Mitarbeiterbefragungen: Termin- und Leistungsdruck nimmt zu

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

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Mitarbeiterbefragungen: Termin- und Leistungsdruck nimmt zu

Beitrag von Service » 30.10.2010, 06:54

WIdO-Analyse betrieblicher Mitarbeiterbefragungen: Termin- und Leistungsdruck nimmt zu
Jeder vierte Beschäftigte leidet unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen


Berlin (ots) - Gesunde Arbeitsbedingungen stehen für die meisten Beschäftigten in Deutschland an vorderer Stelle. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse bundesweiter Mitarbeiterbefragungen durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO). Die Untersuchung bestätigt den Trend, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz zunehmen. Die notwendige ständige Aufmerksamkeit und Konzentration bei der Arbeit wird als stark belastend empfunden. Knapp 30 Prozent der Befragten klagen über Termin- und Leistungsdruck. Nahezu jeder vierte Mitarbeiter leidet ständig oder häufig unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen. "Zwar spielt die Belastung durch schwere körperliche Arbeit nach wie vor eine große Rolle", sagt Autor Klaus Zok vom WIdO. "Aber sieben von zehn am meisten genannten Belastungen beziehen sich auf psychische Faktoren." Der WIdO-Analyse liegen die Aussagen von knapp 30.000 Beschäftigten aus 147 Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen aller Wirtschaftszweige zugrunde.

"Häufig ist es eine Kombination verschiedener Belastungen, die mit besonderen Risiken für die Gesundheit der Arbeitnehmer verbunden ist", erläutert WIdO-Autor Klaus Zok das Ergebnis seiner Analyse. "Aus den uns vorliegenden Daten geht klar hervor, dass jeder Zweite die zehn häufigsten gesundheitlichen Probleme mit seinem Arbeitsplatz in Verbindung bringt. Das gilt insbesondere für Beschwerden über Rückenschmerzen, Stresssymptome oder Befindlichkeitsstörungen wie Reizbarkeit, Nervosität und Unruhe."

Bei den Angaben zu akuten gesundheitlichen Problemen dominieren Rückenschmerzen (37,1 Prozent) und Verspannungen (35,4 Prozent). Gleich danach folgen psychovegetative Beschwerden. Am häufigsten genannt werden Symptome wie Müdigkeit und Erschöpfung (30,1 Prozent). Nahezu jeder vierte befragte Mitarbeiter leidet ständig oder häufig unter Kopfschmerzen (24,6 Prozent) und/oder Schlafstörungen (23,4 Prozent).

Frauen berichten laut WIdO-Analyse fast doppelt so häufig wie Männer über Verspannungen, Kopfschmerzen und Probleme mit dem Kreislauf. "Frauen benennen im Vergleich zwar generell weniger Arbeitsbelastungen als ihre männlichen Kollegen", so Zok, "gleichwohl geben sie deutlich häufiger gesundheitliche Beschwerden an."

Beschäftigte aus der Gesundheits- und Sozialbranche, im Handel und im privaten Dienstleistungssektor fühlen sich laut WIdO-Analyse deutlich stärkeren Belastungen ausgesetzt als Mitarbeiter aus dem öffentlichen Sektor oder aus Verwaltungsberufen.

Die Mehrheit der Beschäftigten, die im Rahmen einer betrieblichen Mitarbeiterbefragung gesundheitliche Beschwerden angegeben haben, ist der Auffassung, dass gezielte Gesundheitsförderungsmaßnahmen im Betrieb ihre Beschwerden verringern könnten. Sie favorisieren - unabhängig von Alter und Geschlecht - arbeitsplatzbezogene Rückenschulungen (47,3 Prozent) und Angebote zur Stressbewältigung bzw. Entspannung (43,3 Prozent).

