Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Moderator: WernerSchell
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Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Die Vereinbarungen der GroKo-Verhandler zur Pflege enthalten überwiegend unverbindliche Absichtserklärungen. Die vorgesehenen zusätzlichen Stellen für die Pflegeeinrichtungen sind völlig unzureichend, um den Pflegenotstand merkbar zu vermindern.
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... -10-15.pdf
Das Deutsche Institut für Pflegeforschung (dip) hat am 13.11.2017 einen Masterplan vorgelegt, mit dem die Dauerkrise in der Pflege beendet werden könnte. Die Pflegeforscher haben einen dreischrittigen Masterplan Pflege vorgeschlagen. Quelle: viewtopic.php?f=5&t=16644&p=101696#p101696
Ziel des Masterplans Pflege ist es, u.a. die Vergütungen für Pflegepersonal (insbesondere in der Altenpflege) um bis zu 30 % anzuheben und bis zum Ende der Legislatur bis zu 100.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern, Altenheimen und ambulanten Diensten zu schaffen.
Eine erste Einschätzung ergibt u.a.: Die Vereinbarungen der GroKo-Sondierer werden diesem Masterplan in keiner Weise gerecht. Es muss daher ernsthaft bezweifelt werden, dass die Sondierer den "Ernst der Lage" begriffen haben.
Werner Schell, Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
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Die Vereinbarungen der GroKo-Verhandler zur Pflege enthalten überwiegend unverbindliche Absichtserklärungen. Die vorgesehenen zusätzlichen Stellen für die Pflegeeinrichtungen sind völlig unzureichend, um den Pflegenotstand merkbar zu vermindern.
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... -10-15.pdf
Das Deutsche Institut für Pflegeforschung (dip) hat am 13.11.2017 einen Masterplan vorgelegt, mit dem die Dauerkrise in der Pflege beendet werden könnte. Die Pflegeforscher haben einen dreischrittigen Masterplan Pflege vorgeschlagen. Quelle: viewtopic.php?f=5&t=16644&p=101696#p101696
Ziel des Masterplans Pflege ist es, u.a. die Vergütungen für Pflegepersonal (insbesondere in der Altenpflege) um bis zu 30 % anzuheben und bis zum Ende der Legislatur bis zu 100.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern, Altenheimen und ambulanten Diensten zu schaffen.
Eine erste Einschätzung ergibt u.a.: Die Vereinbarungen der GroKo-Sondierer werden diesem Masterplan in keiner Weise gerecht. Es muss daher ernsthaft bezweifelt werden, dass die Sondierer den "Ernst der Lage" begriffen haben.
Werner Schell, Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
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Pflegesystem: Mehr Personal = bessere Pflege!
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Pflegenotstand - Auswege der Misere - Statement aus Patientensicht vom 02.02.2010 - Die Ausführungen sind weiter aktuell - denn verbessert hat sich seit 2010 nichts - im Gegenteil!
Vor und nach der Bundestagswahl am 24.09.2017 hat es zahlreiche Erklärungen zum Pflegenotstand gegeben. Alle Parteien haben sich mit Reformankündigungen nahezu überboten. Bis zum Abschluss der Sondierungsgespräche von Union und SPD sind aber keine überzeugenden Vorstellungen präsentiert worden, wie der Pflegenotstand JETZT endlich einer Lösung zugeführt werden soll. Das Sondierungsergebnis vom 12.01.2018 ist völlig unzureichend. Kritische Anmerkungen waren daher zwingend geboten. > viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101746#p101746
Es ist nun nicht etwa so, dass der Pflegenotstand erst in den letzten Monaten entstanden wäre. Nein, diesen Notstand gibt es seit mehr als 20 Jahren, allerdings mit zunehmender Tendenz. Für die Gestaltung der verabschiedeten Pflegestärkungsgesetze I, II und III gab es von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ein umfangreiches Statement mit zielführenden Vorschlägen, dass dem Bundesgesundheitsminister beim Neusser Pflegetreff am 13.05.2014 übergeben wurde. > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
Vorausgegangen waren zahlreiche weitere Erklärungen zum Gesundheits- und Pflegesystem, immer verbunden mit konkreten Handlungsanforderungen. Bereits für eine Veranstaltung am 02.02.2010 wurden die Mängel des Systems konkret beschrieben und der Pflegenotstand mit seinen nachteiligen Folgen für alle Beteiligte verdeutlicht. Der Beitrag wird aus aktuellem Anlass noch einmal präsentiert. Es kann sich ernstlich niemand damit herausreden, man habe das Ausmass der Misere nicht gekannt:
Redebeitrag
Werner Schell – Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
bei Veranstaltung am 02.02.2010 in Köln
Tagungsort: Caritas-Akademie,
Wertmannstr. 1a, 50935 Köln-Hohenlind
Pflegesituation in Krankenhäusern aus Patientensicht
Quelle: viewtopic.php?t=13301
Pflegesituation in Krankenhäusern aus Patientensicht
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße es sehr, dass der personelle Notstand in den Pflegesystemen hier und heute thematisiert wird.
Woran es meiner Meinung nach seit geraumer Zeit mangelt, ist die deutliche Beschreibung und Aufarbeitung eines Problems, das nicht nur einer berufspolitischen Erörterung bedarf. Dieses Problem wirkt nämlich in die gesamte Gesellschaft und geht uns damit alle etwas an.
Es ist mehr als überfällig, auch außerhalb der Fachkreise über die personelle Not in unseren bundesdeutschen Pflegesystemen zu sprechen und für die allseits gewünschte und geforderte gute Pflege einzutreten.
Pflegebedürftige Menschen, Patienten und ihre Angehörigen wünschen sich in schwierigen Krankheitssituationen vor allem bestmögliche ärztliche Versorgung und Pflege und legen daher Wert auf entsprechende auskömmliche Betreuungs- und Versorgungsstrukturen - personell wie sachlich.
In § 107 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist bei der Definition, was „Krankenhäuser“ sind, ausgeführt, dass Krankenhäuser Einrichtungen sind , die u.a. „mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten.“
Interessant an dieser Vorschrift ist, dass hier von „jederzeit verfügbarem Personal“ die Rede ist. Damit ist eigentlich suggeriert, dass es bei der Patientenversorgung keinen Personalmangel geben darf.
Die tatsächlichen Verhältnisse bleiben aber bedauerlicherweise weit hinter dem zurück, was die Menschen erwarten und folgerichtig der Gesetzgeber vorgegeben hat.
Ich freue mich daher, dass ich in dieser Veranstaltung Gelegenheit erhalte, den aktuellen und belegbaren Notstand in Krankenhäusern und Pflegeheimen aus Patientensicht anzusprechen und für Aktivitäten einzutreten, die eine menschenwürdige Behandlung, Pflege und sonstige Betreuung der kranken, behinderten und pflegebedürftigen Menschen ins Auge fassen!
Ich bin seit rd. 40 Jahren in der Selbsthilfe- bzw. in der Patientenschutzbewegung ehrenamtlich aktiv und sehe mit großer Sorge, dass sich in den letzten 10 - 15 Jahren das Gesundheits- und Pflegesystem zum Nachteil von Patienten und Pflegepersonal deutlich verändert hat.
Es wurde eine Politikrichtung begründet, die sich fast ausschließlich an der Kassenlage bzw. an rein marktwirtschaftlichen Erwägungen orientiert!
Ökonomisierung und Wettbewerb ist die aktuelle Devise.
Diagnostik, Behandlung und Pflege erscheinen mir nicht mehr ausreichend patientengerecht – oder sagen wir menschenwürdig - gestaltbar. – Die Folgen und Nebenwirkungen – bis zu den Anfängen einer Rationierung - gehen klar zu Lasten der Patienten und der Gesundheitsberufe.
Die zwangsläufige Folge ist, dass vor allem die Bundesärztekammer die „Priorisierung und Rationierung“ im Gesundheitswesen zum Thema gemacht hat.
Zumindest ergänzende kapitalgedeckte Versicherungsmodelle werden diskutiert. Ob und inwieweit damit eine Entsolidarisierung des Gesundheits- und Pflegesystems eingeleitet wird, darf hinterfragt werden.
Diesen Entwicklungen und neuerlichen Denkmodellen muss m.E. in breiter Front eine Initiative für menschenwürdige Behandlung, Pflege und sonstige Betreuung entgegen gestellt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegesystem, Betroffene, Angehörige und sonst Interessierte sind daher aufgerufen, auf den deutlich gewordenen Notstand in den Gesundheits- und Pflegesystemen aufmerksam zu machen und grundlegende Änderungen auf solidarischer Basis einzufordern.
Als Streiter für die notwendigen Veränderungen sehe ich die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter des Gesundheits- und Pflegesystems an vorderster Front!
Allerdings müssen auch die Patienten und die Angehörigen bzw. die Bürgerschaft für ein Aktionsbündnis Pro Pflege …. mobilisiert werden.
Die Leistungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind vor allem deshalb nicht ausreichend, mancherorts sogar gefährlich, weil es an den zwingend notwendigen Stellen für das Personal, vor allem im pflegerischen Bereich, mangelt!
Es gibt nicht einmal einheitliche und vernünftige Pflegepersonalbemessungssysteme! Die früher für die allgemeinen Krankenhäuser maßgeblich gewesene Pflege-Personalregelung (PPR) wurde ersatzlos aufgehoben.
Der Sorgfaltsmaßstab der §§ 276, 278 BGB ist daher letztlich allein für die Personalbemessung maßgeblich, beliebig dehn- und deutbar.
Personal- bzw. Pflegestellen werden mittlerweile als bloße Kostenfaktoren betrachtet und nach Belieben anderen Bedürfnissen untergeordnet. Die Hoheit über die Budgetgestaltung – und damit auch über Personalstellen - liegt weitgehend bei den Kranken- und Pflegekassen.
Für den Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen habe ich in einem Statement vom 10.11.2009 u.a. ausgeführt:
„Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vertritt die Meinung, dass reformerische Maßnahmen einmal die professionell Pflegenden, aber auch die (ehrenamtlich) tätigen Angehörigen betreffen müssen. Die allseits gewünschte und erforderliche Zuwendung für pflegebedürftige Menschen kann nur dadurch gewährleistet werden, dass deutlich mehr Pflegefachpersonal und sonstige Betreuungskräfte zur Verfügung stehen. Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk schätzt, dass ein Personalmehrbedarf von rd. 20% vorliegt.
Damit aber dieser Bedarf auf einer seriösen Basis ermittelt werden kann, werden bundesweit geltende Personalbemessungssysteme für dringend erforderlich erachtet. Die zur Zeit zur Anwendung kommenden regional geltenden Personalschlüssel und sonstigen Schätzparameter werden als unzureichend eingestuft mit der Folge, dass eine Anstellung von Personal mehr oder weniger nur den Finanzierungsmöglichkeiten folgt (= Beschäftigung von Pflegepersonal und sonstigen Betreuungskräften nach Kassenlage). Dieser Zustand muss endlich überwunden werden. Dann wäre auch genügend Zeit für angemessene gute Pflege und sonstige Zuwendung gegeben. Ohne ausreichend bemessene Personalausstattungen wird es keine Verbesserungen - und damit eine Abwendung von der sog. Minutenpflege - geben können.
In diesem Zusammenhang muss auch Berücksichtigung finden, dass eine Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate zu einer entsprechend verkürzten Zivildienstzeit führen wird und damit den Pflegesystemen zahlreiche Zivildienstleistende als nützliche Helfer verloren gehen. Die insoweit entstehenden personellen Lücken müssen bei der notwendigen Personaldotierung angemessen Berücksichtigung finden. Der Personalmehrbedarf wird bei einer Verkürzung des Wehrdienstes deutlich über der o.a. Schätzmarke liegen.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Wer alte und kranke Menschen mit so wenig Personal (Geld) allein lässt, der verachtet sie!“
Eine nicht bestreitbare Erklärung für den Pflegenotstand lieferte bereits am 18.07.2007 u.a. das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) in Köln unter dem Titel „Pflege-Thermometer 2007“:
50.000 Stellen für Pflegekräfte seien, so das Institut, in den letzten 10 Jahren in den Krankenhäusern abgebaut worden.
Nach der „dip“-Studie werden seit 1995 jährlich rd. 1 Million Patienten mehr in den deutschen Kliniken versorgt und betreut. Jede Pflegekraft muss dement-sprechend rd. 23% mehr Patienten versorgen. Die individuelle Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit hat gleichzeitig deutlich zugenommen. In der Pressemitteilung zur „dip“-Studie wurde weiter ausgeführt:
• Nach Einschätzung der befragten Pflegedirektionen wirkt sich die angespannte Personalsituation in der Krankenhauspflege bereits jetzt auf die Patientenversorgung und -sicherheit aus.
So können Umlagerungen, Mobilisationen, Schmerzmittelverabreichungen und Überwachungen von operierten Patienten nicht mehr in jedem Krankenhaus optimal gewährleistet werden.
• In 20 Prozent der Krankenhäuser nehmen die Beschwerden von Patienten und Angehörigen über die Versorgung zu.
• 40 Prozent der Befragten rechnen nicht mit einer Verbesserung der pflegerischen Qualität der Patientenversorgung.
• 30 Prozent der befragten Pflegedirektionen konnten in den letzten beiden Jahren nicht mehr permanent eine ausreichende Pflege-Versorgung anbieten.
• Umgekehrt konnte auch nur gerade mal ein Drittel der befragten Einrichtungen erklären, die grundpflegerische Versorgung und eine regelmäßige Lagerung der Patienten gewährleistet zu haben.
• Nur ein Viertel der Einrichtungen gibt an, eine engmaschige Kontrolle von Patienten, etwa nach einem operativen Eingriff, ausnahmslos gewährleisten zu können. Anders: Dreiviertel der Befragten kann das nicht mehr.
• Als Folge der sinkenden Kontakthäufigkeit zwischen Krankenpflege-Personal und Patienten müssen in mehr als 75 Prozent der Einrichtungen unter Schmerzen leidende Patienten länger als 15 Minuten auf die notwendige Verabreichung von Schmerzmitteln warten.
Prof. Dr. Michael Simon hat u.a. in seiner vielbeachteten Buchveröffentlichung „Personalabbau im Pflegedienst der Krankenhäuser - Hintergründe – Ursachen – Auswirkungen“ (Hans Huber Verlag) eine eigene Untersuchung präsentiert und dabei u.a. herausgestellt, dass „die Zahl der tatsächlich beschäftigten Vollkräfte im Pflegedienst der Allgemeinkrankenhäuser im Jahr 2006 um ca. 71.000 unter dem Vollkraft-Soll“ lag. Eine eindrucksvolle Darstellung der Pflegenot!
Prof. Dr. Michael Simon folgerte u.a.:
"Je niedriger die Personalbesetzung ist, desto höher ist das Risiko für Patienten. Eine Vielzahl schwerwiegende Komplikationen können sich realisieren; z.B.: Harnwegsinfektion, Sturz, Venenthrombose, Druckgeschwüre, Medikationsfehler, Blutungen, Lungenentzündung."
185 000 Unterzeichner der Kampagne „Uns reicht`s“ haben im September 2008 den Zusammenhang zwischen Pflegekapazität und Patientensicherheit deutlich machen können. Das Bundesgesundheitsministerium war offensichtlich so beeindruckt, dass man seinerzeit die Finanzierung von zusätzlichen 17.000 Stellen für den Krankenhaus-Pflegedienst bewilligt hat. –Nach einer Mitteilung der Pressereferentin des DBfK von Ende 2009 sind die von der Politik versprochenen Hilfen aber bisher kaum bei den Pflegenden angekommen.
Daher ist hier und heute aus Patientensicht folgende Zwischenbilanz gerechtfertigt:
In der Gesundheitsversorgung können vor allem mangels fehlender Pflegekräfte gefährliche Pflegesituationen kaum noch vermieden werden! Die Patientensicherheit muss als ernsthaft gefährdet eingestuft werden.
