Abtreibung darf nicht mit Holocaust verglichen werden

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Antworten
Ärzte Zeitung

Abtreibung darf nicht mit Holocaust verglichen werden

Beitrag von Ärzte Zeitung » 01.12.2006, 08:16

Abtreibung darf nicht mit Holocaust verglichen werden
Urteil des OLG Nürnberg


NÜRNBERG (dpa). Abtreibung darf nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mit dem nationalsozialistischen Massenmord gleichgesetzt werden. Nach einem mehr als siebenjährigen Rechtsstreit gab das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg der Unterlassungsklage eines Arztes recht.
...
Urteil des OLG Nürnberg: Az.8U977/99
...
Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/1 ... echt/recht

ALfA-Newsletter

Vergleich von Abtreibung und Holocaust unzulässig

Beitrag von ALfA-Newsletter » 09.12.2006, 09:39

Ende nach sieben Jahren Rechtsstreit: Vergleich von Abtreibung und Holocaust unzulaessig

Nuernberg (ALfA). Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Nuernberg vom 27. November 2006 (Az. 8 U 977/99) darf Abtreibung nicht mit dem nationalsozialistischen Massenmord gleichgesetzt werden. Die Richter gaben damit einem Abtreibungsmediziners Recht, der gegen Gegner der vorgeburtlichen Kindstoetung geklagt hatte. Dies geht aus einer Pressemitteilung des OLG Nuernberg vom 28. November hervor. Damit geht nun ein mehr als siebenjaehriger Rechtsstreit zu Ende.

Der Arzt hatte auf dem Gelaende des Klinikums Nord in Nuernberg Schwangerschaftsabbrueche vorgenommen und war dafuer oeffentlich scharf angegriffen worden. Im Rahmen einer am 8. Oktober 1997 durchgefuehrten Flugblattaktion wurde er als „Toetungsspezialist fuer ungeborene Kinder“ bezeichnet. Zugleich wurde die Behauptung aufgestellt, dass auf dem Gelaende des Klinikums Nord „Kindermord im Mutterschoss“ stattfinde. Ausserdem befand sich auf der Rueckseite des Flugblattes die Aussage: „damals: Holocaust, heute: Babycaust“. Einer wegen dieser drei Aeusserungen erhobenen Unterlassungsklage gab das Landgericht Nuernberg-Fuerth am 11. Februar 1999 in erster Instanz Recht. Die unterlegenen Verantwortlichen fuer die Flugblattaktion legten gegen dieses Urteil Berufung ein und hatten Erfolg. Am 28. September 2000 wies das Oberlandesgericht Nuernberg die Unterlassungsklage des Arztes in vollem Umfang ab. Der Arzt erhob nun seinerseits Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht und erreichte, dass das Urteil des OLG Nuernberg am 24. Mai 2006 zum Teil aufgehoben wurde.

Nach dem Willen der Bundesverfassungsrichter hatte das Oberlandesgericht Nuernberg nochmals darueber zu befinden, ob der Arzt eine Unterlassung der Behauptungen „Kindermord im Mutterschoss“ und „damals: Holocaust, heute: Babycaust“ verlangen kann. Hinsichtlich der Aeusserung „Toetungsspezialist fuer ungeborene Kinder“ blieb auch die Verfassungsbeschwerde erfolglos. Zur Begruendung fuehrte das Bundesverfassungsgericht aus, dass es sich bei der Aeusserung „Kindermord im Mutterschoss“ um eine mehrdeutige Aussage handele. So sei unter anderem unklar, ob der Mordvorwurf gezielt gegen den Arzt erhoben wurde oder nur allgemeine Kritik an Abtreibungen geuebt werden sollte. Werde die Aeusserung als gegen den Arzt persoenlich gerichteter Vorwurf verstanden, sei von einer erheblichen Persoenlichkeitsrechtsverletzung auszugehen. Bei einer Klage auf Unterlassung der Wiederholung einer Aeusserung muesse auf die Deutungsvariante abgestellt werden, die den Betroffenen am meisten beeintraechtigt. Der Vergleich zwischen „Holocaust“ und „Babycaust“ sei als eine unzulaessige unmittelbare Gleichsetzung der Taetigkeit des Arztes mit dem nationalsozialistischen Massenmord zu verstehen. Auch hier sei die Deutungsmoeglichkeit heranzuziehen, die den auf Unterlassung klagenden Arzt am meisten belastet. Die Bezeichnung des Arztes als „Toetungsspezialist fuer ungeborene Kinder“ sei eine zutreffende Tatsachenaussage. Die anklingende Wertung koenne als hinnehmbar beurteilt werden.

Nach der Auffassung des OLG Nuernberg hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 24. Mai 2006 bindend festgestellt, wie die Behauptungen „Kindermord im Mutterschoss“ und „damals: Holocaust, heute: Babycaust“ zu deuten sind. Auch habe das Bundesverfassungsgericht bereits die Entscheidung getroffen, dass der Arzt durch diese Behauptungen in seinen Rechten verletzt wurde. Ein Spielraum fuer eine eigene Bewertung sei nicht mehr vorhanden gewesen. Zudem seien alle Gerichte an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes gebunden.

Weitere Informationen:

ALfA-Newsletter 23/06 vom 24.06.2006: Bundesverfassungsgericht - Handeln eines Abtreibers darf nicht als "Mord" und "Babycaust" bezeichnet werden
http://www.alfa-ev.de/aktuelles/archiv- ... 160027bf78

Quelle: ALfA-Newsletter 45/06 vom 08.12.2006

Antworten