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Pflege-Transparenzvereinbarung für Heime (PTVS)

Verfasst: 19.09.2013, 09:13
von Presse
P R E S S E M E L D U N G vom 19.09.2013

Schiedsspruch zur PTVS veröffentlicht – fachlich unfundierte Änderungsanträge fanden keine Mehrheit

Berlin, 19.09.2013: Gestern wurde der Schiedsspruch der Schiedsstelle Qualitätssicherung nach § 113b SGB XI zur Pflege-Transparenzvereinbarung für die stationäre Pflege (PTVS) veröffentlicht. Damit liegen die Ergebnisse des Schiedsverfahrens erstmals der Öffentlichkeit vor. Die neue PTVS wird zum 1. Januar 2014 in Kraft treten, sodass voraussichtlich im Februar die ersten Prüfergebnisse nach der überarbeiteten Fassung im Internet veröffentlicht werden. Für einen Übergangszeitraum von einen Jahr wird es dadurch Veröffentlichungen zu Prüfergebnissen von Pflegeheimen nach alter und nach neuer PTVS geben. Da aufgrund der Änderungen die Ergebnisse nicht vergleichbar sind, wird sowohl auf den alten als auch auf den neuen Veröffentlichungen ein entsprechender Warnhinweis zu finden sein.

Die wichtigsten Änderungen betreffen
 Veränderungen in der Darstellung der Ergebnisse
 die Stichprobenziehung der in die Prüfung einzubeziehenden Bewohnerinnen und Bewohner
 die verbindliche Einbeziehung weitere Nachweisquellen in die Prüfung außer der Pflegedokumentation
 inhaltliche Änderungen bei den Prüfkriterien
 Änderungen im Notenschlüssel.

Einzelheiten zu den Änderungen sind als Anlage beigefügt.

Einige Änderungen, die vom Spitzenverband Bund Krankenkassen beantragt wurden, fanden keine Mehrheit in der Schiedsstelle. Dazu gehört die Einführung der Note „6“ ebenso wie die Einführung so genannter Kern- oder Risikokriterien mit Abwertungsregeln für die Bereichs- und Gesamtnoten. Für diese Forderungen gab es keinerlei fachlich-wissenschaftliche Begründung, wie Expertengutachten belegten.

Aus Sicht der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) wurden mit dem Schiedsspruch willkürliche und unfundierte Änderungsanträge zur PTVS abgelehnt und insbesondere Änderungen verfügt, die die Prüfsicherheit und Einheitlichkeit der Prüfung befördern sowie die Vergleichbarkeit der Ergebnisse verbessern. Grundsätzliche Systemprobleme der PTVS sind dadurch nicht behoben. Allerdings hat die Praxis der letzten Jahre gezeigt, dass diese Probleme systemimmanent und durch Korrekturen nicht zu beheben sind. Da hilft nur ein Neuanfang in der Qualitätsberichterstattung in der Pflege.

Dafür hat die BAGFW bereits 2006 eine erste Projektidee für mehr Transparenz über die Leistungen und Qualität von Pflegeeinrichtungen entwickelt. Die Projektidee wurde von den Bundesministerien für Gesundheit (BMG) und Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgenommen. Die Ergebnisse des von den beiden Ministerien geförderten Projektes liegen seit 2011 vor, eine Umsetzung scheitert bisher jedoch am Widerstand der Pflegekassen. Deshalb haben erste Träger der Freien Wohlfahrtpflege mit der freiwilligen Umsetzung begonnen, weitere werden folgen.

Hintergrundinformationen zur Schiedsstelle Qualitätssicherung nach § 113b SGB XI:
Die Schiedsstelle wurde von Gesetzgeber 2007 als Schlichtungs- und Entscheidungsinstrument der Selbstverwaltung im SGB XI eingerichtet. Ziel war es, mögliche Pattsituationen zwischen den Vertragspartnern aufzulösen und zu verhindern, dass durch solche Pattsituationen gesetzliche Aufträge an die Selbstverwaltung nicht umgesetzt werden können. In der Schiedsstelle haben die Verbände der Pflegekassen und Sozialhilfeträge gleich viele Stimmen wie die Verbände der Träger von Pflegeeinrichtungen. Damit hat keine Seite eine eigenständige Mehrheit. Ausschlaggebend sind im Zweifelsfall daher die Stimmen der drei unparteiischen Mitglieder der Schiedsstelle, bei denen es sich Fachjuristen und Pflegewissenschaftler/innen handelt.

