Pflegegeld, dann sind es 120 € in der Stufe 0, 305 € in Stufe 1 (bisher 235 €), 525 € in Stufe 2 (bisher 440 €).
Von den Leistungsverbesserungen profitieren etwa 500.000 Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.

2. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erhalten mehr Wahlmöglichkeiten. Sie können an-stelle der bisherigen standardisierten Komplexleistungen, mit den Pflegediensten ein Zeit-kontingent vereinbaren, das sie je nach ihrem individuellen Bedarf für unterschiedliche Leis-tungen einsetzen können. Dies hilft den Pflegebedürftigen und verbessert auch die Situation der Pflegekräfte, wenn sie nicht nach Leistungskomplexen unter hohem Zeitdruck Leistun-gen erbringen müssen.
Pflege ist eine menschliche Zuwendung und keine Akkordarbeit.

3. Es besteht Konsens über die Notwendigkeit eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der sich anstelle der heutigen stark verrichtungsbezogenen Beurteilung stärker an der Selbst-ständigkeit orientiert und damit insbesondere Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz zugute kommt.
Im Hinblick darauf, dass eine sofortige Einführung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes nicht möglich ist, weil eine Vielzahl insbesondere auch technischer Fragen noch zu klären sind, wird ein Expertenbeirat unter der Leitung von Herrn Wolfgang Zöller und Herrn Karl-Dieter Voß das BMG in der Frage, wie der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff zügig umgesetzt wer-den kann, beraten.

4. Um dem Wunsch vieler Pflegebedürftiger nachzukommen, nicht in einem Pflegeheim zu leben, werden alternative Wohnformen durch drei Maßnahmen gefördert:
- Pflegebedürftige in einer selbstorganisierten Wohngruppe erhalten eine Pauschale von 200 € monatlich für die Beschäftigung einer Kraft für die Organisation und Sicherstellung der Pflege.
- Der Einsatz einzelner, selbstständiger Pflegekräfte in den Wohngruppen wird erleichtert.
- Als Anreiz für die Gründung neuer Wohngruppen wird ein Programm aufgelegt, aus dem eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 2.500 € je Pflegebedürftigen bei max. 10.000 € je Wohngruppe für die erforderliche, pflegegerechte Umgestaltung der Wohnung erfolgt.

5. Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen werden im Begutachtungsprozess gestärkt:
- Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung wird zur Entwicklung und Einhaltung von Servicegrundsätzen sowie zur Einrichtung eines Beschwerdemanagements verpflichtet.
- Die Pflegekassen können neben dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung auch andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung, ob Pflegebedürftigkeit vorliegt, beauftragen.
- Die Pflegekassen haben die Versicherten darüber aufzuklären, dass sie einen Anspruch auf die Übermittlung des Pflegegutachtens haben. Ihr Wunsch wird bei der Begutachtung dokumentiert.
- Die Pflegekasse hat unmittelbar nach Antragseingang einen Beratungstermin innerhalb von 2 Wochen in der häuslichen Umgebung unter Nennung eines Ansprechpartners mit Kontaktdaten anzubieten. Für den Fall, dass dies nicht erfolgt, erhält der Antragssteller einen Beratungsgutschein, der bei einer von der Pflegekasse zu benennenden qualifi-zierten Beratungsstelle eingelöst werden kann.

6. Um die Rehabilitation zu stärken werden drei Maßnahmen ergriffen:
- Die Antragssteller erhalten im Rahmen der Begutachtung eine gesonderte Rehabilitati-onsempfehlung, die es ihnen ermöglicht, ihre Ansprüche besser geltend zu machen.
- Der Anspruch pflegender Angehöriger auf Vorsorge - und - Rehabilitationsmaßnahmen wird gestärkt.
- Es wird ermöglicht, dass bei einer Rehabilitation der pflegenden Angehörigen die gleich-zeitige Versorgung des Pflegebedürftigen in unmittelbarer räumlicher Nähe stattfindet.

