Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Frage: Sascha

Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Beitrag von Frage: Sascha » 08.01.2004, 02:39

Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Frage: Darf man Angehörige aus dem Patientenzimmer verweisen, um Pflegearbeiten durchzuführen? Wenn ja, gibt es da irgendeinen Gesetzestext drüber?
Da es jetzt in solchem Fall zu Ärger gekomen ist, da die Person, die aus dem Zimmer Verwiesen wurde, jetzt meint, dass man dieses gesetzesmäßig nicht dürfte und wir so nur etwas Vertuschen wollten.
Würde mich um ANTWORTEN FREUEN. Habe schon in Gesezestexen gestöbert, aber nichts gescheites gefunden.

Berti
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Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Beitrag von Berti » 08.01.2004, 11:42

Hallo Sascha,
in den ärztlichen Berufsordnungen stand früher eine Regelung, dass die Untersuchung und Behandlung in Anwesenheit von Nichtärzten nicht zulässig sei. Damit war zwar gemeint, dass eine Zusammenarbeit mit Heilpraktikern bei der Patientenversorgung nicht stattfinden dürfe, aber die Vorschrift wurde immer wieder dazu genutzt, auch andere Personen, z.B. Angehörige, bei der Patientenversorgung auszuschließen. Für einen solchen Ausschluß gibt es aber heute eigentlich keine Handhabe mehr, es sei denn, aus dem konkreten Geschehen muss ein Ausschluß von Unbeteiligten aus Sicherheitsgründen erfolgen (z.B. Operation, Hygiene).
Anhand dieser Gegegebenheiten sehe ich grundsätzlich keine Veranlassung, Angehörige bei der Pflege auszuschließen, es sei denn, es gibt ganz konkrete Gründe (siehe oben). Im Übrigen spielt hier auch der Patient eine Rolle. Was will er selbst? Wenn er Angehörige bei der Versorgung dabei haben will, was spricht dagegen?
Gruß Berti

Gisela_Meyerhofen

Angehörige im Patientenzimmer - Warum nicht ?

Beitrag von Gisela_Meyerhofen » 09.01.2004, 16:28

Frage: Darf man Angehörige aus dem Patientenzimmer verweisen, um Pflegearbeiten durchzuführen? Wenn ja, gibt es da irgendeinen Gesetzestext drüber? Da es jetzt in solchem Fall zu Ärger gekomen ist, da die Person, die aus dem Zimmer Verwiesen wurde, jetzt meint, dass man dieses gesetzesmäßig nicht dürfte und wir so nur etwas Vertuschen wollten.
...
Guten Tag Sacha,
ich denke, dass es normalerweise keinen Grund gibt, Angehörige wegzuschicken, es sei denn, der Patient will das so oder es gibt spezielle Gründe (siehe Berti).
Bevor als konkret geantwortet werden kann, wäre es vielleicht ganz hilfreich zu erfahren, warum die Angehörigen aus dem Patientenzimmer verwiesen wurden.
Sollte es keine nachvollziehbaren Gründe geben, muss man sich nicht wundern, wenn allerlei Vermutungen und Verdächtigungen aufkommen. Mit unbegründeten Maßnahmen dieser Art zerstört man möglicherweise ein Vertrauensverhältnis!
MfG
Gisela

Kemal
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Re: Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Beitrag von Kemal » 11.01.2004, 12:43

Hallo Sascha,

wir schicken bei uns nur sehr selten Angehörige raus wenn wir Pflegemaßnahmen am Patienten durchführen müssen. Wir fragen erst den Patienten, und dann den Angehörigen "ob er/sie draußen warten möchte".

Das hat sich schon als Vorteil erwiesen. Oft wollen die Angehörigen gar nicht dabei sein. Generell macht es die Pflege tranparenter und entkrampft das Verhältnis >Angehöriger - Pflegeperson<. Manche Angehörige sind sogar dankbar über ein solches Verhalten, denn nicht selten stehen ihnen in naher Zukunft solche Pflegetätigkeiten ins Haus.

mfg Kemal

Gisela_Meyerhofen

Angehörige im Patientenzimmer - wer entscheidet?

Beitrag von Gisela_Meyerhofen » 11.01.2004, 12:49

... wir schicken bei uns nur sehr selten Angehörige raus wenn wir Pflegemaßnahmen am Patienten durchführen müssen. Wir fragen erst den Patienten, und dann den Angehörigen "ob er/sie draußen warten möchte". ....
Hallo Kemal,
was ist denn bei Euch letztlich entscheidend dafür, ob Angehörige rausgeschickt werden. Macht Ihr das von der Patientenentscheidung allein abhängig oder was sind letztlich die Erwägungen? Schickt Ihr ggf. auch Angehörige raus, wenn der Patient bzw die Angehörigen dies nicht wollen? Dies wäre ja der Punkt, um den es im Kern geht!
MfG
Gisela

Kemal
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Re: Angehörige im Patientenzimmer bei der Pflege

Beitrag von Kemal » 11.01.2004, 15:07

Hallo Gisela,

der Patient hat das Wort. Wenn er sagt, daß seine Angehörigen drin bleiben dürfen >und die dies auch wollen< ist das die Entscheidung.

