Was tun wenn ein Team den Dienstplan ablehnt?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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intensivotter
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Was tun wenn ein Team den Dienstplan ablehnt?

Beitrag von intensivotter » 16.05.2011, 22:26

Guten Abend!
Ich hoffe, ich bin mit meinem Problem im richtigen Forum.

Ich arbeite seit 12 Jahren als stellv. STL auf einer 8 Betten internistisch-cardiologischen Intensivstation.
Zu unseren pflegerischen Aufgaben gehört auch die Übernahme vieler ärztlicher Tätigkeiten, wie z.B. das komplette Beatmunngsregime, Weaning, Betreuung von IABP etc. Obwohl diese von unserer PDL so nicht gewünscht ist, müssen wir diese und weitere ärztlichen Tätigkeiten übernehmen, da wir nur intensivmedizinischunerfahrene Stationsärzte haben, die zu dem von uns und nicht von Oberärzten eingearbeitet bzw angelernt werden, da diese entweder keine Zeit oder kein Interesse dafür haben.

Hinzu kommt, dass das Team aus 21 Mitarbeiter besteht wo von 60% Teilzeitkräfte sind.Seit Ende Oktober letzten Jahres ist der PDL bekannt, dass wir ab dem 1.03.2011 zwei freie Stellen haben würden.Diese werden erst zum 01.07.2011 besetzt.Seit Anfang diese Jahres nimmt die Arbeitsbelastung massiv zu.Durch die zwei offen Stellen und zwei Langzeiterkranken und die beginnende Urlaubszeit sowie einem sehr hohem Arbeitsaufkommen kommt es seit Oktober 2010 regelmäßig vor, das freie Tage nicht mehr genommen werden können und die Dienstpläne mit deutlichen Überstunden pro Mitarbeiter geplant werden.

Mir und meiner Erstleitung ist es seit drei Monaten nicht mehr möglich einen Dienstplan zu schreiben, der mit Arbeitszeitgesetz konform ist.
Der Dienstplan für den Monat Juni war aus unsere Sicht nicht mehr zu schreiben, so daß wir die PDL baten dieses zu tun. Was diese nach natürlich nicht tat. Aktuell fehlen sieben Mitarbeiter, die Schichten sind nicht mehr adäquat zu besetzen, freie Tage entfallen, drei Wochenenddienst pro Monat sind seit zehn Monaten die Regel.
Als ich heute meine Kollegen frug, wer bereit wäre morgen ein zu springen, teilte mir mein Team mit, sie würden weder noch einen Tag einspringen, noch nach diesem Dienstplan arbeiten.!
Als ich die PDL über die Situation in Kenntnis setzte,veranlangte diese von mir eine Dienstverpflichtung aus zusprechen!
So wohl die ärztliche Leitung, wie die MAV und die Geschäftsführung sind über diese desolate Situation informiert und keiner ist gewillt, etwas zu tun.
Meine Frage ist, was kann ich tun? Geplante 200 Überstunden pro Monat sind für mich nicht länger tragbar!
Ich möchte mich für diesen langen Beitrag entschuldigen und hoffe trotzdem auf Hilfe.
Vielen dank

PflegeCologne
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Überlastungsanzeigen geboten

Beitrag von PflegeCologne » 17.05.2011, 06:50

Hallo und guten Morgen,
es ist ja offensichtlich so, dass die personellen und organinatorischen Gegebenenheit nicht hinnehmbar sind, ein sorgfaltsorientiertes Arbeiten nicht zulassen. Im Übrigen werden arbeitgeberseitig die arbeitsrechtlichen Kompetenzen wohl nicht ausreichend beachtet. Dienstpläne müssen den Regeln des Arbeitsrechts, Arbeitszeitrechts usw., entsprechen.
Dann müssen sich die MitarbeiterInnen zu Wort melden und die Einhaltung geltenden Rechts einfordern, ggf. mit Hilfe der Arbeitnehmervertreter. Dazu gehört m.E. aber in erster Linie die Erstellung und Übersendung von Überlastungsanzeigen an den Arbeitgeber. Ist das denn schon gelaufen?
LB Grüße Pflege Cologene

Siehe auch unter
viewtopic.php?t=15499
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aktuell:
viewtopic.php?t=15822
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Rauel Kombüchen
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Dienstplan muss rechtlich korrekt sein

Beitrag von Rauel Kombüchen » 17.05.2011, 14:17

Hallo !

