Jeder fünfte Pflegende denkt ans Aufhören

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

Gerhard Schenker
Sr. Member
Beiträge: 315
Registriert: 18.11.2005, 09:14

Situation in der Altenpflege ist bedrückend

Beitrag von Gerhard Schenker » 08.08.2007, 07:24

Sabrina Merck hat geschrieben: ..., dass in Deutschland fast jeder Fünfte ernsthaft daran denkt, den Pflegeberuf zu verlassen. Dabei handelt es sich insbesondere um Jüngere und Besserqualifizierte. Damit ist die Stimmung unter den Angehörigen der Pflegeberufe in Deutschland nach Großbritannien und gleichauf mit Italien unerwartet schlecht. ...
Auffällig ist der große Unterschied zwischen einzelnen Pflegeeinrichtungen. Der Anteil derer, die aus der Pflege aussteigen wollen, schwankt je nach Einrichtung zwischen fünf und 50 Prozent. Offensichtlich gibt es attraktive und unattraktive Einrichtungen. Der Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen ist deutlich: Wo sie als schlecht empfunden werden, möchten mehr aus dem Beruf aussteigen. ...
Hallo,
es ist offensichtlich: Dort wo es gute Arbeitsbedingungen gibt, ist die Zufriedenheit mit der Pflegetätigkeit groß. Frust gibt es nicht oder kaum. Also, tun wir doch alles, um die Arbeitsbedingungen in unseren Heimen zu verbessern.
Den eher schlechten Heimen muss kräftig auf die "Finger geklopft werden". Dazu ist vielleicht eine große Kraftanstrengung notwendig. Wir alle sind gefordert. Jeder muss an seinem Platz für bessere Pflege- bzw. Arbeitsbedingungen in der Heimpflege eintreten. Nicht nur reden, sondern auch handeln!
MfG
G.Sch.

Marlene Böttinger
Full Member
Beiträge: 107
Registriert: 13.11.2005, 13:54

Belastung des Pflegepersonals - Handlungsbedarf

Beitrag von Marlene Böttinger » 11.08.2007, 18:27

Rauel Kombüchen hat geschrieben:.... Diese Entwicklung zeichnet sich aber bereits seit vielen Jahren ab und ist nicht neu. Man hätte auf die ersten Zeichen von Überlastung und weitere Negativauswirkungen rechtzeitig reagieren müssen. Jetzt "liegt das Kind im Brunnen". Auch wegen der Belastung des Pflegepersonals sind Reformen in der Pflegelandschaft dringend. Wann endlich kapieren unsere Politiker, was in der Versorgung der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen los ist? .. .... - Daher sind massive Aktivitäten "von unten" nötig. Wir müssen unsere teuren Abgeordneten auf Trapp bringen. Auch die Pflegekräfte sollten sich an diesem Druck beteiligen!! .... .
Unter
Riskante Krankenpflege - Sparen zu Lasten der Pflege
viewtopic.php?t=6888
Es muss jetzt etwas geschehen, eine Mini-Pflegereform reicht nicht. Die entscheidende Wende muss her!

Marlene

Gaby Modig
phpBB God
Beiträge: 1292
Registriert: 13.11.2005, 13:58

Situation in der Altenpflege ist bedrückend

Beitrag von Gaby Modig » 12.08.2007, 07:14

Sabrina Merck hat geschrieben: .... Schon heute besteht in fast allen europäischen Ländern ein enormer Mangel an Pflegepersonal. Wegen der alternden Gesellschaft wird sich das in den nächsten 10 Jahren weiter verschärfen. ...
Wie die aktuelle Diskussion um McPflege zeigt, wir brauchen dringend, sofort, eine Pflegereform, die die bestehenden Mängel klar und nachhaltig beseitigt. Alles andere ist Augenwischerei!

GM.

