Personalsituation in der stationären Altenpflege

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

thorstein
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Beitrag von thorstein » 02.12.2008, 00:23

Hallo Johannes,

deine Forderung deckt sich vollständig mit meiner Forderung in obigem Diskussionspapier. Nur dass ich versucht habe, die Differenz zwischen verhandeltem Personalschlüssel und dem durch den MDK ermittelten Grundpflegebedarf zu ermitteln. Nach meiner Berechnung würde dies zu einer Verdopplung des Personals führen.
Wenn im SGB 11 eine aktivierende Pflege gefordert wird, dann bedeutet das beispielsweise bei Demenzkranken eine Anleitung statt einer Übernahme. Eine Grundpflege nach Anleitung ist aber unter 45 min nicht zu machen.
Insofern ist die tatsächliche Differenz zwischen Bedarf und Ist-Zustand deutlich höher als von dir geschildert.
Grüsse

Cicero
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Beitrag von Cicero » 10.12.2008, 07:48

Aus Forum
Neue Pflegereform: fünf statt drei Pflegestufen
viewtopic.php?t=10448
thorstein hat geschrieben: .... Die Erweiterung von drei auf fünf Pflegestufen ändert zunächst nichts am Grundproblem des Systems: Den Pflegestufen entsprechend muß auch ausreichend Personal bewilligt werden.
... Kostenloses Gequatsche über die Würde unserer Pflegebedürftigen, die es zu erhalten gilt, ersetzt auch zukünftig nicht das dafür notwendige Personal. ....
Die angedachte Reform wird in der Tat keinen Schritt nach vorne bringen. Die Pflegebedürftigen werden nach den bekannten neuen Vorstellungen "nur umverteilt werden". Es soll nach Auffassung der Gutachter nicht mehr kosten. Klar, dass es so keine Strukturreform und nicht mehr Personal geben kann.
Diejenigen, die sich auskennen, muss sich jetzt laut zu Wort melden. Mehr Zuwendung bzw. bessere Pflege erfordert mehr Personal. So einfach ist das!

Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

ProPflege
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Ausbildungsoffensive für die Pflegeberufe ...

Beitrag von ProPflege » 24.01.2009, 14:08

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
Ansprechpartner: Werner Schell
Harffer Straße 59 – 41469 Neuss. - Tel.: 02131/150779
Fax: 02131/167289 - E-Mail: ProPflege@wernerschell.de
Internet: http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Pressemitteilung vom 24.01.2009

Ausbildungsoffensive für die Pflegeberufe und Einrichtung von Pflege-Personalstellen überfällig
„Konjunkturpakete zur Bekämpfung der Finanzkrise“ zur Verbesserung der Pflegesysteme nutzen

Der vielfach öffentlich gemachte Pflegenotstand hat inzwischen zu riskanter Kranken- und Altenpflege und damit vielerorts zu Patientengefährdungen geführt. Nach einer bereits im Sommer 2007 vorgelegten Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (an der Katholischen Fachhochschule in Köln) sind in der zurückliegenden Zeit mindestens 50.000 Pflege-Personalstellen abgebaut worden. Eine Studie der Fachhochschule Hannover (FHH), vorgestellt am 19.11.2008, geht sogar von ca. 70.000 fehlenden Vollzeitkräften im Pflegedienst der Krankenhäuser aus. – Alarmierende Zahlen!

Der Stellenabbau erfolgte, obwohl anhand der gegebenen Pflegenotwendigkeiten (Steigerung der zu versorgenden Patienten um 23%, Einführung der Fallpauschalen-Abrechnung, verkürzte Verweildauer der Patienten mit erhöhtem individuellen Pflege- und Betreuungsbedarf usw.) eine deutliche Stellenaufstockung eher angezeigt gewesen wäre. Die aufgrund der Personalnot eingetretenen Arbeitsverdichtungen mit all ihren negativen Auswirkungen haben mittlerweile zu vielfältigen Protesten geführt, die das Bundesgesundheitsministerium im September 2008 veranlassten, die Schaffung von 21.000 Pflege-Personalstellen für die Krankenhäuser zuzusagen. Nach Einwänden der Krankenkassen und weiteren Diskussionen wurde diese Zahl auf 14.000 Stellen verringert, so dass angenommen werden muss, dass der Pflegenotstand doch nicht entscheidend angegangen bzw. beseitigt wird.

Es ist daher angezeigt, erneut in aller Deutlichkeit auf die Pflegenot im Gesundheits- und Pflegesystem aufmerksam zu machen und die politisch Verantwortlichen aufzufordern, dringend alle gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, um eine befriedigende Kranken- und Altenpflege auf Dauer sicherzustellen. Zu bedenken sind dabei die aufgrund des demografischen Faktors wachsenden Anforderungen an die stationäre medizinische und pflegerische Versorgung der Menschen.

