Hallo liebe Forumteilnehmer/Innen,
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Alarm schlagen? Besser gemeinsam!
Missstände außerbetrieblich zu »petzen«, weil der Arbeitgeber sich monate- oder jahrelang stur stellt, bringt oft Schwierigkeiten. Einsame Meldungen bei Presse und Behörden, Erdulden und Schweigen, das schafft nur noch mehr Probleme. Die bessere Alternative: gemeinsam handeln.
Pflege- und Bettennotstand oder unzuverlässige Arbeitszeiten strapazieren alle Beteiligten: Sie gefährden Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Eine verantwortliche Versorgung von Kranken und Bewohnern kann da unmöglich werden. Dann müssen wir Alarm schlagen. Doch wie soll das gehen im normalen Arbeitsalltag? Auch Wegschauen geht auf die Dauer nicht, wenn selbst das üblich gewordene Maß gesundheitspolitischer Verantwortungslosigkeit überschritten wird. Was sollen wir zum Beispiel tun, wenn betagte Bewohner/innen in Altenpflegeheimen verdorbenes Essen bekommen? Was, wenn Manager sich im Betrieb persönlich bereichern? Änderungsversuche auf dem ganz normalen »Dienstweg« stoßen regelmäßig auf taube Ohren. Schließlich haben wir es mit ökonomisch bedingten Problemen zu tun, die das ganze Gesundheitswesen betreffen – oder mit Straftatbeständen, die oft in den Leitungsetagen über Jahre funktionieren.
Gemeinsam entlasten!
Im Arbeitsschutzgesetz, im Bürgerlichen Gesetzbuch und oft auch im Arbeitsvertrag oder in einer Arbeitsordnung steht: Wir sollen gesundheitsgefährdende Situationen und Missstände dem Arbeitgeber oder zuständigen Vorgesetzten melden. In vielen von uns wächst ein Verdacht: Die Sache mit dem »Bitte sofort melden« ist nicht wirklich ernst gemeint. Es geht wohl eher darum, uns straf- und haftungsrechtlich verantwortlich zu machen, wenn durch Arbeitsüberlastung, Personalmangel oder schlechte Organisation Patienten oder Kolleginnen geschädigt werden.
An dieser Stelle kann die »Entlastungserklärung« oder »Überlastungsanzeige« weiterhelfen. Ziel der Beschäftigten ist dabei, sich wenigstens im Arbeitsalltag den rechtlichen Folgen des gesundheitsökonomischen Kahlschlags zu entziehen. Diese Erklärungen sollten schriftlich sein und mit dem Betriebsrat, Personalrat oder der Mitarbeitervertretung vorab besprochen werden. Wir beschreiben, was schief läuft, was wir vergeblich versucht haben und was geändert werden sollte. Damit ist der Arbeitgeber am Zug. Er muss dafür sorgen, dass genügend Personal vorhanden ist.
Unternimmt der Arbeitgeber nichts, haftet er, wenn die Pflegebedürftigen als Folge der Überlastung der Pflegenden zu Schaden kommen. Zeigt der Pflegende die Überlastung nicht an, haftet der Pflegende bzw. die Pflegende, wenn es als Folge der Überlastung zu Pflegefehlern kommt.
Vorsicht!: Es besteht auch unter den widrigsten Umständen die Pflicht, sorgfältig zu arbeiten. Unsere schlechten Arbeitsergebnisse werden nicht automatisch den angezeigten Strukturmängeln und den Chefs zugerechnet. Die Erfahrungen zeigen: Meist kommt die Reaktion prompt und unsachlich zurück. Wer Mängel meldet, wird plötzlich vom Boten zum angeblichen Verursacher. Wirkungsvoller sind Überlastungsanzeigen, die vom gesamten Team unterschrieben werden. Denn gemeinsam können wir leichter abwehren, wenn empörte Vorgesetzte drohen und uns beschuldigen: »Wenn Ihnen was nicht passt – ich kann auch anders.« Solche Konflikte lassen sich nur zusammen durchstehen, damit sich überhaupt etwas zum Besseren ändern kann – auf lange Sicht.
