Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Gast

Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 23.08.2003, 17:39

Habe ich als Patient das Recht auf Kopie meiner Unterlagen (insb. Anästhesie und OP-Bericht) durch den behandelnden Arzt?
Muss also der Arzt die Unterlagen herausgeben, damit ich sie mir kopieren und eine zweite Meinung einholen kann?

Mariah
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Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Mariah » 23.08.2003, 21:00

Aber ja, zwar gegen Erstattung der Kopie-Kosten. Das ergibt sich aus der ärztlichen Berufsordnung und ist gesicherte Rechstsprechung.

Gast

Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 24.08.2003, 10:44

Hallo Watcher,
der Patient ist zwar nicht Eigentümer der über ihn geführten Krankendokumentation, hat aber ein Recht auf Einsicht bzw. ein Recht auf Herausgabe von Kopien. Er hat nicht das Recht, das Original in die Hand zu bekommen, um dann Kopien selbst fertigen zu können. Etwas anderes gilt für Röntgenaufnahmen.
Siehe zum Thema zahlreiche Texte im archivierten Forum; bei Aufruf "Krankendokumentation" bzw. "Röntgenaufnahmen" aufrufbar.
Nachfolgend zwei Texte, die ich aus dem archivierten Forum nach hier übernehme.
Gruß Berti

Krankenakte muss stets lesbar sein - Gericht gibt Patientin Recht

Das Marienhospital Arnsberg muss künftig Patienten, die wegen eines möglichen Behandlungsfehlers klagen, „lesbare Abschriften sämtlicher handschriftlicher Behandlungsunterlagen“ herausgeben. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichtes Arnsberg hervor.
Im aktuellen Fall hatte eine ehemalige Patientin des Krankenhauses geklagt. Bei einer Operation waren lebensbedrohliche Komplikationen aufgetreten. Zur Klärung der Frage, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt, verlangte die Frau die Herausgabe der vollständigen Krankenhausunterlagen sowie lesbare Abschriften aller Handschriftlichen Aufzeichnungen.
Im Laufe der juristischen Auseinandersetzung erhielt die Klägerin zwar die vollständige Krankenakte, jedoch wurde ihr zugleich erklärt, dass die darin enthaltenen Aufzeichnungen zeitnah zur ärztlichen Behandlung angefertigt worden seien. Auf deutsch: Für Außenstehende nicht zu entziffern.
Eine lesbare Abschrift, argumentierten die Vertreter des Marienhospitals, erfordere einen „solch erheblichen Arbeitsaufwand, der naturgemäß nur von den Verfassern der Dokumente selbst, also den Ärzten, erbracht werden könne“. Und dies sei den Ärzten nicht zuzumuten.
Dieser Argumentation wollte sich die zuständige Richterin allerdings nicht anschließen. Grundsätzlich stehe dem Patienten in einem Rechtsstreit ein vorprozessuales Einsichtrecht zu. Dies beziehe sich auf Informationen, die der Vorbereitung eines Haftungsprozesses dienen und sei in solchen Fällen anzuerkennen, in denen ein Patient einen Verstoß gegen Vertragspflichten behauptet und Einsicht begehrt, um mögliche Ansprüche zu prüfen.
Das vorprozessuale Informationsbedürfnis beinhalte neben der Herausgabe der Unterlagen auch die Anfertigung lesbarer Abschriften.
IKZ vom 18.07.01 (AZ: 14C374/00)
Quelle: http://www.bdo-ev.de/hinweis.htm


Interessantes Urteil zur ärztlichen und pflegerischen Krankendokumentation

Es ist ständige Rechtsprechung, dass ein Patient seine über ihn geführte ärztliche Krankendokumentation einsehen und gegebenenfalls die Herausgabe von Kopien dieser Unterlagen verlangen kann. Entsprechendes gilt für die pflegerische Dokumentation.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main bekräftigte mit seinem Urteil vom 16.10.1998 - 30 C 1340/98-47 - diese rechtliche Einschätzung. Der Arzt sei, so das Amtsgericht, im Rahmen einer Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag zur Anfertigung geforderter Kopien verpflichtet. Es billigte dem Arzt für angefertigte Kopien pro Seite 1 DM und pauschal 5 DM für Portoaufwand zu. Der Anspruch des Arztes, die Arbeitszeit für die Anfertigung der Kopien zu vergüten, wurde vom Amtsgericht allerdings klar abgelehnt (Quelle: Deutsche Ärzteblatt, Heft 19, vom 14.5.1999).
Werner Schell (Mai 1999)