Die zur Bekämpfung der Finanzkrise beschlossenen Konjunkturpakete sollten dazu genutzt werden, auch Initiativen zu fördern, die eine Ausbildungsoffensive für die Pflege und die Schaffung einer auskömmlichen Zahl weiterer Pflegepersonalstellen ermöglichen. Dies würde nicht nur den pflegerischen Anforderungen und den Patienteninteressen gerecht werden, sondern gleichzeitig als konjunkturförderndes Instrument helfen, die befürchtete Rezession mit all ihren negativen Auswirkungen mildern zu helfen.

Es kann nicht angehen, allein den konsumorientierten Unternehmungen in Deutschland unter die Arme zu greifen, z.B. in Form einer Abwrackprämie, sondern es müssen auch Maßnahmen ergriffen werden, die die notleidenden Dienstleister, wie Krankenhäuser und sonstige Pflegeeinrichtungen, wirkungsvoll aus der Pflegekrise heraus helfen.

„Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk“ begrüßt sehr, dass auch bereits von anderer Seite ähnliche Forderungen erhoben worden sind und unterstützt mit Nachdruck ein „Konjunktur-Programm in der Pflege“. Der 7. Neusser Pflegetreff am 17.02.2009 wird das Thema ebenfalls aufgreifen! – Vgl. hierzu die Pressemitteilung vom 16.01.2009 im Internet unter http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/

Das nachfolgende bereits früher abgegebene Statement gilt fort:

Der wichtigste Faktor in der Pflege sind die Pflegenden, denn Menschen können nur von Menschen gepflegt werden. Wir brauchen daher keinen Stellenabbau, sondern eine Beschäftigungsoffensive in allen Bereichen der Pflege!

Werner Schell
Dozent für Pflegerecht – http://www.wernerschell.de

Der vorstehende Text ist zur Veröffentlichung freigegeben.
Er wird den zuständigen Parlamenten und Ministerien direkt übermittel.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/

Presse
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Ausbau von Betreuung und Pflege voranbringen

Beitrag von Presse » 21.02.2009, 08:40

Ausbau von Betreuung und Pflege voranbringen (Konjunkturpaket II)

Zur Bewaeltigung der Folgen der Wirtschaftskrise hat die grosse Koalition ein zweites Konjunkturpaket im Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro geschnuert.
Damit erreichen die Konjunkturhilfen insgesamt eine Summe von etwa 65 Milliarden Euro, die auch zur Verbesserung der Pflege und Betreuung aelterer Menschen eingesetzt wird. Unter dem Motto „Ausbau von Betreuung und Pflege jetzt voranbringen“ wurde eine konkrete Massnahme beschlossen, um mehr Fachkraefte fuer die Altenpflege zu gewinnen:
Mit dem Ziel, in den naechsten Jahren bis zu 100.000 zusaetzliche Pflegekraefte einstellen zu
koennen, uebernimmt die Bundesagentur fuer Arbeit fuer die Jahre 2009 und 2010 bei neu gefoerderten Umschulungen zu Alten- und Krankenpflegern die vollstaendige Finanzierung.
Damit soll fuer eine Übergangszeit die Umschulung nicht mehr davon abhaengen, dass fuer das dritte Jahr der Umschulung eine Finanzierungsbeteiligung Dritter – der Laender und der Pflegeeinrichtungen – notwendig ist.

http://www.bpa.de/upload/public/doc/PM_ ... rpaket.pdf

johannes
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Mindestmaß

Beitrag von johannes » 09.03.2009, 23:44

Hallo Thorstein,

der verhandlte Personalschlüssel in meiner Berechnung liegt bis auf die Pflegestufe 1 unter dem Mindestwert, der erforderlich wäre, um in die jeweilige Pflegestufe überhaupt eingestuft zu werden.

Die real für 2008 ermittelten Werte bei den Pflegebedürftigen unseres Hauses in den Pflegestufen 0 bis 3 liegen bei

Pflegestufe 0 gefordert 418 Stunden gemäß LQV - und damit bezahlt, erbracht 1.965 Stunden
Pflegestufe 1 gefordert 2130 Stunden gemäß LQV - und damit bezahlt,, erbracht 3.649 Stunden
Pflegestufe 2 gefordert 4.526 Stunden gemäß LQV - und damit bezahlt, erbracht 4.548 Stunden
Pflegestufe 3 gefordert 1.188 Stunden gemäß LQV - und damit bezahlt, erbracht 1.822 Stunden