Ich denke, dass Ihnen solche gefährliche grundsätzlich bekannt sind. Es drängt sich aber auf, an dieser Stelle noch einmal ein wenig komprimiert einige Mangelsituationen zu beschreiben oder auch nur in Erinnerung zu rufen:
Die katastrophale Lage in den Einrichtungen des Gesundheitswesens spiegelt zum Beispiel eine Meinungsumfrage des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe e.V. (DBfK) wider, die am 30.01.2009 vorgestellt wurde. Danach sei, so der DBfK, die Lage sowohl für die Beschäftigten in den Pflegeberufen als auch für die Patienten dramatisch.
2.000 Teilnehmer aus dem Bereich Krankenhaus berichteten u.a.:
- 32,3% erwägen die Berufsaufgabe und den Wechsel in eine andere Tätigkeit mehrfach wöchentlich bis täglich.
- 42,5% würden die eigenen Angehörigen, Freunde oder Bekannte nicht im eigenen Arbeitsbereich versorgen lassen.
- 71,7% sehen die Attraktivität des Pflegeberufes für junge Generationen in den kommenden 10 Jahren drastisch verschlechtert.
- 82,5% sind der Meinung, dass die Personalausstattung im eigenen Arbeitsbereich nicht ausreichend ist.
- Über 2/3 der Teilnehmer (66,8%) sind mehrfach wöchentlich bis täglich mit widersprüchlichen Arbeitsanweisungen konfrontiert, erhalten wichtige Informationen unzureichend oder zu spät und mehr als die Hälfte der Teilnehmer haben fast nie eine geregelte und vollständige Pause.
Der Abschlussbericht zur Online-Umfrage des DBfK wurde am 14.08.2009 öffentlich vorgestellt; er ist im Internet vollständig abrufbar.
In der Zeit vom 01.02. – 30.04.2009 wurde von der Initiative für menschenwürdige Pflege in 9 Akutkrankenhäusern eine Umfrage zum Ausmaß „gefährlicher Pflege“ durchgeführt. Etwa 3.000 Personen waren angesprochen, nahezu 1.000 haben geantwortet. Das Ergebnis im Wesentlichen:
- Fast die Hälfte der Befragten gab an, Lagerungen zur Dekubitusprophylaxe „immer“, „häufig“ oder „regelmäßig“ nicht durchführen zu können.
- Nur etwa die Hälfte der Pflegekräfte könne von sich sagen, dass die Unterstützung dementer oder hilfsbedürftiger Patienten beim Essen und Trinken, die Mobilisierung geschwächter Kranker und die Vitalzeichenkontrollen nach Operationen oder Untersuchungen in Narkose immer geleistet werde.
- Nicht einmal jede fünfte Fachkraft könne sicherstellen, dass auf Schmerzen schnell reagiert wird.
- 4 von 5 Befragten klagen, dass die nicht genügend Zeit für Gespräche mit Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen haben.
- Nur 6% können rechtzeitig jedem Klingelruf folgen.
- Besonders erschreckend: Obwohl in allen Einrichtungen Pflegestandards gelten, können nur noch 4,3% der Befragten diese Standards tatsächlich einhalten.
Da Standards grundsätzlich als Maßstab für sorgfaltsmäßiges Handeln zu gelten haben, sind Fehler und im Gefolge eine Haftung vorprogrammiert.
Zu diesen Befragungsergebnissen passt ein Text aus dem Internet, den ich auszugsweise wie folgt zitiere:
„Wer in ein Krankenhaus eingeliefert wird, erwartet, dass er medizinisch gut behandelt wird und ausreichend Personal da ist, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Doch die Realität ist längst eine andere. …. 36-Betten-Stationen mit Schwerstpflegefällen werden oft nur noch mit zwei Pflegekräften versorgt. Weil keine Schwester da ist, um Patienten zur Toilette zu begleiten, werden Blasenkatheter und Windeln eingesetzt. Wenn kein Pflegepersonal da ist, um Menschen beim Essen und Trinken zu helfen, werden Magensonden und Infusionen gelegt. … Es herrscht … Pflegenotstand in den deutschen Kliniken. Er ist Folge der politisch bewusst herbeigeführten Unterfinanzierung der Krankenhäuser durch Bund, Länder und Kommunen. … Neben den Patienten sind die Krankenhausbeschäftigten die Hauptleidtragenden. Sie versuchen immer wieder den Personalmangel auszugleichen, nehmen ihre Pausen nicht, bleiben über den Dienstschluss hinaus, springen ein, wenn jemand fehlt. Wenn z.B. im Nachtdienst plötzlich eine Pflegekraft ausfällt, hängt jemand aus dem Spätdienst notfalls noch eine Schicht dran. Es gibt Berge von Überstunden, die nicht abgefeiert werden können. …“
Quelle: http://www.trueten.de/archives/4314-Pfl ... euser.html
In einer Pressemitteilung der Fachhochschule Frankfurt am Main vom 14.01.2010 wurden Hinweise zu einer Befragung von mehr als 2.200 im OP-Bereich tätigen Pflegekräften vorgestellt.
Prof. Busse stellt darin u.a. heraus: Auffallend sei die sehr niedrige Quote an Pflegekräften, die ihren Beruf nochmals in demselben Krankenhaus ergreifen würden (rd. 44%). Rd. 56% der MitarbeiterInnen hätten angegeben, dass die Patientengefährdung in den OP-Bereichen zugenommen habe; nur rd.36% meinten, genügend Zeit für die Patientenbetreuung zu haben.
Unabhängig von den vorgestellten Befragungsergebnissen haben mir Pflegekräfte erst kürzlich mitgeteilt:
Aufgrund von Fachkräftemangel auf bestimmten Stationen (u.a. ging es um eine Kinderintensivstation) sind viele neue Mitarbeiter ohne Fachweiterbildung, dadurch stellt sich wieder die Frage nach dem Spritzenschein. Hintergrund dieser Anfrage war, dass behandlungspflegerische Maßnahmen verstärkt „nach unten“ delegiert werden sollen.
Genau dazu passend weitere Berichte:
Pflegefachkräfte sind mit großem Zeitaufwand mit Dokumentationsaufgaben und sonstigem Schriftkram befasst und können daher zum Teil pflegerische Aufgaben beim Patienten nicht selbst wahrnehmen, sie müssen zunehmend vorhandenes Hilfspersonal anleiten und einsetzen. Dass darunter die Qualität der Pflege leidet, versteht sich.
Erst vor wenigen Tagen wurde mir von einer Fachpflegekraft mitgeteilt:
Ein Patient mit Tetraspastik kommt zur Fußoperation, kann seine Arme nicht benutzen. Pflegerisches Problem: 3 mal täglich Essenseingabe a 45 Minuten. Wegen Pflegekräftemangel muss Aushilfe organisiert werden. Die Pflegemitarbeiter können die Hilfe beim Essen nicht gewährleisten.
Ohne die Beteiligung von Angehörigen an bestimmten Verrichtungen, z.B. Essenseingabe, Unterstützung bei Mobilisierungsmaßnahmen, wäre das Arbeitspensum nicht zu schaffen.
Zahlreiche Pflegekräfte, die ich auf mögliche Probleme am Arbeitsplatz angesprochen habe, baten im Übrigen um Verständnis dafür, lieber nichts sagen zu wollen. Man wolle schließlich nichts riskieren, denn letztlich stünde immer der Arbeitsplatz zur Disposition. Die zur Zeit sich verstärkende Tendenz, vielfach nur noch befristete Arbeitsverträge abzuschließen, zeige, wo es lang gehe. Und es sei nicht unbedingt einfach, im Umfeld des momentanen Lebensmittelpunktes eine neue Betätigung zu finden.
Nach eigenen Feststellungen nehmen sich Patienten bei Krankenhausaufenthalten oftmals mit ihren Wünschen und Hilfeersuchen zurück, weil sie sehen, dass die Pflegekräfte total ausgelastet sind, nicht selten gehetzt erscheinen.
Man will dann nicht noch zusätzlich für Druck sorgen, fürchtet eine allzu schnelle Abfertigung. Es werden dann auch in Eigenregie Angehörige oder sonstige Personen mobilisiert, um zu bestimmten Zeiten Hilfeleistungen erhalten zu können.
Die fehlenden Personalstellen für Pflegekräfte und anderer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden aber nicht nur Patienten und pflegebedürftige Menschen, sondern führen zunehmend zu unerträglichen Arbeitsverdichtungen für die jetzigen Stelleninhaber und ruinieren deren Gesundheit.
Jeder fünfte Pflegende denkt folglich ans Aufhören – Dies ergibt sich aus einer Forsa-Umfrage aus 2007. – Das muss nachdenklich stimmen!
Der wichtigste Faktor in der Pflege sind die Pflegenden, denn Menschen können nur von Menschen gepflegt werden.
Wir brauchen daher keinen Stellenabbau, sondern eine Ausbildungs- und Beschäftigungsoffensive in allen Bereichen der Pflege – und nicht nur dort!
Wir müssen in dieser Gesellschaft mit den Pflegenden pfleglicher umgehen und ihnen gegenüber die verdiente uneingeschränkte öffentliche Anerkennung und Würdigung bekunden.
Ich jedenfalls will Ihnen in diesem Sinne gerne den Rücken stärken, besonders dann, wenn Sie durch unqualifizierte pflegekritische Äußerungen pauschal für systemische Fehlentwicklung verantwortlich gemacht werden.
Nicht die wirklichen Patientenbedürfnisse scheinen bisher im Mittelpunkt der politischen Betrachtungen zu stehen, sondern allein die Ökonomisierung des „Marktes Gesundheitswesen“. Man könnte folgern: „Monethik statt Ethik.“
Wir müssen uns im Übrigen klar machen:
Die demografische Entwicklung in Deutschland wird die altersmäßige Zusammensetzung der Gesellschaft grundlegend verändern und damit die Versorgungs- und Pflegeprobleme weiter dramatisch verschärfen:
Nach seriösen Schätzungen wird zum Beispiel die Zahl der pflegebedürftigen Menschen von heute über 2 Millionen bis zum Jahre 2050 auf über 5 Millionen ansteigen. Dabei werden die dementiell erkrankten Menschen stark vertreten sein. Deren Zahl wird sich bis etwa 2050 in Richtung 3 Millionen bewegen. Es versteht sich daher, dass diesem Krankheitsbild besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, auch bei der jetzigen Ausbildung, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften.
Die Situation pflegebedürftiger Menschen in der BRD am Beispiel Demenz hat bereits den 111. Deutschen Ärztetag 2008 in Ulm veranlasst, eine klare Positionsbeschreibung abzugeben:
Gefordert wurde vom Ärztetag u.a. eine Aufstockung der derzeitigen Personalbudgets um rund 30%. Damit geht die Ärzteschaft über meine eigene Forderung bezüglich einer Personalaufstockung, die bei rund 20% liegen, deutlich hinaus!
Was noch bedenkenswert ist:
Es werden künftig immer weniger Menschen ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Kinderlosigkeit und Single-Dasein führen dazu, dass in Zukunft auf jeden Pflegebedürftigen immer weniger Angehörige kommen werden.
Politik und Betroffene müssen sich daher darauf einstellen, dass die Pflege wesentlich stärker als bisher durch professionelle Pflegekräfte erfolgen wird. Entsprechende Folgerungen müssen alsbald gezogen werden. Eine Ausbildungsoffensive in der Pflege erscheint mir unausweichlich. Eine solche Offensive wäre, nebenbei gesagt, auch eine sinnvolle Maßnahme zur Verringerung der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Es würde das Wachstum im Dienstleistungssektor nachhaltig gestärkt.
Unser Pflegesystem hat, wie schon ausgeführt, erhebliche strukturelle Mängel, die bereits aktuell zahlreiche pflegebedürftige Menschen bzw. ihre Angehörige in personelle und finanzielle Not bringen.
Die steigende Zahl der schwerkranken Patienten bzw. pflegebedürftigen Menschen und die insoweit erforderlichen Finanzmittel erfordern daher eine Reform des bundesdeutschen Pflegesystems an „Haupt und Gliedern“.
Wahrscheinlich werden wir demnächst alle für die Gesundheit und Pflege mehr Geld bereithalten bzw. ausgeben müssen. Möglicherweise wird der Konsum zwangsläufig hinter den Vorsorgeanstrengungen zurücktreten müssen!
Insoweit sollten die Bürgerinnen und Bürger bald realitätsbezogene Aufklärung erhalten. Allen bereits jetzt erkennbaren Ansätzen, in Deutschland eine Art Billigpflege in Gang zu setzen, muss mit Entschiedenheit entgegen getreten werden.
Die allseits gewollte gute Pflege muss auch gut bezahlt werden! Daher kann es auch keine kostenneutralen Reformen in den Gesundheits- und Pflegesystemen geben.
Sollten sich die politisch Verantwortlichen weiter an einer wirklichen – den Pflegeberufen und Patienten gerecht werdenden - Reform vorbeidrücken, werden wir in eine Pflegekatastrophe hineinschliddern – pflegemäßig und finanziell!
Ich fordere nach all dem aus Sicht der Patientenselbsthilfe für den Krankenhausbereich eine schnellstmögliche deutliche Aufstockung der Personalstellen, vor allem für den pflegerischen Bereich. Dazu wird es u.a. erforderlich sein, die Krankenhausbudgetierung in der bisherigen Form aufzugeben.
Die Verantwortlichen müssen dabei sicherstellen, dass der nichtärztliche Personalanteil innerhalb des Budgets nicht beliebig als Spardose genutzt werden darf.
Es wird aber auch als sinnvoll erachtet, erneut die Schaffung von bundeseinheitlichen Personalbemessungssystemen vorzusehen, sowohl für den Krankenhaus- wie für den Heimbereich.
Die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern und sonstigen Pflegeeinrichtungen müssen deutlicher und auch lauter – zusammen mit Berufsverbänden und Gewerkschaften - ihre Vorstellungen über die notwendigen Veränderungen im Gesundheits- und Pflegesystem äußern. Es muss meines Erachtens ein Zustand beendet werden, bei dem die Pflege beim Gemeinsamen Bundesausschuss, dem sog. Gesetzgeber für das Gesundheitswesen, am „Katzentisch“ sitzt und folglich über keinen entscheidenden Einfluss verfügt. Ein wenig „Lokführermentalität“ würde der Pflege gut tun. - Ich werde dabei gerne im Rahmen verschiedener Aktivitäten unterstützend mitwirken!
So wird es zum Beispiel am 27.04.2010 in der Zeit von 18.00 – 20.00 Uhr in Neuss-Erfttal einen größeren Pflegetreff geben, bei dem der Pflegenotstand und damit zusammenhängende Fragestellungen eine Rolle spielen werden. Es geht um das Thema:
„Welche Pflege wollen wir (uns leisten)?“
Es soll also letztlich aus Patientensicht darum gehen herauszuarbeiten, welche Leistungen in den Pflegesystemen zur Verfügung stehen sollen oder müssen und welche Reformmaßnahmen geboten erscheinen.
Dabei soll auch deutlich auf die pflegerische Unterversorgung in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen hingewiesen und entsprechendes politisches Handeln eingefordert werden. Es ist beabsichtigt, in diesem Zusammenhang auch auf die Einführung von bundeseinheitlichen Personalbemessungssystemen zu drängen.
Um insoweit fundiert argumentieren zu können, wird beim Pflegetreff auch Herr Prof. Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung und zugleich Vorstandsmitglied an der Katholischen Fachhochschule Köln anwesend sein und unsere Forderungen mit aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen untermauern.
Für die Pflegeverbandsseite wird Frau Gertrud Stöcker, Vorstandsmitglied des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, in Neuss anwesend sein.
Bei Pflegetreff werden auch Vertreter aus dem Deutschen Bundestag erwartet, so dass diesen Parlamentariern vor Augen geführt werden kann, was wir, die Patienten bzw. Vertreter von pflegebedürftigen Menschen, wollen und wie es um die Personalnot in Krankenhäusern und Heimen bestellt ist.
Zugesagt haben bis jetzt Frau Elisabeth Scharfenberg, MdB / Bündnis90/DieGrünen, und Frau Hilde Mattheis, MdB / SPD. Die beiden Damen sind jeweils pflegepolitische Sprecherinnen ihrer Fraktion.
