Fortbildung in der Freizeit

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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R.Koe
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Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von R.Koe » 30.09.2005, 05:45

SEHR GEEHRTE Damen und Herren im Forum,

in einer Einrichtung wird ein NAchtdienst mehr und mehr zu Fortbildungen rangezogen ( Kommunikation mit Angehörigen).
Nun ist eine NAchtwache der Fortbildung trotz Aufforderung ferngeblieben und wurde abgemahnt.
Nach meiner Ansicht sind diese Aufforderungen nicht rechtens da sie in das privat Leben des NAchtdienstes eingreifen.
Wie ist denn ihre Auffassung zu diesem Sachverhalt.

Mit freundlichen Grüßen
R.Koe

Berti
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Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von Berti » 30.09.2005, 09:27

Hallo RKoe,

wenn der Arbeitgeber Fortbildungsveranstaltungen ansetzt, sind das m.E. immer Dienstveranstaltungen. Er muss sie dann wohl auch per Dienstplan den Mitarbeitern ankündigen.
Siehe die ähnliche Diskussion zum Thema Dienstbesprechungen:
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1126712268

Gruß Berti

Gast

Fortbildung gut und richtig

Beitrag von Gast » 30.09.2005, 21:32

.... Fortbildungen rangezogen ( Kommunikation mit Angehörigen). ... Nach meiner Ansicht sind diese Aufforderungen nicht rechtens da sie in das privat Leben des NAchtdienstes eingreifen. ...
Bitte die Kirche im Dorf lassen:

Ich verstehe noch nicht ganz, wie hier Rechtswidrigkeit unterstellt werden kann. Es ist doch richtig, Fortbildungsveranstaltungen für die Mitarbeiter anzubieten. Geschieht dies, sind die entsprechenden Fortbildungszeiten Dienst und werden abgegolten.
Wo ist das Problem?

Isabell

Gast

Re: Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von Gast » 30.09.2005, 21:43

Hallo Forum!
Mir stellt sich hier ein ganz anderes Problem, was das Selbstverständnis dieses armen Menschen betrifft, der in seiner Freizeit eine Fortbildung besuchen "muß":
Lernt er für sich oder für die Einrichtung?
"Armes Deutschland"!

Gast

Angeordnete Fortbildung ist Dienstzeit

Beitrag von Gast » 01.10.2005, 12:57

Jeder Arbeitnehmer kann sich in seiner Freizeit nach Belieben fortbilden. Dazu ist er auch eigentlich gut beraten, denn nur so kann er auf Dauer sorgfältiges Arbeiten gewährleisten.

Wenn aber der Arbeitgeber konkrete Fortbildungsveranstaltung geplant und die Arbeitnehmer zur Teilnahme verpflichtet hat, ist die Teilnahme m.E. eindeutig Dienstzeit und eben nicht mehr Freizeit.

Lis

Gast

Re: Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von Gast » 03.10.2005, 21:21

Sehr geehrtes Forum!
Vom Alter her gesehen bin ich ein "Grufti", beruflich gesehen, ein Fachfremder.
Trotzdem klicke ich mich gern hier ein, aus Interesse und weil ich mich hiermit eventuell auch auf eine Pflegeheimbetreuung vorbereiten kann.
Ich hoffe, daß ich die Stellungnahmen von Georg und Lis richtig verstanden habe und von daher erlaube ich mir, vom Beginn meiner Berufslaufbahn zu berichten:
Meine erste Ausbildung erfolgte in einem Metallberuf, in einem Familienunternehmen mit ca. 300 Mitarbeitern
Unser Chef war ein, heute würde man sagen, autoritärer Patriarch.
Zu unseren Ausbildungsbedingungen gehörte u.a.:
-- Lehrverträge unterschrieb unser Chef nur nach einem Gespräch mit den Erziehungsberechtigten.
-- Monatlich fand an einem Samstag ganztägig und selbstverständlich in der Freizeit ein sogenannter Werkunterricht statt. - fadenscheinige Entschuldigungen habe ich nie erlebt. Zu diesen Unterrichten erschien keiner der Meister sondern stets einer von 3 Fachingenieuren. Der Unterrichtsstoff lehnte sich am Berufsschulunterricht an - zwischen Firma und Berufsschule gab es enge Verbindungen. Beispielsweise wurden an den Samstagen auch alle Klausuren in der Berufsschule nochmals durchgearbeitet.
-- Im Werkunterricht fanden auch, neben den jährlichen in der Berufsschule, halbjährliche firmeninterne Zwischenprüfungen statt.
-- Monatlich hatte "unser Patriarch" eine Gesprächsstunde mit dem Jugendvertreter der Firma.
-- In allen Gesprächen, die in irgendeiner Form die Lehrlinge betraf, sprach "unser Patriarch" von seinen Buben; zu unserem Leidwesen - verstanden wir uns doch als junge Männer. Eine Facharbeiterprüfung ab der Note 3 abwärts galt als Makel.
-- Alle Lehrlinge wurde nach einem undurchschaubaren System regelmässig, d.h., mindestens einmal im Monat für 1-2 Tage in eigentlich berufsfremden Abteilungen der Firma eingesetzt.
-- Bei Fortbildungen jeglicher Art war es so, daß die Firma das gesamte Finanzielle übernahm, der Mitarbeiter die Zeit einbrachte, d.h., Fortbildungen zu regulären Arbeitszeiten mussten nachgearbeitet werden.
-- Der einzige, von uns in dieser Zeit gesehene vorbehaltslose, Höhepunkt war die alljährliche Weihnachtsfeier. Neben kleinen Geschenken(ausserhalb der Weihnachtsgratifikation) für alle Mitarbeiter, wurden hierbei auch die "jungen Facharbeiter" vorgestellt. Diese standen dann mit stolzer Brust auf der Bühne und "unser Patriarch" begann seine Laudatio jahrelang mit folgenden Worten: Und nun möchte ich Ihnen unsere Zukunft vorstellen, unsere jungen Facharbeiter"!
Mein Fazit gegen Ende eines Berufslebens:
Höchstwahrscheinlich verdanke ich diesem Familienunternehmen mit seinem Patriarchen meine erfolgreiche Berufslaufbahn. Leider hatte ich keine Gelegenheit mich dafür zu bedanken. In den ersten Jahren fehlte mir dafür der nötige Verstand und als ich diesen dann hatte, war "mein Patriarch" gestorben.