7. Die Situation für pflegende Angehörige wird zudem dadurch verbessert, dass
- bei Inanspruchnahme von Leistungen der Kurzzeit- oder Verhinderungspflege das hälftige Pflegegeld weitergezahlt wird,
- bei der gleichzeitigen Pflege von zwei oder mehr Pflegebedürftigen die rentenrechtlich wirksamen Zeiten addiert werden,
- die für Angehörige so wichtige Selbsthilfe mit jährlich 10 Cent pro Versicherten gefördert wird.

8. Die medizinische Versorgung der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen wird verbessert, indem
- die Krankenversicherung vor Ort Kooperationsverträge zwischen Pflegeheimen und geeigneten Ärzten zu vermitteln hat,
- die Vertragspartner Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen veranlasst werden, finanzielle Anreize für Ärzte und Zahnärzte zu setzen, Hausbesuche durchzuführen,
- die Pflegeheime öffentlich darüber zu informieren haben, wie sie die medizinische Ver-sorgung der Pflegeheimbewohner sicherstellen.

9. Es ist ein wichtiges Anliegen, dass Pflegekräfte und Angehörige möglichst viel Zeit für die Versorgung der Pflegebedürftigen haben. Vorhandene Regelungen und auch die geplanten Neuregelungen werden daher streng auf ihr Entbürokratisierungspotenzial hin überprüft. Es wird u. a. die Möglichkeit für einen Modellversuch zur besseren Verzahnung der Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Heimaufsicht eröffnet. Weite-re von der vom Bundesministerium für Gesundheit berufenen Ombudsfrau zur Entbürokrati-sierung in der Pflege, Elisabeth Beikirch [ombudsfrau@bmg.bund.de] zu unterbreitende Vorschläge werden Eingang in die Reform finden.

10. Um die zusätzlichen Leistungen insbesondere für Demenzkranke und Angehörige finanzie-ren zu können, wird der Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung zum 1. Januar 2013 um 0,1 Beitragssatzpunkte angehoben und damit der finanzielle Spielraum deutlich erweitert.
Im Hinblick auf den Teilleistungscharakter der Pflegeversicherung ist eine zusätzliche private Eigenvorsorge sehr wichtig. Sie wird deshalb aus Steuermitteln gefördert. Hierzu bedarf es einer gesetzlichen Regelung.

Referentenentwurf zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege- Neuausrichtungsgesetz - PNG)
http://www.bundesgesundheitsministerium ... 120124.pdf
PDF-Datei (PDF) 212 KB

Quelle: Pressemitteilung vom 24.01.2012
http://www.bundesgesundheitsministerium ... erung.html
Zuletzt geändert von Presse am 28.03.2012, 12:27, insgesamt 2-mal geändert.

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Bahr (pf)legt jetzt richtig los

Beitrag von Presse » 25.01.2012, 08:22

Bahr (pf)legt jetzt richtig los
Die Pflegereform nimmt immer mehr Gestalt an: Jetzt hat Gesundheits-minister Bahr seinen Referentenentwurf vorgelegt. Vieles soll verbessert werden - doch oft ist die Rede von "können und dürfen" statt "müssen und sollen". mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=802 ... orm&n=1640

Bahrs Erste Hilfe für Demenzkranke
Die Pflegereform wird konkreter - vor allem Demenz-Patienten sollen davon profitieren. Viele Neuregelungen sind geplant. Ein Blick in die Details. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=802 ... orm&n=1642

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Beitrag von Elke » 25.01.2012, 11:01

Pflegestufe 3 wurde da wohl außen vor gelassen ?!

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Pflegereform - wie aus einer "Schrotflinte"

Beitrag von Rob Hüser » 25.01.2012, 16:10

Neuausrichtung der Pflegeversicherung

So nennt es das BMG. Richtig ist aber wohl, dass die anstehende Pflegereform nicht stattfindet, und stattdessen für einige Personengruppen kleinere Geldbeträge abgerufen werden können, sozusagen zur vorläufigen Ruhigstellung. Die Kernreform, Pflegebedürftigkeitsbegriff und Pflegenotstand bleiben außen vor. Es scheint auch so zu sein, dass bestimmte Personengruppen bei der "Neuausrichtung" komplett leer ausgehen. Das Reförmchen in 2008 hat bekanntlich auch keine Erhöhungen, nahe dem Inflationsausgleich, gebracht. Die Politik des "kleines Geldes" wird nun fortgesetzt.
Die FDP hat sich in Gestalt der Herren Rösler und Bahr lange mit sich selbst beschäftigt. Jetzt kommen in Sachen Pflege die "Reformvorschläge", wie aus einer Schrotflinte abgeschossen. Das kann keine Reform werden, auch die FDP nicht (mehr) retten. Es wäre eigentlich fällig zu sagen; Herr Bahr, nehmen sie ihren Hut.

Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

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Pflegende rufen die Kanzlerin

Beitrag von Presse » 27.01.2012, 07:55

Pflegende rufen die Kanzlerin

Merkel soll es richten: Zwar kommt die Pflegereform langsam in die Gänge, doch das reicht den Heilberuflern nicht aus: Sie wollen, dass Schwarz-Gelb die Pflege zur Chefsache macht. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=802 ... ege&n=1645

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Beitrag von Presse » 27.01.2012, 07:58

Pflegereform - Neuausrichtung Pflege? Fehlanzeige!

Dass die Pflegereform kein großer Wurf werden würde, war zu erwarten. Schon mit den Eckpunkten Ende 2011 – zur Erinnerung: das war das „Jahr der Pflege“ – machte Schwarz-Gelb unmissverständlich klar, dass sie keine Kraft für eine umfassende Reform aufbringt. Der nun vorliegende Gesetzentwurf für das sogenannte „Pflege-Neuausrichtungsgesetz“ bestätigt dies eindrucksvoll.
Der Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung des Beitragssatzes in der Pflegeversicherung um 0,1 Prozent vor. Die so erzielten Mehreinnahmen sollen vor allem in Leistungsverbesserungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, insbesondere Demenzkranke im ambulanten Bereich fließen. Demnach soll es ab 2013 beim Pflegegeld in der Stufe 0 zusätzlich 120 Euro, in der Stufe I 70 Euro und in der Stufe II 85 Euro geben. Bei den Pflegesachleistungen liegen die zusätzlichen Beträge für die Stufe 0 bei 225 Euro, die Stufe I bei 215 Euro und für die Stufe II bei 150 Euro.

Was gibt es denn daran zu meckern?

Wir begrüßen es durchaus, dass der Pflege- und Betreuungsbedarf von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz mehr Berücksichtigung finden soll. Doch zum einen wirkt die Bemessung der zusätzlichen Beträge völlig zufällig. Sie sind eindeutig das Ergebnis eines Kompromisses der Koalitionspartner und nicht fachlicher Überlegungen. Dieser Eindruck drängt sich nicht zuletzt deshalb auf, weil der erste Arbeitsentwurf für das Gesetz noch deutlich höhere Leistungsverbesserungen schon ab 2012 vorsah. Doch musste Gesundheitsminister Bahr das peinlicherweise binnen weniger Stunden wieder zurückziehen. Die Mehreinnahmen aus der geplanten Beitragserhöhung reichten zur Finanzierung dessen nämlich nicht aus. Der Union und dem Kanzleramt war das zu teuer.

Neuausrichtung? Ein ganz schön selbstbewusster Titel

Schwerer wiegt, dass diese Verbesserungen nichts als ein konzeptloses Rumgewurschtel am derzeitigen System sind. Mit kleinen Geschenken will man das Wahlvolk ruhigstellen. Was die Pflegebedürftigen aber wirklich brauchen, ist eben jene Neuausrichtung, die der Titel des Gesetzes vollmundig – und zu Unrecht verspricht. Notwendig ist die zügige Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Das Leistungsgeschehen der Pflegeversicherung muss völlig neu ausgestaltet werden, damit eine gute Pflege für alle Betroffenen umgesetzt werden kann. Doch diese elementare Reform ist noch immer nicht in Sicht. Zwar wird sie im Gesetzentwurf angekündigt. Doch wann und wie sie erfolgen soll, wird völlig offen gelassen. Monatelang hat die Koalition diese Reform untätig vor sich hergeschoben, so dass sogar der Vorsitzende des Beirats für die Reform des Pflegebegriffs entnervt seinen Hut nahm. Und nun schafft es Schwarz-Gelb nicht einmal, sich für diese Reform eine klaren Zeit- und Arbeitsplan zu geben. Von Neuausrichtung keine Spur.

