Personalsituation in der stationären Altenpflege

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

WernerSchell
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Personalsituation in der stationären Altenpflege

Beitrag von WernerSchell » 24.07.2008, 06:35

Aktuelle Informationen zur Pflege ------> http://www.wernerschell.de/ProPflege/index.htm

Personalsituation in der stationären Altenpflege - Diskussionspapier von Thorsten Meier, Altenpfleger,
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... er0708.pdf
zeigt erhebliche Defizite auf – Diskussionsbeiträge und Kommentare können direkt übermittelt werden an Herrn Meier!
Zuletzt geändert von WernerSchell am 10.05.2009, 08:59, insgesamt 6-mal geändert.
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WernerSchell
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Beitrag von WernerSchell » 24.07.2008, 07:37

Das Thema
Anmerkungen zur Personalsituation in der stationären Altenpflege
Diskussionspapier zeigt erhebliche Defizite auf

wurde auch bei pflegen-online.de unter
http://www.pflegen-online.de/nachrichte ... c14a7b7845
aufgegriffen.
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fiutare

Beitrag von fiutare » 24.07.2008, 14:58

Man muss es lesen und verstehen wollen, um es zu bergreifen. Es liest sich nicht so einfach, mundgerecht und plakativ wie manch andere Kommentare zu diesem Thema, aber es ist die ganze bittere Wahrheit - sachlich und ungeschminkt auf den Punkt gebracht.

Mit vielen Grüssen und wärmsten Empfehlungen an die Schmidts, Lauterbachs und Fusseks dieser Nation.

Gaby Modig
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Personalschlüssel zu eng - Fehlbestände allerorten

Beitrag von Gaby Modig » 24.07.2008, 17:33

Hallo,
ich bin kein Fachmann für die Errechnung von Personalstellen. Dass aber die Pflege im Personalnotstand agieren muss, ist wohl nicht zu bestreiten. Die vorgestellten Zahlen sind grundsätzlich nachvollziehbar.
In anderen Beiträgen wurde ja schon Ähnliches geschrieben:
Stellenschlüssel für das Heimpersonal
viewtopic.php?t=3917&highlight=personalstellen
Riskante Krankenpflege - Patienten in Gefahr!
viewtopic.php?t=6888&highlight=personalstellen
Das Personal arbeitet am Limit, leidet selbst. Es daher völlig fehl am Platz, über die Ungeeignet von Pflegekräften zu diskutieren:
Fussek kritisiert Pflegende - `40 % sind ungeeignet`
viewtopic.php?t=8862&highlight=fussek
Angst vor dem Pflegeheim - Münchner Talk auf Abwegen!
viewtopic.php?t=9232&highlight=fussek
Solche Pflegekritiker gehören aus dem "Verkehr gezogen"; sie schaden der Pflege.
MfG
Gaby

conny24
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Pflegenotstand ist da!

Beitrag von conny24 » 25.07.2008, 07:55

Hallo Thorsten,
ich stimme den Ausführungen zu und würde mir wünschen, dass insoweit von verantwortlicher Seite weiter nachgedacht würde und vor allem Folgerungen gezogen werden. Bald! Der Pflegenotstand ist ja bereits da.
MfG
Conny

Mein Text unter
viewtopic.php?t=7133

Claus Fussek braucht offensichtlich Nachhilfe. Thorsten Meier zeigt deutlich auf, dass es einen Mangel an Pflegekräften gibt:
Personalsituation in der stationären Altenpflege
viewtopic.php?t=9347
Er spricht von erheblichen Defiziten. Unter solchen Umständen von Ungeeignetheiten des Personals zu sprechen, ist völlig abwegig. Dafür kann Claus Fussek keine positive Kritik erhalten. Das ist vielmehr eine ungeheuerliche Fehlleistung, die man nicht durchgehen lassen kann und darf.