Rob Hüser
phpBB God
Beiträge: 611
Registriert: 13.11.2005, 16:47

Situation in der Altenpflege ist bedrückend

Beitrag von Rob Hüser » 04.09.2007, 07:18

Gerhard Schenker hat geschrieben:... Den eher schlechten Heimen muss kräftig auf die "Finger geklopft werden". Dazu ist vielleicht eine große Kraftanstrengung notwendig. Wir alle sind gefordert. Jeder muss an seinem Platz für bessere Pflege- bzw. Arbeitsbedingungen in der Heimpflege eintreten. Nicht nur reden, sondern auch handeln! ...
Der neue MDK-Bericht - mit den längst bekannten Pflegemängeln -
viewtopic.php?t=7150
zeigt wieder einmal sehr eindrucksvoll die Missstände in der Heimversorgung auf. Wenn der MDK von dringendem Handlungsbedarf spricht, ist das doch bezeichnend.
Die Mängel im Pflegesystem sind auch der Grund für den krankmachenden Druck in Richtung Pflegekräfte. Es muss also aus vielerlei Gründen gehandelt werden:
Die pflegebedürftigen Menschen brauchen endlich umfassend und uneingeschränkt menschenwürdige Pflegebedingungen und die Pflegekräfte brauchen Arbeitsbedingungen, die sie an ihrer Gesundheit nicht schädigen und auch sonst nicht verzweifeln lassen.

Viele Grüße
Rob

didado
Jr. Member
Beiträge: 53
Registriert: 03.09.2006, 21:17

chronische Unterversorgung an Pflegepersonal

Beitrag von didado » 08.09.2007, 18:34

Hi !

Auf eine Reform, die auch das Pflegerpersonal in der Bezahlung und in der Anzahl erreicht, wird es nicht geben !
Darauf warten wir seit mindestens 20 Jahren !
Wir erinnern uns:
Es wurde von Reform zu Reform immer schlechter.
Es änderte sich nichts.
Das ist der eigendliche Skandal !
Eine tatsächliche Reform kann nur wirklich in die richtige Richtung gehen, wenn die Pflege als ein Grundbedürfnis verstanden wird, so wie Essen, Trinken, Schlafen.
Die Politik und die Lobby der Selbstbereicher ist hiervon Lichtjahre weit entfernt.
Das derzeitige Grundbedürfnis ist immer mehr Pflegeheime zu bauen.
Hier verdienen einige sehr viel und dauerhaft.
Beamte sind mit Planungstätigkeiten beschäftigt.
Vorstände können sich ihr Gehalt zum Teil selbst erhöhen.
Die Angehörigen der Vorstände bekommen lukrative Jobs, und dürfen das Pflegepersonal herrumkommandieren, wie die Pflege auf den Stationen mit 2 Pflegekräften bei ca. 30 Schwerstpflegebedürftigen am Besten zu bewerkstelligen sei.
Übrig bleibt eine chronische Unterversorgung an Pflegepersonal an der Pflegefront mit einem miesen Einkommen, daß die Sozialhilfe teilweise nicht sonderlich überschreitet.
Hinzu kommt Schikane der Angehörigen der Vorstände.
Die zuvor genannten Angehörigen sind die Vorgesetzten.
Mobbing und Arbeitsdauerüberlastung sind die Folge.
Die Pflegebedürftigen befinden sich im "Wartesaal zum Tod", genannt Pflegeheim.
Wer will das eigendlich ?
Und was wird mit jeder neuen Reform eigendlich am Ende wirklich gepflegt ?
Etwa sie Selbstbereicherung ?
Einziger Ausweg:
AUSSTEIGEN ! ; und allen sagen: NIEMALS EINSTEIGEN !

Auf wiederschreiben
didado

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Chronische Unterversorgung an Pflegepersonal

Beitrag von WernerSchell » 08.09.2007, 19:07

didado hat geschrieben: ... Auf eine Reform, die auch das Pflegerpersonal in der Bezahlung und in der Anzahl erreicht, wird es nicht geben ! ... Übrig bleibt eine chronische Unterversorgung an Pflegepersonal an der Pflegefront mit einem miesen Einkommen, das die Sozialhilfe teilweise nicht sonderlich überschreitet. ...
In der Rheinischen Post, Lokalteil, wurde über die Forderung nach mehr Ausbildugnsplätzen für die Pflege berichtet. Dazu habe ich die nachfolgende Leserzuschrift abgeliefert. Sie passt m.E. gut zum Thema.

Leserbrief:

Pflegenotstand allerorten - wir brauchen mehr qualifizierte Pflegekräfte!