Das „dip“ hat am 31.08.2009 eine Befragung zur Situation in der Krankenhauspflege gestartet. Befragt werden bundesweit Pflegekräfte in Krankenhäusern (bettenführender Bereich und Intensivstationen). Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Fragen zur personellen Ausstattung, zu den beruflichen Entwicklungschancen und zur Patientensicherheit.
Da Herr Prof. Isfort als Leiter der neuen Befragungsaktion zum Pflegetreff nach Neuss kommen wird, können wir voraussichtlich die ersten Ergebnisse zur Befragung präsentieren.
Um die Veranstaltung auch wirkungsvoll durchführen zu können, wäre die Anwesenheit möglichst vieler Pflegekräfte wichtig. Wir verstehen die Veranstaltung nämlich auch als Demonstration für eine klar verbesserte pflegerische Versorgung auf der Basis einer guten pflegerischen Personalausstattung.
Wenn Sie dabei mithelfen wollen, sind Sie herzlich zum Pflegetreff eingeladen. Eintrittsgebühren gibt es nicht, auch keine Anmeldeerfordernisse. Geben Sie die Botschaft vom Pflegetreff an Interessierte weiter. Sie helfen damit dem Anliegen „Behebung der Pflegenot“ und unterstützen uns, den Treff zu einer gelungenen Demonstration werden zu lassen.
Wir machen das übrigens alles ehrenamtlich. Sämtliche Referenten kommen ohne Honorar und ohne sonstige Kostenerstattungen.
Zum Pflegetreff können Sie sich im Internet stets aktuell über den Stand der Vorbereitungen informieren:
Quelle: viewtopic.php?t=12279
Soweit meine Ausführungen.
Auszubildende in Pflegeberufen leiden unter Zeitdruck - dpa Bildfunk
Die Sondierer haben entgegen ihren Behauptungen anscheinend in Sachen Pflege nichts verstanden. Daher passt die nachfolgende Medizinerbemerkung::
"Nicht jeder, der tat was er konnte, konnte auch, was er tat."
Gerhard Uhlenbruck, Mediziner
viewtopic.php?f=3&t=22463
Pflegenotstand - Auswege der Misere - Statement aus Patientensicht vom 02.02.2010 - Die Ausführungen sind weiter aktuell - denn verbessert hat sich seit 2010 nichts - im Gegenteil!
Vor und nach der Bundestagswahl am 24.09.2017 hat es zahlreiche Erklärungen zum Pflegenotstand gegeben. Alle Parteien haben sich mit Reformankündigungen nahezu überboten. Bis zum Abschluss der Sondierungsgespräche von Union und SPD sind aber keine überzeugenden Vorstellungen präsentiert worden, wie der Pflegenotstand JETZT endlich einer Lösung zugeführt werden soll. Das Sondierungsergebnis vom 12.01.2018 ist völlig unzureichend. Kritische Anmerkungen waren daher zwingend geboten. > viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101746#p101746
Es ist nun nicht etwa so, dass der Pflegenotstand erst in den letzten Monaten entstanden wäre. Nein, diesen Notstand gibt es seit mehr als 20 Jahren, allerdings mit zunehmender Tendenz. Für die Gestaltung der verabschiedeten Pflegestärkungsgesetze I, II und III gab es von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ein umfangreiches Statement mit zielführenden Vorschlägen, dass dem Bundesgesundheitsminister beim Neusser Pflegetreff am 13.05.2014 übergeben wurde. > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
Vorausgegangen waren zahlreiche weitere Erklärungen zum Gesundheits- und Pflegesystem, immer verbunden mit konkreten Handlungsanforderungen. Bereits für eine Veranstaltung am 02.02.2010 wurden die Mängel des Systems konkret beschrieben und der Pflegenotstand mit seinen nachteiligen Folgen für alle Beteiligte verdeutlicht. Der Beitrag wird aus aktuellem Anlass noch einmal präsentiert. Es kann sich ernstlich niemand damit herausreden, man habe das Ausmass der Misere nicht gekannt:
Redebeitrag
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bei Veranstaltung am 02.02.2010 in Köln
Tagungsort: Caritas-Akademie,
Wertmannstr. 1a, 50935 Köln-Hohenlind
Pflegesituation in Krankenhäusern aus Patientensicht
Quelle: viewtopic.php?t=13301
Pflegesituation in Krankenhäusern aus Patientensicht
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße es sehr, dass der personelle Notstand in den Pflegesystemen hier und heute thematisiert wird.
Woran es meiner Meinung nach seit geraumer Zeit mangelt, ist die deutliche Beschreibung und Aufarbeitung eines Problems, das nicht nur einer berufspolitischen Erörterung bedarf. Dieses Problem wirkt nämlich in die gesamte Gesellschaft und geht uns damit alle etwas an.
Es ist mehr als überfällig, auch außerhalb der Fachkreise über die personelle Not in unseren bundesdeutschen Pflegesystemen zu sprechen und für die allseits gewünschte und geforderte gute Pflege einzutreten.
Pflegebedürftige Menschen, Patienten und ihre Angehörigen wünschen sich in schwierigen Krankheitssituationen vor allem bestmögliche ärztliche Versorgung und Pflege und legen daher Wert auf entsprechende auskömmliche Betreuungs- und Versorgungsstrukturen - personell wie sachlich.
In § 107 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist bei der Definition, was „Krankenhäuser“ sind, ausgeführt, dass Krankenhäuser Einrichtungen sind , die u.a. „mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten.“
Interessant an dieser Vorschrift ist, dass hier von „jederzeit verfügbarem Personal“ die Rede ist. Damit ist eigentlich suggeriert, dass es bei der Patientenversorgung keinen Personalmangel geben darf.
Die tatsächlichen Verhältnisse bleiben aber bedauerlicherweise weit hinter dem zurück, was die Menschen erwarten und folgerichtig der Gesetzgeber vorgegeben hat.
Ich freue mich daher, dass ich in dieser Veranstaltung Gelegenheit erhalte, den aktuellen und belegbaren Notstand in Krankenhäusern und Pflegeheimen aus Patientensicht anzusprechen und für Aktivitäten einzutreten, die eine menschenwürdige Behandlung, Pflege und sonstige Betreuung der kranken, behinderten und pflegebedürftigen Menschen ins Auge fassen!
Ich bin seit rd. 40 Jahren in der Selbsthilfe- bzw. in der Patientenschutzbewegung ehrenamtlich aktiv und sehe mit großer Sorge, dass sich in den letzten 10 - 15 Jahren das Gesundheits- und Pflegesystem zum Nachteil von Patienten und Pflegepersonal deutlich verändert hat.
Es wurde eine Politikrichtung begründet, die sich fast ausschließlich an der Kassenlage bzw. an rein marktwirtschaftlichen Erwägungen orientiert!
Ökonomisierung und Wettbewerb ist die aktuelle Devise.
Diagnostik, Behandlung und Pflege erscheinen mir nicht mehr ausreichend patientengerecht – oder sagen wir menschenwürdig - gestaltbar. – Die Folgen und Nebenwirkungen – bis zu den Anfängen einer Rationierung - gehen klar zu Lasten der Patienten und der Gesundheitsberufe.
Die zwangsläufige Folge ist, dass vor allem die Bundesärztekammer die „Priorisierung und Rationierung“ im Gesundheitswesen zum Thema gemacht hat.
Zumindest ergänzende kapitalgedeckte Versicherungsmodelle werden diskutiert. Ob und inwieweit damit eine Entsolidarisierung des Gesundheits- und Pflegesystems eingeleitet wird, darf hinterfragt werden.
Diesen Entwicklungen und neuerlichen Denkmodellen muss m.E. in breiter Front eine Initiative für menschenwürdige Behandlung, Pflege und sonstige Betreuung entgegen gestellt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegesystem, Betroffene, Angehörige und sonst Interessierte sind daher aufgerufen, auf den deutlich gewordenen Notstand in den Gesundheits- und Pflegesystemen aufmerksam zu machen und grundlegende Änderungen auf solidarischer Basis einzufordern.
Als Streiter für die notwendigen Veränderungen sehe ich die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter des Gesundheits- und Pflegesystems an vorderster Front!
Allerdings müssen auch die Patienten und die Angehörigen bzw. die Bürgerschaft für ein Aktionsbündnis Pro Pflege …. mobilisiert werden.
Die Leistungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind vor allem deshalb nicht ausreichend, mancherorts sogar gefährlich, weil es an den zwingend notwendigen Stellen für das Personal, vor allem im pflegerischen Bereich, mangelt!
Es gibt nicht einmal einheitliche und vernünftige Pflegepersonalbemessungssysteme! Die früher für die allgemeinen Krankenhäuser maßgeblich gewesene Pflege-Personalregelung (PPR) wurde ersatzlos aufgehoben.
Der Sorgfaltsmaßstab der §§ 276, 278 BGB ist daher letztlich allein für die Personalbemessung maßgeblich, beliebig dehn- und deutbar.
Personal- bzw. Pflegestellen werden mittlerweile als bloße Kostenfaktoren betrachtet und nach Belieben anderen Bedürfnissen untergeordnet. Die Hoheit über die Budgetgestaltung – und damit auch über Personalstellen - liegt weitgehend bei den Kranken- und Pflegekassen.
Für den Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen habe ich in einem Statement vom 10.11.2009 u.a. ausgeführt:
„Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vertritt die Meinung, dass reformerische Maßnahmen einmal die professionell Pflegenden, aber auch die (ehrenamtlich) tätigen Angehörigen betreffen müssen. Die allseits gewünschte und erforderliche Zuwendung für pflegebedürftige Menschen kann nur dadurch gewährleistet werden, dass deutlich mehr Pflegefachpersonal und sonstige Betreuungskräfte zur Verfügung stehen. Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk schätzt, dass ein Personalmehrbedarf von rd. 20% vorliegt.
Damit aber dieser Bedarf auf einer seriösen Basis ermittelt werden kann, werden bundesweit geltende Personalbemessungssysteme für dringend erforderlich erachtet. Die zur Zeit zur Anwendung kommenden regional geltenden Personalschlüssel und sonstigen Schätzparameter werden als unzureichend eingestuft mit der Folge, dass eine Anstellung von Personal mehr oder weniger nur den Finanzierungsmöglichkeiten folgt (= Beschäftigung von Pflegepersonal und sonstigen Betreuungskräften nach Kassenlage). Dieser Zustand muss endlich überwunden werden. Dann wäre auch genügend Zeit für angemessene gute Pflege und sonstige Zuwendung gegeben. Ohne ausreichend bemessene Personalausstattungen wird es keine Verbesserungen - und damit eine Abwendung von der sog. Minutenpflege - geben können.
In diesem Zusammenhang muss auch Berücksichtigung finden, dass eine Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate zu einer entsprechend verkürzten Zivildienstzeit führen wird und damit den Pflegesystemen zahlreiche Zivildienstleistende als nützliche Helfer verloren gehen. Die insoweit entstehenden personellen Lücken müssen bei der notwendigen Personaldotierung angemessen Berücksichtigung finden. Der Personalmehrbedarf wird bei einer Verkürzung des Wehrdienstes deutlich über der o.a. Schätzmarke liegen.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Wer alte und kranke Menschen mit so wenig Personal (Geld) allein lässt, der verachtet sie!“
Eine nicht bestreitbare Erklärung für den Pflegenotstand lieferte bereits am 18.07.2007 u.a. das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) in Köln unter dem Titel „Pflege-Thermometer 2007“:
50.000 Stellen für Pflegekräfte seien, so das Institut, in den letzten 10 Jahren in den Krankenhäusern abgebaut worden.
Nach der „dip“-Studie werden seit 1995 jährlich rd. 1 Million Patienten mehr in den deutschen Kliniken versorgt und betreut. Jede Pflegekraft muss dement-sprechend rd. 23% mehr Patienten versorgen. Die individuelle Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit hat gleichzeitig deutlich zugenommen. In der Pressemitteilung zur „dip“-Studie wurde weiter ausgeführt:
• Nach Einschätzung der befragten Pflegedirektionen wirkt sich die angespannte Personalsituation in der Krankenhauspflege bereits jetzt auf die Patientenversorgung und -sicherheit aus.
So können Umlagerungen, Mobilisationen, Schmerzmittelverabreichungen und Überwachungen von operierten Patienten nicht mehr in jedem Krankenhaus optimal gewährleistet werden.
• In 20 Prozent der Krankenhäuser nehmen die Beschwerden von Patienten und Angehörigen über die Versorgung zu.
• 40 Prozent der Befragten rechnen nicht mit einer Verbesserung der pflegerischen Qualität der Patientenversorgung.
• 30 Prozent der befragten Pflegedirektionen konnten in den letzten beiden Jahren nicht mehr permanent eine ausreichende Pflege-Versorgung anbieten.
• Umgekehrt konnte auch nur gerade mal ein Drittel der befragten Einrichtungen erklären, die grundpflegerische Versorgung und eine regelmäßige Lagerung der Patienten gewährleistet zu haben.
• Nur ein Viertel der Einrichtungen gibt an, eine engmaschige Kontrolle von Patienten, etwa nach einem operativen Eingriff, ausnahmslos gewährleisten zu können. Anders: Dreiviertel der Befragten kann das nicht mehr.
• Als Folge der sinkenden Kontakthäufigkeit zwischen Krankenpflege-Personal und Patienten müssen in mehr als 75 Prozent der Einrichtungen unter Schmerzen leidende Patienten länger als 15 Minuten auf die notwendige Verabreichung von Schmerzmitteln warten.
Prof. Dr. Michael Simon hat u.a. in seiner vielbeachteten Buchveröffentlichung „Personalabbau im Pflegedienst der Krankenhäuser - Hintergründe – Ursachen – Auswirkungen“ (Hans Huber Verlag) eine eigene Untersuchung präsentiert und dabei u.a. herausgestellt, dass „die Zahl der tatsächlich beschäftigten Vollkräfte im Pflegedienst der Allgemeinkrankenhäuser im Jahr 2006 um ca. 71.000 unter dem Vollkraft-Soll“ lag. Eine eindrucksvolle Darstellung der Pflegenot!
Prof. Dr. Michael Simon folgerte u.a.:
"Je niedriger die Personalbesetzung ist, desto höher ist das Risiko für Patienten. Eine Vielzahl schwerwiegende Komplikationen können sich realisieren; z.B.: Harnwegsinfektion, Sturz, Venenthrombose, Druckgeschwüre, Medikationsfehler, Blutungen, Lungenentzündung."
185 000 Unterzeichner der Kampagne „Uns reicht`s“ haben im September 2008 den Zusammenhang zwischen Pflegekapazität und Patientensicherheit deutlich machen können. Das Bundesgesundheitsministerium war offensichtlich so beeindruckt, dass man seinerzeit die Finanzierung von zusätzlichen 17.000 Stellen für den Krankenhaus-Pflegedienst bewilligt hat. –Nach einer Mitteilung der Pressereferentin des DBfK von Ende 2009 sind die von der Politik versprochenen Hilfen aber bisher kaum bei den Pflegenden angekommen.
Daher ist hier und heute aus Patientensicht folgende Zwischenbilanz gerechtfertigt:
In der Gesundheitsversorgung können vor allem mangels fehlender Pflegekräfte gefährliche Pflegesituationen kaum noch vermieden werden! Die Patientensicherheit muss als ernsthaft gefährdet eingestuft werden.
Ich denke, dass Ihnen solche gefährliche grundsätzlich bekannt sind. Es drängt sich aber auf, an dieser Stelle noch einmal ein wenig komprimiert einige Mangelsituationen zu beschreiben oder auch nur in Erinnerung zu rufen:
Die katastrophale Lage in den Einrichtungen des Gesundheitswesens spiegelt zum Beispiel eine Meinungsumfrage des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe e.V. (DBfK) wider, die am 30.01.2009 vorgestellt wurde. Danach sei, so der DBfK, die Lage sowohl für die Beschäftigten in den Pflegeberufen als auch für die Patienten dramatisch.