Conny

PflegeCologne
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Ständige Notstandslage der Pflege

Beitrag von PflegeCologne » 27.07.2008, 16:21

Hallo,
hier wurde wiederholt über Personalnotstand in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern geschrieben. Es gibt kein Personalbemessungssystem, was hilfreich sein könnte. Deshalb bestimmt der Kostendruck die Personalausstattung - und die ist klar defizitär, zunehmend! Man nennt das offiziell wohl "Ökonomisierung".
Warum wird nicht endlich "von oben" ein brauchbares und für die praktische Situation einsetzbares System geschaffen? Wer hat eigentlich ein Interesse daran, die Pflege ständig in einer Art Notstandslage zu halten? Wenn es nicht mehr anders geht, kommt es zur Flickschusterei.
MfG
PflegeCologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
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fiutare

Ständige Notstandslage der Pflege

Beitrag von fiutare » 28.07.2008, 06:01

Ich möchte ja niemandem zu nahe treten, aber zuallererst müssten uns die wesentlichsten Mechanismen klar sein, bevor wir wollen, dass sich grundlegende Strukturen ändern.
PflegeCologne hat geschrieben: Warum wird nicht endlich "von oben" ein brauchbares und für die praktische Situation einsetzbares System geschaffen?
Weil es Geld kosten würde und gerade dies wurde durch die Einführung des Wettbewerbes in der Altenpflege (Pflegeversicherung) erfolgreich verhindert. Die Pflege ist ganz bewusst und gewollt zu einem Preiskampf verkommen.
PflegeCologne hat geschrieben: Wer hat eigentlich ein Interesse daran, die Pflege ständig in einer Art Notstandslage zu halten?
Unser Staat (das sind natürlich ausser den Politikern wir alle). Mehr Personal gibt es nur zum Preis höherer Pflegeversicherungsbeiträge. Das will niemand - solange er nicht unmittelbar betroffen ist.

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Heime - Wachsender Versorgungsbedarf bei Personalengpässen

Beitrag von WernerSchell » 03.09.2008, 09:39

Siehe auch unter
Heime - Wachsender Versorgungsbedarf bei Personalengpässen
viewtopic.php?t=9711
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WernerSchell
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Personalschlüssel und aktivierende Pflege

Beitrag von WernerSchell » 07.10.2008, 12:41

Personalschlüssel und aktivierende Pflege

Texteinstellung für igel119:

Thorsten Meier weist völlig zurecht daraufhin, dass unter den jetzigen Rahmenbedingungen eine aktivierende Altenpflege nicht möglich ist. Selbst eine Annäherung an die tatsächlichen individuellen Bedürfnisse der pflegebedürftigen Menschen ist kaum möglich. Rechtliche Formulierungen aus dem SGBXI §11, die eine "humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde" propagieren sind angesichts der strukturellen Realitäten praktisch nicht umsetzbar. Die Studie „Qualitätsentwicklung und Leistungstransparenz in Frankfurter Altenpflegeheimen” (2004) kommt zu dem Ergebnis, dass „eine umfassende Anpassung an die neue Lebenssituation in einem Altenpflegeheim” (Bartholomeyczik; Schrems 2004: S.285) erwartet wird. Den pflegebedürftigen Menschen wird also häufig ein angepasstes Verhalten abverlangt. Ich möchte mich folgender Aussage Thorsten Meiers komplett anschliessen: "Um ... die Missstände in deutschen Pflegeheimen in den Griff zu bekommen, ist eine deutliche Verbesserung der Personalschlüssel eine notwendige Voraussetzung." Eine flächendeckende menschenwürdige Versorgung der zum Teil schwerstpflegebedürftigen, alten Menschen wird nur mit einer entsprechenden Umgestaltung des gesamten Altenpflegesystems möglich sein. Eine entsprechende nachhaltige Finanzierung muss die Budgetierung der Pflegeversicherung aufheben und sich nach den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen richten. Die derzeitige Finanzkrise zeigt, dass Milliarden von Euro für ein kränkelndes Finanzwesen zur Verfügung stehen können. Gleiches muss endlich dem Altenhilfesysten zur Verfügung gestellt werden. Auch die dort berufstätigen Menschen wollen ihr eigenes Leben auf ein planbares Fundament stellen können. Dementsprechend müssen Dumpinglöhne und ähnliches Tabu sein. Ich meine, dass die gesamte Altenhilfe Deutschlands nach humanitären Kriterien auf den Prüfstein gehört. Thorsten Meier hat mit seiner Schrift auf wichtige Missstände innerhalb des Systems hingewiesen und ich wünsche dem Autoren die Kraft auch weiterhin nicht müde zu werden auf entsprechende Problematiken hinzuweisen.
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PflegeCologne
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Personalbemessungssystem für die Pflege schaffen