Dass die CDU-Ratsfraktion eine Steigerung der Ausbildungsquote für Pflegekräfte fordert, ist löblich. Allerdings sollten die Politiker auch dafür sorgen, dass die ausgebildeten Pflegekräfte einen angemessenen Arbeitsplatz finden. Zur Zeit ist es nämlich so, dass ausgebildete Pflegekräfte nur unzureichende Arbeitsmöglichkeiten vorfinden und neuerdings in zunehmendem Maße mit befristeten Verträgen abgefunden werden ("friss oder stirb"). Darüber hinaus sollten die Verantwortlichen auch endlich dafür sorgen, dass mehr Personalstellen in der Pflege geschaffen werden. Tatsache ist, dass in den letzten Jahren allein rd. 50.000 Pflegepersonalstellen in den bundesdeutschen Krankenhäusern wegrationalisiert worden sind, auch zum Schaden der Patienten. Dies belegt eindrucksvoll eine vor wenigen Wochen vorgelegt Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung in Köln (an der Katholischen Fachhochschule).
Der am 14.9.2007 stattfindende Neusser Pflegetreff wird sich u.a. auch mit den mangelhaften Pflege-Rahmenbedingungen befassen und dabei auch die Personalsituation in der Pflege ansprechen und die notwendigen Folgerungen aufzeigen. Interessierte sind am 14.9.2007, 18.30 (bis 21.00 Uhr), herzlich willkommen in Neuss-Erfttal, Bedburger Straße 57, Saal "Kontakt Erfttal" (Auskünfte unter 02131/150779).

Werner Schell, Dozent für Pflegerecht
Zuletzt geändert von WernerSchell am 09.08.2009, 08:18, insgesamt 1-mal geändert.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Menschenwürdige Pflege
Newbie
Beiträge: 23
Registriert: 29.06.2007, 18:10

Pflege-Rahmenbedingungen radikal verändern!

Beitrag von Menschenwürdige Pflege » 13.09.2007, 06:08

Die Mängel im Pflegesystem sind auch der Grund für den krankmachenden Druck in Richtung Pflegekräfte. Es muss also aus vielerlei Gründen gehandelt werden:
Die pflegebedürftigen Menschen brauchen endlich umfassend und uneingeschränkt menschenwürdige Pflegebedingungen und die Pflegekräfte brauchen Arbeitsbedingungen, die sie an ihrer Gesundheit nicht schädigen und auch sonst nicht verzweifeln lassen.


Dem kann man nur zustimmen! Die Pflegekräfte haben zur Zeit viel auszuhalten. Neben der zermürbenden Pflege bekommen sie von der Gesellschaft / den Medien "Prügel". Sie stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit und müssen für das einstehen, was die politisch Verantwortlichen "angerichtet" haben.
Hier muss klar gesagt werden: Die Pflege-Rahmenbedingungen müssen dringend geändert werden. Anonstigen bleiben die Pflegemissstände auf hohen Niveau.

Pro Menschenwürdige Pflege - jetzt!
Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen muss konsequent Beachtung finden!
Chartatext hier:
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... 120505.PDF

didado
Jr. Member
Beiträge: 53
Registriert: 03.09.2006, 21:17

Überbelastung, die Pflegekräfte auf Dauer ausgesetzt sind

Beitrag von didado » 06.10.2007, 17:00

Hi !

Ich habe 3 Fälle aus Osnabrück in einem Forrum gefunden.
Davon gibt es sicherlich noch mehr Fälle.
Hier im Forum wurde diesbezüglich ebenso berichtet.
Diese 3 Fälle zeigen aus meiner Sicht die Überbelastung, die Pflegekräfte auf Dauer ausgesetzt sind.

Fall 1
"Wecken um 4.30 Uhr
Anonym: Ich arbeite seit 17 Jahren in meinem Beruf als Krankenschwester.
Davon habe ich 8 Jahre an einer Universitätsklinik gearbeitet. [...] Nach dem Erziehungsurlaub meiner Kinder habe ich nur noch in Teilzeit gearbeitet. Zuletzt auf einer gerontopsychiatrischen Demenzstation. Der psychische und physische Pflegeaufwand ist hier sehr hoch, auch im Nachtdienst. Die Patienten sollen hier unter anderem ihren geregelten Wach- und Schlafrhythmus wiedererlangen. Ich habe auf dieser Station nicht lange durchgehalten, da ich so einiges nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte. Ich musste die alten verwirrten Menschen morgens um 4.30 aus dem Bett holen, sie waschen und anziehen. (Sinn der Arbeit lag darin, dem Frühdienst Arbeit abzunehmen!) Aber wer denkt zum Beispiel an die 92-jährige Demenzpatientin? Wo ist da der geregelte Wach- und Schlafrhythmus, wenn die alte Dame um 4.30 Uhr klapprig aus dem Bett geholt wird, um dann ab 5 Uhr im Aufenthaltsraum zu sitzen, wo ihr dann gegen 8.15 Uhr das Frühstück gereicht wird? Ich habe die Station auf eigenes Ersuchen hin schnell wieder verlassen. Für mich war die Arbeit dort menschenunwürdig."

