Protestituierte sollen Altenpflegerinnen werden

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Antworten
Dirk

Protestituierte sollen Altenpflegerinnen werden

Beitrag von Dirk » 14.03.2006, 17:36

Protestituierte sollen Altenpflegerinnen werden

Darüber berichtete am 13.3.2006 in großer Aufmachung die Rheinische Post / Neuss-Grevenbroicher Zeitung. Heute nun griff auch die Ärzte Zeitung das Thema auf und die titelte:
"Huren werden Altenpflegerinnen"

Ein bundesweit einmaliger Modellversuch soll laut Ärzte Zeitung in Nordrhein-Westfalen gestartet werden: Aus Huren sollen Altenpflegerinnen werden. Die Umschulung lassen sich nach einem "Spiegel"-Bericht das Land und der Europäische Sozialfonds über eine Million Euro kosten. "Ein nahe liegender Schritt", lobte Rita Kühn von der Diakonie Westfalen dem Nachrichtenmagazin zufolge das ungewöhnliche Ausstiegsmodell. Sie koordiniert das Projekt. Ihre Organisation betreut deutschlandweit Seniorenheime. Prostituierte könnten "allgemein gut mit Menschen umgehen", verspürten kaum noch Ekelgefühle und hätten "null Berührungsängste", sagte sie. Kühn will zunächst 30 Frauen zwischen 20 und 40 Jahren knapp zwei Jahre lang über Kurse und Praktika ins neue Berufsleben führen. In Nordrhein-Westfalen wird die Zahl der Sexarbeiterinnen auf etwa 50 000 geschätzt.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 14.3.2006
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... tik/pflege

DBfK

Pflege in Zerr-Spiegel

Beitrag von DBfK » 16.03.2006, 15:02

Pflege in Zerr-Spiegel
Ein Projekt für Prostituierte macht Schlagzeilen


Zum Artikel-Spiegel Nr. 11/2006 – Vom Straps zur Schnabeltasse


Pflege macht mal wieder Schlagzeilen. Diesmal aber nicht mit Wundliegen und Verdursten, sondern mit Strapsen und Prostituierten. Alte Klischees und Männerphantasien werden vermengt. Sollen doch gar Prostituierte zukünftig alte Menschen pflegen!

Worum geht es? Ein Projekt der Diakonie in Westfalen versucht Frauen einen Ausstieg aus Prostitution und Gewalt zu ermöglichen. Sie werden unterstützt, einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu finden, sie erhalten ein Angebot von Allgemeinbildung und individuelle Beratung zu Berufsoptionen. Eine Option neben Verkauf oder PC-Arbeit ist die pflegerische Tätigkeit. Nun werden aber nicht wie fälschlich behauptet, Altenpflegerinnen ausgebildet, sondern die Frauen erhalten die Gelegenheit, in diesem Bereich Erfahrungen zu sammeln. Möglicherweise entscheiden sie sich später für eine Ausbildung in der Pflege oder arbeiten dort als Hilfskraft. Dagegen kann doch niemand ernsthaft etwas haben?

Leider wird aber mit der Berichterstattung über das Projekt „ProFridA“ ein verfälschtes, unrealistisches und für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) inakzeptables Bild der Pflegeberufe in Deutschland gezeichnet. Die Qualifikation von Pflegenden scheint vor allem darin zu bestehen, keine „Ekelgefühle zu verspüren“ und „null Berührungsängste“ zu haben. Hier wird sprachlich auch eine Brücke zwischen den Anforderungen an Prostituierte und Pflegepersonal konstruiert. Heute im Straps und morgen die „Arbeit mit Bettpfanne, Schnabeltassen, und Waschlappen“. Pflege ist anders! Die genannten Dinge und Fähigkeiten sind Bestandteil des Berufsalltags, charakterisieren aber nicht die Kompetenzen und Aufgaben des Berufes.

Das gesellschaftliche Bild von Pflege in Deutschland ist verzerrt und realitätsfern. Einerseits werden gerne pflegerische Mängel thematisiert, gleichzeitig wird aber ein Bild transportiert, dass Pflege eigentlich gar keine richtige Ausbildung brauche. Alle möglichen Gruppen, die schlecht zu vermitteln sind, sollen in die Pflege. Früher waren das Männer aus dem Bergbau oder Stahlkocher, heute Langzeitarbeitslose und auch Prostituierte. Festzuhalten bleibt, dass vermutlich viele dieser Menschen sich für einen Pflegeberuf eignen. Aber nicht weil sie Kohle geschürft, Stahl gekocht oder sexuelle Dienste angeboten haben, sondern weil sie Persönlichkeitsmerkmale aufweisen und eine Bildungsfähigkeit besteht für eine erfolgreiche Ausbildung in der Pflege. Diese Eignung kann nur individuell überprüft werden!