Gast

Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von Gast » 03.10.2005, 23:02

.... Vom Alter her gesehen bin ich ein "Grufti", beruflich gesehen, ein Fachfremder.
-- Bei Fortbildungen jeglicher Art war es so, daß die Firma das gesamte Finanzielle übernahm, der Mitarbeiter die Zeit einbrachte, d.h., Fortbildungen zu regulären Arbeitszeiten mussten nachgearbeitet werden.... .
Hallo QBO & MitleserInnen,

jeder der sich ebenfalls als "Grufti" einstufen kann, wird die Hinweise gut verstehen bzw. nachvollziehen können.
Wir leben aber heute in einer anderen Zeit, viele Arbeitnehmer sind oft nur dann zur Investition von Zeit bereit, wenn das abgegolten wird (daher kassieren auch viele Menschen "Stütze", weil sie mehr bringt als Arbeitsleistung).
Privates Engagement ist selten geworden. Das alles kann oder muss man beklagen.
Gleichwohl ist die Rechtslage wohl so, wie sie bereits beschrieben wurde. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, angeordnete Fortbildung als Dienstzeit einzuordnen - mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen.

Guten Abend noch
Hubertine

R.Koe
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Re: Fortbildung in der Freizeit

Beitrag von R.Koe » 14.10.2005, 14:02

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fortbildung findet auch während der Nachschichtfolge statt, das heißt der Mitarbeiter muß seine Freizeit unterbrechen und am Abend deN Dienst wieder aufnehmen. Es handelt sich nicht um eine Fachliche Fortbildung sondernum eine versteckte Supervision.

Mit freundlichen Grüßen
R.Koe

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Arbeitszeitrechtliche Vorschriften beachten!

Beitrag von Berti » 15.10.2005, 11:06

Fortbildung – Arbeitszeitrechtliche Vorschriften beachten!

Hallo RKoe,

es muss m.E. exakt geklärt werden, wer hier was anordnet. Wenn die Veranstaltungen zum Dienst gehören (also Pflichtveranstaltungen sind), gleich ob klassische Fortbildung per Seminar oder Supervision, müssen auch die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften Beachtung finden. Wenn die dienstlichen Anordnungen rechtswidrig sind, können m.E. bei Nichtbefolgung keine Abmahnungen geschrieben werden. Die Abmahnung hätte eher der Arbeitgeber bzw. die vorgesetzte Dienstkraft verdient.
Angesichts der hier üblichen Geflogenheiten kann natürlich keine verbindliche Beratung stattfinden. Wenn sich Arbeitnehmer wirkungsvoll zur Wehr setzen wollen, sind sie u.U. gut beraten, sich eines Anwalts zu bedienen! Dieser müsste den Sachverhalt genau erhellen und darauf basierend raten. Dabei könnte auch bedacht werden, ob und ggf. inwieweit der Arbeitgeber aufgefordert wird, die Abmahnungen zurückzunehmen.

Gruß Berti

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