Ich kann allerdings keinen Angehörigen zwingen im Patientenzimmer zu bleiben, wenn dieser es nicht will. So ein Fall ist aber bis jetzt noch nie eingetreten.

mfg Kemal

Gaby Modig
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Pflege bei Anwesenheit von Angehörigen

Beitrag von Gaby Modig » 26.07.2009, 07:46

Hallo,
ich hörte dieser Tage wieder von einigen Pflegesituationen, bei denen man Angehörige aus dem Zimmer gebeten hatte. Ich halte dies für nicht gerechtfertigt, es sei denn, der Patient / Pflegebedürftige will dies so.
Die "regelmäßige Zimmerverweisung" ist nicht vertretbar. Dem sollte widersprochen werden.
Grüße
Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

johannes
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Beitrag von johannes » 26.07.2009, 08:51

Es ist auffallend, daß jegliches Handeln ausschließlich von Gesetzen, also von irgendeinem Recht abhängig gemacht wird. Jeder hat jedes Recht, Pflegekräfte werden jedoch in einen rechtlosen Raum gestellt. Da wird geredet von Menschenwürde. Doch wo ist sie geblieben. Nur noch in leeren Worthülsen?

Was ist mit solchen Erwägungen wie Scham bei dem zu Pflegenden? Es ist klar, wir leben in einer immer schamloseren Zeit. Es gibt keine Tabus mehr. Aber die heute zu Pflegenden sind m. W. noch nicht in dieser tabulosen und schamlosen Zeit aufgewachsen. Aber das geht wohl unter?
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

thorstein
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Beitrag von thorstein » 26.07.2009, 09:37

Hallo,

wie üblich eine entweder-oder bzw. schwarz-weiss Diskussion. Handelt es sich um einen pflegenden Angehörigen, also z.B. die Ehefrau, die ihren Mann schon Über Jahre gepflegt hat, darf sie mir gerne bei der Pflege helfen. Aber auch das nur mit dem Einverständnis des Mannes.
Grundsätzlich kann aber nicht von Pflegekräften verlangt werden, Zuschauer zuzulassen. Pflege setzt ein Vertrauensverhältnis unter allen Beteiligten voraus. Dabei haben auch Pflegekräfte "Rechte".

Claridge
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Beitrag von Claridge » 26.07.2009, 18:10

thorstein hat geschrieben:. Grundsätzlich kann aber nicht von Pflegekräften verlangt werden, Zuschauer zuzulassen.
Warum nicht?
Wer handwerklich korrekt arbeitet hat nichts zu verbergen!
Sollte dann neuerdings z.B. in der häuslichen Pflege bei Anwesenheit einer Pflegekraft das Hausrecht automatisch auf diese übergehen?

Rauel Kombüchen
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Pflege bei Anwesenheit von Angehörigen

Beitrag von Rauel Kombüchen » 27.07.2009, 06:03

Gaby Modig hat geschrieben: ... ich hörte dieser Tage wieder von einigen Pflegesituationen, bei denen man Angehörige aus dem Zimmer gebeten hatte. Ich halte dies für nicht gerechtfertigt, es sei denn, der Patient / Pflegebedürftige will dies so. Die "regelmäßige Zimmerverweisung" ist nicht vertretbar. Dem sollte widersprochen werden. ...
Hallo,
was Gaby berichtete, kann ich bestätigen. Ich halte die "Zimmerverweisungen" im Grundsatz nicht für gerechtfertigt.
Der Patient / der Pflegebedürftige bestimmt letztlich über die pflegerischen Abläufe. Wenn er ein "Zimmerverweisung", aus welchen Gründen auch immer, nicht wünscht, ist dem Rechnung zu tragen.
MfG Rauel
Pflegeversicherung - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung nachhaltig sichern! BürgerInnen müssen mehr Informationen erhalten - z.B. wg. Individualvorsorge!

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Beitrag von johannes » 27.07.2009, 07:13

Genau das ist es: Der Pflegecontainer.

Es geht nicht darum, etwas zu verbergen, sondern um die Zuschauer. Warum dann nicht gleich eine Webcam installieren? Es gibt doch nichts zu verbergen! Ich bin immer wieder fasziniert von dem Einfallsreichtum, der sich in der Argumentation niederschlägt.

Richtig, es gibt die gläserne Autoproduktion. Ich kenne allerdings kein Auto, das so etwas wie Scham hat. Ach ja, die Scham ist in unserer Kultur verloren gegangen. Wir leben in einer schamlosen Zeit, wie konnte ich das nur übersehen?