Es ist m.E. so, dass die MitarbeiterInnen einen Dienstplan nicht ausdrücklich genehmigen müssen. Der Inhalt kann einzelnen Interessen zuwider laufen. Allerdings muss der Plan, zeitgerecht erstellt, die Zeitvorgaben anhand der geltenden Rechtslage vermitteln.
Wenn das nicht so ist, also Arbeitsbedingungen vorgegeben werden, die die Beschäftigten nicht akzeptieren können, müssen sie gegen den Plan votieren, wahrscheinlich mittels Überlastungsanzeige bzw. unter Einbezug der Arbeitnehmervertretung (so wie Pflege Cologne geschrieben hat).

MfG Rauel
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intensivotter
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Beitrag von intensivotter » 17.05.2011, 19:25

Guten Abend!

Vielen Dank für die Antworten!
Überlastungsanzeigen schreiben wir fast täglich seit Ende Oktober 2010.Im Dezember gab es eine Besprechung mit der Geschäftsleitung, der PDL, den beiden Chef-und Oberärzten sowie uns, der Stationsleitung sowie einem Mitglied der MAV.
Die Teilnahme der MAV wurde nicht gebilligt!
In diesem Gespräch wurden Vereinbarungen getroffen, die bis dato nicht um gesetzt wurden.
Überlastungsanzeigen werden weiter geschreiben, ebenso suchen wir wöchentlich das Gespräch mit der PDL, alles ohne Erfolg.Natürlich ist jedem Mitarbeiter bewußt, das er nach diesem Dienstplan arbeiten muß.
Aber ist es rechtens eine 80% Teilzeitkraft monatlich 90% und mehr arbeiten zu lassen?Und, was tun wenn die MAV einem nicht helfen kann oder will?
MfG intensivotter

thorstein
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Überlastungsanzeigen & MAV

Beitrag von thorstein » 17.05.2011, 21:33

Natürlich gibt es auch unfähige Mitarbeitervertretungen, aber wurde diese auch ausreichend informiert?
Gibt es einen schriftliches Ersuchen an die MAV, wo diese zu eurer Interessenvertretung beauftragt wird?
Wurden Kopien der Überlastungsanzeigen an die MAV weitergeleitet?
Auch die MAV braucht belastbare Angaben, um tätig zu werden. Leider beschränken sich die meisten KollegInnen aber aufs Jammern.
Die Teilnahme der MAV wurde nicht gebilligt!
Was heisst das? Das MAV-Mitglied musste wieder gehen?

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Beitrag von intensivotter » 18.05.2011, 07:55

Ja,die MAV-Vertreterin mußte wieder gehen,da die Geschäftsführung die MAV für überflüssig hielt!
Unsere Überlastungsanzeigen werden per Rundschreiben immer an die PDL,die MAV, die Geschäftsführung und die Chefärzte geschreiben.
Die MAV ist dem entsprechend infomiert und sagt, ihnen seinen die Hände gebunden1
Ich selbst war neun Jahre in der MAV tätig und weiss daher, wie schwierig ist als MAV in unserem Krankenhaus ist.Hinzu kommt, das die MAV bei uns sehr Arbeitgeberlastig ist und mit der Geschäftsführung und PDL keinen Ärger haben möchte.

