Altenpflegebedingungen verbessern, statt verschlechtern!
Verfasst: 21.07.2006, 05:28
Altenpflegebedingungen verbessern, statt verschlechtern!
Der Rheinischen Post / Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Düsseldorf / Neuss, vom 1.7. und 8.7.2006 war zu entnehmen, dass die Landesregierung NRW in 2007 die Mittel für die Altenpflegeausbildung um 1.300.000 Euro kürzen will. Dazu habe ich Vertretern der Landesregierung / des Landtages am 9.7.2006 mitgeteilt:
Eine Mittelkürzung für die Altenpflegeausbildung im Haushalt 2007 um 1.300.000 Euro durch die Landesregierung NRW ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar. Die Streichaktion wird auch nicht etwa dadurch richtiger, dass man sie vorher ankündigt. Die Altenpflege-Rahmenbedingungen sind mittlerweile so, dass eher dringend mehr Geld, vor allem für mehr Pflege-Personalstellen, benötigt wird. Es kann bereits jetzt von einem Personalminus von rd. 20% ausgegangen werden.*) Statt einer Mittelreduzierung ist eine Qualifizierungsoffensive für die Altenpflege dringend geboten. Noch vor wenigen Jahren hat die NRW-CDU als Opposition in sog. Pflegefachgesprächen die unzureichenden Pflegebedingungen in NRW massiv kritisiert und eine Mittel- bzw. Stellenausweitung gefordert (schriftlich dokumentiert!), nun in der Regierungsverantwortung handelt sie den eigenen Erkenntnissen entgegen. Das ist nicht verständlich und gehört korrigiert! Vielleicht muss man umstrukturieren, aber Mittel wegnehmen, das kann m.E. nicht angehen.
Auf meine Initiative befasst sich zur Zeit eine Arbeitsgruppe der Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss mit der ärztlichen Versorgung in den Heimen. Dort haben sich Ärztevertreter aus eigenem Antrieb über einige Pflegekräfte beklagt. Es mangelt offensichtlich zum Teil an der Qualifikation, aber besonders dramatisch sind die Sprachverwirrungen! Zahlreiche Pflegekräfte, ob gut oder schlecht qualifiziert, sprechen nicht ausreichend deutsch, so dass die Kooperation und natürlich die Zuwendung zu den pflegebedürftigen Menschen leidet. Diese Zustände sind mir schon lange bekannt; sie gelten abgewandelt auch für die Situationen in der Krankenhauspflege (Herr Werner vom Lukaskrankenhaus Neuss hat dies auch im CDU-Fachgespräch Pflege im Landtag, 2004, ausgeführt, im Protokoll nachlesbar).
Werner Schell, Dozent für Pflegerecht und 2. Vorsitzender des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V., Harffer Straße 59, 41469 Neuss
*) Text aus Forum: viewtopic.php?t=3917
Stellenschlüssel für das Heimpersonal
Problemstellung und Frage:
In unserem Heim gibt es zu wenig Pflegepersonal; wir arbeiten alle am Limit! Es fragt sich, warum der Personalbestand nicht aufgestockt wird, auch zum Wohl der Heimbewohner. Gibt es denn keine gesetzlichen Vorschriften, die den Heimen genau vorgeben, wieviel Personal sie vorzuhalten haben? Wie kann unser Problem gelöst werden, was können wir tun?
Marianne P., Altenpflegerin
Stellungnahme:
Es ist bedauerlicherweise so, dass es – außerhalb des § 5 Heimpersonalverordnung - eigentlich keine verbindlichen Vorschriften dazu gibt, wie die Stellenberechnung für die Heime auskömmlich zu gestalten ist. Daher haben sich verschiedene Modelle zur Stellenberechnung entwickelt.