2.000 Teilnehmer aus dem Bereich Krankenhaus berichteten u.a.:
- 32,3% erwägen die Berufsaufgabe und den Wechsel in eine andere Tätigkeit mehrfach wöchentlich bis täglich.
- 42,5% würden die eigenen Angehörigen, Freunde oder Bekannte nicht im eigenen Arbeitsbereich versorgen lassen.
- 71,7% sehen die Attraktivität des Pflegeberufes für junge Generationen in den kommenden 10 Jahren drastisch verschlechtert.
- 82,5% sind der Meinung, dass die Personalausstattung im eigenen Arbeitsbereich nicht ausreichend ist.
- Über 2/3 der Teilnehmer (66,8%) sind mehrfach wöchentlich bis täglich mit widersprüchlichen Arbeitsanweisungen konfrontiert, erhalten wichtige Informationen unzureichend oder zu spät und mehr als die Hälfte der Teilnehmer haben fast nie eine geregelte und vollständige Pause.
Der Abschlussbericht zur Online-Umfrage des DBfK wurde am 14.08.2009 öffentlich vorgestellt; er ist im Internet vollständig abrufbar.
In der Zeit vom 01.02. – 30.04.2009 wurde von der Initiative für menschenwürdige Pflege in 9 Akutkrankenhäusern eine Umfrage zum Ausmaß „gefährlicher Pflege“ durchgeführt. Etwa 3.000 Personen waren angesprochen, nahezu 1.000 haben geantwortet. Das Ergebnis im Wesentlichen:
- Fast die Hälfte der Befragten gab an, Lagerungen zur Dekubitusprophylaxe „immer“, „häufig“ oder „regelmäßig“ nicht durchführen zu können.
- Nur etwa die Hälfte der Pflegekräfte könne von sich sagen, dass die Unterstützung dementer oder hilfsbedürftiger Patienten beim Essen und Trinken, die Mobilisierung geschwächter Kranker und die Vitalzeichenkontrollen nach Operationen oder Untersuchungen in Narkose immer geleistet werde.
- Nicht einmal jede fünfte Fachkraft könne sicherstellen, dass auf Schmerzen schnell reagiert wird.
- 4 von 5 Befragten klagen, dass die nicht genügend Zeit für Gespräche mit Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen haben.
- Nur 6% können rechtzeitig jedem Klingelruf folgen.
- Besonders erschreckend: Obwohl in allen Einrichtungen Pflegestandards gelten, können nur noch 4,3% der Befragten diese Standards tatsächlich einhalten.
Da Standards grundsätzlich als Maßstab für sorgfaltsmäßiges Handeln zu gelten haben, sind Fehler und im Gefolge eine Haftung vorprogrammiert.
Zu diesen Befragungsergebnissen passt ein Text aus dem Internet, den ich auszugsweise wie folgt zitiere:
„Wer in ein Krankenhaus eingeliefert wird, erwartet, dass er medizinisch gut behandelt wird und ausreichend Personal da ist, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Doch die Realität ist längst eine andere. …. 36-Betten-Stationen mit Schwerstpflegefällen werden oft nur noch mit zwei Pflegekräften versorgt. Weil keine Schwester da ist, um Patienten zur Toilette zu begleiten, werden Blasenkatheter und Windeln eingesetzt. Wenn kein Pflegepersonal da ist, um Menschen beim Essen und Trinken zu helfen, werden Magensonden und Infusionen gelegt. … Es herrscht … Pflegenotstand in den deutschen Kliniken. Er ist Folge der politisch bewusst herbeigeführten Unterfinanzierung der Krankenhäuser durch Bund, Länder und Kommunen. … Neben den Patienten sind die Krankenhausbeschäftigten die Hauptleidtragenden. Sie versuchen immer wieder den Personalmangel auszugleichen, nehmen ihre Pausen nicht, bleiben über den Dienstschluss hinaus, springen ein, wenn jemand fehlt. Wenn z.B. im Nachtdienst plötzlich eine Pflegekraft ausfällt, hängt jemand aus dem Spätdienst notfalls noch eine Schicht dran. Es gibt Berge von Überstunden, die nicht abgefeiert werden können. …“
Quelle: http://www.trueten.de/archives/4314-Pfl ... euser.html
In einer Pressemitteilung der Fachhochschule Frankfurt am Main vom 14.01.2010 wurden Hinweise zu einer Befragung von mehr als 2.200 im OP-Bereich tätigen Pflegekräften vorgestellt.
Prof. Busse stellt darin u.a. heraus: Auffallend sei die sehr niedrige Quote an Pflegekräften, die ihren Beruf nochmals in demselben Krankenhaus ergreifen würden (rd. 44%). Rd. 56% der MitarbeiterInnen hätten angegeben, dass die Patientengefährdung in den OP-Bereichen zugenommen habe; nur rd.36% meinten, genügend Zeit für die Patientenbetreuung zu haben.
Unabhängig von den vorgestellten Befragungsergebnissen haben mir Pflegekräfte erst kürzlich mitgeteilt:
Aufgrund von Fachkräftemangel auf bestimmten Stationen (u.a. ging es um eine Kinderintensivstation) sind viele neue Mitarbeiter ohne Fachweiterbildung, dadurch stellt sich wieder die Frage nach dem Spritzenschein. Hintergrund dieser Anfrage war, dass behandlungspflegerische Maßnahmen verstärkt „nach unten“ delegiert werden sollen.
Genau dazu passend weitere Berichte:
Pflegefachkräfte sind mit großem Zeitaufwand mit Dokumentationsaufgaben und sonstigem Schriftkram befasst und können daher zum Teil pflegerische Aufgaben beim Patienten nicht selbst wahrnehmen, sie müssen zunehmend vorhandenes Hilfspersonal anleiten und einsetzen. Dass darunter die Qualität der Pflege leidet, versteht sich.
Erst vor wenigen Tagen wurde mir von einer Fachpflegekraft mitgeteilt:
Ein Patient mit Tetraspastik kommt zur Fußoperation, kann seine Arme nicht benutzen. Pflegerisches Problem: 3 mal täglich Essenseingabe a 45 Minuten. Wegen Pflegekräftemangel muss Aushilfe organisiert werden. Die Pflegemitarbeiter können die Hilfe beim Essen nicht gewährleisten.
Ohne die Beteiligung von Angehörigen an bestimmten Verrichtungen, z.B. Essenseingabe, Unterstützung bei Mobilisierungsmaßnahmen, wäre das Arbeitspensum nicht zu schaffen.
Zahlreiche Pflegekräfte, die ich auf mögliche Probleme am Arbeitsplatz angesprochen habe, baten im Übrigen um Verständnis dafür, lieber nichts sagen zu wollen. Man wolle schließlich nichts riskieren, denn letztlich stünde immer der Arbeitsplatz zur Disposition. Die zur Zeit sich verstärkende Tendenz, vielfach nur noch befristete Arbeitsverträge abzuschließen, zeige, wo es lang gehe. Und es sei nicht unbedingt einfach, im Umfeld des momentanen Lebensmittelpunktes eine neue Betätigung zu finden.
Nach eigenen Feststellungen nehmen sich Patienten bei Krankenhausaufenthalten oftmals mit ihren Wünschen und Hilfeersuchen zurück, weil sie sehen, dass die Pflegekräfte total ausgelastet sind, nicht selten gehetzt erscheinen.
Man will dann nicht noch zusätzlich für Druck sorgen, fürchtet eine allzu schnelle Abfertigung. Es werden dann auch in Eigenregie Angehörige oder sonstige Personen mobilisiert, um zu bestimmten Zeiten Hilfeleistungen erhalten zu können.
Die fehlenden Personalstellen für Pflegekräfte und anderer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden aber nicht nur Patienten und pflegebedürftige Menschen, sondern führen zunehmend zu unerträglichen Arbeitsverdichtungen für die jetzigen Stelleninhaber und ruinieren deren Gesundheit.
Jeder fünfte Pflegende denkt folglich ans Aufhören – Dies ergibt sich aus einer Forsa-Umfrage aus 2007. – Das muss nachdenklich stimmen!
Der wichtigste Faktor in der Pflege sind die Pflegenden, denn Menschen können nur von Menschen gepflegt werden.
Wir brauchen daher keinen Stellenabbau, sondern eine Ausbildungs- und Beschäftigungsoffensive in allen Bereichen der Pflege – und nicht nur dort!
Wir müssen in dieser Gesellschaft mit den Pflegenden pfleglicher umgehen und ihnen gegenüber die verdiente uneingeschränkte öffentliche Anerkennung und Würdigung bekunden.
Ich jedenfalls will Ihnen in diesem Sinne gerne den Rücken stärken, besonders dann, wenn Sie durch unqualifizierte pflegekritische Äußerungen pauschal für systemische Fehlentwicklung verantwortlich gemacht werden.
Nicht die wirklichen Patientenbedürfnisse scheinen bisher im Mittelpunkt der politischen Betrachtungen zu stehen, sondern allein die Ökonomisierung des „Marktes Gesundheitswesen“. Man könnte folgern: „Monethik statt Ethik.“
Wir müssen uns im Übrigen klar machen:
Die demografische Entwicklung in Deutschland wird die altersmäßige Zusammensetzung der Gesellschaft grundlegend verändern und damit die Versorgungs- und Pflegeprobleme weiter dramatisch verschärfen:
Nach seriösen Schätzungen wird zum Beispiel die Zahl der pflegebedürftigen Menschen von heute über 2 Millionen bis zum Jahre 2050 auf über 5 Millionen ansteigen. Dabei werden die dementiell erkrankten Menschen stark vertreten sein. Deren Zahl wird sich bis etwa 2050 in Richtung 3 Millionen bewegen. Es versteht sich daher, dass diesem Krankheitsbild besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, auch bei der jetzigen Ausbildung, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften.
Die Situation pflegebedürftiger Menschen in der BRD am Beispiel Demenz hat bereits den 111. Deutschen Ärztetag 2008 in Ulm veranlasst, eine klare Positionsbeschreibung abzugeben:
Gefordert wurde vom Ärztetag u.a. eine Aufstockung der derzeitigen Personalbudgets um rund 30%. Damit geht die Ärzteschaft über meine eigene Forderung bezüglich einer Personalaufstockung, die bei rund 20% liegen, deutlich hinaus!
Was noch bedenkenswert ist:
Es werden künftig immer weniger Menschen ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Kinderlosigkeit und Single-Dasein führen dazu, dass in Zukunft auf jeden Pflegebedürftigen immer weniger Angehörige kommen werden.
Politik und Betroffene müssen sich daher darauf einstellen, dass die Pflege wesentlich stärker als bisher durch professionelle Pflegekräfte erfolgen wird. Entsprechende Folgerungen müssen alsbald gezogen werden. Eine Ausbildungsoffensive in der Pflege erscheint mir unausweichlich. Eine solche Offensive wäre, nebenbei gesagt, auch eine sinnvolle Maßnahme zur Verringerung der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Es würde das Wachstum im Dienstleistungssektor nachhaltig gestärkt.
Unser Pflegesystem hat, wie schon ausgeführt, erhebliche strukturelle Mängel, die bereits aktuell zahlreiche pflegebedürftige Menschen bzw. ihre Angehörige in personelle und finanzielle Not bringen.
Die steigende Zahl der schwerkranken Patienten bzw. pflegebedürftigen Menschen und die insoweit erforderlichen Finanzmittel erfordern daher eine Reform des bundesdeutschen Pflegesystems an „Haupt und Gliedern“.
Wahrscheinlich werden wir demnächst alle für die Gesundheit und Pflege mehr Geld bereithalten bzw. ausgeben müssen. Möglicherweise wird der Konsum zwangsläufig hinter den Vorsorgeanstrengungen zurücktreten müssen!
Insoweit sollten die Bürgerinnen und Bürger bald realitätsbezogene Aufklärung erhalten. Allen bereits jetzt erkennbaren Ansätzen, in Deutschland eine Art Billigpflege in Gang zu setzen, muss mit Entschiedenheit entgegen getreten werden.
Die allseits gewollte gute Pflege muss auch gut bezahlt werden! Daher kann es auch keine kostenneutralen Reformen in den Gesundheits- und Pflegesystemen geben.
Sollten sich die politisch Verantwortlichen weiter an einer wirklichen – den Pflegeberufen und Patienten gerecht werdenden - Reform vorbeidrücken, werden wir in eine Pflegekatastrophe hineinschliddern – pflegemäßig und finanziell!
Ich fordere nach all dem aus Sicht der Patientenselbsthilfe für den Krankenhausbereich eine schnellstmögliche deutliche Aufstockung der Personalstellen, vor allem für den pflegerischen Bereich. Dazu wird es u.a. erforderlich sein, die Krankenhausbudgetierung in der bisherigen Form aufzugeben.
Die Verantwortlichen müssen dabei sicherstellen, dass der nichtärztliche Personalanteil innerhalb des Budgets nicht beliebig als Spardose genutzt werden darf.
Es wird aber auch als sinnvoll erachtet, erneut die Schaffung von bundeseinheitlichen Personalbemessungssystemen vorzusehen, sowohl für den Krankenhaus- wie für den Heimbereich.
Die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern und sonstigen Pflegeeinrichtungen müssen deutlicher und auch lauter – zusammen mit Berufsverbänden und Gewerkschaften - ihre Vorstellungen über die notwendigen Veränderungen im Gesundheits- und Pflegesystem äußern. Es muss meines Erachtens ein Zustand beendet werden, bei dem die Pflege beim Gemeinsamen Bundesausschuss, dem sog. Gesetzgeber für das Gesundheitswesen, am „Katzentisch“ sitzt und folglich über keinen entscheidenden Einfluss verfügt. Ein wenig „Lokführermentalität“ würde der Pflege gut tun. - Ich werde dabei gerne im Rahmen verschiedener Aktivitäten unterstützend mitwirken!
So wird es zum Beispiel am 27.04.2010 in der Zeit von 18.00 – 20.00 Uhr in Neuss-Erfttal einen größeren Pflegetreff geben, bei dem der Pflegenotstand und damit zusammenhängende Fragestellungen eine Rolle spielen werden. Es geht um das Thema:
„Welche Pflege wollen wir (uns leisten)?“
Es soll also letztlich aus Patientensicht darum gehen herauszuarbeiten, welche Leistungen in den Pflegesystemen zur Verfügung stehen sollen oder müssen und welche Reformmaßnahmen geboten erscheinen.
Dabei soll auch deutlich auf die pflegerische Unterversorgung in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen hingewiesen und entsprechendes politisches Handeln eingefordert werden. Es ist beabsichtigt, in diesem Zusammenhang auch auf die Einführung von bundeseinheitlichen Personalbemessungssystemen zu drängen.
Um insoweit fundiert argumentieren zu können, wird beim Pflegetreff auch Herr Prof. Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung und zugleich Vorstandsmitglied an der Katholischen Fachhochschule Köln anwesend sein und unsere Forderungen mit aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen untermauern.
Für die Pflegeverbandsseite wird Frau Gertrud Stöcker, Vorstandsmitglied des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, in Neuss anwesend sein.
Bei Pflegetreff werden auch Vertreter aus dem Deutschen Bundestag erwartet, so dass diesen Parlamentariern vor Augen geführt werden kann, was wir, die Patienten bzw. Vertreter von pflegebedürftigen Menschen, wollen und wie es um die Personalnot in Krankenhäusern und Heimen bestellt ist.
Zugesagt haben bis jetzt Frau Elisabeth Scharfenberg, MdB / Bündnis90/DieGrünen, und Frau Hilde Mattheis, MdB / SPD. Die beiden Damen sind jeweils pflegepolitische Sprecherinnen ihrer Fraktion.
Das „dip“ hat am 31.08.2009 eine Befragung zur Situation in der Krankenhauspflege gestartet. Befragt werden bundesweit Pflegekräfte in Krankenhäusern (bettenführender Bereich und Intensivstationen). Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Fragen zur personellen Ausstattung, zu den beruflichen Entwicklungschancen und zur Patientensicherheit.
