Seniorenzentrum Garching - unakzeptable Zustände

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Elisabeth Findeisen

Seniorenzentrum Garching - unakzeptable Zustände

Beitrag von Elisabeth Findeisen » 17.08.2008, 09:26

Arbeitskreis gegen Menschenrechtsverletzungen an Pflegebedürftigen
16. August 2008

Frau
Bürgermeisterin
Hannelore Gabor
Stadtverwaltung
Rathausplatz 3
85748 Garching bei München


Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Gabor,

die lokale Wochenzeitung FORUM Kreisbote hat über Ihre Bilanz nach 100 Tagen im Amt berichtet. Diesen Artikel habe ich gelesen und es ist erfreulich, dass Sie in 100 Tagen Amtszeit doch schon einiges in die Wege geleitet haben. Leider vermisse ich in Ihren Ausführungen, dass Sie nicht das Seniorenzentrum Garching Firmengruppe Pichlmayr, Mühlfeldweg 4, 85748 Garching erwähnt haben. Der Stadtrat hat seinerzeit einer Baugenehmigung zur Errichtung dieser Pflegeeinrichtung zugestimmt und somit auch Verantwortung für die Bewohner dieser Einrichtung übernommen. Durch die schlechte Gehwegssituation in dieser Gegend sind bereits Heimbewohner durch Unfälle zu Schaden gekommen mit Brüchen u. ä.

Außerdem herrschen in dieser Pflegeeinrichtung unakzeptable Zustände.
Der vorgegebene Pflegeschlüssel wird nicht erfüllt. Beim Spätdienst ist eine Pflegekraft anwesend und gegen 16 h und 17 h kommt noch eine 400,-- € Pflegekraft. Nachdem die 400,-- €-Mitarbeiter nicht täglich anwesend sind, müssen Küchenhilfen u. a. die Pflegebedürftigen abends helfen, ins Bett zu bringen.

Weiterhin möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass Bewohner von einem vorbestraften Arzt medizinisch versorgt werden. Dieser Mediziner darf keinen Totenschein ausstellen, was enorme Probleme nach sich zieht. Offensichtlich kommt er über die Praxis von Dr. med. Höpp ins Heim. Offiziell erscheint er aber nicht auf dem Praxisschild.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Gabor, ich bitte Sie sehr, auch ein Augenmerk auf pflegebedürftige Menschen in Ihrer Stadt zu legen. Es handelt sich um wehrlose Bürger, die dringend Unterstützung brauchen.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Elisabeth Findeisen
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Beschwerdetelefon Fürstenfeldbruck
Anschrift: Weidenstr. 20 - 82256 Fürstenfeldbruck

WernerSchell
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Unzureichende Rahmenbedingungen & Sorgfaltsgebot

Beitrag von WernerSchell » 29.11.2008, 08:41

In der Angelegenheit hat es zwischen Frau Findeisen und der Einrichtung u.a. weiteren Schriftwechsel gegeben. - Heute habe ich der Einrichtung daraufhin per E-Mail mitgeteilt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie beklagen sich u.a. darüber, dass ein bestimmter Text in meinem Internetforum steht. Wenn Sie das Forum umfassend studieren, werden Sie feststellen, dass hier nicht nur über Mängel berichtet wird, sondern auch umfassend über die strukturellen Unzulänglichkeiten berichtet wird. Vor allem aber Vorschläge für Reformen gemacht werden!

Ich bin persönlich der Meinung, dass vielfältige Missstände im Pflegesystem auf die schlechten Pflege-Rahmenbedingungen, die von der Politik zu verantworten sind, zurückzuführen sind. Dazu habe ich auch vielfältige Vorschläge gemacht, vor allem immer wieder gefordert, dass die Pflege-Personal-Not behoben wird. In diesem Sinne wird auch mein nächster Pflegetreff in Neuss-Erfttal durchgeführt:
viewforum.php?f=7

Ich habe mich übrigens, weil ich das Pflegepersonal nicht pauschal für ungute Pflegesituationen verantwortlich machen möchte, von Claus Fussek deutlich distanziert. Es kann nicht angehen, das Pflegepersonal zu 40% als ungeeignet zu bezeichenn (so Claus Fussek - ohne Bereitschaft, dies zu erläutern oder gar zu belegen!) und dann noch obendrein das bestehende Pflegesystem als kollektiver Aufruf zum Suizid einzustufen.