Mitarbeiterbefragung als Frühwarnsystem

Bei der Verbesserung der Arbeitsplatzgesundheit setzen immer mehr Unternehmen auf eine direkte Befragung ihrer Beschäftigten. "Das Instrument der Mitarbeiterbefragung ist ein Frühwarnsystem und liefert konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen. Es ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des Service `Gesunde Unternehmen´, mit dem die AOK bundesweit die betriebliche Gesundheitsförderung in Firmen, Dienstleistungsunternehmen und Behörden unterstützt", erläutert Klaus Zok. "Werden die aus Mitarbeiterbefragungen gewonnenen Erkenntnisse anschließend im Unternehmen thematisiert und umgesetzt, hat das einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und führt zu sinkenden Krankenständen."

Für die Durchführung von Mitarbeiterbefragungen hat das WIdO in Zusammenarbeit mit ausgewählten Betrieben (Betriebsärzten, Personalleitern und Betriebsräten) einen umfassenden Fragenkatalog erstellt. Daraus können die Firmen gemeinsam mit den Experten der AOK einen individuell auf das Unternehmen zugeschnittenen Fragebogen zusammenstellen. Das WIdO erfasst die Daten, wertet sie aus und erstellt Ergebnisberichte.

Der Fragenkatalog wird in regelmäßigen Abständen überarbeitet und an aktuelle Entwicklungen angepasst. Das betrifft zum Beispiel Themen wie psychosoziale Belastungen (Burnout), Fragen des Gleichgewichtes zwischen Arbeit und Freizeit (Work-Life-Balance) oder die besonderen Anforderungen an die Arbeitsplatzgestaltung durch eine zunehmend älter werdende Belegschaft.

Klaus Zok: Gesundheitliche Beschwerden und Belastungen am
Arbeitsplatz.
Ergebnisse aus Beschäftigtenbefragungen, Berlin 2010, 146 S. brosch.
EUR 11,80
ISBN 978-3-940172-20-4
Mehr Infos im Internet: http://wido.de/mitarbeiterbefragung.html
http://www.gesunde-unternehmen.de
Pressekontakt:
Klaus Zok
Tel.: 030 / 34646-2134
Fax: 030 / 3464-2144
klaus.zok@wido.bv.aok.de

Quelle: Mitteilung vom 29.10.2010

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Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Beitrag von Presse » 01.11.2010, 07:58

Termin- und Leistungsdruck setzt immer mehr Bundesbürgern kräftig zu
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz haben in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Dies geht aus einer aktuellen Analyse von Mitarbeiterbefragungen durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WidO) hervor, die am Freitag in Berlin vorgelegt wurde. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=626 ... haft&n=679

Bettina Olbing
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Pflegenotstand - erkennen und beheben

Beitrag von Bettina Olbing » 01.11.2010, 09:30

Das Institut sollte die Ergebnisse der Befragung dem AOK-Bundesverband und anderen Kassenverbänden deutlich machen. Belastungen am Arbeitsplatz sind besonders in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen an der Tagesordnung. Das muss man nicht einmal erfragen, das weiß doch eigentlich jeder. Der Pflegenotstand ist mittlerweile bundesweit bekannt gemacht und wird allseits thematisiert.
Aber was geschieht, um dem entgegen zu wirken ? Nichts !
Sind nicht die Kassenverbände maßgeblich daran beteiligt, die Verträge und Richtlinien mit zu gestalten, die letztlich entscheidend dafür sind, wieviel Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kommen darf ?
Alle drücken sich vor klaren Regelungen. Es wäre längst an der Zeit, Personalbemessungssysteme zu schaffen, die den wirklichen Pflegebedürfnissen gerecht werden. Insoweit könnten sich die Kassen bzw. deren Verbände profilieren.
Von Studien, Befragungen, Projekten, wissenschaftliche Tagungen usw. zum Thema Pflegenot, Arbeitsverdichtung .... haben wir nun wirklich genug gehört. Jetzt gilt es, die Erkenntnisse umzusetzen!
Wer macht den Anfang?

Lb Grüße Bettina Olbing
Pro Pflege - was denn sonst!