Ein möglicher Weg, die Stellen für die Heimversorgung pflegebedürftiger Menschen vernünftig auszuweisen, kann darin gesehen werden, von den Minutenwerten der Einstufungskriterien der Pflegeversicherung bzw. des MDK auszugehen (= Laienpflege für bestimmte Verrichtungen als Basis). Legt man aber diese Minutenwerte zugrunde, muss man davon ausgehen, dass sie lediglich auf im Gesetz benannte Körperdefizite abzustellen und zahlreiche Leistungsbereiche ausblenden (allein deshalb ist eine Reform der Pflegeversicherung unverzichtbar). Daher wird man den Minutenwerten z.B. auskömmliche Zeiten für die soziale Betreuung/Zuwendung bei dementen Menschen und Alzheimerpatienten, die behandlungspflegerischen Verrichtungen (im Rahmen der ärztlichen Versorgung/Kooperation), Dokumentationserfordernisse (die teilweise mit einem hohen Zeitfaktor anzusetzen sind, man spricht von bis zu 40%) und Zeiten für Urlaub, Schwangerschaftsschutzfristen und Arbeitsunfähigkeit hinzu rechnen müssen. Stockt man so die Einstufungsminutenwerte mit einem Zuschlag auf, der nach Überzeugung und Berechnung zahlreicher Experten mit mindestens 20% anzusetzen ist, hat man eine Grundlage für die Stellenausstattung der bundesdeutschen Heime. Geht man anhand solcher Überlegungen vor, wird man unschwer erkennen, dass die Heime durchweg personell unterversorgt sind. Dies muss allerdings nicht immer ausschließen, dass unabhängig von dieser Unterversorgung gleichwohl eine angemessene Pflege gewährleistet werden kann (vgl. hierzu die Ausführungen unter http://www.pflegekonzepte.de/Pflegequalitaet.htm ). Das Engagement zahlreicher Pflegekräfte macht dies offensichtlich möglich.
Da der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. ( http://www.pflege-shv.de ) das Thema Stellenberechnung für die praktische Qualitätssicherung in der Heimpflege für herausragend wichtig erachtet, wird hierzu bevorzugt eine Stellungnahme des Verbandes vorbereitet und in die weitere Diskussionen über Veränderungen in der Pflegeversicherung eingeführt werden.
Wer sich im Sinne der Zweckausrichtung des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. beteiligen und somit die Arbeit des Verbandes aktiv unterstützen möchte, kann sich gerne mit Frau Adelheid von Stösser, 1. Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V., in Verbindung setzen (info@pflege-shv.de).
http://www.pflege-shv.de
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Team Werner Schell
Der Rheinischen Post / Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Düsseldorf / Neuss, vom 1.7. und 8.7.2006 war zu entnehmen, dass die Landesregierung NRW in 2007 die Mittel für die Altenpflegeausbildung um 1.300.000 Euro kürzen will. Dazu habe ich Vertretern der Landesregierung / des Landtages am 9.7.2006 mitgeteilt:
Eine Mittelkürzung für die Altenpflegeausbildung im Haushalt 2007 um 1.300.000 Euro durch die Landesregierung NRW ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar. Die Streichaktion wird auch nicht etwa dadurch richtiger, dass man sie vorher ankündigt. Die Altenpflege-Rahmenbedingungen sind mittlerweile so, dass eher dringend mehr Geld, vor allem für mehr Pflege-Personalstellen, benötigt wird. Es kann bereits jetzt von einem Personalminus von rd. 20% ausgegangen werden.*) Statt einer Mittelreduzierung ist eine Qualifizierungsoffensive für die Altenpflege dringend geboten. Noch vor wenigen Jahren hat die NRW-CDU als Opposition in sog. Pflegefachgesprächen die unzureichenden Pflegebedingungen in NRW massiv kritisiert und eine Mittel- bzw. Stellenausweitung gefordert (schriftlich dokumentiert!), nun in der Regierungsverantwortung handelt sie den eigenen Erkenntnissen entgegen. Das ist nicht verständlich und gehört korrigiert! Vielleicht muss man umstrukturieren, aber Mittel wegnehmen, das kann m.E. nicht angehen.
