G-BA soll Kriterien definieren und Honorierung regeln
BÄK: Tabaksucht muss als Krankheit gelten
15.09.08 - Kommt bald die Zusatzqualifikation "Ärztliche Tabakentwöhnung"? Hausärztliche Hilfe für Raucher auf Kosten der Kasse? Die Bundesärztekammer meint: Es ist höchste Zeit. Der G-BA solle Raucher als Abhängigkeitserkrankte einstufen und für neue Honorarstrukturen sorgen.
Die Bundesärztekammer (BÄK) fordert in aller Deutlichkeit, Tabakabhängigkeit als Krankheit anzuerkennen und die Raucherberatung zu stärken. "Eine Bewertung als Lifestyle-Problem, das durch reine Willenanstrengungen oder Gruppengespräche zu beheben wäre, wird dem Problem nicht gerecht", heißt es in der Stellungnahme zur heutigen Expertenanhörung des Bundesgesundheitsministeriums, in der die Nationalen Aktionsprogramme zur Tabak- und Alkoholprävention weiterentwickelt werden sollen.
Raucher müssen nach Ansicht der BÄK als "Abhängigkeitserkrankte" nach ICD 10, F17 eingestuft werden, wenn bestimmte Indikatoren vorliegen. Dazu zählen Toleranzentwicklung, körperlicher Entzugserscheinungen, ein starker Drang zum Tabakkonsum, eingeschränkte Kontrollfähigkeit über Beginn, Beendigung und Menge des Konsums, Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Interessen sowie die Fortführung des Konsums, obwohl bereits eindeutig schädliche Folgen nachgewiesen sind. Eine Vielzahl von Rauchern erfüllt den Großteil dieser Bedingungen.
G-BA soll die Anerkennung quasi diktiert werden
Logische Folge aus der Anerkennung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Kassen und Ärzten müsste die "entsprechenden vergütungsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine Behandlung" schaffen. Dies fordert die BÄK denn auch dezidiert - im Nationalen Aktionsprogramm der Bundesregierung müsse die Handlungsanweisung für den G-BA an zentraler Stelle festgeschrieben werden.
Gerade Ärzte verfügen über einen guten Zugang zu Rauchern und können diese umstandslos auf Tabakabhängigkeit ansprechen - insbesondere wenn der Patient über tabakrauchassoziierte Beschwerdebilder klagt. Sollte die Anerkennung im G-BA kommen, steht die BÄK bereits in den Startlöchern: Gemeinsam mit den Landesärztekammern hat sie eine 20-stündige Qualifikation "Ärztliche Tabakentwöhnung" entworfen, um Ärzte umfassend für eine Beratung und Behandlung betroffener Patienten zu schulen. Diese umfasst auch die Diagnostik und den Einsatz einer begleitenden medikamentösen Therapie.
Bisherige Programme zünden nicht
Nicht so toll findet die BÄK die bisherigen Strukturen der Raucherhilfe. Nichtraucherkurse etwa seien regional kaum verfügbar und erreichten überwiegend Versicherte mittlerer und höherer Schichten, in denen es weniger Raucher gebe. Besonders großen Handlungsbedarf gebe es bei der Prävention an Haupt- und Berufsschulen.
Die BÄK fordert drüber hinaus umfassenden Schutz vor Tabakrauch am Arbeitsplatz ohne Ausnahmemöglichkeiten. Die Arbeitsstättenverordnung solle entsprechend novelliert werden.
Mehr zum Thema:
Die Stellungnahme der Bundesärztekammer (PDF, 30KB)
http://www.bundesaerztekammer.de/downlo ... 092008.pdf
BÄK / chy
Fundstelle:
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel_ ... 867937.htm