Da Herr Prof. Isfort als Leiter der neuen Befragungsaktion zum Pflegetreff nach Neuss kommen wird, können wir voraussichtlich die ersten Ergebnisse zur Befragung präsentieren.
Um die Veranstaltung auch wirkungsvoll durchführen zu können, wäre die Anwesenheit möglichst vieler Pflegekräfte wichtig. Wir verstehen die Veranstaltung nämlich auch als Demonstration für eine klar verbesserte pflegerische Versorgung auf der Basis einer guten pflegerischen Personalausstattung.
Wenn Sie dabei mithelfen wollen, sind Sie herzlich zum Pflegetreff eingeladen. Eintrittsgebühren gibt es nicht, auch keine Anmeldeerfordernisse. Geben Sie die Botschaft vom Pflegetreff an Interessierte weiter. Sie helfen damit dem Anliegen „Behebung der Pflegenot“ und unterstützen uns, den Treff zu einer gelungenen Demonstration werden zu lassen.
Wir machen das übrigens alles ehrenamtlich. Sämtliche Referenten kommen ohne Honorar und ohne sonstige Kostenerstattungen.
Zum Pflegetreff können Sie sich im Internet stets aktuell über den Stand der Vorbereitungen informieren:
Quelle: viewtopic.php?t=12279
Soweit meine Ausführungen.
Auszubildende in Pflegeberufen leiden unter Zeitdruck - dpa Bildfunk
Die Sondierer haben entgegen ihren Behauptungen anscheinend in Sachen Pflege nichts verstanden. Daher passt die nachfolgende Medizinerbemerkung::
"Nicht jeder, der tat was er konnte, konnte auch, was er tat."
Gerhard Uhlenbruck, Mediziner
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Zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten ...
Am 15.01.2018 bei Facebook gepostet:
Der Pflegenotstand, zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen, ist menschenunwürdig und zugleich lebensgefährlich! Obwohl sich die Parteien vor und nach der Bundestagswahl mit Reformankündigungen überboten haben, ist das diesbezügliche Sondierungsergebnis völlig unzureichend, inakzeptabel! > viewtopic.php?f=3&t=22463 - Die Medien sind mit diesbezüglicher Kritik eher zurückhaltend, setzen andere Schwerpunkte. Selbst ein für heute angekündigter Vortrag in der VHS Neuss (> viewtopic.php?f=3&t=22463 ), bei dem über die Pflegebedürftigkeit informiert werden soll, fand bei den örtlichen Medien keine Berücksichtigung; vielleicht, weil auch kritisch auf das Sondierungsgespräch aufmerksam gemacht werden soll. Es sieht nach einer bewussten Unterlassung aus (= Lückenpresse!).
Der Pflegenotstand, zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen, ist menschenunwürdig und zugleich lebensgefährlich! Obwohl sich die Parteien vor und nach der Bundestagswahl mit Reformankündigungen überboten haben, ist das diesbezügliche Sondierungsergebnis völlig unzureichend, inakzeptabel! > viewtopic.php?f=3&t=22463 - Die Medien sind mit diesbezüglicher Kritik eher zurückhaltend, setzen andere Schwerpunkte. Selbst ein für heute angekündigter Vortrag in der VHS Neuss (> viewtopic.php?f=3&t=22463 ), bei dem über die Pflegebedürftigkeit informiert werden soll, fand bei den örtlichen Medien keine Berücksichtigung; vielleicht, weil auch kritisch auf das Sondierungsgespräch aufmerksam gemacht werden soll. Es sieht nach einer bewussten Unterlassung aus (= Lückenpresse!).
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Groko und Pflege: nichts Halbes und nichts Ganzes!
Aus Forum:
viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101776#p101776
GroKo und Pflege: nichts Halbes und nichts Ganzes!
Weidner: „Die Menschen wollen eine Reform des Pflegesystems“
Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln (DIP) begrüßt vom Grundsatz her die Fortschritte zur Regierungsbildung in Berlin und macht zugleich auf den enormen Handlungsdruck in der Pflege aufmerksam. „Die Aussagen im Sondierungspapier zu Personaluntergrenzen und -bemessung in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen, zur Vergütungsentwicklung sowie zur Stärkung der Angehörigenpflege gehen schon in die richtige Richtung“, sagte Professor Frank Weidner, Leiter des DIP. Der Pflegeforscher weist aber auch darauf hin, dass es zur ursächlichen Behebung der Pflegemisere in Deutschland deutlich mehr Mut und Inspiration braucht. „Was noch fehlt, ist ein wirksames und nennenswertes Stellenförderprogramm im gesamten Pflegebereich, Impulse für eine zukunftsorientierte, wohnortnahe Versorgung sowie ein spürbarer Investitionsschub in Arbeit, Bildung, Forschung und Innovation der Pflege. Bislang sind das bestenfalls Reparaturvorschläge, die Menschen wollen aber eine grundlegende Reform des Pflegesystems“, so Weidner.
Das DIP fordert SPD, CDU und CSU auf, in Koalitionsverhandlungen entsprechend nachzulegen. Insbesondere die Tatsache, dass es im Sondierungspapier keine Konkretisierungen für einen Stellenausbau der Pflege im Krankenhaus gebe, wird von Weidner scharf kritisiert. Im Vergleich zu 1995 fehlen in den Krankenhäusern heute rund 25.000 Stellen für die Pflege, es gibt aber fast 60.000 Stellen für die Ärzte mehr. Heute werden fast 4 Mio. Patienten jährlich mehr behandelt als noch 1995. Eine Pflegefachperson muss sich heute um 60 Patienten im Jahr kümmern, 1995 waren es noch 45. Damals arbeiteten statistisch gesehen 3,5 Pflegefachkräfte mit einem Arzt zusammen, heute sind es nur noch zwei Pflegende pro Arzt. „Die Arbeitslast für jede einzelne Pflegefachkraft hat sich alleine dadurch verdoppelt, was auch negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung hat. Die Pflege hat in den letzten 20 Jahren aufgrund des ökonomischen Drucks im Krankenhaus ganz wesentlich und mehr als alle anderen Berufsgruppen geblutet“, erläuterte Weidner.
Das DIP kritisiert, dass im Sondierungspapier kein deutliches Umsteuern für die Pflege im Krankenhaus erkennbar wird. Die Planungen von CDU, SPD und CSU, Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern auf allen bettenführenden Stationen einführen zu wollen, sind nach Ansicht des Instituts zwar richtig, aber „das werden halt Grenzen nach unten sein, die bestenfalls verhindern, dass die Relationen noch schlechter werden“, sagte Weidner. In der stationären Langzeitpflege sind von der GroKo 8.000 zusätzliche Fachkraftstellen geplant. Dies wird nach mehreren Runden der Stellenförderung von ungelernten Betreuungskräften in den vergangenen Jahren vom DIP als ein Fortschritt angesehen. Bei rund 13.500 stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind das aber gerade einmal 0,6 Stellen pro Einrichtung. Das sei angesichts des enormen Drucks in den Altenheimen „nichts Halbes und nichts Ganzes“, meinte Weidner.
Die Position der Sondierer für die Einführung eines Flächentarifvertrags in der Altenpflege hält das DIP für überfällig und empfiehlt den Tarifpartnern einen solchen Vertrag zeitnah in allen Bundesländern anzugehen und umzusetzen.
Die Forscher des DIP hatten Ende 2017 für einen Masterplan Pflege in Deutschland argumentiert und die zeitnahe Einrichtung eines Runden Tisches aller Beteiligten angeregt, 100.000 neuen Stellen in der Pflege und deutlich höhere Vergütungen gefordert sowie ein Innovationsprogramm für die Zukunft der Pflege angemahnt. Die Kosten für den Masterplan Pflege belaufen sich nach Schätzungen des DIP mittelfristig auf zusätzlich rund 12 Mrd. Euro jährlich. Das Institut plädiert auch für eine stärkere Gesamtschau in der Pflege und eine Abkehr von der berufsbezogenen Betrachtung auf Krankenpflege hier und Altenpflege dort. „In der letzten Legislatur haben die Regierungsparteien das Pflegeberufereformgesetz verabschiedet und damit einer allgemeinen Pflegeausbildung endlich die Tür geöffnet. Es ist nun dringend geboten, diesem Reformschritt weitere folgen zu lassen“, empfiehlt Weidner.
Das gemeinnützige und unabhängige Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) hat seinen Sitz in Köln an der KatHO NRW. Seit der Gründung im Jahr 2000 hat das Institut mehr als einhundertzwanzig innovative Projekte im Bereich der Pflege-, Pflegebildungs- und Versorgungsforschung durchgeführt und zahlreiche Studien zur Situation der Pflege in Deutschland veröffentlicht. Kontakt: Elke Grabenhorst, Tel: 0221/ 4 68 61 – 30, E-Mail: dip@dip.de
Quelle: Pressemitteilung vom 15.01.2018
Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. Standort Köln Hülchrather Str. 15 50670 Köln Tel. +49 (0) 221/ 46861-30 Fax +49 (0) 221/ 46861-39 E-Mail: dip@dip.de Internet: www.dip.de
http://www.dip.de/fileadmin/data/pdf/pr ... -final.pdf
viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101776#p101776
GroKo und Pflege: nichts Halbes und nichts Ganzes!
Weidner: „Die Menschen wollen eine Reform des Pflegesystems“
Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln (DIP) begrüßt vom Grundsatz her die Fortschritte zur Regierungsbildung in Berlin und macht zugleich auf den enormen Handlungsdruck in der Pflege aufmerksam. „Die Aussagen im Sondierungspapier zu Personaluntergrenzen und -bemessung in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen, zur Vergütungsentwicklung sowie zur Stärkung der Angehörigenpflege gehen schon in die richtige Richtung“, sagte Professor Frank Weidner, Leiter des DIP. Der Pflegeforscher weist aber auch darauf hin, dass es zur ursächlichen Behebung der Pflegemisere in Deutschland deutlich mehr Mut und Inspiration braucht. „Was noch fehlt, ist ein wirksames und nennenswertes Stellenförderprogramm im gesamten Pflegebereich, Impulse für eine zukunftsorientierte, wohnortnahe Versorgung sowie ein spürbarer Investitionsschub in Arbeit, Bildung, Forschung und Innovation der Pflege. Bislang sind das bestenfalls Reparaturvorschläge, die Menschen wollen aber eine grundlegende Reform des Pflegesystems“, so Weidner.
Das DIP fordert SPD, CDU und CSU auf, in Koalitionsverhandlungen entsprechend nachzulegen. Insbesondere die Tatsache, dass es im Sondierungspapier keine Konkretisierungen für einen Stellenausbau der Pflege im Krankenhaus gebe, wird von Weidner scharf kritisiert. Im Vergleich zu 1995 fehlen in den Krankenhäusern heute rund 25.000 Stellen für die Pflege, es gibt aber fast 60.000 Stellen für die Ärzte mehr. Heute werden fast 4 Mio. Patienten jährlich mehr behandelt als noch 1995. Eine Pflegefachperson muss sich heute um 60 Patienten im Jahr kümmern, 1995 waren es noch 45. Damals arbeiteten statistisch gesehen 3,5 Pflegefachkräfte mit einem Arzt zusammen, heute sind es nur noch zwei Pflegende pro Arzt. „Die Arbeitslast für jede einzelne Pflegefachkraft hat sich alleine dadurch verdoppelt, was auch negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung hat. Die Pflege hat in den letzten 20 Jahren aufgrund des ökonomischen Drucks im Krankenhaus ganz wesentlich und mehr als alle anderen Berufsgruppen geblutet“, erläuterte Weidner.
Das DIP kritisiert, dass im Sondierungspapier kein deutliches Umsteuern für die Pflege im Krankenhaus erkennbar wird. Die Planungen von CDU, SPD und CSU, Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern auf allen bettenführenden Stationen einführen zu wollen, sind nach Ansicht des Instituts zwar richtig, aber „das werden halt Grenzen nach unten sein, die bestenfalls verhindern, dass die Relationen noch schlechter werden“, sagte Weidner. In der stationären Langzeitpflege sind von der GroKo 8.000 zusätzliche Fachkraftstellen geplant. Dies wird nach mehreren Runden der Stellenförderung von ungelernten Betreuungskräften in den vergangenen Jahren vom DIP als ein Fortschritt angesehen. Bei rund 13.500 stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind das aber gerade einmal 0,6 Stellen pro Einrichtung. Das sei angesichts des enormen Drucks in den Altenheimen „nichts Halbes und nichts Ganzes“, meinte Weidner.
Die Position der Sondierer für die Einführung eines Flächentarifvertrags in der Altenpflege hält das DIP für überfällig und empfiehlt den Tarifpartnern einen solchen Vertrag zeitnah in allen Bundesländern anzugehen und umzusetzen.
Die Forscher des DIP hatten Ende 2017 für einen Masterplan Pflege in Deutschland argumentiert und die zeitnahe Einrichtung eines Runden Tisches aller Beteiligten angeregt, 100.000 neuen Stellen in der Pflege und deutlich höhere Vergütungen gefordert sowie ein Innovationsprogramm für die Zukunft der Pflege angemahnt. Die Kosten für den Masterplan Pflege belaufen sich nach Schätzungen des DIP mittelfristig auf zusätzlich rund 12 Mrd. Euro jährlich. Das Institut plädiert auch für eine stärkere Gesamtschau in der Pflege und eine Abkehr von der berufsbezogenen Betrachtung auf Krankenpflege hier und Altenpflege dort. „In der letzten Legislatur haben die Regierungsparteien das Pflegeberufereformgesetz verabschiedet und damit einer allgemeinen Pflegeausbildung endlich die Tür geöffnet. Es ist nun dringend geboten, diesem Reformschritt weitere folgen zu lassen“, empfiehlt Weidner.
Das gemeinnützige und unabhängige Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) hat seinen Sitz in Köln an der KatHO NRW. Seit der Gründung im Jahr 2000 hat das Institut mehr als einhundertzwanzig innovative Projekte im Bereich der Pflege-, Pflegebildungs- und Versorgungsforschung durchgeführt und zahlreiche Studien zur Situation der Pflege in Deutschland veröffentlicht. Kontakt: Elke Grabenhorst, Tel: 0221/ 4 68 61 – 30, E-Mail: dip@dip.de
Quelle: Pressemitteilung vom 15.01.2018
Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. Standort Köln Hülchrather Str. 15 50670 Köln Tel. +49 (0) 221/ 46861-30 Fax +49 (0) 221/ 46861-39 E-Mail: dip@dip.de Internet: www.dip.de
http://www.dip.de/fileadmin/data/pdf/pr ... -final.pdf
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Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Die Pflege fühlt sich im Stich gelassen - So die Ergebnisse des CARE Klima-Index 2017 - Kein Wunder, dass die Deutschen überlastetes Pflegepersonal in den Heimen fürchten! - Die professionelle Pflege fordert daher zu Recht glaubwürdige politische Zusagen - JETZT!
viewtopic.php?f=3&t=22465
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Sofortprogramme für Krankenhauspflege und Altenpflege gefordert
Am 18.01.2018 bei Facebook gepostet:
Sofortprogramme für Krankenhauspflege und Altenpflege! Deutscher Bundestag stellt Anträge von Bündnis90/Die Grünen vom 18.01.2017 vor. Downloadhinweise und weitere Beiträge zum Pflegenotstand: > viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101828#p101828
Sofortprogramme für Krankenhauspflege und Altenpflege! Deutscher Bundestag stellt Anträge von Bündnis90/Die Grünen vom 18.01.2017 vor. Downloadhinweise und weitere Beiträge zum Pflegenotstand: > viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101828#p101828
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Pflegenotstand - Politiker haben die Misere nicht begriffen
Ärzte Zeitung online, 19.01.2018
Personalmangel in der Pflege gefährdet Patienten
Die Gesundheitspolitik der künftigen Regierung wird einen Schwerpunkt bei Pflege setzen müssen. Davon zeigten sich Fachleute im Vorfeld des Kongress Pflege überzeugt.