Kein nachhaltiges Finanzierungskonzept

Und nicht zuletzt sind die Leistungsverbesserungen nur bis 2015 gegenfinanziert. Dann ist die nächste Reform fällig, die der nächsten Bundesregierung überlassen bleibt. Auch das zeigt: Die Regierung verteilt kleine Gaben, für deren dauerhafte Bezahlung sie sich nicht zuständig fühlt. Denn auch für eine nachhaltige Finanzierungsreform hat diese Koalition nicht die Kraft aufgebracht.
Deswegen brauchen wir die solidarische Pflege-Bürgerversicherung, in die alle Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen. Ein aktuelles Gutachten der grünen Bundestagsfraktion belegt: Mehr Solidarität wirkt. Die steigenden Pflegekosten würden damit sozial gerecht verteilt und solidarisch geschultert. Selbst mit den erforderlichen Leistungsverbesserungen, etwa durch die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und einer angemessenen Leistungsdynamisierung, bliebe der Beitragsanstieg in der Bürgerversicherung in der Zukunft moderat. Mehr zu dem Gutachten hier:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/pfle ... _alle.html

Quelle: Pressemitteilung vom 24.01.2012
Christian Hans
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Abgeordnetenbüro Elisabeth Scharfenberg MdB
Sprecherin für Pflegepolitik und Altenpolitik
Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen

Tel.: ++49 (0)30 227 -74532, Fax: -76655
E-Mail: elisabeth.scharfenberg.ma01@bundestag.de
Web: http://www.elisabeth-scharfenberg.de
Postanschrift:
Deutscher Bundestag, 11011 Berlin

Gaby Modig
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Weniger Pflegepersonal als bisher angenommen

Beitrag von Gaby Modig » 29.01.2012, 08:24

Weniger Pflegepersonal als bisher angenommen
viewtopic.php?t=16889

Dazu habe ich in der o.a. Rubrik angemerkt:

Dass es zu wenig Pflegekräfte in den Einrichtungen, Krankenhäusern und Heimen, gibt, ist doch eigentlich für jeden gutwilligen Beobachter eine Tatsache. Selbst die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat von der sog. Minutenpflege gesprochen. Diese Pflege ist ja nichts anderes als rationierte pflegerische Verrichtungen, ausgerichtet an Zeitwerten. Man könnte auch sagen: Pflege mit Stoppuhr. Die wirklichen Bedürfnisse der zu versorgenden Menschen bleiben weit dahinter zurück.
Diese pflegerische Notstandslage besteht seit vielen Jahren und hat sich in jüngster Zeit weiter verschärft. Dies mit Zahlenmaterial zu untermauern ist gut und richtig. Allerdings dürfen die Folgerungen nicht ausbleiben.

Diese Informationen müsste man jetzt eigentlich dem aktuellen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr mitteilen! Oder ist er etwa für solche Botschaften weniger zugänglich, weil Pflegekräfte nicht in die Klientelpolitik der FDP passen?

G.M.
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Anja Jansen
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Pflegereform eher eine ´Nullnummer`

Beitrag von Anja Jansen » 30.01.2012, 08:09

Was bis jetzt über die Bahr`schen Reformvorstellungen bekannt geworden ist, deutet auf eine "Nullnummer" hin. Weder für die Angehörigen der schwer pflegebedürftigen Menschen noch für das Pflegepersonal soll es entscheidende Verbesserungen geben. Mit einer Milliarde Euro mehr Beiträge kann man hier und da etwas dazu geben. Ohne neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, jetzt, ist das Wort Reform aber auf jeden Fall fehl am Platze.