Um diese Leistung zu erbringen, mußte entsprechend mehr Personal beschäftigt werden, als in der LQV genehmigt (finanziert) wurde. Dies ist keine Hochrechnung, sondern die mit 50.545 Einzelleistungen, mit dazugehöriger Uhrzeit und Leistungsdauer, jeweils bezogen in

Pflegestufe 0 auf 1.003 Berechnungstage mit 25 genehmigten Pflegeminuten je Berechnungstag
Pflegestufe 1 auf 2.282 Berechnungstage mit 56 genehmigten Pflegeminuten je Berechnungstag
Pflegestufe 2 auf 2.282 Berechnungstage mit 119 genehmigten Pflegeminuten je Berechnungstag
Pflegestufe 3 auf 457 Berechnungstage mit 156 genehmigten Pflegeminuten je Berechnungstag

erbrachte tatsächliche Leistung allein durch Pflegekräfte.
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

Cicero
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Personalschlüssel unzulänglich!

Beitrag von Cicero » 10.03.2009, 07:58

Personalschlüssel unzulänglich!

Es wäre aus meiner Sicht nicht unvernünftig, eine umfänglichere Darstellung der unzulänglichen Personalschlüsselsituation anhand von konkreten Beispielen zu erstellen. Wenn ich das richtig sehe, wird es in naher Zukunft weitere Diskussionen, auch im politischen Bereich, genau zu diesem Thema geben.
Ich rege an, Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk eine entsprechende Darstellung zu übermitteln. Von dort wird die Angelegenheit sicherlich aufgegriffen und in den politischen Bereich übermittelt.

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Re: Personalschlüssel unzulänglich!

Beitrag von Rita Reinartz » 10.05.2009, 08:58

Cicero hat geschrieben:.... Es wäre aus meiner Sicht nicht unvernünftig, eine umfänglichere Darstellung der unzulänglichen Personalschlüsselsituation anhand von konkreten Beispielen zu erstellen. Wenn ich das richtig sehe, wird es in naher Zukunft weitere Diskussionen, auch im politischen Bereich, genau zu diesem Thema geben.
Ich rege an, Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk eine entsprechende Darstellung zu übermitteln. Von dort wird die Angelegenheit sicherlich aufgegriffen und in den politischen Bereich übermittelt. ....
Hi,
ich plädiere auch dafür, endlich einmal Papiere zu entwickeln, die sich mit der Personalsituation befassen und nachvollziehbar aufzeigen, was konkret zu ändern / zu verbessern ist. Hier müssen Kenner der Materie ran.
MfG R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

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Seelenpflege (Zuwendung) braucht Pufferzeiten

Beitrag von www.Menschenpflege.de » 01.08.2009, 15:48

Seelenpflege (Zuwendung) braucht Pufferzeiten

Die Anmerkungen zur Personalsituation von Thorsten Meier können (oder besser gesagt müssen) auf jeden Fall viel häufiger präsentiert werden. Wohlmöglich werden einige die fast 10 alte Studie ja kritisieren, aber da gibt es ja wohl nur festzustellen, dass bislang immer noch kein Pflegepersonalbemessungssystem berücksichtigt wird!!! 1993 galt die Pflege-Personalverordnung für die "allgemeine und für die spezielle Pflege". Soweit ich es sehe, erkannte mann daran aber zu klar das nun bereits seit Jahrzehnten beklagte Missverhältnis zwischen Personal und Bedarf. So hat man diese Verordnung wieder abgeschafft. Ich würde vorschlagen, dass die Pflegekräfte die PPR selbst wieder verpflichtend durchführen, wie es einige Einrichtungen wohl auch noch machen. Leider
kann ich hier aber nicht mit einer repräsentativen Studie aufwarten.

In welcher Art und Weise eine PPR erfolgen kann und muss, ist sicherlich zu diskutieren. So beobachte ich in der Pflege auch viele unterschiedl. Meinungen. Man könnte auch den Eindruck gewinnen, dass manche Zeitgenossen hin und wieder von ihrer eigenen Unfähigkeit ablenken und lieber jammern als handeln wollen, meine ich.

Vielen meiner Kolleginen fiel die tägliche Überlegung (ob der Pat. nun z.B. in A1/S2 oder A2/S2 eingestuft wird) zur Last. Das muss aber eben selbstverständlich werden, sonst können wir nicht verlangen, dass man die Pflegeleistungen vernünftig abrechnet.

Zudem muss aber auch klar sein, dass sich ganzheitliche Pflege eben NICHT abrechnen lässt. Die Pflegeperson, die den zu Pflegenden nicht als Stein, sondern als Individum sieht, braucht Pufferzeiten auch diese Einzelheiten und auch für sich selbst (Psychohygiene). Wenn ich keinen Puffer für die Seelenpflege einbaue, wird jedes Berechnungssystem versagen, meine ich.

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