Ich denke, die Pflegeschulen müssen dann auch ihr Ausbildungsprogramm ändern. Da wird meines Wissens noch etwas von Scham gelehrt.
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

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Beitrag von thorstein » 27.07.2009, 12:05

Zunächst einmal hätte ich einen Wunsch: in diesem Forum werden ständig Fragen diskutiert, bei denen es auch nützlich und sinnvoll wäre, welchem Beruf bzw. welchen Bezug zur Fragestellung (z.B. pflegende Angehörige) die Mitsreiter haben. Ich kann nicht beurteilen, ob eine Frau Modig, ein Berti oder ein Herr Kombüchen mit konkreten Pflegesituationen bereits Erfahrungen haben.

Wenn ein Bewohner in seinem eigenen Stuhlgang liegt und ich ihn als Pflegekraft davon befreie, wünsche ich dabei keine Zuschauer. Völlig unabhängig davon, ob ich das "handwerklich" richtig mache. Punkt.

Pflegehandlungen schließen meist auch eine Verletzung der Intimssphäre ein. Das ist gerade bei der Vielzahl an Demenzkranken oft eine Gradwanderung. Und oft braucht man sogar die Hilfe der pflegenden Angehörigen. Daraus läßt sich aber kein allgemeines Zuschauerrecht ableiten.

WernerSchell
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Beitrag von WernerSchell » 27.07.2009, 15:18

Sehr geehrter Herr Thorstein,

da die Registrierung im Forum auch ohne nähere Angaben zur Person erfolgen kann, bin ich über die beruflichen Tätigkeiten und sonstigen Merkmale der hier schreibenden Personen nur unvollkommen informiert. Ich darf aber sagen, da sich einige Personen mit telefonischen Anfragen oder E-Mails öfter mit mir in Verbindung setzen, dass es sich überwiegend um Pflege(fach)kräfte bzw. (pflegende) Angehörige handelt. Von daher ist davon auszugehen, dass die hier schreibenden Personen meistens über pflegerische Kenntnisse bzw. praktische pflegerische Erfahrungen verfügen.

Viele Grüße
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Lutz Barth
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Eine Frage der Fachlichkeit...

Beitrag von Lutz Barth » 27.07.2009, 20:12

Der Hinweis von Thorstein, aber auch von Johannes geht m.E. nach in die richtige Richtung.

Es ist schon merkwürdig, wenn hier im Forum kein Konsens über eine schlichte Frage hergestellt werden kann, von der ich hoffe, dass diese nicht allzu häufig in der Praxis ernsthaft gestellt wird. Wenn überhaupt der Jurist hierzu einen Kommenar verfassen soll, dann wohl den Hinweis darauf, dass regelmäßig die Intimsphäre des Bewohners/Patienten zu wahren ist. Ob im Zweifel der Bewohner/Patient sich diesbezüglich seines Anspruches begibt, mag er im Zweifel selbst entscheiden. Für den Fall, dass der Bewohner kognitiv beeinträchtigt ist, wird rein vorsorglich darauf hingewiesen, dass hier das nähere Gespräch mit dem Betreuer geführt werden sollte; denn es steht außer Frage, dass auch der Demenzpatient, Wachkoma-Patient etc. einen Anspruch auf Wahrung der Intimsphäre hat.

Aus fachlicher Perspektive jedenfalls kann kein ernsthafter Zweifel daran begründet werden, dass die Intimität schlicht zu wahren ist. Insofern ist es auch völlig unbeachtlich, ob es sich bei den Besuchern um Verwandte handelt oder nicht.

Überdies sollte bedacht werden, dass die eingangs gestellte Frage nach der Zulässigkeit von "Pflegearbeiten" eher ein dehnbarer Begriff ist, der einer Konkretisierung bedarf. Beim Stellen der Medikamente, ggf. der Umlagerung oder sonstiger grundpflegerischer Tätigkeiten, die nicht zum inneren Kern der zu schützenden Intimsphäre zu rechnen resp. diesselbe betroffen ist, erscheint das Verbleiben der Besucher im "Wohnraum" (!) der zu Pflegenden eher unproblematisch zu sein.

Ich neige auch der Auffassung zu, nicht immer in jedem Bereich ein Rechtsproblem oder einen "Angriff" auf das Pflegepersonal zu sehen. Es geht ausdrücklich nicht um die Frage einer "handwerklich" guten Leistung - also wohl lege artis Behandlung/Pflege - oder um irgendwelche "Verbergungsstrategien", sondern um den einzulösenden Respekt gegenüber einem Bewohner/Patienten. Zugleich macht häufig der "Ton die Musik", so dass hier eine adäquate Kommunikation auch mit den Besuchern in Erwägung zu ziehen ist.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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