Fall 2
"Mobbing unter Kollegen
Anonym: [...] Da ich selbst examinierter Altenpfleger in einem Pflegeheim bin, kenne ich die Vorgänge, Abläufe sehr gut. Als ich vor sechs Jahren meine Ausbildung abgeschlossen habe, war ich davon überzeugt, dieser Beruf wird dir sehr viel Freude bereiten. Heute sieht das etwas anders aus! Der intensive Zeitdruck, der einem vorgegeben wird, lässt einen so manches Mal zweifeln, den richtigen Beruf erlernt zu haben. Sicherlich ist das in anderen Berufsgruppen auch so, dass Personal eingespart wird und dass Mitarbeiter in einer immer kürzeren Zeit mehr leisten sollen. Aber bei dieser ganzen Debatte zur Pflege geht es doch um Menschen. Nicht um irgendein Produkt. Ich weiß von vielen Kollegen, dass dieses Problem, sprich Zeitdruck, Vertuschen von Pflegefehlern, Mobbing unter Kollegen ein sehr, sehr großes Problem ist. [...] Aber wer hat schon Interesse daran, seinen Arbeitsplatz zu riskieren, wenn man dieses Problem bei der Heimleitung oder der Pflegedienstleitung anspricht. [...] "

Fall 3
"Völlig unerfahren
Anonym: Ich habe vor rund zwei Jahren eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin gemacht, wobei sich die meiste Zeit der Ausbildung auf die Theorie bezogen hatte. Abschließend war ein Praktikum über zwei Wochen Pflicht. Nun stand ich da mit meinem Talent, ich hatte eine Praktikumsstelle gefunden, in dem ich ohne jegliche Praxiserfahrung als volle Kraft eingesetzt wurde! Ich war für 10 Bewohner zuständig. Ich habe schnell begriffen, dass alles, was ich theoretisch so schön gelernt hatte, überhaupt nicht umsetzen konnte. In der Theorie hatte ich etwa 45 Minuten für die Grundpflege, in der Praxis keine 15 Minuten. Und das ist genau der Punkt: In vielen Einrichtungen geht die so angepriesene "Pflege nahe am Menschen" genau an diesen vorbei, weil viel mehr darin investiert wird, noch mehr Kontrollen, noch mehr Verwaltung zu finanzieren. [...] Das, was in der Pflege geändert werden muss, sind die Arbeitsbedingungen. Ich möchte ihnen mal einen kleinen Einblick in meinem täglichen Tun geben, wohlgemerkt, ich arbeite in einem sehr gut geführten Haus! Wir fangen um 6.45 Uhr an, erst mal mit der Übergabe, mit Tropfen stellen etc. Jetzt ist es schon fast halb acht, und ich habe noch keinen Bewohner versorgt. [...] In dem Bereich, in dem ich überwiegend arbeite, wohnen derzeit 18 Bewohner mit unterschiedlichen Pflegestufen. Wir sind mit zwei vollen Kräften und einer halben belegt. [...] Wenn wir es auch nur annähernd schaffen wollen, dass jeder dieser 18 Bewohner bis, sagen wir mal, 10 Uhr gefrühstückt hat, haben wir pro Bewohner 20 Minuten und 8,3 Sekunden Zeit. Diese 20 Minuten beinhalten die Grundpflege (aus dem Bett holen, Pipi machen, waschen, gegebenenfalls duschen (einmal in der Woche, d. h. pro Tag 3,5 Bewohner duschen) Zähne putzen, anziehen, Bett machen oder neu beziehen, beinhaltet Wundversorgung, Behandlungspflege. [...] Versuchen Sie dies alles mal bei sich selbst in 20 Minuten hinzukriegen, sie werden scheitern! Und nun habe ich auch noch nicht mal jede Individualität berücksichtigt, z. B. ein Bewohner möchte etwas erzählen, ist traurig oder glücklich, ein Bewohner ist krank. [...] Gute Pflege auch zu diesen Umständen ist machbar, ja, aber auf Kosten von uns Mitarbeitern. Gute Mitarbeiter verzichten nämlich auf ihre Pausen und widmen diese zusätzliche Zeit den Bewohnern, gute Mitarbeiter bleiben auch mal länger oder kommen früher zum Dienst. Selbstverständlich freiwillig und ohne auch nur einen geringen Lohn dafür zu erhalten, und sei es auch nur ein Dankeschön von Angehörigen!"
Siehe auch:
http://www.neue-oz.de/information/noz_p ... 5ea94cb051

Hierbei verstehe ich, weshalb viele Pflegekräfte aufhören wollen, und sie es früher oder später auch tun werden.

