Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - Mitteilung vom 02.10.2018:
Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, beim zweiten Forum des Bundeszentrums für Ernährung am 27. September 2018 in Bonn:
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist schön, nicht erklären zu müssen, warum das Thema gesunde Ernährung so wichtig ist. Denn wenn
es Experten zu diesem Thema gibt, dann sind Sie das. Sie helfen alle mit, Ernährungskompetenz
aufzubauen. Also die Fähigkeit eines jeden, seine täglichen Ess-Entscheidungen intuitiv richtig zu
fällen. Dafür danke ich Ihnen allen ganz herzlich!
Ganz offensichtlich ist es heute wichtiger denn je, Ernährungskompetenz zu fördern. Allein unter
unseren Kindern und Jugendlichen sind 15 Prozent übergewichtig. Zum Vergleich: Das sind etwa
doppelt so viele übergewichtige 5- bis 19-Jährige wie noch 1975. Und auch viele Erwachsene ernähren
sich nicht ausgewogen: Rund 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer sind in Deutschland
übergewichtig. Warum ist das so?
Zum einen haben sich unsere Essensgewohnheiten stark verändert. Ebenso unsere Lebensgestaltung: Wir
sind länger im Büro, essen häufiger außer Haus. Das ist eine echte Herausforderung für eine
gesunderhaltende Ernährung. Und vielleicht verfügen wir auch nicht mehr über das Ernährungswissen,
das früher von einer Generation zur anderen weitergegeben wurde. Deshalb ist auch die alles
entscheidende Frage: Wie müssen wir Ernährungskompetenz heute fördern?
Der Schlüssel dazu liegt in der Ernährungsbildung. Im Nationalen Aktionsplan für gesunde Ernährung
und mehr Bewegung, genannt IN FORM, hat die Bundesregierung – gemeinsam mit vielen von Ihnen –
bereits eine Reihe guter Initiativen durchgeführt und Bildungsangebote geschaffen. Aber wir müssen
Ernährung einfach noch viel stärker in unterschiedlichen Lebensphasen betrachten.
Die Bundesregierung hat deshalb die Weiterentwicklung des Aktionsplans "IN FORM" beschlossen. Damit
richten wir den Fokus auf zwei Zielgruppen, von denen wir meinen, dass sie bislang unzureichend
berücksichtigt wurden: Die ersten 1000 Tage im Leben unserer Kinder und die besonderen Bedürfnisse
unserer Senioren.
Wir wissen, dass die ersten Tausend Tage eines Kindes unglaublich wichtig sind. Aber wir müssen
auch die Ernährung im Alter besser in den Blick nehmen. Ich will mich hier auf unsere Senioren
konzentrieren, denn wir haben hier schon sehr konkrete neue Ideen entwickelt.
Im Jahr 2050 gehört jeder Dritte zur Generation 60 plus. Senioren, beispielsweise, die in ihrer
Kindheit durch Krieg und Hunger geprägt wurden, haben ein ganz anderes Bewusstsein für den Wert
unserer Lebensmittel. Sie werfen vergleichsweise wenig weg. Allerdings ist ihnen oft nicht
ausreichend klar, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung gerade im Alter ist, noch wissen sie, auf
was sie dabei achten müssen. Mangelernährt sind gerade auch diejenigen, die in ihrer Mobilität
durch Krankheit und Alter eingeschränkt sind.
Ich habe deswegen eine Ernährungsinitiative für Senioren auf den Weg gebracht. Damit will ich die
Ernährungskompetenzen von älteren Menschen verbessern. Und ich will das Ehrenamt stärken und die
soziale Teilhabe unserer Senioren fördern.
Wie das gelingt? Über Multiplikatoren, die sich beispielsweise bei der Organisation eines
Seniorenmittagstischs engagieren. Deshalb haben wir das Projekt "Im Alter IN FORM – Gesunde
Ernährung, mehr Bewegung, aktive Teilnahme in Kommunen fördern" auf den Weg gebracht. Mit Hilfe der
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen bilden wir über drei Jahre lang Botschafter
für gesunde Ernährung im Alter aus. Diese sollen anschließend wichtiges Ernährungswissen in die
Kommunen tragen.
Ich habe Anfang des Monats die bundesweiten Tage der Schulverpflegung eröffnet, mit den
Vernetzungsstellen in den Ländern. Das Gleiche will ich für unsere älteren Mitbürger: Gemeinsam mit
den Ländern will ich Vernetzungsstellen für Senioren einrichten, um Tipps für die Ernährung zu
geben, um Hinweise zu geben, wie sie sich im Alter fithalten.
Wie bei der Schul- und Kitaverpflegung sollen die Vernetzungsstellen auch dazu beitragen, dass die
Standards der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in der Seniorenverpflegung bekannter werden
und breiter angewendet werden. Dazu dient auch das neue DGE-Projekt "IN FORM in der
Gemeinschaftsverpflegung". Damit soll die Gemeinschaftsverpflegung in Senioreneinrichtungen bald
flächendeckend den Qualitätsstandards der DGE genügen.
In der Zukunft planen wir weitere Schulungen von Multiplikatoren für die Ernährungsberatung.
Außerdem schlagen wir einen neuen Haushaltstitel im Bundeshaushalt 2019 vor: Maßnahmen zur
Förderung ausgewogener Ernährung mit zwölf Millionen Euro. Doch es wird nicht ausreichen, unsere
Ernährungsbildung nur inhaltlich auszubauen. Wir müssen auch neue Kommunikationswege beschreiten.
Noch nie in unserer Geschichte gab es so viele frei zugängliche Ernährungsinformationen. Das klingt
erst einmal gut. Allerdings finden sich viele Verbraucher in diesem Angebot nicht mehr zurecht.
Nicht selten sind Verbraucher damit überfordert. Und ich kann sie verstehen. Denn auch hier gibt es
viel Halbwissen, seriöse Angebote sind nur schwer von Werbung zu unterscheiden. Und wer kann mir
schon sagen, ob die Informationen, die ich finde, noch aktuell sind?
Mir ist aber wichtig, dass Klarheit und Wahrheit das bestimmende Prinzip in der
Ernährungskommunikation wird! Und deshalb ist es gut, dass es Akteure wie das Bundeszentrum für
Ernährung gibt!
Sie liefern wissenschaftsbasierte Erkenntnisse, die Vertrauen schaffen. Mit der "Beste Reste-App"
oder der App "Baby und Essen" nutzen Sie bereits die Möglichkeiten der Digitalisierung. Das ist ein
echter Mehrwert! Davon will ich mehr, und zwar für alle Verbraucher! Denn ich will die Verbraucher
da abholen, wo sie nach Informationen suchen. Digital, in den sozialen Netzwerken. Niedrigschwellig
– und so, dass es Spaß macht, sich zu informieren. Dann können wir den Schatz der Digitalisierung
für die Ernährungskompetenz heben und nutzen!
Ernährungskompetenz ist entscheidend für einen gesunden Lebensstil. Ernährungskompetenz fällt uns
aber nicht einfach in den Schoß. Wir müssen lernen, uns abwechslungsreich, genussvoll und
ausgewogen zu ernähren. Umgekehrt ist es nie zu spät, ein kompetenter Esser zu werden. Und auch die
Digitalisierung bedeutet eine Chance, die wir nutzen müssen!
Deshalb setze ich auf Ernährungsbildung – von der Schwangerschaft bis ins hohe Erwachsenenalter –
und auf neue digitale Wege in der Ernährungskommunikation. Vielen Dank!
Anlagen
- Nr. 100-5 (PDF) 2MB
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