Erreichbarkeit während der Freizeit erzwingbar?

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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R.Koep
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Erreichbarkeit während der Freizeit erzwingbar?

Beitrag von R.Koep » 06.06.2008, 23:13

Erreichbarkeit, z.B. per Handy, während der Freizeit durch den Arbeitgeber erzwingbar?

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem mehre Einrichtungen sich mit folgenden Problemen nachgefragt haben, möchte ich diese hier einmal zur Diskussion stellen. Viele sind hier bereits schon mal besprochen worden, aber die Vorgehensweise in diesen Geschichten ist für alle interessant denke ich :

1. Alle Mitarbeiter müßen den Arbeitgeber ( in diesem Fall eine Pflegedienstleitung) ihre Handynummer abgeben. Diese möchte in Notfall den Mitarbeiter zur Arbeitsleistung heranziehen.
Auf einer Teamsitzung teilt die Pflegedienstelitung mit, das sie sich von den Mitarbeitern trennen wird, die ihre Anrufe nicht beantworten.
Anmerkung: eine Rufbereitschaft für die Mitarbeiter wurde nicht angeordnet und als Notfall werden Personalausfälle gesehen.
2. Dienstpläne können von Dienstgeber jeder Zeit geändert werden und der Mitarbeiter hat kein Einspruchsrecht.
3. In der Freizeit geleisteten Arbeitsstunden für den Betriebsrat sind Freizeitvergnügen und können nicht als Arbeitszeit abgerechnet werden. Ein großteil des Betriebsrates ist im Schichtdienst.
4. Schwangere werden als dritte Person in eine Geriatrische Abteilung bei 28 Patienten eingesetzt.

Mit freundlichen Grüßen
R.Koep

Herbert Kunst
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Erreichbarkeit während der Freizeit erzwingbar?

Beitrag von Herbert Kunst » 07.06.2008, 07:14

R.Koep hat geschrieben:1. Alle Mitarbeiter müßen den Arbeitgeber ( in diesem Fall eine Pflegedienstleitung) ihre Handynummer abgeben. Diese möchte in Notfall den Mitarbeiter zur Arbeitsleistung heranziehen.
Auf einer Teamsitzung teilt die Pflegedienstelitung mit, das sie sich von den Mitarbeitern trennen wird, die ihre Anrufe nicht beantworten.
Anmerkung: eine Rufbereitschaft für die Mitarbeiter wurde nicht angeordnet und als Notfall werden Personalausfälle gesehen.
2. Dienstpläne können von Dienstgeber jeder Zeit geändert werden und der Mitarbeiter hat kein Einspruchsrecht.
3. In der Freizeit geleisteten Arbeitsstunden für den Betriebsrat sind Freizeitvergnügen und können nicht als Arbeitszeit abgerechnet werden. Ein großteil des Betriebsrates ist im Schichtdienst.
4. Schwangere werden als dritte Person in eine Geriatrische Abteilung bei 28 Patienten eingesetzt. ...
Hallo R. Koep,

ich nehme wie folgt Stellung:

1. Ich halte es nicht für zulässig, dass der Arbeitgeber generell die Mitteilung der Handynummer verlangen darf, um dann außerhalb von Rufbereitschaft, nach Belieben, jemand aus dem "Frei" zu holen. Freizeit ist Freizeit, Privatsache. Arbeitnehmer stehen dem Arbeitgeber nur während der dienstplanmäßigen Zeiten "zur Verfügung". Die beschriebene Androhung einer Kündigung bei Verweigerung der Handydaten kann u.U. als (strafrechtlich relevante) Nötigung eingestuft werden.
2. Dienstpläne sind grundsätzlich im Voraus zu erstellen und sind dann verbindlich. Beliebige Änderungen sind m.E. nicht zulässig. Notfallmäßige Veränderungen müssen ggf. mit den Arbeitnehmern abgestimmt werden. Alles andere wäre ebenfalls ein unzulässiger Eingriff in die Freizeit. Private Planungen stünden immer unter Vorbehalt. Damit soll nicht infrage gestellt werden, dass ich eine Pflicht des Arbeitnehmers sehe, ggf. in einer Katastrophensituation Einsatz zu zeigen.
3. Die Frage mit der Betriebsratstätigkeit ist mir nicht ganz klar. Wenn in der Freizeit kollektive Mitarbeit angeboten wird, ist das wohl eher auch freiwillig und löst keine arbeitgeberseitigen Verpflichtungen aus.
4. Der Personaleinsatz, wer und in welcher Zahl, hängt natürlich immer von den gegebenen Umständen, den Bedürfnissen, ab. Ob zwei Personen ausreichend sind, darf bezweifelt werden. Eine dritte schwangere Arbeitnehmerin mit einzuteilen, kann aber durchaus vertretbar erscheinen, wenn von ihr keine Verrichtungen erwartet werden, die mit dem Mutterschutzgesetz nicht vereinbar wären. Man müsste also die genauen Umstände des Arbeitseinsatzes bedenken.