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Beitrag von thorstein » 18.05.2011, 15:12

hallo intensivotter,

wenn du selbst s lange MAV-Mitglied warts, kennst du zumindest die Mitbestimmungsrechte.
Grundsätzlich kann man mutmassen, dass jede Belegschaft die MAV hat, die sie auch verdient.
Die MAV ist durchaus verpflichtet, bei solchenProblemen auf Abhilfe zu drängen. Darüber müßte es Protokolle geben, aus denen ensprechende Vereinbarungen hervorgehen. Ist der AG zu einer Auseinandersetzung nicht bereit, bleiben die Kirchengerichte.
Bei völliger Untätigkeit der MAV kann man diese auch zum Rücktritt auffordern.
Eines ist aber sicher: Konfliktfrei werdet ihr eure Interessen nicht durchsetzen können, bei leider offenem Ausgang.

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Arbeitsplatzwechsel ?

Beitrag von PflegeCologne » 19.05.2011, 06:49

Hallo und guten Morgen,
wenn es im Betrieb nicht möglich sein sollte, angemessene Arbeits- bzw. Pflegebedingungen durchzusetzen,
darf man natürlich auch über eine berufliche Veränderung nachdenken.
Vielleicht findet sich um Umfeld ein Träger, der angenehmere Führungsstrukturen vorzuweisen hat.
Lb Grüße Pflege Cologene
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Arbeitsschutzbehörden gehen Verstößen nach

Beitrag von patrick weiss » 20.05.2011, 15:33

Guten Tag,

gerade neu hier angemeldet und als Arbeitgeber im Bereich ambulanter und stationärer Altenpflege interessiert an den Problemen in diesem Bereich kann ich meine Verwunderung nicht verhehlen. Wir kämpfen selbst mit den Widrigkeiten steigender Belastung und evtl. Personalmangels.
Aber es ist absolutes Gebot, bestehende Vorschriften zur Arbeitszeit und zum Arbeitsschutz einzuhalten. An manchen aber nicht allen Standorten prüfen Gewerbeaufsichtsämter solche Probleme aus eigener Veranlassung, auch regelmäßig. An anderen Orten ist dies nicht selbstverständlich. Werden Verstöße festgestellt, drohen empfindliche Bußgelder. Diese Ämter handeln auch bei anonymen Hinweisen. ....

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Pflegenotstand ist das Hauptproblem

Beitrag von KPHNeuss » 24.05.2011, 06:25

Hallo,
wir brauchen zur Verbesserung der Pflegebedingungen eindeutig mehr Stellen für Pflegekräfte. Alle Bemühungen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, auch der Hinweis zum Arbeitsschutzamt, sind zu begrüßen. Aber ohne mehr Personal kommen wir in der Pflege nicht voran. Das gilt es immer wieder festzustellen.
MfG KPH Neuss
Für eine uneingeschränkt gute Pflege müssen wir alle eintreten - die Verfassung enthält die entscheidenden Wertegrundsätze: Die Menschenwürde ist unantastbar!

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Pflegenotstand

Beitrag von patrick weiss » 24.05.2011, 08:21

Hallo,
da bin ich völlig Deiner Meinung. Wir brauchen wesentlich mehr qualifizierte und engagierte Kräfte in der Pflege. Gesellschaftliche Verpflichtung mit Sensibilität für und Akzeptanz der Pflege ist ein Thema, Image und Attraktivität für junge Menschen ein weiteres, und so gibt es schon viele Ansatzpunkte, wo angesetzt werden muss. Aber auf jeden Fall muss sicher gestellt werden, dass in den Einrichtungen und Diensten faire, transparente und alle Regeln einhaltende Arbeitsbedingungen herrschen. Wenn Führung und Handeln von Vorgesetzte mangelhaft sind, müssen solche Mängel dringend behoben werden. Ansonsten nützt auch mehr Personal nichts.
Bei den Vorfällen, die ich hier in diesem Forum zu lesen bekomme, und die ich nicht für möglich gehalten hätte, muss man sich nicht wundern, wenn Mitarbeiter die Lust verlieren und über ihre Aufgabe oder ihre Tätigkeit nicht mehr positiv sprechen. Das ist schlimm, und es ist gut, dass es hier so viele sinnvolle Hinweise, Ratschläge und Initiativen gibt.
Gruß

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