Faktenbuch Pflege vorgelegt

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

Antworten
Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Faktenbuch Pflege vorgelegt

Beitrag von Presse » 17.08.2011, 17:59

RWI und Arbeitgeberverband Pflege präsentierten erstes Faktenbuch Pflege zur "Bedeutung der privaten Anbieter in der stationären und ambulanten Pflege"

Faktenbuch Pflege
http://www.carekonkret.vincentz.net/con ... Pflege.pdf

Berlin (ots) - Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung ermittelte in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberverband Pflege erstmals Zahlen, Daten und Fakten zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der privaten Pflegeanbieter in Deutschland.

Dr. Boris Augurzky, Kompetenzbereichsleiter Gesundheit des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), legte am heutigen Mittwoch erstmals mit dem "Faktenbuch Pflege" umfangreiches Zahlenmaterial zur Bedeutung privater Anbieter in der stationären und ambulanten Pflege vor. Er kommt dabei zu folgenden Ergebnissen:

- Das Volumen des deutschen Pflegemarktes wird bis 2030 auf gut 47
Mrd. Euro steigen (in 2009 lag es bei 30 Mrd. Euro). - 2009 gab es bereits 2,4 Millionen Pflegebedürftige in
Deutschland. Bis 2030 wird sich die Anzahl auf 3,2 bis 3,4
Millionen Menschen erhöhen. - 40 % der Pflegeheime und 62 % der ambulanten Dienste sind in
privater Trägerschaft. - Zwischen 1999 und 2009 wurden 160.000 neue Arbeitsplätze in
Pflegeheimen und ambulanten Diensten zur Verfügung gestellt,
davon fast 90.000 für Pflegefachkräfte. - Private Pflegeeinrichtungen haben zwischen 1999 und 2009 über
125.000 neue Pflegeplätze geschaffen. - Die Anzahl der von privaten ambulanten Diensten gepflegten
Menschen hat sich zwischen 1999 und 2009 von 123.000 auf 241.000
Fälle fast verdoppelt. - Das Einkommen von Pflegefachkräften liegt durchschnittlich bei
2.400 Euro. - Private Pflegeeinrichtungen sind im Durchschnitt 5 bis 10 %
preisgünstiger als nicht-private Einrichtungen. Dies bei
mindestens gleicher Pflegequalität und gleichem
Pflegekräfteeinsatz (ohne trägerspezifische Förderung wären
private Einrichtungen sogar 8 bis 12 % günstiger). - In Landkreisen mit vielen privaten Pflegeanbietern sinken auch
die Preise der nicht-privaten Träger. - Zwischen 1999 und 2009 wurden schätzungsweise 29 Mrd. Euro in
Pflegeeinrichtungen investiert, davon allein die Hälfte von
privaten Trägern. - Bis 2020 fallen weitere 35 Mrd. Euro an Investitionen an. Zwei Drittel aller Pflegeplätze werden vermutlich in privaten Einrichtungen geschaffen.

- Die Anzahl der privaten Pflegeeinrichtungen wird daher in den
kommenden Jahrzehnten stark anwachsen. - Ferner werden mindestens 170.000 zusätzliche Beschäftigte (davon
75.000 Pflegefachkräfte) benötigt. Unter Berücksichtigung von
Personalfluktuationen werden es sogar noch mehr sein. - In der Summe zahlen private Heime pro Jahr 28 Millionen Euro
Steuern (nicht-private 18 Millionen Euro und weisen
abgeschriebene Fördermittel in Höhe von 1,8 Millionen Euro aus
(nicht-private 7,1 Millionen Euro). - Nach den Kriterien des GKV-Spitzenverbandes sind private
Pflegeeinrichtungen qualitativ mindestens genauso gut, wie
nicht-private Einrichtungen. "Die privaten Anbieter bilden schon heute einen großen und immens wichtigen Teil der deutschen Pflegelandschaft. 40 % aller Pflegeeinrichtungen und 62 % der ambulanten Dienste befinden sich in privater Trägerschaft. Zwei Drittel aller Pflegeplätze werden zukünftig durch private Unternehmen geschaffen werden. Schon heute wäre eine flächendeckende Versorgung pflegebedürftiger Menschen ohne das Engagement privater Anbieter, die in den letzten Jahren viele Milliarden Euro investiert haben, nicht mehr möglich. Es ist wichtig zu wissen, dass sie in der Regel Ihre Leistungen um 5 bis 10 % günstiger anbieten als nicht-private Träger, auf weniger öffentliche Fördermittel zurückgegriffen haben und auch mehr Steuerabgaben zahlen", berichtet Dr. Boris Augurzky.

Das RWI konnte nachweisen, dass dieser Preisvorteil für Bewohner und Sozialhilfeträger nicht zu Lasten der Qualität geht. "Die Pflegewirtschaft wird aber durch Verordnungen und Gesetzgebungen stark belastet.