Aber, auch dann, wenn es unzureichende Pflege-Rahmenbedingungen gibt, sind Pflegekräfte und die sonst Verantwortlichen in der Pflicht, nach dem Sorgfaltsgebot (§§ 276 , 278 BGB) zu arbeiten. Hier liegt die Problematik, die hohe Anforderungen an die Beteiligten stellt. Siehe z.B. unter
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... pflege.htm

Wenn Sie einen erklärenden Text ins Forum haben möchten, können Sie sich gerne zu Wort melden.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
http://www.wernerschell.de
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 02.12.2008, 01:07

Ich würde mir wünschen, dass ein AK gegen Menschenrechtsverletzungen sauberer argumentiert. Die Behauptung, der vorgegebene Pflegeschlüssel wird nicht erfüllt, ist ja leider nicht belegt.
Ich vermute, dass eine Überprüfung des Hauses nachweist, das der Personalschlüssel sehr wohl erfüllt ist. Allerdings reicht der eben nicht aus. Wie in allen Häusern.
Auch unter den gegebenen völlig unzulänglichen Rahmenbedingungen
gibt es deutliche Qualitätsunterschiede bei Heimen. Ob das Haus in Garching hier negativ auffällt ist aus diesem Schreiben leider nicht erkennbar.

Elisabeth Findeisen

Der Fisch stinkt immer vom Kopf her

Beitrag von Elisabeth Findeisen » 17.12.2008, 10:37

Leserbrief vom 14.12.2008 an barbara.mooser@sueddeutsche.de zu dem Interview mit Frau Schwindsackl vom 4.12.2008:

Im Augsut hatte ich bereits einen Brief an Frau Bgm. Gabor wegen der Missstände in der Senioren Residenz Garching geschrieben. Am 7.11.2008 hat ein persönliches Gespräch mit der Heim- und Pflegedienstleitung, einer Angehörigen, Herrn Rechtsanwalt Frey und mir in dieser Einrichtung stattgefunden. Herr Frey und ich hatten diverse Unterlagen mitgebracht, um die Missstände zu dokumentieren. Die Heimleiterin räumte Missstände ein und hat überhaupt nichts beschönigt. Nun werden die Leser dieser Zeitung dahingehend informiert, dass es sich um schlecht ausgebildete, unmotivierte und für den Beruf ungeeignete Pflegekräfte handelt. Dem muß ich energisch widersprechen. Eine Pflegeeienrichtung ist immer nur so gut wie die Leitung. Ein Sprichwort sagt: "Der Fisch stinkt immer vom Kopf her".

Elisabeth Findeisen
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WernerSchell
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Der Fisch stinkt immer vom Kopf her

Beitrag von WernerSchell » 17.12.2008, 10:54

Elisabeth Findeisen hat geschrieben: .... Die Heimleiterin räumte Missstände ein und hat überhaupt nichts beschönigt. Nun werden die Leser dieser Zeitung dahingehend informiert, dass es sich um schlecht ausgebildete, unmotivierte und für den Beruf ungeeignete Pflegekräfte handelt. Dem muß ich energisch widersprechen. Eine Pflegeeienrichtung ist immer nur so gut wie die Leitung. Ein Sprichwort sagt: "Der Fisch stinkt immer vom Kopf her". ....
Sehr geehrte Frau Findeisen,

ich danke Ihnen sehr für diese Einschätzung. Es ist auch nach hiesigen Feststellungen so, dass die Pflegekräfte allzu oft für unzureichende Organisationsentscheidungen verantwortlich gemacht werden.
Leider werden die Pflegekräfte vielfach genötigt, unter völlig unzureichenden personellen und sonstigen organisatorischen Bedingungen tätig zu werden. Die Verantwortung liegt aber dafür in erster Linie bei den Leitungskräften, aber natürlich auch bei den ungünstigen Pflege-Rahmenbedingungen, die der Gesetzgeber zu verantworten hat. Nur darf man von den Leitungskräften erwarten, dass sie die Zusammenhänge von "Ursache und Wirkung" erkennen und nicht die "Pflegekräfte pauschal zu "Prügelknaben" abstempeln.

Viele Grüße
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 17.12.2008, 13:01

In dieser Diskussion werden wie immer Schuldige gesucht und gefunden. Dabei ist doch völlig klar, dass es unfähiges und ungeeignetes Personal auf jeder Ebene geben muß. Das ergibt sich doch schon aus den katastrophalen Rahmenbedingungen. Ein solches System sondert doch zwangsläufig engagiertes und motiviertes Personal aus, und zwar auch auf jeder Ebene. Zurück bleiben diejenigen, die innerhalb des Systems funktionieren, sei es aus Gleichgültigkeit, sei es, dass sie schlichtweg auf die Arbeit angewiesen sind.

