Medikamentenabgabe durch Pflegehelfer/innen

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Gast

Medikamentenabgabe durch Pflegehelfer/innen

Beitrag von Gast » 15.08.2003, 13:15

Laut Aussagen des MDK-Hessen ist das Richten und Verteilung von Medikamenten nur durch Pflegefachpersonen in Alten- und Pflegeheimen durchzuführen. Da dies in der Praxis zu erheblichen organisatorischen Probleme führt (Fachquote 50%), benötige ich rechtliche Sicherheit in der Argumentation gegenüber dem MDK- Hessen, insbesondere da ich von Kolleg/-innen weis, dass MDKs anderer Bundesländer hierbei andere Regelungen gelten lassen.

Die Heimaufsicht ließ bisher immer folgende Regelung gelten: Die Pflegefachperson richtet die Medikamente und die Pflegehelfer/-in darf die ansonsten unzugänglich aufbewahrten Medikamente an die Bewohner/-innen verteilen. Die Auswahl der Pflegehelfer/innen zum Tabletten verteilen wurde auf besonders erfahrene Pflegehelfer/innen reduziert, die in einem Plan namentlich festgehalten sind.

Wer kann mir zum beschriebenen Thema helfen? Über entsprechende Literaturhinweise würde ich mich freuen.

Gast

Medikamentenabgabe durch Pflegehelfer/innen

Beitrag von Gast » 15.08.2003, 13:24

Hallo c.h.,

ich habe gerade ein wenig Zeit und möchte auf deine Texteinstellung antworten.

Im archivierten Forum hat das Team Schell bereits einmal in allgemeiner Form wie folgt Stellung genommen:

"Ärztliches und nichtärztliches Personal hat, wie wir immer wieder herausgestellt haben, mit der gebotenen Sorgfalt tätig zu sein. Jeder, der tätig wird, hat immer zu bedenken, ob er für die konkrete Verrichtung die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Man spricht insoweit von der Übernahmeverantwortung. Die Patientensicherheit muß auf jeden Fall gewährleistet werden!!!
Wir haben uns in der Vergangenheit mehrfach mit der Delegationspraxis befasst und möchten auf die insoweit einschlägigen Veröffentlichungen verweisen.
Zu den allgemeinen Delagationsgrundsätzen finden Sie in unserem „Rechtsalmanach“, Nr. 12, zwei interessante Artikel, die Sie zunächst einmal lesen sollten.
-- Die Delegation von ärztlichen Aufgaben ist grundsätzlich schriftlich zu fixieren!
-- Die Delegation von Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen auf nichtärztliches Personal – ein Dauer-Rechtsproblem im Bereich der vertikalen Arbeitsteilung
Sodann finden Sie in unserem Rechtsalmanach, Nr. 20, folgende zwei Artikel, die wahrscheinlich zur konkreten Fragestellung weiterhelfen:
-- Verabreichung von Medikamenten in Werkstätten für Behinderte (WfB) und ähnliche Einrichtungen PDF
-- Medikamentenabgabe durch das nichtärztliche Personal PDF"

In diesen Ausführungen ist bereits alles Entscheidende gesagt. Im archivierten Forum gibt es zahlreiche weitere Beiträge, die Aufklärung bringen. Bitte bei der Suchfunktion etwa folgende Suchtexte eingeben:
Abgabe von Medikamenten, Sorgfaltspflicht, Tätigkeitsschutz, Krankenpflegehilfe.

Gruß Berti

WernerSchell
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Registriert: 18.05.2003, 23:13

Re: Medikamentenabgabe durch Pflegehelfer/innen

Beitrag von WernerSchell » 16.08.2003, 11:04

Sehr geehrter Fragesteller,

die von Berti gegebenen Hinweise, auch zu den bereits vorhandenen Forumsbeiträgen, sind korrekt.