Der Wegfall von Pflegesatzverhandlungen und damit ein hin zu Regelungen wie auf dem Mietmarkt, aber auch die Absenkung der Fachkraftquoten könnte einiges an bürokratischer und finanzieller Entlastung bringen. Eine Prüfinstanz sollte wohl ausreichen. Doppelprüfungen von MDK und Heimaufsicht sind wenig effektiv und belasten das Pflegepersonal in den Einrichtungen noch zusätzlich", so Augurzky.

Thomas Greiner, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Pflege: "In Deutschland wird hochqualifiziert und engagiert gepflegt. Mit 970.000 Arbeitsplätzen gehört die Pflegebranche heute zu den größten Wirtschaftszweigen in Deutschland und wird angesichts der demographischen Entwicklung stark an Bedeutung zunehmen. Politik und Pflegewirtschaft werden in einem gemeinsamen Bündnis an der Zukunft der Pflege arbeiten müssen. An dem Willen und Vermögen aller Parteien daran mitzuwirken, hege ich keinen Zweifel. Wir brauchen mehr Ausbildung, die zeitverkürzte Umschulung langjährig tätiger Hilfskräfte zu Fachkräften und die sofortige Anerkennung der in EU-Staaten erworbenen Fachabschlüsse", so Greiner.

"Es hat sich für die Pflegewirtschaft als großer Nachteil erwiesen, die unterschiedlichen Heimgesetzgebungen von 16 Bundesländern beachten zu müssen, die durch die letzte Föderalismusreform deutlich mehr Befugnisse haben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen gehören praktikabel entschlackt, vereinheitlicht und zwingend wieder in die Hoheit des Bundes überführt. Die kommende Pflegereform muss ein "großer Wurf" werden, der die finanzielle Sicherheit für Pflegebedürftige und deren Angehörigen auf der einen Seite und die Rahmenbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte auf der anderen Seite garantiert. Und dies für die kommenden Jahrzehnte. Vielleicht ist damit die Pflegereform eine der größten Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft, denn wir alle werden in unserem nächsten Umfeld, aber auch materiell, daran beteiligt sein", ist sich Thomas Greiner sicher.

Medienvertretern sendet der Arbeitgeberverband Pflege das "Faktenbuch Pflege" gerne per Mail zu.

Die acht größten privaten Pflegeunternehmen in Deutschland und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) haben sich im Juni 2009 zum Arbeitgeberverband Pflege zusammengeschlossen. Der Verband vertritt die sozialen, wirtschaftlichen und tariflichen Interessen von mittlerweile über 30 der größten Unternehmen der Pflegewirtschaft. Gemeinsam mit den Unternehmen im bpa repräsentiert er rund 230.000 Mitarbeiter.

Der Verband setzt sich für eine zukunftsfähige Gestaltung der Pflege ein.

Quelle: Pressemitteilung vom 17.08.2011
Pressekontakt:
Steffen Ritter
Pressesprecher
M +49 (0)160 / 15 31 796
presse@arbeitgeberverband-pflege.de

Arbeitgeberverband Pflege e.V.
Friedrichstraße 191
10117 Berlin
http://www.arbeitgeberverband-pflege.de

Presse
phpBB God
Beiträge: 14249
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Realität der Pflege ist ernüchternd

Beitrag von Presse » 17.08.2011, 18:02

Zum heute vorgestellten Faktenbuch über die Bedeutung der privaten Anbieter in der stationären und ambulanten Pflege des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung und dem Arbeitgeberverband Pflege, erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in Berlin:

"Mehr als 562.000 Menschen werden von privaten Anbietern gepflegt. Das sind über 40 Prozent aller professionellen ambulanten und stationären Pflegeleistungen. Ein Grund zur stolzen Leistungsschau? Aus Sicht der Pflegebedürftigen nicht. Denn nichts ist von der Hoffnung übrig geblieben, dass mit immer mehr privaten Anbietern auch die Qualitätsstandards steigen würden. Der Traum der Politik ist geplatzt, über mehr Wettbewerb bessere Pflege zu organisieren. Statt bedürfnisorientierter Vielfalt wird dem Betroffenen immer nur eine Einheitslösung angeboten. Doch Qualität in der Pflege muss sich am Ergebnis messen lassen. Es geht um das, was bei den Betroffenen ankommt. Die Realität hinter den Hochglanzbroschüren ist ernüchternd. Der vermeintliche Bonus privater gegenüber gemeinnütziger Anbieter erweist sich in der Praxis in vielen Punkten als Luftnummer: Schmerzbekämpfung - keine Vorbildfunktion. Weniger Wundgeschwüre bei den Gepflegten - Irrtum. Minderung unnötiger Fixierungen - Fehlanzeige. Auch bei den privaten Anbietern wird mit schlechter Pflege gutes Geld verdient. Der in anderen Bereichen funktionierende Wettbewerb existiert in der Pflege nicht. Das Pflegeheim zu wechseln bringt nichts, denn es gibt kaum Unterschiede. Dank eines intransparenten und mangelhaften Pflege-TÜVs fehlen den Betroffenen verlässliche Kriterien, um die Qualität des Pflegeheims beurteilen zu können. Da ist die Politik gefragt, Wettbewerb und Transparenz zu schaffen. Solange gute und schlechte Pflege gleich bezahlt werden, wird sich die Qualität im System nicht verbessern. So gibt es für Heime und Pflegedienste keinerlei Anreize, bessere Leistungen anzubieten. Vor der Frage der Finanzierung steht die Frage der Qualität. Gute Pflege muss sich lohnen, dann profitieren auch die Patienten."