Mein Tip:
AUFHÖREN, je eher, desto besser.
Und gar nicht erst einsteigen !


Aufwiederschreiben
didado

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Arbeitsbedingungen müssen "tragbar" gestaltet werd

Beitrag von Herbert Kunst » 07.10.2007, 06:53

didado hat geschrieben: ... AUFHÖREN, je eher, desto besser.
Und gar nicht erst einsteigen ! ....
Hallo diado,
Pflegekräfte sind in der Tat großen Überlastungen ausgesetzt, immer öfter werden diese Belastungen unerträglicher. Ausstieg ist dann die Folge. Das alles ist durch Studien gut belegt.
Ich denke aber, dass wir nicht generell vor einer Pflegetätigkeit warnen sollten. Wir müssen uns kraftvoll dafür einsetzen, dass sich die Rahmenbedingungen ändern. Dazu können auch die Pflegekräfte beitragen, wenn sie nur endlich einmal lauter aufzeigen würden, wie es um die Pflege bestellt ist. In meinem Umfeld gibt es jede Menge Pflegefachkräfte, die sich stets und ständig über nicht tragbare Belastungen beklagen, nach "außen" aber so tun, als sei alles in Ordnung. Solche Verhaltensmuster müssen geändert werden.
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Gerhard Schenker
Sr. Member
Beiträge: 315
Registriert: 18.11.2005, 09:14

Mehr Pflegepersonal ist dringend erforderlich

Beitrag von Gerhard Schenker » 18.10.2007, 06:55

WernerSchell hat geschrieben: Pflegenotstand allerorten - wir brauchen mehr qualifizierte Pflegekräfte!
Diese Feststellung ist so treffend, dass sie nicht oft genug wiederholt werden kann. Leider enthält die von der Bundesregierung gestern auf den Weg gebrachte Pflegereform keinerlei Ansätze für mehr Personal:
viewtopic.php?t=6513
Es sollen offensichtlich kostenträchtige Strukturen aufgebaut werden, die einem Beschäftigungsprogramm für außerhalb der Pflege stehende Personen gleich kommen. Pflegestützpunkte z.B., so ein Schwachsinn.
Die Verbesserungen bei einer Pflegereform müssen zu 100% bei den pflegebedürftigen Menschen ankommen. Dies zu gewährleisten erfordert einfach mehr Pflegepersonal.
Die auf den Weg gebrachte Pflegereform ist unbrauchbar und bekommt nicht mehr als die Note "ungenügend" (minus)!

Gerhard

didado
Jr. Member
Beiträge: 53
Registriert: 03.09.2006, 21:17

Re: Arbeitsbedingungen müssen "tragbar" gestaltet

Beitrag von didado » 23.10.2007, 18:27

Herbert Kunst hat geschrieben:
... Ich denke aber, dass wir nicht generell vor einer Pflegetätigkeit warnen sollten. Wir müssen uns kraftvoll dafür einsetzen, dass sich die Rahmenbedingungen ändern. Dazu können auch die Pflegekräfte beitragen, wenn sie nur endlich einmal lauter aufzeigen würden, wie es um die Pflege bestellt ist. In meinem Umfeld gibt es jede Menge Pflegefachkräfte, die sich stets und ständig über nicht tragbare Belastungen beklagen, nach "außen" aber so tun, als sei alles in Ordnung. Solche Verhaltensmuster müssen geändert werden. ...
Hi Herbert !

Schön, wer in der Pflege und im Operationsdienst noch einen schönen Job machen darf. Wie lange noch ?

Sicherlich tut Öffentlichkeitsaufklärung not, und hier können solche Foren einen Beitrag leisten. Insbesondere können sich Außenstehende auch in Diskussionen per Internet in Foren zu Frensehsendungen beteiligen.