Auf meine Initiative befasst sich zur Zeit eine Arbeitsgruppe der Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss mit der ärztlichen Versorgung in den Heimen. Dort haben sich Ärztevertreter aus eigenem Antrieb über einige Pflegekräfte beklagt. Es mangelt offensichtlich zum Teil an der Qualifikation, aber besonders dramatisch sind die Sprachverwirrungen! Zahlreiche Pflegekräfte, ob gut oder schlecht qualifiziert, sprechen nicht ausreichend deutsch, so dass die Kooperation und natürlich die Zuwendung zu den pflegebedürftigen Menschen leidet. Diese Zustände sind mir schon lange bekannt; sie gelten abgewandelt auch für die Situationen in der Krankenhauspflege (Herr Werner vom Lukaskrankenhaus Neuss hat dies auch im CDU-Fachgespräch Pflege im Landtag, 2004, ausgeführt, im Protokoll nachlesbar).
Werner Schell, Dozent für Pflegerecht und 2. Vorsitzender des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V., Harffer Straße 59, 41469 Neuss
*) Text aus Forum: viewtopic.php?t=3917
Stellenschlüssel für das Heimpersonal
Problemstellung und Frage:
In unserem Heim gibt es zu wenig Pflegepersonal; wir arbeiten alle am Limit! Es fragt sich, warum der Personalbestand nicht aufgestockt wird, auch zum Wohl der Heimbewohner. Gibt es denn keine gesetzlichen Vorschriften, die den Heimen genau vorgeben, wieviel Personal sie vorzuhalten haben? Wie kann unser Problem gelöst werden, was können wir tun?
Marianne P., Altenpflegerin
Stellungnahme:
Es ist bedauerlicherweise so, dass es – außerhalb des § 5 Heimpersonalverordnung - eigentlich keine verbindlichen Vorschriften dazu gibt, wie die Stellenberechnung für die Heime auskömmlich zu gestalten ist. Daher haben sich verschiedene Modelle zur Stellenberechnung entwickelt.
Ein möglicher Weg, die Stellen für die Heimversorgung pflegebedürftiger Menschen vernünftig auszuweisen, kann darin gesehen werden, von den Minutenwerten der Einstufungskriterien der Pflegeversicherung bzw. des MDK auszugehen (= Laienpflege für bestimmte Verrichtungen als Basis). Legt man aber diese Minutenwerte zugrunde, muss man davon ausgehen, dass sie lediglich auf im Gesetz benannte Körperdefizite abzustellen und zahlreiche Leistungsbereiche ausblenden (allein deshalb ist eine Reform der Pflegeversicherung unverzichtbar). Daher wird man den Minutenwerten z.B. auskömmliche Zeiten für die soziale Betreuung/Zuwendung bei dementen Menschen und Alzheimerpatienten, die behandlungspflegerischen Verrichtungen (im Rahmen der ärztlichen Versorgung/Kooperation), Dokumentationserfordernisse (die teilweise mit einem hohen Zeitfaktor anzusetzen sind, man spricht von bis zu 40%) und Zeiten für Urlaub, Schwangerschaftsschutzfristen und Arbeitsunfähigkeit hinzu rechnen müssen. Stockt man so die Einstufungsminutenwerte mit einem Zuschlag auf, der nach Überzeugung und Berechnung zahlreicher Experten mit mindestens 20% anzusetzen ist, hat man eine Grundlage für die Stellenausstattung der bundesdeutschen Heime. Geht man anhand solcher Überlegungen vor, wird man unschwer erkennen, dass die Heime durchweg personell unterversorgt sind. Dies muss allerdings nicht immer ausschließen, dass unabhängig von dieser Unterversorgung gleichwohl eine angemessene Pflege gewährleistet werden kann (vgl. hierzu die Ausführungen unter http://www.pflegekonzepte.de/Pflegequalitaet.htm ). Das Engagement zahlreicher Pflegekräfte macht dies offensichtlich möglich.
Da der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. ( http://www.pflege-shv.de ) das Thema Stellenberechnung für die praktische Qualitätssicherung in der Heimpflege für herausragend wichtig erachtet, wird hierzu bevorzugt eine Stellungnahme des Verbandes vorbereitet und in die weitere Diskussionen über Veränderungen in der Pflegeversicherung eingeführt werden.
Wer sich im Sinne der Zweckausrichtung des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. beteiligen und somit die Arbeit des Verbandes aktiv unterstützen möchte, kann sich gerne mit Frau Adelheid von Stösser, 1. Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V., in Verbindung setzen (info@pflege-shv.de).
http://www.pflege-shv.de
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Team Werner Schell