PflegeCologne
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Pflegenotstand - erkennen und beheben

Beitrag von PflegeCologne » 02.11.2010, 08:03

Bettina Olbing hat geschrieben: Das Institut sollte die Ergebnisse der Befragung dem AOK-Bundesverband und anderen Kassenverbänden deutlich machen. Belastungen am Arbeitsplatz sind besonders in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen an der Tagesordnung. Das muss man nicht einmal erfragen, das weiß doch eigentlich jeder. Der Pflegenotstand ist mittlerweile bundesweit bekannt gemacht und wird allseits thematisiert.
Aber was geschieht, um dem entgegen zu wirken ? Nichts !
Sind nicht die Kassenverbände maßgeblich daran beteiligt, die Verträge und Richtlinien mit zu gestalten, die letztlich entscheidend dafür sind, wieviel Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kommen darf ?
Alle drücken sich vor klaren Regelungen. Es wäre längst an der Zeit, Personalbemessungssysteme zu schaffen, die den wirklichen Pflegebedürfnissen gerecht werden. Insoweit könnten sich die Kassen bzw. deren Verbände profilieren.
Von Studien, Befragungen, Projekten, wissenschaftliche Tagungen usw. zum Thema Pflegenot, Arbeitsverdichtung .... haben wir nun wirklich genug gehört. Jetzt gilt es, die Erkenntnisse umzusetzen!
Wer macht den Anfang? ....
Liebe Bettina,
mit Deinen Anmerkungen hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Die unzulänglichen Arbeitsbedingungen, v.a. in der Pflege, sind seit Jahren bekannt, werden öffentlich beschrieben. Doch nichts hat sich geändert. Eher das Gegenteil ist eingetreten. Der Leistungsdruck hat sich erhöht. Auch insoweit ist anscheinend die "hohe" Politik gefordert!
Es grüßt PflegeCologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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"Nagel auf den Kopf getroffen"

Beitrag von Lutz Barth » 02.11.2010, 08:27

Da bleibt denn "nur" noch nachzufragen, wo das berufspolitische Engagement der 1,2 Mio. Beschäftigten bleibt?

Mit Verlaub: Ohne Frage sind die politisch Verantwortlichen gefragt, aber im Kern haben wir es eben auch mit beklagenswerten Arbeitsbedingungen in der Pflege zu tun und hier darauf zu setzen, dass dieses Problem treuhänderisch von den Politiker gelöst wird, ist m.E. eine blanke Illussion. Die Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen bedarf einer Organisationsform, die sich vor allem durch Staatsferne auszeichnet und so in der Lage ist, aufgrund der sozialen Mächtigkeit Druck auszuüben.

Ich verstehe die Debatte manchmal wirklich nicht und vielleicht hilft hier gerade den Pflegefunktionären mal ein Blick in die Geschichte der Gewerkschaften. So schwer kann das doch nicht sein!
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

thorstein
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Pflege = gesamtgesellschaftliches Problem

Beitrag von thorstein » 02.11.2010, 08:43

Das Problem wird mit Sicherheit nicht treuhänderisch von der Politik gelöst. Dort ist es noch gar nicht angekommen bzw, wird sehr erfolgreich ignoriert. Gelöst wird es im Sinne der Pflegebedürftigen nur, wenn es als gesamtgesellschaftliches Problem wahrgenommen wird.
Noch illussionärer als die Lösung durch die Politik scheint mir die Forderung nach einer Wiederholung der Geschichte zu sein. Aber vielleicht belehren uns ja die Juristen eines Besseren: Proletarische Juristen aller Länder, vereinigt Euch.

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Beitrag von Lutz Barth » 02.11.2010, 15:00

Ach, verehrter Thorstein,

ich habe ja Verständnis für Ihr Anliegen, auch für die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen einzutreten, aber bei all dem Engagement sollten Sie nicht vergessen, dass auch der Pflegeberuf schlicht ein Beruf (!) ist und für viele in erster Linie (auch) eine Existenzgrundlage darstellt. Hierauf ist der Blick zu konzentrieren und insofern ist Ihr Hinweis auf das Proletariat schon ein wenig zynisch, geht es doch zuvörderst um akzeptable Arbeitsbedingungen. Weshalb Sie dies ignorieren, bleibt Ihr Geheimnis.

Gruß Lutz Barth
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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