Gast

Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 24.08.2003, 14:40

Ja, der Arzt muß in objektive Unterlagen Einsicht gewähren und Kopien anfertigen. In psychiatrische Unterlagen hat man wohl nur in Beisein des Arztes ein Einsichtsrecht (damit man nicht "umgehauen" wird, wenn man sich's alleine ansieht).

Gute Infos, viele Urteile etc. findest Du hier: www.mgdh.de in den Tips.

Gruß Sandra

Gast

Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 24.08.2003, 15:02

(1) .... In psychiatrische Unterlagen hat man wohl nur im Beisein des Arztes ein Einsichtsrecht (damit man nicht "umgehauen" wird, wenn man sich's alleine ansieht).
(2) Gute Infos, viele Urteile etc. findest Du hier: www.mgdh.de in den Tips. ...
Hallo Sandra,

(1) die Teile einer Krankendokumentation mit psychiatrischen Informationen können zurückgehalten werden. D.h., ist kann dann auch ein Einsichtsrecht im Beisein des Arztes verweigert werden. Es kommt auf die therapeutischen Erwägungen im Einzelfall an. Dazu gibt es zwei Gerichtsentscheidungen, die sich mit dem Thema ausführlich befassen (http://www.pflegerechtportal.de).

(2) Mit dem von Dir gegebenen Internethinweis kann ich noch nichts anfangen. Es werden beim Login Benutzername und Passwort abgefragt. Wie kommt man dort weiter? Bereits jetzt danke für Deine weitere Rückmeldung.

Gruß Berti

Gast

Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 24.08.2003, 17:58

Hallo Berti,

vielen Dank für den Hinweis auf die Urteile. Ich hab sie allerdings nicht gefunden, sind die in dem online-Buch? Oder auf welcher Unterseite?

Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls mal entschieden, daß das Selbstbestimmungsrecht des Patienten auch das Recht einschließe, selbst zu entscheiden, welchen Gefahren man sich aussetzen wolle. Deswegen könne einem nicht die Einsicht in die Krankenunterlagen verweigert werden mit der Begründung, der psychische Gesundheitszustand könne sich verschlechtern. (BVerwG, 27.4.89 - 3 C 4.86) Allerdings weiß ich nicht, ob man dieses Verwaltungsurteil aufs "normale Leben" übertragen kann.

Die Seite www.mgdh.de war für mich immer problemlos ohne Passwort etc. aufrubfar. Ist vieleicht nur ein vorübergehendes Problem. Wenn's später immer noch nicht funktionert, sag 'mal Bescheid, dann schreibe ich dem Betreiber 'mal 'ne mail.

Gruß Sandra

Gast

Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von Gast » 24.08.2003, 18:18

Ach so, hier der Link noch 'mal mit http, vieleicht geht's dann besser:

http://www.mgdh.de

Tschö Sandra

wkeim
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Re: Anspruch auf Kopien der Krankendokumentation?

Beitrag von wkeim » 11.09.2003, 23:54

Ich habe ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gefunden, das ich so verstehe, dass die Ablehnung in die Einsicht subjektiver Daten begründet werden sollte: http://home.online.no/~wkeim/files/020111pet_bw.htm und http://www.bverfg.de/entscheidungen/tex ... 1bvr113098

Kennt das jemand?

Walter Keim

Who is responsible for the lack of freedom of information:  http://home.online.no/~wkeim/I_accuse.htm

Gast

Kopien einer Krankendokumentation lesbar !

Beitrag von Gast » 01.04.2004, 13:35

Übrigens:

Die Kopien einer Krankendokumentation müssen, ebenso wie die Originalaufzeichnungen, lesbar sein (Amtsgericht Essen, Urteil v. 21.4.1997 - 12 C 13/97; Amtsgericht Hagen, Beschluss .vom 25.8.1997 - 10 C 33/97).

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