Beim letzten Pflegestammtisch in München sollte positive Beispiele vorgestellt werden. Das waren dann Häuser in Passau und Stuttgart. Was bedeutet es denn, dass offensichtlich im gesamten Grossraum München kein positives Beispiel aufzutreiben war?
Solange diese Gesellschaft den Heimen eine Akkordpflege aufzwingt, wird es Missstände geben, und wer mit Bananen bezahlt, bekommt Affen.

Gaby Modig
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Wie kann es denn wirklich gute Heime geben ?

Beitrag von Gaby Modig » 17.12.2008, 14:03

thorstein hat geschrieben: .... Beim letzten Pflegestammtisch in München sollte positive Beispiele vorgestellt werden. Das waren dann Häuser in Passau und Stuttgart. Was bedeutet es denn, dass offensichtlich im gesamten Grossraum München kein positives Beispiel aufzutreiben war?
Solange diese Gesellschaft den Heimen eine Akkordpflege aufzwingt, wird es Missstände geben, und wer mit Bananen bezahlt, bekommt Affen. ...
Hallo zusammen,
die sog. guten Heime, die Herr Fussek so gerne anspricht, möchte ich gerne einmal näher unter die Lupe nehmen. Man muss nämlich aufpassen, nicht "Äpfel mit Birnen" zu verwechseln. So werden gerne Residenzen oder Einrichtungen mit ähnlichen Strukturen anderen Heimen gegenübergestellt, die z.B. unter ungünstigen Bedingungen zurecht kommen müssen. So kommt es z.B. auf die Zusammensetzung der BewohnerInnen an. Einrichtungen mit vielen problematischen Pflegesituationen werden sich immer schwer tun als Häuser, in dem viele noch "rüstige" BewohnerInnen untergebracht sind. Das werfen nicht nur die Herren Henning Scherf und Jochen Vogel, sondern auch Herr Fussek gerne durcheinander. Die schlechten Rahmenbedingungen benachteiligen besonders diejenigen Einrichtungen, die viele Schwerstpflegebedürftige haben. Wenn man dies berücksichtigt, werden alle Vergleiche fragwürdig.

MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

charlie12439
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Beitrag von charlie12439 » 19.12.2008, 19:32

ja ja ....nicht nur in Bayern ist "schlecht motiviertes und ungenügend geschultes Personal" schuld an den Misständen!!! Auch im Borkumer Altenheim existieren die gleichen Vorwürfe :evil:
Und nun sind alle Pflegekräfte freigestellt, Diakonie hat Geschäftsbesorgungsvertrag bekommen , Pflegepersonal kommt hauptsächlich von sogenannten "Verleihern"....und die Bewohner sind ziemlich "erfreut" dasjeden morgen ein fremdes Gesicht vor ihrem Bett steht :!:

So kanns auch gehen :!: :!: :!: 8)

Gaby Modig
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Borkumer Altenheim in den Schlagzeilen

Beitrag von Gaby Modig » 20.12.2008, 08:43

Hallo,
Borkumer Altenheim in den Schlagzeilen? Gibt es darüber irgendwo Berichte bzw. eine Adresse von diesem Heim? Um welche Vorwürfe geht es denn konkret?
Vielleicht muss man dazu eine eigene Rubrik in diesem Forum aufmachen!
MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Cicero
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Sparzwänge, Personalnotstand & strukturelle Mängel

Beitrag von Cicero » 20.12.2008, 09:03

Sparzwänge, Personalnotstand & strukturelle Mängel

Die Qualität unserer Ziele bestimmt
die Qualität unserer Zukunft!

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Politiker haben die Sparzwänge, den Mangel an qualifiziertem Personal (= Personalnotstand) und damit an Zeit für Zuwendung mitzuverantworten. Dass die Pflegeversicherung im Wesentlichen nur körperliche Pflege bezahlt und keine psychosoziale Betreuung, ist nicht vertretbar und bedarf dringend einer Korrektur. Das Pflegende nicht nur in Heimen, sondern auch in der ambulanten Pflege häufig überfordert sind, scheint keinen Politiker zu interessieren. …

Wir müssen das Ruder dringend herumreißen!

Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

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