Die Übertragung von Aufgaben hängt immer vom Wissen und Können im Einzelfall ab. Da es in der Pflege keinen Tätigkeitsschutz gibt, muss man sich anhand der (v.a. durch die Rechtsprechung) entwickelten Delegationsgrundsätze orientieren (siehe Rechtsalmanach, Nr. 12).

Anhand dieser Kriterien müßte mit dem MDK diskutiert werden, soweit er eine andere Auffassung vertritt. Der MDK kann kein neues Recht setzen. Er sollte daher aufgefordert werden, seine Auffassung näher zu begründen. Dann kann man dazu Stellung nehmen.

Hinsichtlich der Qualitätsprüfung nach § 80 SGB XI finden Sie beim MDS weitere Infos:
• Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Prüfung der Qualität und Qualitätssicherung einschl. des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI:
— in der ambulanten Pflege (vom 10. Juli 1995)
— in der teilstationären Pflege (vom 18. August 1995)
— in der Kurzzeitpflege (18. August 1995)
— in der stationären Pflege (vom 07.03.1996)
• MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität nach § 80 SGB XI in der ambulanten Pflege, 2. Ausgabe, 07.06.2000
• MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität nach § 80 SGB XI in der stationären Pflege, 2. Ausgabe, 07.06.2000
Quelle: MDS -
http://www.mds-ev.org/index2.html
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Mit freundlichen Grüßen
Zuletzt geändert von WernerSchell am 07.01.2007, 08:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Ina Böhmer
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Medikation - materielle Kompetenz muss entscheiden!

Beitrag von Ina Böhmer » 07.01.2007, 08:12

Ich fand die o.a. Beiträge und möchte dazu folgende Anmerkung machen:

Es ist in der Tat so, dass der MDK gelegentlich Anforderungen erhebt, die mit allgemein für richtig befundenen Einschätzungen nicht in Einklang zu bringen sind. Der MDK stellt m.E. zu sehr auf die formelle Qualifikation ab. Entscheidend muss doch die materielle Qualifikation sein. Jedenfalls sehe ich das so. - Es würde mich daher sehr interessen, was aus der vom MDK-Hessen seinerzeit erhobenen Forderung geworden ist. Hat man sich verständigen können?

Ina

Rudi Engel

Materielle Kompetenz muss entscheidend sein!

Beitrag von Rudi Engel » 08.01.2007, 11:19

Hallo Forum,

ich tendiere dazu, die Auffassung von Berti vollinhaltich als korrekt einzustufen. In den Texten, auf die er aufmerksam macht, ist klar gesagt, dass eigentlich immer nur die materielle Kompetenz entscheidend ist.

Warum soll derjenige, der für eine bestimmte Verrichtung gut qualifiziert ist und damit sorgfältig arbeiten kann, diese nicht ausführen dürfen? Nur, weil er eine bestimmte Ausbildung nicht durchlaufen hat? Das wird den Bedürfnissen der Menschen bestimmt nicht gerecht. Man muss, wie man so schön sagt, gelegentlich "die Kirche im Dorf" lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Rudi Engel

mebo
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Beitrag von mebo » 13.01.2007, 20:57

In der Pflege gibt es keine vorbehaltlichen Aufgaben für Pflegefachkräfte mit Ausnahme der Verantwortung für die Steuerung des Pflegeprozesses. Für den Einsatz von Pflegehilfskräften im Rahmen der Behandlungspflege muss im Rahmen der MDK Qualiträtsprüfung nach §114 SGB XI der Nachweis geführt werden, dass die betreffende Person entsprechend geschult wurde. Hinsichtlich des Stellens und Verabreichens von Medikamenten würde dies beinhalten, dass die Pflegehilfskraft über die Wirkungsweise von Medikamente aufgeklärt wurde und regelmäßige Wiederholungsschulungen durchgeführt und dokumentiert werden. Außerdem muss eine Pflegefachkraft erreichbar und für die Anleitung verantwortlich sein. (Richtlinie zur Qualitätsprüfung vom10.11.2005) Die Hürden sind also relativ hoch gehängt worden.

Gruß
mebo

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