Anja Jansen
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

Gaby Modig
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Pflegeversicherung - wichtige Aufgaben gehören nach vorne

Beitrag von Gaby Modig » 08.02.2012, 09:00

Hier im Forum nachlesbar:
viewtopic.php?t=16943

Bahr will Pflege-WG fördern
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr will finanzielle Anreize schaffen, damit sich Pflegebedürftige in Wohngemeinschaften zusammenschließen
- bis zu 2500 Euro pro Bewohner. Seine Pläne zur Pflege-WG stoßen bei Sozialverbänden und Opposition auf Kritik. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=803 ... ege&n=1674

Gesundheitsminister will Pflege-WGs fördern
Mit 70 noch mal in eine WG? Gesundheitsminister Bahr will genau das fördern - mit bis zu 20.000 Euro Starthilfe für eine Wohngemeinschaft pflegebedürftiger Menschen.
.... http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 55,00.html

Es klingt zunächst einmal gut, wenn der Minister für Wohngemeinschaften Hilfestellung geben will. Es fragt sich aber dennoch, ob es richtig es, viel Geld in WG`s zu pumpen, die möglicherweise nicht lange halten. Ich kann mir bessere Verwendungszwecke für das knappe Geld der Beitragszahler vorstellen!

G.M.
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Bahr blendet bei Pflegereform

Beitrag von Presse » 10.02.2012, 08:02

0165 / 9. Februar 2012
Pressemitteilung von Kathrin Senger-Schäfer


Bahr blendet bei Pflegereform

"Bundesgesundheitsminister Bahr weiß, dass seine Pflegereform nichts als Flickschusterei und eben nicht der angekündigte große Wurf ist. Deshalb betätigt er sich jetzt als Blender und versucht jede noch so kleine Verbesserung medial als herausragende Errungenschaft zu vermarkten. So auch aktuell mit den angedachten Strafzahlungen bei verzögerter Zustellung der Pflegekassenbescheide. Doch damit kann er nicht davon ablenken, dass er vor den großen Herausforderungen in der Pflege in die Knie gegangen ist", so Kathrin Senger-Schäfer. Die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

"Begonnen hat Bahrs Vermarktungsstrategie mit den Pflege-WGs, die indes keine Erfindung von ihm sind. Nach wie vor bleibt Bahr eine Reihe von Antworten schuldig. Die Neudefinition des Pflegebegriffs verschiebt er auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Vorschläge, die Pflege teilhabeorientiert weiterzuentwickeln, liegen seit knapp drei Jahren vor. Regierungshandeln: Fehlanzeige. So auch in der drängenden Frage, wie der Pflegeberuf attraktiver werden soll. Statt die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, versucht er im Gegenteil die vielfach höhere ortsübliche Vergütung in Pflegeinrichtungen auszuhebeln und den niedrigeren Pflege-Mindestlohn als Anreiz zum Lohndumping zu missbrauchen. Mindestlöhne sind immer als untere Haltelinie und nicht als Standardlohn gedacht. Zukunftsfähige Politik im Interesse der pflegebedürftigen Menschen, ihrer Angehörigen und der Pflegekräfte ist nicht einmal in Ansätzen zu erkennen."

F.d.R. Susanne Müller
-----------------------------------------------------------------
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon +4930/227-52800
Telefax +4930/227-56801
pressesprecher@linksfraktion.de
http://www.linksfraktion.de

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Pflegereform: Referentenentwurf liegt vor

Beitrag von Presse » 10.02.2012, 08:13

Pflegereform: Referentenentwurf liegt vor
Der Referentenentwurf für die Pflegereform liegt vor. Das "Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung" soll umfangreiche Verbesserungen vor allem für Demenzkranke und die pflegenden Angehörigen bringen. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der geplanten Maßnahmen und den Referentenentwurf zum Download:
http://www.bmg.bund.de/pflege/pflegever ... erung.html

Interview: "Demenz muss ein viel größeres Thema werden"
Im Interview mit der BILD-Zeitung spricht Bundesgesundheitsminister Bahr über die Neuerungen der Pflegereform, Pflege-WGs und das notwendige Umdenken in der Gesellschaft:
http://www.bmg.bund.de/ministerium/pres ... -heim.html

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 09.02.2012

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Die Pflege-WG ist eine Alternative zum Heim

Beitrag von Presse » 10.02.2012, 18:38

BILD-Interview mit Gesundheits-Minister Daniel Bahr
Die Pflege-WG ist eine Alternative zum Heim