Ein Muster für Überlastungserklärungen gibt es unter:
http://www.verdi-drei.de/archive/index. ... ame=44.pdf
»Verpfeifen« im In- und Ausland
In anderen Ländern hat das »Whistleblowing« längst gute Tradition und Hinweisgeber/innen gelten nicht als »Petzen«, sondern als verantwortungsvolle Mitbürger/innen. Unproblematisch ist der Gang an die Öffentlichkeit jedoch fast nie.
* Nicht eingehaltene berufliche Standards: Der Wasserbiologe Morris H. Baslow sollte die ungünstigen Auswirkungen eines Atomkraftwerkes auf das Abwasser verschweigen – und schwieg nicht.
* Verharmlosen von Gefahren und Risiken: Roger M. Biosloy hatte die Qualität der Dichtungsringe in der US-Raumfähre Challenger angemahnt. Auch er sollte nach dem Unfall in der Öffentlichkeit des US-Kongresses schweigen.
* Unterdrücken von Dokumenten: Der Wachmann Christoph Meili hatte Hinweise über die Aktivitäten Schweizer Banken im Nationalsozialismus gefunden. Er übergab die Akten an die jüdische Gemeinde und fand in der Schweiz keine Arbeit mehr.
* Kritik an betriebsinternen Missständen: Die Ärztin Cora Jacoby berichtete in einer Talkshow über den Bettennotstand. Sie wurde entlassen, bekam aber vorm Arbeitsgericht Recht. Die Krankenschwestern Sonja Rahimic und Slavka Schuhbauer zeigten an, dass in einer privaten Einrichtung für betreutes Wohnen verdorbenes Essen, zu wenig zu trinken und medikamentöse Ruhigstellung die Regel waren. Sie wurden gekündigt, die Einrichtung später geschlossen. Die Altenpflegerin Brigitte Heinisch stellte Strafanzeige gegen die Vivantes-Geschäftsführung wegen Pflegemissständen. Auch sie wurde fristlos gekündigt.
Besonders wer nicht in leitenden Positionen arbeitet, hat ein hohes Risiko, entlassen zu werden. Das gilt vor allem hierzulande. Es gibt kein Gesetz, das Hinweisgeber/innen schützt. Das ist im Ausland zum Teil anders. In Großbritannien verhindert seit 1999 der »Public Interest Disclosure Act«, dass Hinweisgeber/innen gekündigt oder diskriminiert werden. In den USA gibt es u.a. seit 2003 eine ähnliche Regelung unter dem Titel »No Fear Act«.
Arbeitsschutzgesetz
§ 15 Pflichten der Beschäftigten
(1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, (...) für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen (...) und auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.
§ 16 Besondere Unterstützungspflichten
(1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.
Quelle:
http://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/index.html
Whistleblowing
Der Begriff des Whistleblowing kommt aus dem englischsprachigen Ausland. Übersetzt heißt das Wort »Pfeifen«. Gemeint ist damit, dass Betriebsangehörige Missstände öffentlich machen, beispielsweise Kontakt mit Medien, Behörden,Interessengruppen, Polizei oder Staatsanwaltschaft aufnehmen. Anlässe gibt es reichlich und Erfolge müssen mit langem Atem erkämpft werden. Gut, wenn man dabei nicht allein ist.
Anlaufstellen für Hinweisgeber/innen
Für Missstände interessieren sich:
* Betriebsrat
* Gewerkschaft im Ort/Bezirk/Landesbezirk
* BGW (Berufsgenossenschaft)
* Staatliches Amt für Arbeitsschutz
* Gesundheitsamt
* Medizinischer Dienst der Krankenkassen
* Lokalredaktionen der Zeitungen
* Betriebsarzt/-ärztin
* Staatsanwaltschaft
Erika Feyerabend
Weiterführende Informationen:
Informationsstellen und Internet
Unter
http://www.whistleblowerinfo.de gibt es viele Tipps für Beschäftigte, die sich mit Hinweisen an Presse, Staatsanwaltschaft oder Behörden wenden wollen.
Unter
http://www.business-keeper.com/ger_DE/3 ... ing_2.html sind ebenfalls einige nützliche Informationen für Hinweisgeber/innen nachzulesen.