Von Anno Fricke
BERLIN. In ihrem Sondierungspapier haben Union und SPD angekündigt (> https://www.aerztezeitung.de/politik_ge ... ldern.html ), die Personalausstattung in der Pflege und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dafür sollen 8000 neue Fachkraftstellen in der Behandlungspflege in Heimen geschaffen werden. Auf allen bettenführenden Abteilungen in den Krankenhäusern sollen zudem Personaluntergrenzen eingeführt werden.
Der Pflegenotstand lässt sich auch anders benennen: In den Krankenhäusern gefährde die Überlastung der Pflegedienste manifest die Patientensicherheit, sagte der Pflegewissenschaftler Michael Simon von der Hochschule Hannover. Schwere Komplikationen aufgrund von Pflegepersonalmangel reichten vom Herzstillstand, über Thromboembolie, Sepsis und Dekubitus bis hin zu Medikationsfehlern.
Mehr als 100.000 Pflegestellen fehlten schon heute in den Krankenhäusern, sagte Simon bei der Auftaktpressekonferenz zum Kongress Pflege 2018 von Springer Pflege am Donnerstag in Berlin.
… (weiter lesen unter) …. https://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=95 ... efpuryykqr
Lesen Sie dazu auch den Kommentar:
Masterplan Pflege!? >>> https://www.aerztezeitung.de/politik_ge ... flege.html
Personalmangel in der Pflege gefährdet Patienten
Die Gesundheitspolitik der künftigen Regierung wird einen Schwerpunkt bei Pflege setzen müssen. Davon zeigten sich Fachleute im Vorfeld des Kongress Pflege überzeugt.
Von Anno Fricke
BERLIN. In ihrem Sondierungspapier haben Union und SPD angekündigt (> https://www.aerztezeitung.de/politik_ge ... ldern.html ), die Personalausstattung in der Pflege und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dafür sollen 8000 neue Fachkraftstellen in der Behandlungspflege in Heimen geschaffen werden. Auf allen bettenführenden Abteilungen in den Krankenhäusern sollen zudem Personaluntergrenzen eingeführt werden.
Der Pflegenotstand lässt sich auch anders benennen: In den Krankenhäusern gefährde die Überlastung der Pflegedienste manifest die Patientensicherheit, sagte der Pflegewissenschaftler Michael Simon von der Hochschule Hannover. Schwere Komplikationen aufgrund von Pflegepersonalmangel reichten vom Herzstillstand, über Thromboembolie, Sepsis und Dekubitus bis hin zu Medikationsfehlern.
Mehr als 100.000 Pflegestellen fehlten schon heute in den Krankenhäusern, sagte Simon bei der Auftaktpressekonferenz zum Kongress Pflege 2018 von Springer Pflege am Donnerstag in Berlin.
… (weiter lesen unter) …. https://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=95 ... efpuryykqr
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Masterplan Pflege!? >>> https://www.aerztezeitung.de/politik_ge ... flege.html
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Pflegenotstand - Politiker haben die Misere nicht begriffen
Chronikbild - 20.01.2018 - bei Facebook:
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Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Bundestagssitzung am 19.01.2018 TOP 14 - Personalerhöhung in Alten- und Krankenpflege. - Die Reformvorschläge von Union und SPD sind völlig unzureichend. Bündnis90/Die Grünen präsentieren zwar höhere Stellenschlüssel und nennen Milliardenbeträge zur Finanzierung, aber auch das ist als Sanierungsrahmen für die Auflösung des Pflegenotstandes nicht auskömmlich. -
Debattenbeiträge >> http://www.bundestag.de/mediathek?video ... =mediathek
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Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Der Pflegenotstand in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besteht seit vielen Jahren und nimmt - rapide zunehmend - dramatischere Ausmaße an. In einem Statement vom 02.02.2010 habe ich die Situation aus Patientensicht bereits deutlich beschrieben und Auswege aus der Misere aufgezeigt. Diese Ausführungen sind weiter aktuell und müssen den politischen Entscheidungsträgern Veranlassung geben, sofort umfassend gegenzusteuern. Und dazu sind zigtausende neue Pflegestellen und entsprechende Finanzmittel in Milliardenhöhe erforderlich. Wer meint, den Problemen mit kleinen Schritten und bescheidenen Geldsummen nach und nach begegnen zu können, hat das Ausmaß der demografischen Entwicklung mit seinen Folgewirkungen nicht verstanden. - Es gibt sicherlich auch noch andere wichtige Betätigungsmöglichkeiten für unsere politischen Entscheidungsträger. Aber die Auflösung des Pflegenotstandes muss ohne Wenn und Aber alleroberste Priorität haben! - Werner Schell
Siehe das Statement unter folgender Adresse >>> viewtopic.php?f=4&t=22459&p=101763#p101763
Siehe u.a. auch unter
> viewtopic.php?f=4&t=22459
> viewtopic.php?f=3&t=22465
> viewtopic.php?f=4&t=22456
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Grüne plädieren für Sofortprogramme in der Pflege
Deutsches Ärzteblatt:
Grüne plädieren für Sofortprogramme in der Pflege
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat sich in zwei Anträgen dafür ausgesprochen, sofort mehr in die Förderung der Pflege zu investieren. In einem Antrag fordern sie ein Sofortprogramm in Höhe von 1,3 Milliarden ... https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... der-Pflege
Pflege: Grüne wollen Sofortprogramm > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... der-Pflege
Pflege im Krankenhaus: Krankenkassen pochen auf Gesamtkonzept > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... rankenhaus
Pflegerat fordert „Masterplan Pflege“ > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... lan-Pflege
Grüne plädieren für Sofortprogramme in der Pflege
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat sich in zwei Anträgen dafür ausgesprochen, sofort mehr in die Förderung der Pflege zu investieren. In einem Antrag fordern sie ein Sofortprogramm in Höhe von 1,3 Milliarden ... https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... der-Pflege
Pflege: Grüne wollen Sofortprogramm > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... der-Pflege
Pflege im Krankenhaus: Krankenkassen pochen auf Gesamtkonzept > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... rankenhaus
Pflegerat fordert „Masterplan Pflege“ > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... lan-Pflege
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Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Der Pflegenotstand, zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen, ist menschenunwürdig und zugleich lebensgefährlich! - Die Koalitionäre müssen ihre Vorstellungen um ein Vielfaches nachbessern. 8.000 neue Pflegekräfte lösen null Probleme. Es müssen eher 50.000 bis 80.000 (und mehr) sein! Den deutlich ausgeweiteten Stellenschlüsseln müssen umfassende Qualifizierungsmaßnahmen folgen. Die Tarifvertragsparteien sind im Übrigen wg. höherer Vergütungen gefordert. "Geflüchtete" Pflegekräfte können so für eine Rückkehr ins Pflegesystem gewonnen werden.
Zu all dem passt die Aussage: >>>> "Man sollte an allen Fronten für Klärung sorgen, und zwar sofort und ohne jede Verzögerung." ….
>>> viewtopic.php?f=4&t=22459&p=102116#p102116
>>> viewtopic.php?f=3&t=22474&p=102124#p102124
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Pflegenotstand und keine Ende ...
Aus Forum:
viewtopic.php?f=4&t=22459&p=102187#p102187
Union und SPD haben sich in eine Neuauflage der GroKo gerettet. Bei einer Neuwahl hätten diese Parteien laut aktueller Umfragen keine Mehrheit mehr. Also war ein "weiter so" die scheinbar beste Lösung. Es wäre eigentlich vieles anzumerken, auch zu einigen handelnden Personen. - Wenn man aber nur die demografische Entwicklung mit ihren Folgewirkungen in den Blick nimmt, stellt man fest, dass dieses Thema keine ernsthafte Rolle bei den Koalitionären gespielt haben kann. Denn was zum Gesundheits- und Pflegesystem in der Koalitionsvereinbarung ausgeführt worden ist, muss mehr als dünn bezeichnet werden. Es wird so auf diesen Gebieten kein einziges Problem gelöst. Daher wird uns z.B. der Pflegenotstand - zu wenig Pflegekräfte für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - erhalten bleiben und die Versorgung der kranken und pflegebedürftigen Menschen bleibt inakzeptabel mängelbehaftet. Das ist menschenunwürdig und zudem lebensgefährlich. - Und das muss auch gesagt werden dürfen!
viewtopic.php?f=4&t=22459&p=102187#p102187
Union und SPD haben sich in eine Neuauflage der GroKo gerettet. Bei einer Neuwahl hätten diese Parteien laut aktueller Umfragen keine Mehrheit mehr. Also war ein "weiter so" die scheinbar beste Lösung. Es wäre eigentlich vieles anzumerken, auch zu einigen handelnden Personen. - Wenn man aber nur die demografische Entwicklung mit ihren Folgewirkungen in den Blick nimmt, stellt man fest, dass dieses Thema keine ernsthafte Rolle bei den Koalitionären gespielt haben kann. Denn was zum Gesundheits- und Pflegesystem in der Koalitionsvereinbarung ausgeführt worden ist, muss mehr als dünn bezeichnet werden. Es wird so auf diesen Gebieten kein einziges Problem gelöst. Daher wird uns z.B. der Pflegenotstand - zu wenig Pflegekräfte für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - erhalten bleiben und die Versorgung der kranken und pflegebedürftigen Menschen bleibt inakzeptabel mängelbehaftet. Das ist menschenunwürdig und zudem lebensgefährlich. - Und das muss auch gesagt werden dürfen!
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Pflegenotstand und keine Ende ...
Aus Forum:
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pressemitteilung vom 19.02.2018
• Der Pflegenotstand - zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - ist menschenunwürdig und zugleich lebensgefährlich! Dieser Zustand wird nicht aufgelöst, er wird sich eher weiterhin verschärfen!
• Union und SPD verdeutlichen nämlich mit ihren zaghaften und in viele Richtungen deutbaren pflegepolitischen Koalitionsvereinbarungen zur Bildung einer Neuauflage der GroKo, dass die demografische Entwicklung und die dringlichen Handlungserfordernisse entgegen allen Ankündigungen verkannt worden sind.
Union und SPD haben sich in eine Neuauflage der GroKo gerettet. Bei einer Neuwahl hätten diese Parteien laut aktueller Umfragen keine Mehrheit mehr. Also wird ein "weiter so" als die scheinbar beste Lösung gesehen. Es wäre eigentlich vieles anzumerken, auch zu einigen handelnden Personen.
Wenn man aber nur die demografische Entwicklung mit ihren Auswirkungen für das gesellschaftliche Miteinander in den Blick nimmt, stellt man fest, dass dieses Thema keine wirklich ernsthafte Rolle bei den Koalitionären gespielt haben kann. Denn was zum Gesundheits- und Pflegesystem im Koalitionsvertrag ausgeführt worden ist, muss mehr als dünn bezeichnet werden. Klare Festlegungen zur Auflösung des Pflegenotstandes fehlen, vieles erscheint in alle Richtungen deutungsfähig. Es wird so auf diesen Gebieten kaum ein Problem nachhaltig gelöst werden können.
Daher wird uns der Pflegenotstand - zu wenig Pflegekräfte für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - erhalten bleiben. Die Versorgung der kranken und pflegebedürftigen Menschen wird inakzeptabel mängelbehaftet bleiben. Das ist menschenunwürdig und zudem lebensgefährlich. Die Vorgaben des Grundgesetzes (z.B. Artikel 1, 2 und 104) und der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen werden missachtet. - Und das muss gesagt werden dürfen!
Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen 8.000 neuen Stellen für Pflegekräfte können keine ernsthafte Verbesserung der pflegerischen Versorgung gewährleisten. Es müssen eher 50.000 bis 80.000 (und mehr) zusätzliche Stellen sein! Den deutlich auszuweitenden Stellenschlüsseln müssen umfassende Qualifizierungsmaßnahmen folgen. Die Tarifvertragsparteien sind im Übrigen wegen höherer Vergütungen gefordert. Denn hinsichtlich der Vergütungshöhe haben die politischen Gremien keine Kompetenz. Die im Pflegemarkt eingebundenen christlich ausgerichteten Sozialverbände könnten insoweit eine entscheidende Mitwirkungs- bzw. Vorreiterfunktion übernehmen. "Geflüchtete" Pflegekräfte könnten so für eine Rückkehr ins Pflegesystem gewonnen werden.
Die Vereinbarungen von Union und SPD zur Pflege sind - entgegen vielversprechenden Ankündigungen - nicht geeignet, die aktuellen und zukünftigen Probleme der Versorgung der pflegebedürftigen Menschen abzumildern oder gar aufzulösen.
Interessant ist, dass die "Jamaika"-Sondierer bei ihren Überlegungen zur Reform des Pflegesystems um ein Mehrfaches weiter waren und ihre deutlich besseren Reformerwägungen mit den entsprechenden Finanzmitteln unterlegt hatten. Davon sind Union und SPD, trotz vollmundiger Ankündigungen, abgerückt. Die Pflege wurde offensichtlich in ihrer Bedeutung klar zurückgestuft.
Auf keinen Fall ist bei weiteren Reformerwägungen akzeptabel, die geltende Fachkraftquote von 50% zur Disposition zu stellen. Angesichts der zunehmenden Zahl von niedrig qualifizierten Betreuungsassistenten mit zum Teil unzureichenden Sprachkenntnissen ist eher an eine Aufstockung der Fachkraftquote zu denken. Betreuungsassistenten dürfen keine Pflegeleistungen erbringen und sind somit für eine Auflösung des Pflegenotstandes nicht wirklich hilfreich. Dies auch deshalb nicht, weil in den Pflegeeinrichtungen zunehmend die schwerstpflegebedürftigen Menschen zu versorgen sind. Und insoweit ist wegen der gebotenen Pflegeerfordernisse (= pflegewissenschaftliche Standards in großer Zahl usw. - siehe auch § 11 SGB XI) eher mehr Fachpersonal erforderlich.
Es ist bekannt, dass zur Zeit Fachpersonal nur schwer zu gewinnen ist. Im Dezember 2017 meldete die Bundesagentur für Arbeit bereits 24.000 unbesetzte Stellen in der Altenpflege. Daher muss das Pflegesystem JETZT, ohne Zögern, grundlegend reformiert und zukunftsfest gemacht werden. Den Pflegekräften, und die es werden wollen (einschließlich BerufsrückkehrerInnen), müssen schnellstmöglich bessere Rahmenbedingungen präsentiert werden. Solange es insoweit keine eindeutigen Klarstellungen gibt, wird es mit der gebotenen Qualifizierungs- und Einstellungsoffensive nichts werden.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat bereits wiederholt bemerkt, dass der Ruf nach (weiteren) Flüchtlingen für die Pflege übrigens keine Lösung sein kann. Für eine pflegerische Tätigkeit einschließlich Betreuung sind nicht nur entsprechende Qualifizierungen nach westeuropäischen Standards erforderlich, sondern auch eine gute Sprachkompetenz. Es reicht insoweit nicht aus, soeben mal einen Sprachkurs besucht zu haben und über einen bescheidenen Wortschatz zu verfügen. Wer meint, mit Langzeitarbeitslosen, Schleckerfrauen und jetzt mit Flüchtlingen den Pflegenotstand auflösen zu können, erliegt einem gewaltigen Irrtum und wird die Qualität der Leistungen des Pflegesystems nur weiter verschlechtern. Es ist bereits jetzt so, dass in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen allzu viele Personen angestellt sind, die sprachlich klare Defizite haben. Dem muss Einhalt geboten werden. - Natürlich spricht nichts dagegen, zugewanderte Personen dann in der Pflege zu beschäftigen, wenn sie dafür wirklich geeignet, qualifiziert und sprachlich kompetent sind.