Beitrag von PflegeCologne » 07.10.2008, 16:16

Hallo,
ich plädiere noch einmal dafür, dass endlich ein Personalbemessungssystem für die Pflege geschaffen wird. Wie mir scheint, kann nur mit Hilfe eines solchen Systems die Politik überzeugt werden. Alleinige Verweise auf die Not der Pflegenden und die Unterversorgung der pflegebedürftigen Menschen sind wohl nicht ausreichend.
MfG
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Anja Jansen
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Personalbemessungssystem für die Pflege schaffen

Beitrag von Anja Jansen » 08.10.2008, 10:52

PflegeCologne hat geschrieben: ... ich plädiere noch einmal dafür, dass endlich ein Personalbemessungssystem für die Pflege geschaffen wird. Wie mir scheint, kann nur mit Hilfe eines solchen Systems die Politik überzeugt werden. Alleinige Verweise auf die Not der Pflegenden und die Unterversorgung der pflegebedürftigen Menschen sind wohl nicht ausreichend. ...
Hallo,
Personalbemessungssystem für die Pflege - Krankenhaus - und Heimbereich - werden dringend benötigt. Nur so kann der Bedarf für die pflegerischen Tätigkeiten wirklich überzeugend belegt werden. Ich denke, dass sich die professionelle Pflege aufmachen muss, in diesem Sinne für Argumentationsmaterial zu sorgen.
MfG
Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

Monika Petzold
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Buchstaben in Gesetzen verändern noch nichts!

Beitrag von Monika Petzold » 14.11.2008, 14:50

Die Diskussionen und Medienberichte zum Heimrecht in NRW zeigen erneut, dass uns die Politik einiges vormacht. Es wird so getan, als sei mit dem neuen Recht alles besser geworden. Dem kann ich leider nicht zustimmen. Buchstaben in Gesetzeswerken der Länder zum Heimwesen verändern nicht die reale Lage. Dazu bedarf es entscheidender Korrekturen auf Bundesebene. Die Pflegereform muss zügig fortgeführt werden, bis jetzt auf man auf dem halben Weg stehen geblieben. Aufwachen in Berlin!

Monika
Mehr Zuwendung bei der Patientenversorgung und Pflege. Dafür ist aber mehr Personal erforderlich. Fordern wir es ein!

johannes
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Beitrag von johannes » 28.11.2008, 03:33

Wenn sich die Pflegeeinrichtungen endlich entschließen könnten, flächendeckend echtzeitbasierte Leistungsnachweise für ihre Arbeit einzuführen, wäre dem Übel schnell beizukommen.

Wir praktizieren dies bereits seit rd. 8 Jahren und können damit pro Jahr bei 17 Pflegebedürftigen mit mehr als 40.000 Einzelleistungen exakt den Nachweis führen, wohin die Leistungen der Mitarbeiter fließen. Hierdurch wird ein eklatantes Mißverhältnis der finanzierten Leistungen zu den nichtfinanzierten Leistungen aufgedeckt. So waren z. B. im letzten Jahr rd. 40 % der Leistungen in nichtfinanzierte Bereiche geflossen.

Von der Gesamtleistung entfielen nur auf den Bereich SGB V - medizinische Versorgung - insgesamt 10 %. Diese werden bekanntermaßen nicht finanziert. Das bedeutet, daß auch die hierfür erforderlichen Personalkosten verweigert werden!