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hospiz Stiftung vom 17.08.2011

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Pflegereform muss in der Tat der "große Wurf" werd

Beitrag von Herbert Kunst » 18.08.2011, 08:01

Presse hat geschrieben: .... Der Wegfall von Pflegesatzverhandlungen und damit ein hin zu Regelungen wie auf dem Mietmarkt, aber auch die Absenkung der Fachkraftquoten könnte einiges an bürokratischer und finanzieller Entlastung bringen. Eine Prüfinstanz sollte wohl ausreichen. Doppelprüfungen von MDK und Heimaufsicht sind wenig effektiv und belasten das Pflegepersonal in den Einrichtungen noch zusätzlich",
...
Mit 970.000 Arbeitsplätzen gehört die Pflegebranche heute zu den größten Wirtschaftszweigen in Deutschland und wird angesichts der demographischen Entwicklung stark an Bedeutung zunehmen. ... Wir brauchen mehr Ausbildung, die zeitverkürzte Umschulung langjährig tätiger Hilfskräfte zu Fachkräften und die sofortige Anerkennung der in EU-Staaten erworbenen Fachabschlüsse", ....
... "Es hat sich für die Pflegewirtschaft als großer Nachteil erwiesen, die unterschiedlichen Heimgesetzgebungen von 16 Bundesländern beachten zu müssen, die durch die letzte Föderalismusreform deutlich mehr Befugnisse haben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen gehören praktikabel entschlackt, vereinheitlicht und zwingend wieder in die Hoheit des Bundes überführt. Die kommende Pflegereform muss ein "großer Wurf" werden, ....
Die Fakten in der Pflegelandschaft zu beschreiben ist das Eine, die Schlußfolgerungen zu ziehen das Andere:
Wir brauchen weiterhin eine professionelle Pflege, die auf eine Fachkräftequote von mindestens 50% setzt. Diese Quote abzusenken, wäre verhängnisvoll und ginge in die falsche Richtung. Natürlich kann man mit einer solchen Maßnahme Kosten sparen. Aber darum kann und darf es nicht gehen.
Es spricht viel dafür, die Prüfungen auf eine einzige Instanz zu konzentrieren und dabei aber konsequent die Ermittlung der Ergebnis- und Lebensqualität in den Mittelpunkt zu stellen.
Das Heimrecht ist zersplittert und gehört in der Tat neu geordnet. Eine einheitliche Bundeskompetenz wäre vernünftig.
Pflegekräfte können wir auf dem deutschen Pflegemarkt ausreichend rekrutieren. Sie müssen nur die Wertschätzung und Anerkennung erfahren, von der alle immer so schön reden. Pflegliche Behandlung und anständige Vergütungen. Gute Führungskräfte sind überall ein Muss.
Der Ruf nach Arbeitskräften aus dem Ausland ist ein durchsichtiges Manöver. Dabei soll offensichtlich die Pflege "billig" gehalten werden.
Vorschläge zur Pflegereform wurden von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vorgelegt. Die entsprechenden Hinweise sind hier noch einmal angefügt.

Herbert Kunst

Aus Form:
viewtopic.php?t=16033

>> Pflegereform 2011/2012 <<
Die Novellierung des SGB XI muss vor allem den Pflegenotstand auflösen und die Interessen der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen konsequent in den Mittelpunkt der Versorgungsstrukturen stellen!
Die Anforderungen an eine Pflegereform, die den Bedürfnissen der demografischen Entwicklung gerecht wird, hat Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk in einer umfänglichen Stellungnahme zu den „Eckpunkten für eine Pflegereform“ (PDF), vorgelegt von der Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag (Entwurf, April 2011), am 05.07. 2011 formuliert und eine Berücksichtigung bzw. Umsetzung bei den weiteren Reformerwägungen erbeten:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072011.pdf
Das Anschreiben an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.07.2011 ist hier abrufbar! (PDF):
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072011.pdf

»Pflegereform 2011/2012 – Pflegebedürftige Menschen gehören „ohne wenn und aber“ in den Mittelpunkt
Pressemitteilung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vom 18.07.2011 hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... lpunkt.php
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Antworten