Rückfragen zum Thema:
Erika Stempfle, stv. BAGFW-Fachausschuss Altenhilfe,
Tel. 030-65211-1672, Email: erika.stempfle@diakonie.de

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Neuhaus
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW)
Oranienburgerstraße 13-14
10178 Berlin
Tel: 030 / 240 89 – 121
Fax: 030/ 240 89 – 133
bettina.neuhaus@bag-wohlfahrt.de
www.bagfw.de


Ergebnis der Schiedsstelle PTVS vom 10.06.2013 im Überblick

1. Anzahl der Kriterien und der Qualitätsbereiche

Es gibt weiterhin 5 Qualitätsbereiche und nun anstatt 82 Kriterien nur noch 77 Kriterien.

Qualitätskriterien Anzahl der Kriterien
1. Pflege und medizinische Versorgung 32
2. Umgang mit demenzkranken Bewohnern 9
3. Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung 9
4. Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene 9
5. Befragung der Bewohner 18
Zusammen 77

 Im Qualitätsbereich 1 wurden Kriterien gestrichen und es wurde ein neues Kriterium (Be- darfsmedikation) aufgenommen.
 Gestrichen wurden beispielsweise die Kriterien der Veröffentlichung zum Thema „Kon- trakturen“. Diese können natürlich weiterhin Bestandteil der Anlage 2 der QPR sein und in den Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs.1 SGB XI abgeprüft werden, die Prüfergebnis-
se werden aber in der PTVS nicht veröffentlicht.
 In den Qualitätsbereichen 2 bis 4 wurde jeweils 1 Kriterium gestrichen.
 Der Qualitätsbereich 5 ist nahezu unverändert geblieben.

2. Verzicht auf Kernkriterien, aber neue Reihenfolge der Kriterien im Qualitäts- bereich 1

Es wird keine Kernkriterien und damit auch keine Abwertungsregeln geben. Die Reihenfolge der Kriterien im Qualitätsbereich 1 wurde verändert, es werden in der PTVS zunächst die Kriterien mit den besonderen pflegerischen Herausforderungen dargestellt (Dekubitus, Er- nährung, Schmerz, Sturz etc.) und dann die weiteren Kriterien des Qualitätsbereichs.

3. Stichprobengröße

Die Stichprobe wird dahingehend geändert, dass jeweils drei pflegebedürftige Menschen aus den Pflegestufen I – III in die Prüfung einbezogen werden. Die Stichprobengröße liegt bei neun Personen, unabhängig von der Einrichtungsgröße. Gibt es beispielsweise keine drei pflegebedürftigen Menschen in der Pflegestufe III, sondern nur zwei, dann erfahren die bei den beiden Bewohnern gewonnenen Prüfergebnisse über ein Berechnungsschema eine andere Gewichtung.

4. Bewertung

 Das Notensystem bleibt bei „sehr gut“ (1) bis „mangelhaft“ (5). Die Note „ungenü-
gend“ (6) wird nicht eingeführt.
 Bei den bewohnerbezogenen Kriterien werden nun nicht mehr die Noten ausgewiesen, sondern es wird dargestellt, bei wie vielen von den geprüften Bewohnern auf die das Kri- terium zutrifft, das Kriterium erfüllt ist (z. B. „bei 4 von 6 Bewohnern vollständig erfüllt“).
 Die Prüfergebnisse der einrichtungsbezogenen Kriterien werden mit „Ja“ und „Nein“ aus- gewiesen.