BILD: Das Alzheimerdrama um Rudi Assauer erschüttert Deutschland. Haben Sie auch Angst vor dieser Krankheit?​

Bahr: Rudi Assauers Demenzerkrankung führt uns vor Augen, dass es jeden treffen kann. Ich bin davon nicht ausgenommen. Viele Menschen fürchten sich davor – und genau diese Angst muss man ihnen nehmen. Rudi Assauer trägt dazu bei, weil er das Thema aus der Tabuzone holt. Das macht Mut, auch mir persönlich.​

BILD: Tun Ärzte und Krankenkassen genug gegen Demenz, gibt es genug Aufklärung?

Bahr: Demenz muss ein viel größeres Thema werden. Es gibt bereits Information und Aufklärung von Ärzten und Krankenkassen. Aber in der Forschung fehlt bisher der Durchbruch. Wir wissen leider immer noch zu wenig über die Ursachen der Krankheit und mögliche Behandlungsmethoden.
.... (weiter lesen)
http://www.bild.de/politik/inland/danie ... e&li=50568

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Experten zerpflücken Bahrs Pflegereform

Beitrag von Presse » 14.02.2012, 07:41

Experten zerpflücken Bahrs Pflegereform
Gesundheitsminister Bahr gibt Gas bei der Pflege: Nach seinem Vorstoß zur Pflege-WG packt er nun die Verbesserungen für Demenzkranke an.
Stückwerk und unzureichend, nennen das Pflegeverbände. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=804 ... orm&n=1687

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Pflegereform - übergreifende Kritik

Beitrag von Presse » 14.02.2012, 08:18

Übergreifende Kritik am Referentenentwurf für das Pflege-Neuausrichtungsgesetz / bpa fordert klare Richtungsentscheidung

Berlin (ots) - Das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) sorgt für übergreifende Kritik bei den Verbänden. Der bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. - begrüßt zwar ausdrücklich die geplanten Verbesserungen, insbesondere für Menschen mit einer Demenz - die Bewertung des Referentenentwurfes insgesamt fällt aber kritisch aus. Große Einigkeit im Rahmen der heutigen Anhörung bestand insbesondere zu folgenden Kritikpunkten.

"Der Referentenentwurf führt einen neuen Typus von Leistungserbringern ein. Für diese Einzel- und Präsenzkräfte gelten keine bzw. nur geringfügige Qualitätsanforderungen. Überwiegend sind Verträge mit den einzelnen Pflegekassen nicht erforderlich. Und da nur ein Teil dieser Kräfte im Rahmen von Einzelverträgen den Kassen bekannt ist, ist deren Eignung weitgehend ungewiss. Zudem bleibt offen, ob sie überhaupt die sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Trotzdem sollen die Pflegekassen die gleichen Beträge auszahlen, als wären es zugelassene Pflegedienste. Der Gipfel ist die Möglichkeit zur Verlagerung regulärer Pflegeaufgaben in Heimen auf Ehrenamtliche gegen Aufwandsentschädigung", so Bernd Meurer, Präsident des bpa.

Ebenso wie der bpa kritisieren u.a. auch Pflegekassen, Sozialhilfeträger und Wohlfahrtsverbände diese neuen "Leistungserbringer", die Pflegebedürftige ohne ausreichende Qualität und Kontrolle versorgen würden.

Viele Sachverständige schlossen sich der Kritik des bpa an, dass es keine Verbesserungen für Pflegebedürftige in Heimen und für ambulant versorgte Pflegebedürftige der Pflegestufe III geben soll.
"Die Verbesserungen für Demenzerkrankte sind auf die ambulant versorgten Versicherten mit Ausnahme der Pflegestufe III ausgerichtet, die stationär betreuten Pflegebedürftigen bleiben außen vor - das ist nicht hinzunehmen", bemängelt Bernd Meurer.
Demenzkranke Pflegebedürftige haben auch in der stationären Pflege einen besonders hohen Versorgungsbedarf und benötigen eine professionelle, spezialisierte Demenzpflege, die ohne zusätzliche Finanzierung kaum zu leisten sein wird.