Um etwas zu ändern, haben aber die Pflegekräfte (z. B.) beim Marburger Bund als Gewerkschaftsmitglieder einsteigen, um endlich mal richtig einen losstreiken. Die Pflegekräfte, die bei der ver.di organisiert sein wollen, haben dort aussteigen, um beim Marburger Bund Mitglied zu werden.
Das stärkt zunächst die Streitmacht und die Streikmacht.

Die ver.di vertritt die Pflegekräfte bestenfalls mangelhaft. Die ver.di veranschiedete den TV-L und den TVöD zum 01.11.2006, in dem Arbeitszeiten von ca. 55 (+/-)Stunden pro Woche unter "Sonderregelungen für Krankenhäuser und Unikliniken" für Pflegekräfte und Ärzte festgesetzt wurden. Hierbei seien auch Bereitschaftsdienste mit Anwesenheit enthalten. Die meisten Arbeitgeber machten davon nicht übermässig Gebrauch. In vielen Unikliniken, Krankenhäusern, und anderen Einrichtungen sieht das anders aus. Von "Sonderregelung" war da keine Spur, sondern eher die Dauerregelung war die Dauerlösung. Vielfach wurden diese Arbeitszeiten auch noch überschritten, und durch herunterrechen der "Zeiten ohne Arbeit" schön geredet. Die Dienste wurden mit mehr als 12 Stunden Arbeit behaftet. Entsprechend sah die Arbeit auf den Intensivstationen und auf den Pflegestationen aus. Die Diagnostigabteilungen mußten auch richtig ran.

Was in vielen Alten- und Pflegeheimen hinsichtlich der Arbeitszeiten und der Arbeitsüberlastung gängige (illigale) Praxis war, hatte die ver.di per TV-L und TVöD tarifrechtlich Wirklichkeit werden lassen.

Letztendlich wurden die Pflegekräfte zu diesen Arbeitszeiten und Arbeitsüberlastungen hingetrieben.
Und da hilft nur noch Aussteigen, und zwar schnellstens !
Und da hilft nur noch: gar nicht erst einsteigen !

Und das ist mit aller Deutlichkeit auch so zu verbreiten.

Aufwiederschreiben
didado

PflegeCologne
phpBB God
Beiträge: 734
Registriert: 23.09.2007, 09:47

Für eine bessere Pflege eintreten und nicht wegtauchen!

Beitrag von PflegeCologne » 24.10.2007, 07:03

didado hat geschrieben: .... Letztendlich wurden die Pflegekräfte zu diesen Arbeitszeiten und Arbeitsüberlastungen hingetrieben.
Und da hilft nur noch Aussteigen, und zwar schnellstens !
Und da hilft nur noch: gar nicht erst einsteigen ! ...
Hallo,
diese Botschaft kann ich so nicht stehen lassen, sie ist auch nicht richtig. Das Pflegesystem muss verändert werden. Dazu beizutragen, sind wir alle verpflichtet. Wir müssen jetzt auf die Politik einwirken, dass es dem Pflegereförmchen eine wirkliche Reform wird.
Ich würde es begrüßen, wenn mehr Pflegekräfte lauter ihre Wünsche und Vorstellungen in die Öffentlichkeit tragen würden. Gestern wieder bei PHOENIX: viewtopic.php?p=29786#29786
Es wurde über die Pflegereform diskutiert. Keine Pflegekraft anwesend, nur wieder einmal Claus Fussek, der sicherlich einige Dinge über Pflegemissstände weiß, aber von den notwendigen Veränderungen und Finanzierungserfordernissen in der Pflege eher wenig bis keine Ahnung hat.
Pflegekräfte sollten sich auch bei Zeitungs- und TV-Redaktionen melden und fordern, dass sie gehört werden möchten. Wir müssen aufhören, politische Diskussionsrunden zu Shows verkommen zu lassen.

Für eine bessere Pflege eintreten und nicht wegtauchen!
PflegeCologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Flocky
Newbie
Beiträge: 7
Registriert: 15.09.2007, 21:18
Wohnort: Köhn /Schleswig Holstein

Nicht aussteigen - Aufstehen !!!

Beitrag von Flocky » 24.10.2007, 19:31

Leider ist es so, dass die Pflegenden selber offensichtlich nicht in der Lage oder besser gesagt nicht bereit sind, etwas für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu tun . Hat sich mal jemand den Organisationsgrad in Berufsverbänden und Gewerschaften angesehen -lächerlich :shock: .