 Bei den Prüfungen werden weiterhin Punkte vergeben, 10 Punkte für ein erfülltes Kriteri- um und 0 Punkte für ein zutreffendes Kriterium, das nicht erfüllt wurde. Aus diesen Punk- ten werden weiterhin die Skalenwerte errechnet und aus den Skalenwerten dann nach dem Notenschlüssel die Noten für die Bereichsnote und die Gesamtnote.
 Die Kriterien des Qualitätsbereichs 5 (Befragung der Bewohner) fließen weiterhin nicht in die Gesamtnote ein.
 Der Notenschlüssel wurde leicht verändert: Künftig ist es notwendig, für die Note ausrei- chend mehr als 50 % der Anforderungen zu erfüllen (Skalenwert 5,11). Entsprechend verändert sich die Notenskala für die Zuordnung aller anderen Noten. Die Note sehr gut wird künftig für den Bereich 1,0 bis 1,4 vergeben (Skalenwert 10,0 bis 9,31) ab 1,5 wird
dann die Note gut (Skalenwert 9,30 bis 7,91) vergeben. Die Abstände der einzelnen No-
tenstufen sind durchgängig gleich.

5. Datentriangulation/ Nachweisquellen

Wo es inhaltlich sinnvoll ist, werden andere Nachweisebenen eingeführt. Damit wird die bis- herige Dokumentationslastigkeit begrenzt und der fachlichen Darlegung der Pflegefachkräfte kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Prüfung der bewohnerbezogenen Kriterien erfolgt anhand der Ausfüllanleitungen. Informationsquellen/Nachweise sind:

 Inaugenscheinnahme des in die Stichprobe einbezogenen pflegebedürftigen Menschen
 Auswertung der Pflegedokumentation
 Auskunft/Information/Darlegung (Darstellung und Begründung anhand des konkreten
Lebenssachverhalts) durch die Mitarbeiter
 Auskunft/Information der Bewohner oder teilnehmende Beobachtung.

In der Ausfüllanleitung wird konkret beschrieben, welche Informationsquel- len/Nachweise für das jeweilige Kriterium relevant sind. Analoges gilt für die einrich- tungsbezogenen Kriterien.

6. Ausfüllanleitung

 Die Ausfüllanleitung wurde konkretisiert, um eine einheitlichere Bewertung zu unterstüt- zen. Das heißt es wird konkreter beschrieben, wann ein Kriterium durch den Prüfer als erfüllt oder nicht erfüllt zu bewerten ist.
 Eine abweichende Einschätzung der einbezogenen Pflegefachkraft der Pflegeeinrichtung zur Erfüllung des jeweiligen Kriteriums wird als Vermerk „abweichende fachliche Ein- schätzung“ protokolliert.
 Das Abschlussgespräch dient auch der Erörterung festgestellter Mängel.

7. Übergangsregelungen

 Für den Übergang von der jetzigen Prüfsystematik zu einer neuen wurde ein Verfahren zur Darstellung der für einen befristeten Zeitraum (voraussichtlich bis zu einem Jahr) auf unterschiedlichen Prüfgrundlagen basierenden Ergebnisse vereinbart.
 Es wird deutlich gekennzeichnet, ob nach alter oder neuer Regelung geprüft wurde.
 Eine Veröffentlichung findet erst dann statt, wenn in einem Bundesland die ersten 20 %
nach der neuen PTVS geprüft sind.
 Da alle Pflegeheime jährlich geprüft werden, wird es nach einem Jahr wieder eine ein- heitliche Darstellung geben.

8 . Inkrafttreten und weitere Schritte

 Die neue PTVS wird zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.
 Bis dahin bedarf es noch eines schriftlichen Schiedsspruchs, einschließlich einer Veröf- fentlichung einer neuen redaktionellen Fassung der PTVS, danach einer Änderung der PTVS, einschließlich der Anlage 2 sowie einer Änderung des Layouts der Pflege- Transparenzberichte.

9. Weiteres Verfahren

 Nach Vorliegen der schriftlichen Fassung der PTVS senden wir Ihnen eine Synopse zu, aus der die Änderungen sichtbar werden.
 Danach stellen wir Ihnen eine Arbeitshilfe zur Umsetzung der neuen Fassung der PTVS
zur Verfügung.

FA Altenhilfe, 31. Juli 2013


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