Erst, wenn flächendeckend diese Nachweise geführt werden, können auch die Politik und die Kostenträger gezwungen werden, Farbe zu bekennen.

Solange unsere Politiker Banken hunderte von Milliarden zur Verfügung stellen, die leichtfertig Vermögenswerte vernichtet haben, die Manager nach wie vor bis zu 400.000 € p. a. erhalten, die in verbrecherischer Weise mit den Geldern der einfachen Bürger Schindluder getrieben haben, werden soziale Probleme nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wenn wir von einem Rechtsstaat sprechen, ist zu fragen, warum der kleine Mann von Hartz IV leben muß und die feinen Herren sich die Hände reiben dürfen, trotz ihrer verbrecherischen Machenschaften.

Ich habe bereits mehrfach geschrieben, daß die Kostenträger in der Pflegestufe 2 nur 93 % (BW) und in der Pflegestufe 3 gar nur 63 % der erforderlichen Personalkosten genehmigen, die für das Mindestmaß an Versorgung in der jeweiligen Pflegestufe bedeuten. Verstehen wird das niemand können, der Pflege umsetzen soll.

Johannes
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 30.11.2008, 04:16

Hallo johannes ,

was soll denn das Mindestmaß an Versorgung in der jeweiligen Pflegestufe genau sein? Entweder wir messen der Einstufung durch den Mdk eine gewisse Relevanz zu - wozu ich neige - dann bitte auch die Durchschnittswerte.
Die im SGB 11 geforderte aktivierende und ressourcenorientierte Pflege ist darunter mit Sicherheit nicht zu gewährleisten.
Grüsse

johannes
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Mindestmaß

Beitrag von johannes » 02.12.2008, 00:10

Hallo thorstein,

das vom SGB XI festgelegte Mindestmaß der jeweiligen Pflegestufe sind

Pflegestufe 1 = 45 min.
Pflegestufe 2 = 120 min.
Pflegestufe 3 = 240 min.

Wenn ich also von Mindestmaß sprach, war das auf diese Zeiten bezogen, die mindestens erreicht sein müssen, um überhaupt in die jeweilige Pflegestufe eingestuft zu werden. Daß dies nicht ausreichend für eine nach SGB XI § 28 geforderte aktivierende Pflege ist, bleibt unbenommen.

Meine Forderung geht dahin, daß bei Ersteinstufung eines Pflegebedürftigen die durch den MDK erhobenen Zeiten als Maßstab für die Personalbemessung herangezogen werden, in der Folge Höherstufungsanträge mit dem Nachweis der tatsächlich aufgewendeten Zeiten über einen Zeitraum von mindestens 90 Tagen bereits bei Antragstellung versehen sein müssen. Auf dieser Grundlage müßten dann die Personalanhaltswerte erfüllt werden.

Beispiel: in Pflegestufe 1 gibt es 5 Bewohner mit 45, 67, 84 und 107 min. tägl. Pflegebedarf. Dann wird daraus das Mittel genommen und als Grundlage für die Personalbemessung in dieser Pflegestufe für diese Einrichtung heran gezogen.

Nur dann halte ich eine angemessene Versorgung für realisierbar. Liegt der durchschnittliche Personalbedarf innerhalb eines Kalenderjahres - auf die Bewohner einer Pflegestufe bezogen - über den zuvor verhandelten Personalbemessungszeiten, ist mit entsprechendem Nachweis eine neue Vergütungsvereinbarung zwingend vorgeschrieben, die auf die veränderte Situation abgestellt ist.

Gleichzeitig hat der Betreiber den überprüfbaren Nachweis zu führen, daß das Personal dem entsprechenden Mindestbedarf in den Pflegestufen angepaßt wurde. Niemals jedoch darf weniger Personal beschäftigt werden, als die nach den Kriterien des SGB XI benötigten Zeiten, um in die jeweilige Pflegestufe eingestuft zu werden.

Johannes
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