Anhand der gestellten Fragen darf bezweifelt werden, dass der Betrieb ein vernünftiges Miteinander zwischen vorgesetzten Dienstkräften und MitarbeterInnen im Auge hat. Hier stinkt wohl, wie man so sagt, der Fisch vom Kopf her!

Gruß
Herbert Kunst
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Direktionsrecht - zum Dienst verpflichten im Frei???

Beitrag von Rob Hüser » 07.06.2008, 07:56

Interessante Fragen und gute Antwort. Im Forum gibt es weitere Texte zum Thema. Siehe z.B. unter:

Direktionsrecht - zum Dienst verpflichten im Frei???
viewtopic.php?t=4514&highlight=freizeit
Dienstzeit - Ärgernis späte Dienstpläne!
viewtopic.php?t=8454&highlight=freizeit
Dienstplan - Informationen gesucht
viewtopic.php?t=5887&highlight=freizeit
Kurzfristige Dienstplanänderung unzulässig
viewtopic.php?t=4512&highlight=dienstplan
Rahmendienstplan
viewtopic.php?t=6002&highlight=dienstplan

R.Koep
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Beitrag von R.Koep » 07.06.2008, 08:21

Sehr geehrte Damen und Herren,

schon einmal einen herzlichen Dank für die ersten Antworten. Herr Kunst , ich möchte meine Frage zum Betriebsrat noch einmal etwas zufügen:
Die meisten der Betriebsräte arbeiten aktiv in der Pflege ( keine Freistellung), die Termine sind den einzelnen Bereichs- oder Stationsleitung bekannt gegeben worden, an den die Sitzungen des Betriebsrates stattfinden.
Trotzdem werden einzelne Mitglieder an diesen Tag in den Frei geschickt, dieses gilt auch für den Vorsitzenden der ja eigentlich die Sitzung führt

Schönes Wochenende
R.Koep

Herbert Kunst
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Teilnahme an einer Betriebsratsveranstaltung

Beitrag von Herbert Kunst » 07.06.2008, 08:42

R.Koep hat geschrieben: .... Die meisten der Betriebsräte arbeiten aktiv in der Pflege ( keine Freistellung), die Termine sind den einzelnen Bereichs- oder Stationsleitung bekannt gegeben worden, an den die Sitzungen des Betriebsrates stattfinden. Trotzdem werden einzelne Mitglieder an diesen Tag in den Frei geschickt, dieses gilt auch für den Vorsitzenden der ja eigentlich die Sitzung führt.
Hallo R.Koep,
ich fürchte, dass ich wohl nicht zuverlässig genug antworten kann. Daher empfehle ich vorsorglich eine Rückfrage bei einer Gewerkschaft. Gleichwohl antworte ich wie folgt:
Wenn die Teilnahme an einer Betriebsratsveranstaltung zwingend ist, würde ich die Mitwirkung aus dem Frei kommend als dienstlich veranlasst einstufen. Dies sollte aber der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber besprechen, so dass es für die Zukunft auch zu einvernehmlichen Einschätzungen und Folgerungen kommt.
Gruß und ein erholsames Wochenende. Ich werde mich vielleicht hier noch ein wenig "ausschreiben".
Gruß
Herbert Kunst
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conny24
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Erreichbarkeit während der Freizeit erzwingbar? Nein!

Beitrag von conny24 » 08.06.2008, 07:52

.... Erreichbarkeit, z.B. per Handy, während der Freizeit durch den Arbeitgeber erzwingbar? ....

Wir haben auch den Druck der PDL erfahren müssen, stets erreichbar und auch willig zu sein, auszuhelfen, einzuspringen. Dies hat schnell zu Verhältnissen geführt, die uns nahezu jede Freizeitplanung unmöglich machte. Da haben wir MitarbeiterInnen gegengehalten und uns letztlich durchgesetzt. Jetzt gibt es eine organisierte Personalreserve, auf die bei Engpässen zurückgegriffen werden kann. Die "Freizeitproblematik" ist damit weitgehend befriedet.

Conny

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Personalreserve

Beitrag von Anja Jansen » 10.06.2008, 14:27

Hallo,
ich kenne das so, dass die Pflegedienstleitung eine Art Personalreserve für den Notfall parat hat. Oft sind auch im Frei befindliche Dienstkräfte bereit, einzuspringen bzw. zu helfen (ohne Druck).
LG Anja

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