Organspende - Widerspruchsregelung für Deutschland ?

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Organspende - Widerspruchsregelung für Deutschland ?

Beitrag von Presse » 13.12.2010, 07:42

Organspende-Debatte: EU-Gesundheitskommissar empfiehlt Widerspruchsregelung fuer Deutschland

Bruessel / Berlin (ALfA). In die Debatte um eine moegliche Aenderung des Transplantationsgesetzes hat sich Mitte der Woche der Gesundheitskommissar der Europaeischen Kommission, John Dalli, eingeschaltet und Deutschland die Einfuehrung der sogenannten Widerspruchsregelung empfohlen. Dies berichtete die Tageszeitung "Die Welt" am 8. Dezember. Gegenueber dem Blatt zeigte sich Dalli dem Bericht zufolge davon ueberzeugt, dass die Einfuehrung einer solchen Regelung die Spenderzahl deutlich erhoehen koennte. Konkret wuerde die Widerspruchsregelung bedeuten, dass jeder im Falle des festgestellten Hirntodes zum Organspender wird, sofern er nicht vorher ausdruecklich widersprochen hat. Derzeit gilt in Deutschland die sogenannte "erweiterte Zustimmungsloesung". Das heisst, eine Organentnahme ist nur bei Menschen gestattet, die zu Lebzeiten dem ausdruecklich zugestimmt haben und bei denen der Hirntod festgestellt wurde. Sofern keine Einwilligung vorliegt, sollen Angehoerige nach dem mutmasslichen Willen ueber die Frage einer Organentnahme entscheiden.

Deutschland gehoert neben sechs weiteren Staaten in der EU zu den Laendern mit Zustimmungsloesung, in allen anderen EU-Staaten gilt die Widerspruchsloesung. Nach Ansicht von Gesundheitskommissar Dalli sei die Zustimmungsregel jedoch eine "hohe Huerde" fuer Organspenden. "Jedes Land entscheidet in dieser Frage selbst. Aber es waere gut, wenn auch in Deutschland ueber eine Aenderung der Zustimmungsregel bei Organstransplantationen nachgedacht wuerde", sagte Dalli gegenueber der "Welt" woertlich. Mit 14,9 Organspendern bezogen auf eine Million Einwohner liegt Deutschland etwas unter dem EU-Durchschnitt von 18,3 Spendern pro einer Million. An der Spitze stehen Spanien mit einer Quote von 34,4 und Portugal 31 Organspendern.

Heftige Kritik an den Ratschlaegen des EU-Kommissars kam von Seiten der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. "Ich habe es satt, dass sich die EU-Kommission staendig in innere Angelegenheiten Deutschlands einmischt", sagte der CDU- Abgeordnete und Gesundheitsexperte Jens Spahn am 8. Dezember in Berlin Medienberichten zufolge. Die Aeusserungen Dallis haetten praktisch "keine Relevanz", bekraeftigte Spahn. Derzeit bemuehen sich die Fraktionsvorsitzenden von Union, SPD und FDP in der Frage, wie die Zahl der Organspender gesteigert werden kann, um eine Loesung im moeglichst breiten Konsens. Wie dieser Konsens konkret aussehen soll, ist noch unklar.

Hintergrund der Debatte sind Rufe von Seiten der Politik nach einer Gesetzesnovellierung, nachdem Aussenminister Frank-Walter Steinmeier Ende August seiner Frau eine Niere gespendet und damit eine Diskussion ueber die Moeglichkeiten der Steigerung der Organspenderzahlen losgetreten hatte. So kam u. a. der Vorschlag, eine Organspende-Bereitschaft im Pass, Fuehrerschein oder der Krankenversicherungskarte dokumentieren zu lassen. Diskutiert wird auch die Einfuehrung der Widerspruchsregelung, doch diese wird sowohl von Gesundheitsminister Philipp Roesler (FDP) als auch Guenter Kirste von der Deutschen Stiftung Organstransplantation und dem Vizepraesidenten der Bundesaerztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, skeptisch gesehen und abgelehnt (siehe ALfA-Newsletter 35/10 vom 18.09.2010).

Hirntod und Organspende - Die verschwiegene Seite

Ausgeblendet wird in der derzeitigen Organspendedebatte fast gaenzlich die in den letzten Jahren auch in wissenschaftlichen Kreisen immer oefter geaeusserte Kritik, wonach der Hirntod nicht der Tod des Menschen ist, sondern ein Prozess im Sterben. Der Hirntod als Kriterium fuer eine Organentnahme tauge daher nach Ansicht der Kritiker nicht, wie zahlreiche Studien belegen. Doch offenbar scheuen sich die meisten Akteure, diese bereits mit Verabschiedung des Transplantationsgesetzes 1997 im Deutschen Bundestag gefuehrte heftige Diskussion ueber den Hirntod erneut zu fuehren, da dabei womoeglich die gesamte Transplantationsmedizin infrage gestellt werden koennte.

Im Zuge der aktuellen Diskussion hat der Verein "KAO - Kritische Aufklaerung ueber Organtransplantation e.V." am 10. Dezember auf dem Medienportal www.kathtube.de eine kritische Dokumentation mit dem Titel "Hirntod und Organspende - Die verschwiegene Seite" veroeffentlicht. Darin berichten Eltern, die ihr verungluecktes Kind zur Organspende freigegeben haben, ueber ihre Erfahrungen. Der Bericht macht deutlich, dass es neben der vermeintlich positiven Seite fuer den Organempfaenger auch eine andere Seite gibt, die oft verschwiegen wird. Im Mittelpunkt steht die Frage: "Ist ein Organspender unmittelbar vor der Organentnahme eine Leiche oder ein Lebender ohne messbare Hirnfunktion?" Der Beitrag zeigt die Probleme auf und sucht nach Antworten. Der Film ist auch auf Anfrage bei KAO auf DVD erhaeltlich.

Weitere Informationen:

EU pocht auf Reform der Organspende
Christoph B. Schiltz
Gesundheitskommissar raet Deutschland, auf die Widerspruchsregel umzustellen. Minister Roesler setzt bislang nur auf Aufklaerung
DIE WELT 08.12.10
http://www.welt.de/print/die_welt/polit ... pende.html

Hirntod und Organspende - Die verschwiegene Seite
Ein Bericht fuer KAO - Kritische Aufklaerung ueber Organtransplantation e.V.
http://www.kathtube.de/player.php?id=18627

Organspende-Debatte: Union will Organspende-Bereitschaft im Pass und Fuehrerschein dokumentieren lassen
ALfA-Newsletter 35/10 vom 18.09.2010
http://www.alfa-ev.de/aktuelles/news-an ... 6156db2427

Quelle: Pressemitteilung vom 12.12.2010
Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V.
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Ottmarsgaesschen 8
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