Aus hiesiger Sicht ist im Koalitionsvertrag kein geeignetes "Reformpaket Pflege" zu erkennen. Es geht vornehmlich um in viele Richtungen deutungsfähige Absichtserklärungen. Die finanziell gut dotierten Zielsetzungen von Union und SPD liegen in völlig anderen Bereichen und werden finanzpolitisch kaum zu bewältigen sein. Die anstehende Koalition hat sich anscheinend vorgenommen, die bisherige Ausgabenpolitik fortzusetzen und damit die nachfolgenden Generationen unzumutbar zu belasten. Es war daher bereits in der Vergangenheit geboten, die bisherige GroKo im Zusammenhang mit ihrer Geschenkepolitik zu kritisieren. Offensichtlich soll diese Politik aber hemmungslos fortgesetzt werden, ohne strukturelle Probleme, z.B. im Renten-, Gesundheits- und Pflegesystem, wirkungsvoll anzupacken. Es ist offensichtlich ein Koalitionspaket nach dem Motto "weiter wie bisher" oder "Machterhalt um jeden Preis" geschnürt worden. Und dies kann so, vor allem aus pflegepolitischer Sicht, keine Zustimmung erfahren!
Im Übrigen ist aus aktuellem Anlass zu bemerken:
In den Medien wird darüber informiert, dass ein führender Gesundheitspolitiker den Pflegekräften eine Mitschuld am Nachwuchsmangel in der Pflegebranche gegeben hat. Diese Mitschuld sei darin begründet, dass PflegerInnen zu schlecht über ihren Beruf reden würden. Diese Info stößt auf massive Kritik – vor allem beim Pflegepersonal selbst. Dieser Kritik ist zuzustimmen. Eine inzwischen bekannt gewordene Differenzierung der Anschuldigungen wird die Pflegekräfte kaum zufrieden stellen können. Es ist nicht zu fassen, wie mit Wortspielen die Fakten verdreht und angebliche Verantwortlichkeiten verschoben werden können! Nicht die Pflegekräfte müssen für das schlechte Image der Pflege verantwortlich gemacht werden, sondern in erster Linie diejenigen, die die bekannten unzureichenden Pflege-Rahmenbedingen gestaltet bzw. zugelassen haben. Danach liegt der "schwarze Peter" klar im Feld der politisch Verantwortlichen.
Es ist tatsächlich so, dass es in unterschiedlicher Ausprägung erhebliche Mängel im Pflegesystem gibt. Der jüngste MDS-Qualitätsbericht, vorgestellt am 01.02.2018, informiert insoweit erneut. U.a. werden eindeutige Mängel in der Schmerzerfassung und Wundversorgung beschrieben. Weiterhin sind vermeidbare freiheitsentziehende Maßnahmen in großer Zahl zu beklagen.
Es ist also schwierig, die Pflege-Rahmenbedingungen positiv darzustellen. Pflegekräfte sind sogar nach dem Arbeitsschutzrecht in der Rechtspflicht, den Arbeitgeber auf Mängel und Überlastungen aufmerksam zu machen. Dies ist durch ein Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 14.12.2017 eindrucksvoll bestätigt worden. Dieser jüngst bestätigten Verpflichtung gerecht zu werden, ist für Pflegekräfte aber nicht einfach. Zahlreiche Einrichtungen und Führungskräfte erklären den Beschäftigten in aller Deutlichkeit, keine Überlastungs- bzw. Gefährdungsanzeigen entgegen nehmen zu wollen. Es wird bei Nichtbeachtung solcher Hinweise sogar mit Abmahnung und Kündigung gedroht (vgl. auch Werner Schell: "Gefährdungs- bzw. Überlastungsanzeigen sind Rechtspflicht und haftungsrechtliche Entlastungsgrundlage für die Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen", Zeitschrift "Kinderkrankenschwester, Ausgabe Februar 2018).
Zur Klarstellung muss aber erwähnt werden, dass die Ablieferung der hier angesprochenen Anzeigen keine Pflegekraft von der Pflicht entbindet, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die arbeitsvertraglichen Dienstleistungen mit der erforderlichen Sorgfalt zu erbringen. Es muss in diesem Zusammenhang gegebenenfalls abgewogen werden, bei personellen Engpässen solchen Dienstleistungen Vorrang einzuräumen, denen mit Blick auf eine gute und angemessene Pflege ein besondere Priorität zuzuordnen ist. Die Gewährleistung menschenwürdiger Pflege muss immer oberste Priorität haben!
Dass den Führungskräften in Pflegeeinrichtungen eine besondere Verantwortung zur Gewährleistung ordentlicher Dienstleistungen obliegt, muss an dieser Stelle auch Erwähnung finden. Dort, wo es nämlich gute organisatorische und personelle Strukturen auf der Führungsebene gibt, werden nach einhelliger Meinung aller Pflegeexperten bessere Dienstleistungen erbracht als in den Einrichtungen, wo es in der Führungsetage Probleme gibt und diesbezüglichen Mängeln nicht selten mit häufigen Wechseln der Leitungskräfte begegnet wird. Bekanntlich "stinkt der Fisch vom Kopf her".
Und daher muss angemahnt werden, bei der Wahrnehmung aufsichtsrechtlicher Aufgaben besonders auf gute und funktionierende Führungsstrukturen zu achten. Es ist bekannt, dass dort, wo die Leitungskräfte gute Arbeit leisten, auch bessere Pflegeleistungen erbracht werden können. In solchen Fällen wird dann auch gerne von sog. "guten Heimen" gesprochen.
Zu den MDS-Qualitätsberichten muss im Übrigen angemerkt werden, dass sie sich im Wesentlichen auf die in den Einrichtungen geführte Pflegedokumentationen stützen. Diese Dokumentationen sind aber in den letzten Jahren so perfektioniert worden, dass sie nach Möglichkeit auch bei einer unangemeldeten Kontrolle des MDK möglichst gute und fehlerfreie Dienstleistungen suggerieren. Dem muss u.a. dadurch entgegen getreten werden, dass die Prüfungen in den Pflegeeinrichtungen im Wesentlichen auf die Ergebnisqualität abgestellt werden. Die Prüfer müssen die einzelnen HeimbewohnerInnen aufsuchen und - soweit möglich - mit ihnen oder deren Rechtsvertreter Kontakt aufnehmen. Dies würde auch den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Bei solchen auf die Ergebnisqualität abzielenden Prüfungen müsste z.B. auch die Arzneimittelversorgung der pflegebedürftigen Menschen in aller Gründlichkeit hinterfragt werden. Es wird nämlich seit Jahren in einschlägigen Studien und Statements beklagt, dass zu viele und zum Teil falsche Medikamente verordnet bzw. verabreicht werden (= Polypharmazie). Dieser Fehlentwicklung muss endlich Einhalt geboten werden. Die mittlerweile vorgeschriebenen Medikamentenpläne werden die Arzneimittel - Versorgungsmissstände allein nicht lösen können.
Mitschuld an dem schlechten Image der Altenpflege haben auf jeden Fall einige Medien. Denn diese sind seit vielen Jahren bemüht, schwerpunktmäßig über Pflegeskandale zu berichten und Mängel mit entsprechendem Bildmaterial aufzuzeigen ("das Kind muss eindrucksvoll im Brunnen liegen"). In diesem Zusammenhang gibt es ständig Redaktionsanfragen. Dabei wird von hier immer wieder deutlich gemacht, dass nicht nur Probleme und Mängel, sondern damit verbunden auch konstruktive Handlungsanforderungen vorgestellt werden sollten. Daran ist man aber eher nicht interessiert.
Und was noch wichtig ist:
Ungeachtet der Erfordernisse, die stationäre Pflege v.a. durch eine deutliche Aufstockung der Stellenschlüssel zu stärken, muss angesichts der demografischen Entwicklung dem Grundsatz "ambulant vor stationär" mehr Geltung verschafft werden. Daher ist die wohnortnahe Gestaltung bzw. Finanzierung von kommunalen Quartierskonzepten, die in vielfältiger Weise Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Patienten sowie für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige vorsehen, zwingend geboten. Insoweit enthält der Koalitionsvertrag keine konkreten Hinweise. Es wird nur von präventiven Hausbesuchen gesprochen, die auf der Grundlage des Präventionsgesetzes (in bescheidener Form) gefördert werden können. Solche Hausbesuche sind allenfalls ein Teilleistungsangebot im Rahmen einer breit gefächerten Quartiersarbeit. Hausbesuche dieser Art werden u.a. musterhaft in Neuss-Erfttal bereits als „Lotsenpunkt“ - Arbeit praktiziert und sind aufgrund gemachter Erfahrungen für die von Krankheit und Pflege betroffenen Personen und deren Angehörige ganz wichtige Unterstützungsleistungen, die eine Aufnahme in einer stationären Einrichtung hinaus zögern oder ganz entbehrlich machen können. Leider scheinen die Erkenntnisse, solche Quartiershilfen mit professionellen Strukturen in den Kommunen anbieten zu müssen, in den entscheidenden politischen Diskussionen (noch) nicht angekommen zu sein.
Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag, die sich im Abschnitt "Familien und Kinder im Mittelpunkt" mit den "Seniorinnen und Senioren" befassen, sind im Übrigen sehr allgemein gehalten und lassen nicht erkennen, dass damit eine zielgerichtete Realisierung von altengerechten Quartiershilfen als Ergänzung zur pflegerischen Versorgung gemeint sein kann. Es geht bei diesen Ausführungen vornehmlich um Ankündigungen, die wohnungspolitische Aktivitäten betreffen.
Es wird nach all dem erforderlich sein, die zweifelsfrei in großer Zahl bestehenden Pflegeprobleme noch einmal ernsthaft zu analysieren und die Handlungserfordernisse für die politischen Entscheidungsträger ganz konkret aufzuzeigen. Die Hoffnung, dass die insoweit verantwortlichen Politiker die erforderlichen pflegepolitischen Maßnahmen nachbessern, darf nicht aufgegeben werden. Daher soll beim nächsten Neusser Pflegetreff (angedacht Mai 2018) nochmals mit einem hochkarätig besetzten Podium auf entsprechende Handlungserfordernisse eingegangen werden.
Letztlich sind wir alle aufgefordert, an der Verbesserung der Pflege, Betreuung und sonstigen Versorgung der Patienten und pflegebedürftigen Menschen im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten mitzuwirken. Neben der jedem Einzelnen obliegenden Pflicht zur Eigenvorsorge muss auch eine (moralische) Pflicht aller BürgerInnen gesehen werden, im Rahmen der konkret gegebenen Möglichkeiten bei der Gestaltung und einem guten Gelingen gesundheitlicher und pflegerischer Strukturen mitzuwirken. Dies kann zum Beispiel durch ehrenamtliche Aktivitäten bei den altengerechten Quartiershilfen (zur Umsetzung des Grundsatzes "ambulant vor stationär") geschehen. - Jammern allein ist nicht wirklich hilfreich!
Werner Schell,
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Infos auch bei https://www.facebook.com/werner.schell.7 bzw. https://twitter.com/SchellWerner
+++
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
tritt für wirksame Patientenrechte und deren Durchsetzung ein.
unterstützt im Rahmen der Selbsthilfe auch Patienten mit Schlaganfall einschließlich deren Angehörige.
ist Mitgründer und Mitglied bei "Runder Tisch Demenz" (Neuss).
+++
Weitere Anmerkungen:
Auf die Reformerfordernisse im Gesundheits- und Pflegesystem macht Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk seit vielen Jahren aufmerksam und hat immer wieder entsprechende Handlungserfordernisse aufgezeigt, dies u.a. bei den Neusser Pflegetreffs. Siehe insoweit z.B. unter:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 082015.pdf
viewtopic.php?f=6&t=21070
Zu den aktuellen Sonderierungs- und Koalitionsgesprächen gibt es zahlreiche Beiträge, z.B. unter:
viewtopic.php?f=4&t=22459
viewtopic.php?f=4&t=22504
viewtopic.php?f=3&t=22463
viewtopic.php?f=3&t=22465
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pressemitteilung vom 19.02.2018
• Der Pflegenotstand - zu wenig Pflegepersonal für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - ist menschenunwürdig und zugleich lebensgefährlich! Dieser Zustand wird nicht aufgelöst, er wird sich eher weiterhin verschärfen!
• Union und SPD verdeutlichen nämlich mit ihren zaghaften und in viele Richtungen deutbaren pflegepolitischen Koalitionsvereinbarungen zur Bildung einer Neuauflage der GroKo, dass die demografische Entwicklung und die dringlichen Handlungserfordernisse entgegen allen Ankündigungen verkannt worden sind.
Union und SPD haben sich in eine Neuauflage der GroKo gerettet. Bei einer Neuwahl hätten diese Parteien laut aktueller Umfragen keine Mehrheit mehr. Also wird ein "weiter so" als die scheinbar beste Lösung gesehen. Es wäre eigentlich vieles anzumerken, auch zu einigen handelnden Personen.
Wenn man aber nur die demografische Entwicklung mit ihren Auswirkungen für das gesellschaftliche Miteinander in den Blick nimmt, stellt man fest, dass dieses Thema keine wirklich ernsthafte Rolle bei den Koalitionären gespielt haben kann. Denn was zum Gesundheits- und Pflegesystem im Koalitionsvertrag ausgeführt worden ist, muss mehr als dünn bezeichnet werden. Klare Festlegungen zur Auflösung des Pflegenotstandes fehlen, vieles erscheint in alle Richtungen deutungsfähig. Es wird so auf diesen Gebieten kaum ein Problem nachhaltig gelöst werden können.
Daher wird uns der Pflegenotstand - zu wenig Pflegekräfte für immer mehr Patienten und pflegebedürftige Menschen - erhalten bleiben. Die Versorgung der kranken und pflegebedürftigen Menschen wird inakzeptabel mängelbehaftet bleiben. Das ist menschenunwürdig und zudem lebensgefährlich. Die Vorgaben des Grundgesetzes (z.B. Artikel 1, 2 und 104) und der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen werden missachtet. - Und das muss gesagt werden dürfen!
Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen 8.000 neuen Stellen für Pflegekräfte können keine ernsthafte Verbesserung der pflegerischen Versorgung gewährleisten. Es müssen eher 50.000 bis 80.000 (und mehr) zusätzliche Stellen sein! Den deutlich auszuweitenden Stellenschlüsseln müssen umfassende Qualifizierungsmaßnahmen folgen. Die Tarifvertragsparteien sind im Übrigen wegen höherer Vergütungen gefordert. Denn hinsichtlich der Vergütungshöhe haben die politischen Gremien keine Kompetenz. Die im Pflegemarkt eingebundenen christlich ausgerichteten Sozialverbände könnten insoweit eine entscheidende Mitwirkungs- bzw. Vorreiterfunktion übernehmen. "Geflüchtete" Pflegekräfte könnten so für eine Rückkehr ins Pflegesystem gewonnen werden.
Die Vereinbarungen von Union und SPD zur Pflege sind - entgegen vielversprechenden Ankündigungen - nicht geeignet, die aktuellen und zukünftigen Probleme der Versorgung der pflegebedürftigen Menschen abzumildern oder gar aufzulösen.
Interessant ist, dass die "Jamaika"-Sondierer bei ihren Überlegungen zur Reform des Pflegesystems um ein Mehrfaches weiter waren und ihre deutlich besseren Reformerwägungen mit den entsprechenden Finanzmitteln unterlegt hatten. Davon sind Union und SPD, trotz vollmundiger Ankündigungen, abgerückt. Die Pflege wurde offensichtlich in ihrer Bedeutung klar zurückgestuft.
Auf keinen Fall ist bei weiteren Reformerwägungen akzeptabel, die geltende Fachkraftquote von 50% zur Disposition zu stellen. Angesichts der zunehmenden Zahl von niedrig qualifizierten Betreuungsassistenten mit zum Teil unzureichenden Sprachkenntnissen ist eher an eine Aufstockung der Fachkraftquote zu denken. Betreuungsassistenten dürfen keine Pflegeleistungen erbringen und sind somit für eine Auflösung des Pflegenotstandes nicht wirklich hilfreich. Dies auch deshalb nicht, weil in den Pflegeeinrichtungen zunehmend die schwerstpflegebedürftigen Menschen zu versorgen sind. Und insoweit ist wegen der gebotenen Pflegeerfordernisse (= pflegewissenschaftliche Standards in großer Zahl usw. - siehe auch § 11 SGB XI) eher mehr Fachpersonal erforderlich.