Obwohl Marburger Bund :twisted: - kommt überhaupt nicht in die Tüte - die Ärzteschaft hat sich im letzten Jahr aus der Solidargemeinschaft Krankenhaus verabschiedet mit einem großen Knall - und mit welchem Ergebnis - zugegeben die Ärzte haben einige Euros mehr in der Tasche aber so wirklich prickelnd ist das nicht - denn an den Arbeitsbedingungen sprich Hierarchischen Strukturen hat sich gar nichts getan - da heisst weiter Überstunden bis zum Umfallen . Und die Tatsache dass Oberärzte jetzt besser honoriert werden sollen hat dazu geführt dass keine mehr eingestellt werden - jedenfalls nicht in der Funktion als Oberarzt sondern lediglich als Fachärzte - leisten aber dieselbe Arbeit wie vorher die Oberärzte und die tatsächlich noch existierenden Oberärzte - und erhalten dafür wesentlich geringere Gehälter - Riesenerfolg !!! :roll:
Ich versuche seit einiger Zeit Kollegen zu mobilisieren um berufspolitisch aktiv zu werden aber mit relativ wenig Erfolg , teilweise frustrierend .
Neulich habe ich mit einer alten Krankenschwester gesprochen , und die sagte: Die Pflegkräfte sind doch selber schuld - sie schaffen es ja immer irgendwie und solange das so ist sieht die Politik keinen Handlungsbedarf .Selbst eine Pflegende Flocky :cry: :evil:

Bettina Olbing
Full Member
Beiträge: 124
Registriert: 14.11.2005, 09:13

Nicht aussteigen - Aufstehen !!!

Beitrag von Bettina Olbing » 25.10.2007, 08:01

Flocky hat geschrieben:.... Leider ist es so, dass die Pflegenden selber offensichtlich nicht in der Lage oder besser gesagt nicht bereit sind, etwas für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu tun . Hat sich mal jemand den Organisationsgrad in Berufsverbänden und Gewerschaften angesehen -lächerlich ...
Guten Morgen,

in der Tat könnten die Pflegenden mehr tun, um Verbesserung der Arbeitsbedingungen usw. zu erreichen. Sie müssten sich organisieren und so in einer starken Gemeinschaft ihre Interessen durchsetzen. Die Ärzte haben das immer wieder vorgemacht und in den letzten Jahren kräftig (nur zu ihrem eigenen Vorteil - und zum Schaden anderer) abgeräumt.
Pflegende sollten erkennen, dass sie in Gemeinschaft stark sein können.
Jetzt kommt aber das Problem: Wer geht denn schon in einen der vorhandenen Berufsverbände? Dort wird doch eine "angepasste" Politik gemacht, schön brav. Man ist bereits froh und glücklich, das wurde hier im Forum kürzlich beschrieben, dass man im Gemeinsamen Bundesausschuss am sog. "Katzentisch" sitzen darf. Dabei, aber nicht mitentscheiden - das dürfen nur die Ärzte. Dann kommt der jüngste Hammer: Der Deutsche Pflegerat beklatscht die von der Großen Koalition beschlossene Pflegereform als Erfolg. Unglaublich. Ich muss es hier nicht wiederholen: Die Pflegereform gehört auf den Müll, weil die entscheidenden strukturellen Veränderungen überhaupt nicht angepackt werden; siehe u.a.:
viewtopic.php?t=6513
Unter solchen Umständen bräuchten wir eigentliche eine "Eisenbahnergewerkschaft" für die Pflege!

MfG
Bettina

Flocky
Newbie
Beiträge: 7
Registriert: 15.09.2007, 21:18
Wohnort: Köhn /Schleswig Holstein

Beitrag von Flocky » 25.10.2007, 16:30

i :x ch sag es mal etwas ketzerisch
"Jede Berufsgruppe hat die Vertretung in Verbänden und Gewerkschaften die sie verdient "
Pflege gefällt sich gut im Dulden und Jammern :x - sich informieren und gar organisieren Fehlanzeige, kein Geld keine Zeit keine Lust das sind die häufigsten Argumente die gegen einen Eintritt in einen Verband angeführt werden.
Berufsverbände und Gewerkschaften sind keine Dienstleistungsunternehmen sondern von der Idee her Mitmachverbände -und leben davon dass man sich einbringt.
Heute leider etwas frustriert
Flocky

Antworten