Bernd Meurer fordert bei den weiteren Beratungen des Gesetzentwurfs eine klare Richtungsentscheidung: "Der Gesetzgeber muss Farbe bekennen, ob künftig mit neuen Angeboten eine Billigversorgung eingeführt werden soll, bei der Qualitätsanforderungen nicht gestellt werden. Für die qualifizierten Beschäftigten wäre das ein schlechtes Signal."

Die komplette Stellungnahme des bpa zum Pflege-Neuausrichtungsgesetz ist einzusehen unter http://www.bpa.de

Quelle: Pressemitteilung vom 13.02.2012 bpa - priv. Anbieter sozialer Dienste - Pressekontakt: Herbert Mauel, Bernd Tews, Tel.: (030) 30 87 88 60, 0172 - 280 17 59

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Pflegeneuausrichtungsgesetz bringt keine Reform

Beitrag von Presse » 14.02.2012, 19:05

Pflegeneuausrichtungsgesetz bringt keine Reform

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) würdigt die im Entwurf des Pflegeneuausrichtungsgesetzes (PNG) erkennbaren positiven Ansätze zu Verbesserungen für Pflegebedürftige und deren Angehörigen. „Aber es ist zutiefst enttäuschend und gegenüber den pflegebedürftigen Menschen nicht mehr zu vertreten, dass das BMG sich erneut nicht zu einer grundlegenden Reform durchringen kann“, sagt Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer DBfK. „Die Versuche, die Versorgung von Menschen mit kognitiven Störungen zu verbessern, sind minimal und beinhalten eine Trennung der Betreuung von der Pflege, die sich fatal auswirken wird“, so Wagner weiter. „Insgesamt kapituliert das BMG damit vor den Herausforderungen.“

Im PNG wird der zunehmende Mangel an Pflegefachpersonen nicht aufgegriffen. Statistische Daten sollen differenzierter erfasst werden und es werden ‚Kräfte‘ ohne Qualifizierung neu geschaffen, die für die Betreuung zuständig sind. Ein Gesamtkonzept der Versorgung oder qualitätssichernde Ansätze sind in diesem Kontext nicht erkennbar. Die Betreuung ist ein Teil professionell pflegerischen Handelns. Dementiell Erkrankte leiden oft zusätzlich an anderen chronischen Erkrankungen, wie beispielsweise Mobilitätseinschränkungen und Essstörungen. Diese Aspekte sind in der Betreuung besonders zu berücksichtigen und erfordern pflegerische Fachkompetenz. Ein nicht fachgemäßes Handeln kann zu erheblichen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und der Gesundheit sowie im Extremfall zu lebensgefährlichen Situationen führen. Der Einsatz von ungelerntem Betreuungspersonal bei Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz führt zu einer Deprofessionalisierung in der Leistungserbringung der Pflegeversicherung und einer Loslösung von Qualitätsanforderungen für diesen Versorgungsbereich.

Generell kritisieren wir, dass der Bereich der stationären Altenhilfe annähernd gänzlich ausgeblendet wird. Grundsätzlich bemängelt der DBfK, dass immer noch keine Novellierung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes vorgenommen wird. Gerade hier liegt das große grundsätzliche Konfliktfeld bezüglich Einstufung und Leistung in Korrespondenz zur tatsächlichen Lebenssituation der Versicherten.

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK)
Salzufer 6, 10587 Berlin
Tel.: 030-2191570
Fax: 030-21915777
dbfk@dbfk.de
http://www.dbfk.de

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die berufliche Interessenvertretung der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Der DBfK ist deutsches Mitglied im International Council of Nurses (ICN) und Gründungsmitglied des Deutschen Pflegerates (DPR). Mehr Informationen über den Verband und seine internationalen und nationalen Netzwerke können Sie auf der Homepage http://www.dbfk.de nachlesen. Falls Sie Interviewwünsche haben oder weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte per E-Mail an presse@dbfk.de oder rufen Sie uns unter 030-219157-0 an.

Quelle: Pressemitteilung vom 02.02.2012
http://www.dbfk.de/pressemitteilungen/w ... &navid=100

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