Es ist bekannt, dass zur Zeit Fachpersonal nur schwer zu gewinnen ist. Im Dezember 2017 meldete die Bundesagentur für Arbeit bereits 24.000 unbesetzte Stellen in der Altenpflege. Daher muss das Pflegesystem JETZT, ohne Zögern, grundlegend reformiert und zukunftsfest gemacht werden. Den Pflegekräften, und die es werden wollen (einschließlich BerufsrückkehrerInnen), müssen schnellstmöglich bessere Rahmenbedingungen präsentiert werden. Solange es insoweit keine eindeutigen Klarstellungen gibt, wird es mit der gebotenen Qualifizierungs- und Einstellungsoffensive nichts werden.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat bereits wiederholt bemerkt, dass der Ruf nach (weiteren) Flüchtlingen für die Pflege übrigens keine Lösung sein kann. Für eine pflegerische Tätigkeit einschließlich Betreuung sind nicht nur entsprechende Qualifizierungen nach westeuropäischen Standards erforderlich, sondern auch eine gute Sprachkompetenz. Es reicht insoweit nicht aus, soeben mal einen Sprachkurs besucht zu haben und über einen bescheidenen Wortschatz zu verfügen. Wer meint, mit Langzeitarbeitslosen, Schleckerfrauen und jetzt mit Flüchtlingen den Pflegenotstand auflösen zu können, erliegt einem gewaltigen Irrtum und wird die Qualität der Leistungen des Pflegesystems nur weiter verschlechtern. Es ist bereits jetzt so, dass in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen allzu viele Personen angestellt sind, die sprachlich klare Defizite haben. Dem muss Einhalt geboten werden. - Natürlich spricht nichts dagegen, zugewanderte Personen dann in der Pflege zu beschäftigen, wenn sie dafür wirklich geeignet, qualifiziert und sprachlich kompetent sind.
Aus hiesiger Sicht ist im Koalitionsvertrag kein geeignetes "Reformpaket Pflege" zu erkennen. Es geht vornehmlich um in viele Richtungen deutungsfähige Absichtserklärungen. Die finanziell gut dotierten Zielsetzungen von Union und SPD liegen in völlig anderen Bereichen und werden finanzpolitisch kaum zu bewältigen sein. Die anstehende Koalition hat sich anscheinend vorgenommen, die bisherige Ausgabenpolitik fortzusetzen und damit die nachfolgenden Generationen unzumutbar zu belasten. Es war daher bereits in der Vergangenheit geboten, die bisherige GroKo im Zusammenhang mit ihrer Geschenkepolitik zu kritisieren. Offensichtlich soll diese Politik aber hemmungslos fortgesetzt werden, ohne strukturelle Probleme, z.B. im Renten-, Gesundheits- und Pflegesystem, wirkungsvoll anzupacken. Es ist offensichtlich ein Koalitionspaket nach dem Motto "weiter wie bisher" oder "Machterhalt um jeden Preis" geschnürt worden. Und dies kann so, vor allem aus pflegepolitischer Sicht, keine Zustimmung erfahren!
Im Übrigen ist aus aktuellem Anlass zu bemerken:
In den Medien wird darüber informiert, dass ein führender Gesundheitspolitiker den Pflegekräften eine Mitschuld am Nachwuchsmangel in der Pflegebranche gegeben hat. Diese Mitschuld sei darin begründet, dass PflegerInnen zu schlecht über ihren Beruf reden würden. Diese Info stößt auf massive Kritik – vor allem beim Pflegepersonal selbst. Dieser Kritik ist zuzustimmen. Eine inzwischen bekannt gewordene Differenzierung der Anschuldigungen wird die Pflegekräfte kaum zufrieden stellen können. Es ist nicht zu fassen, wie mit Wortspielen die Fakten verdreht und angebliche Verantwortlichkeiten verschoben werden können! Nicht die Pflegekräfte müssen für das schlechte Image der Pflege verantwortlich gemacht werden, sondern in erster Linie diejenigen, die die bekannten unzureichenden Pflege-Rahmenbedingen gestaltet bzw. zugelassen haben. Danach liegt der "schwarze Peter" klar im Feld der politisch Verantwortlichen.
Es ist tatsächlich so, dass es in unterschiedlicher Ausprägung erhebliche Mängel im Pflegesystem gibt. Der jüngste MDS-Qualitätsbericht, vorgestellt am 01.02.2018, informiert insoweit erneut. U.a. werden eindeutige Mängel in der Schmerzerfassung und Wundversorgung beschrieben. Weiterhin sind vermeidbare freiheitsentziehende Maßnahmen in großer Zahl zu beklagen.
Es ist also schwierig, die Pflege-Rahmenbedingungen positiv darzustellen. Pflegekräfte sind sogar nach dem Arbeitsschutzrecht in der Rechtspflicht, den Arbeitgeber auf Mängel und Überlastungen aufmerksam zu machen. Dies ist durch ein Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 14.12.2017 eindrucksvoll bestätigt worden. Dieser jüngst bestätigten Verpflichtung gerecht zu werden, ist für Pflegekräfte aber nicht einfach. Zahlreiche Einrichtungen und Führungskräfte erklären den Beschäftigten in aller Deutlichkeit, keine Überlastungs- bzw. Gefährdungsanzeigen entgegen nehmen zu wollen. Es wird bei Nichtbeachtung solcher Hinweise sogar mit Abmahnung und Kündigung gedroht (vgl. auch Werner Schell: "Gefährdungs- bzw. Überlastungsanzeigen sind Rechtspflicht und haftungsrechtliche Entlastungsgrundlage für die Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen", Zeitschrift "Kinderkrankenschwester, Ausgabe Februar 2018).
Zur Klarstellung muss aber erwähnt werden, dass die Ablieferung der hier angesprochenen Anzeigen keine Pflegekraft von der Pflicht entbindet, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die arbeitsvertraglichen Dienstleistungen mit der erforderlichen Sorgfalt zu erbringen. Es muss in diesem Zusammenhang gegebenenfalls abgewogen werden, bei personellen Engpässen solchen Dienstleistungen Vorrang einzuräumen, denen mit Blick auf eine gute und angemessene Pflege ein besondere Priorität zuzuordnen ist. Die Gewährleistung menschenwürdiger Pflege muss immer oberste Priorität haben!
Dass den Führungskräften in Pflegeeinrichtungen eine besondere Verantwortung zur Gewährleistung ordentlicher Dienstleistungen obliegt, muss an dieser Stelle auch Erwähnung finden. Dort, wo es nämlich gute organisatorische und personelle Strukturen auf der Führungsebene gibt, werden nach einhelliger Meinung aller Pflegeexperten bessere Dienstleistungen erbracht als in den Einrichtungen, wo es in der Führungsetage Probleme gibt und diesbezüglichen Mängeln nicht selten mit häufigen Wechseln der Leitungskräfte begegnet wird. Bekanntlich "stinkt der Fisch vom Kopf her".
Und daher muss angemahnt werden, bei der Wahrnehmung aufsichtsrechtlicher Aufgaben besonders auf gute und funktionierende Führungsstrukturen zu achten. Es ist bekannt, dass dort, wo die Leitungskräfte gute Arbeit leisten, auch bessere Pflegeleistungen erbracht werden können. In solchen Fällen wird dann auch gerne von sog. "guten Heimen" gesprochen.
Zu den MDS-Qualitätsberichten muss im Übrigen angemerkt werden, dass sie sich im Wesentlichen auf die in den Einrichtungen geführte Pflegedokumentationen stützen. Diese Dokumentationen sind aber in den letzten Jahren so perfektioniert worden, dass sie nach Möglichkeit auch bei einer unangemeldeten Kontrolle des MDK möglichst gute und fehlerfreie Dienstleistungen suggerieren. Dem muss u.a. dadurch entgegen getreten werden, dass die Prüfungen in den Pflegeeinrichtungen im Wesentlichen auf die Ergebnisqualität abgestellt werden. Die Prüfer müssen die einzelnen HeimbewohnerInnen aufsuchen und - soweit möglich - mit ihnen oder deren Rechtsvertreter Kontakt aufnehmen. Dies würde auch den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Bei solchen auf die Ergebnisqualität abzielenden Prüfungen müsste z.B. auch die Arzneimittelversorgung der pflegebedürftigen Menschen in aller Gründlichkeit hinterfragt werden. Es wird nämlich seit Jahren in einschlägigen Studien und Statements beklagt, dass zu viele und zum Teil falsche Medikamente verordnet bzw. verabreicht werden (= Polypharmazie). Dieser Fehlentwicklung muss endlich Einhalt geboten werden. Die mittlerweile vorgeschriebenen Medikamentenpläne werden die Arzneimittel - Versorgungsmissstände allein nicht lösen können.
Mitschuld an dem schlechten Image der Altenpflege haben auf jeden Fall einige Medien. Denn diese sind seit vielen Jahren bemüht, schwerpunktmäßig über Pflegeskandale zu berichten und Mängel mit entsprechendem Bildmaterial aufzuzeigen ("das Kind muss eindrucksvoll im Brunnen liegen"). In diesem Zusammenhang gibt es ständig Redaktionsanfragen. Dabei wird von hier immer wieder deutlich gemacht, dass nicht nur Probleme und Mängel, sondern damit verbunden auch konstruktive Handlungsanforderungen vorgestellt werden sollten. Daran ist man aber eher nicht interessiert.
Und was noch wichtig ist:
Ungeachtet der Erfordernisse, die stationäre Pflege v.a. durch eine deutliche Aufstockung der Stellenschlüssel zu stärken, muss angesichts der demografischen Entwicklung dem Grundsatz "ambulant vor stationär" mehr Geltung verschafft werden. Daher ist die wohnortnahe Gestaltung bzw. Finanzierung von kommunalen Quartierskonzepten, die in vielfältiger Weise Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Patienten sowie für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige vorsehen, zwingend geboten. Insoweit enthält der Koalitionsvertrag keine konkreten Hinweise. Es wird nur von präventiven Hausbesuchen gesprochen, die auf der Grundlage des Präventionsgesetzes (in bescheidener Form) gefördert werden können. Solche Hausbesuche sind allenfalls ein Teilleistungsangebot im Rahmen einer breit gefächerten Quartiersarbeit. Hausbesuche dieser Art werden u.a. musterhaft in Neuss-Erfttal bereits als „Lotsenpunkt“ - Arbeit praktiziert und sind aufgrund gemachter Erfahrungen für die von Krankheit und Pflege betroffenen Personen und deren Angehörige ganz wichtige Unterstützungsleistungen, die eine Aufnahme in einer stationären Einrichtung hinaus zögern oder ganz entbehrlich machen können. Leider scheinen die Erkenntnisse, solche Quartiershilfen mit professionellen Strukturen in den Kommunen anbieten zu müssen, in den entscheidenden politischen Diskussionen (noch) nicht angekommen zu sein.
Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag, die sich im Abschnitt "Familien und Kinder im Mittelpunkt" mit den "Seniorinnen und Senioren" befassen, sind im Übrigen sehr allgemein gehalten und lassen nicht erkennen, dass damit eine zielgerichtete Realisierung von altengerechten Quartiershilfen als Ergänzung zur pflegerischen Versorgung gemeint sein kann. Es geht bei diesen Ausführungen vornehmlich um Ankündigungen, die wohnungspolitische Aktivitäten betreffen.
Es wird nach all dem erforderlich sein, die zweifelsfrei in großer Zahl bestehenden Pflegeprobleme noch einmal ernsthaft zu analysieren und die Handlungserfordernisse für die politischen Entscheidungsträger ganz konkret aufzuzeigen. Die Hoffnung, dass die insoweit verantwortlichen Politiker die erforderlichen pflegepolitischen Maßnahmen nachbessern, darf nicht aufgegeben werden. Daher soll beim nächsten Neusser Pflegetreff (angedacht Mai 2018) nochmals mit einem hochkarätig besetzten Podium auf entsprechende Handlungserfordernisse eingegangen werden.
Letztlich sind wir alle aufgefordert, an der Verbesserung der Pflege, Betreuung und sonstigen Versorgung der Patienten und pflegebedürftigen Menschen im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten mitzuwirken. Neben der jedem Einzelnen obliegenden Pflicht zur Eigenvorsorge muss auch eine (moralische) Pflicht aller BürgerInnen gesehen werden, im Rahmen der konkret gegebenen Möglichkeiten bei der Gestaltung und einem guten Gelingen gesundheitlicher und pflegerischer Strukturen mitzuwirken. Dies kann zum Beispiel durch ehrenamtliche Aktivitäten bei den altengerechten Quartiershilfen (zur Umsetzung des Grundsatzes "ambulant vor stationär") geschehen. - Jammern allein ist nicht wirklich hilfreich!
Werner Schell,
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Infos auch bei https://www.facebook.com/werner.schell.7 bzw. https://twitter.com/SchellWerner
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
tritt für wirksame Patientenrechte und deren Durchsetzung ein.
unterstützt im Rahmen der Selbsthilfe auch Patienten mit Schlaganfall einschließlich deren Angehörige.
ist Mitgründer und Mitglied bei "Runder Tisch Demenz" (Neuss).
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Weitere Anmerkungen:
Auf die Reformerfordernisse im Gesundheits- und Pflegesystem macht Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk seit vielen Jahren aufmerksam und hat immer wieder entsprechende Handlungserfordernisse aufgezeigt, dies u.a. bei den Neusser Pflegetreffs. Siehe insoweit z.B. unter:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 082015.pdf
viewtopic.php?f=6&t=21070
Zu den aktuellen Sonderierungs- und Koalitionsgesprächen gibt es zahlreiche Beiträge, z.B. unter:
viewtopic.php?f=4&t=22459
viewtopic.php?f=4&t=22504
viewtopic.php?f=3&t=22463
viewtopic.php?f=3&t=22465
viewtopic.php?f=3&t=22474
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- Registriert: 18.05.2003, 23:13
Arbeitsbedingungen im Altenheim ... Pflegenotstand ....
Am 21.02.2018 bei Facebook gepostet:
"Die Gestaltung einer menschenwürdigen Versorgung alter pflegebedürftiger Menschen ist nach wie vor eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben in Deutschland. Millionen von Pflegebedürftigten und Pflegenden, Therapeuten sowie Ärzte erleben täglich, dass noch viel zu tun ist. Trotz der jüngsten Reformen gibt es also keine Entwarnung. Im Gegenteil: Aufgrund der demografischen Veränderung unserer Gesellschaft wird der Druck weiter steigen." - Zitat: Dr. med. Ralf Suhr, Vorsitzender des Vorstands des ZQP in "Stiftungsportrait 2017."
Anscheinend haben die Koalitionäre von Union und SPD die Probleme der demografischen Entwicklung und der bestehenden Pflegemisere nicht erkannt. Die Koalitionsvereinbarung ist nämlich bezüglich der JETZT anstehenden Herausforderungen in der Pflege völlig unzureichend, inakzeptabel! Pro Pflege … hat dies in einer Presseinfo vom 19.02.2018 näher ausgeführt!
>>> viewtopic.php?f=4&t=22504&p=102336#p102336
"Die Gestaltung einer menschenwürdigen Versorgung alter pflegebedürftiger Menschen ist nach wie vor eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben in Deutschland. Millionen von Pflegebedürftigten und Pflegenden, Therapeuten sowie Ärzte erleben täglich, dass noch viel zu tun ist. Trotz der jüngsten Reformen gibt es also keine Entwarnung. Im Gegenteil: Aufgrund der demografischen Veränderung unserer Gesellschaft wird der Druck weiter steigen." - Zitat: Dr. med. Ralf Suhr, Vorsitzender des Vorstands des ZQP in "Stiftungsportrait 2017."
Anscheinend haben die Koalitionäre von Union und SPD die Probleme der demografischen Entwicklung und der bestehenden Pflegemisere nicht erkannt. Die Koalitionsvereinbarung ist nämlich bezüglich der JETZT anstehenden Herausforderungen in der Pflege völlig unzureichend, inakzeptabel! Pro Pflege … hat dies in einer Presseinfo vom 19.02.2018 näher ausgeführt!
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