Der Pflegebedarf wird perspektivisch durch den demographischen Wandel in Deutschland dramatisch ansteigen. Es sollte ein gesellschaftliches Anliegen sein, diese Berufsoption so attraktiv wie möglich zu machen. Hier ist durch eine reißerische Darstellung das Gegenteil passiert. Wenn jemand krank oder pflegebedürftig ist, ist es gleichgültig, was die Altenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpflegerin vor ihrer Ausbildung gemacht hat, entscheidend ist, sie pflegt kompetent!

Franz Wagner
Bundesgeschäftsführer
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V.
Geisbergstrasse 39, 10777 Berlin
Tel.: 030-2191570 Fax: 030-21915777
dbfk@dbfk.de
http://www.dbfk.de

Quelle: Pressemitteilung vom 16.3.2006
DBfK-Bundesverband e. V.
Susanne Adjei
Sozialmanagerin
Tel.: +49 30 21 9157- 0
Fax: +49 30 21 9157-77
Geisbergstr. 39
10777 Berlin

Resi Gutenberg

Prostituierte sollen alte Menschen pflegen

Beitrag von Resi Gutenberg » 16.03.2006, 17:02

Ehemalige Prostituierte sollen alte Menschen pflegen - warum eigentlich nicht, wenn sie denn für diese Tätigkeit geeignet und ausreichend zuverlässig sind?

Halte es für geboten, das Thema nicht zu hoch zu handeln. Die Darstellung in der Presse ist zweifelsfrei misslungen, ansonsten ist m.E. Gelassenheit angesagt.
Bewerber für eine Pflegetätigkeit müssen für die anstehenden Verrichtungen umfassend geeignet sein. Dies zu prüfen und zur Voraussetzungen zu machen, ist notwendig, alles andere ist eher zweitrangig.

Herzlichst
Resi Gutenberg

R.Koep
Jr. Member
Beiträge: 84
Registriert: 17.11.2005, 16:10

Warum nicht?

Beitrag von R.Koep » 16.03.2006, 17:14

Wir meinen sie die Eignung Frau Gutenberg ?

Nein mal im Ernst, wenn sich das Modell durchsetzen würde, könnte in so manchen Alten- und Seniorenheim alte Herzen wieder jung werden.
Gerade die älteren Menschen sehen gerne mal was junges knackiges und warum sollen diese Aussteiger aus der Szene nicht die Möglichkeit bekommen sich zu beweisen?

Mit freundlichen Grüßen
R.Koep

Rita Reinartz
Full Member
Beiträge: 192
Registriert: 25.11.2005, 15:01

Eignung für die Pflege im Einzelfall prüfen!

Beitrag von Rita Reinartz » 17.03.2006, 14:19

Hallo Forum!

Ob jemand für die Pflegetätigkeit geeignet ist, muss sich im Einzelfall erweisen. Dies kann nicht allein an einer voraus gegangenen Berufstätigkeit aufgemacht werden.
Grundsätzlich kann aber auch eine vorauf gegangene Berufstätigkeit nicht generell ein Hindernis für die Pflege sein.
Langer Rede kurzer Sinn: Ehemals Prostitutierte können m.E. in die Pflege wechseln, wenn sich nach Einzelprüfung die "Eignung" erweist. Das wird im Rahmen der Ausbildung, der Prüfung und der späteren Einstellung zu bedenken sein.
Die jetzt im Pflegebereich in Gang gekommenen Aufgeregtheiten halte ich für weit überzogen. Wenn die Medien Schlagzeilen produzieren, muss man ggf. das attackieren, aber nicht die möglicherweise zu Unrecht dahinter stehenden Menschen diskretitieren. Anders: Die Schlagzeilen: "Huren für die Pfege" oder so ähnlich, suggeriert möglicherweise Negatives. Jetzt aber loszuschlagen gegen die betroffenen Personen ist nicht gerechtfertigt. Mahne zur Zurückhaltung!!

MfG
Rita

Dirk

Pflege nicht weiter beschädigen! Zurückhaltung bitte!

Beitrag von Dirk » 17.03.2006, 15:03

Hallo!

Die DBfK - Stellungnahme ist der Thematik angemessen und kann von mir durchaus unterstützt werden. Allerdings rate auch ich davon ab, die Öffentlichkeit mit weiteren Stellungnahmen zu traktieren - das Ansehen der Pflege kann leider noch mehr beschädigt werden.

Ich rate dazu, die verantwortlichen medienvertreter einmal in die Mangel zu nehmen und sie aufzufordern, sich über die Notwendigkeit ausreichend geeignetes Personal zu gewinnen und einzustellen, zu informieren.

MfG Dirk

Ruth Burgmüller

In die Pflege mehr Personal

Beitrag von Ruth Burgmüller » 17.03.2006, 16:00

In die Pflege gehört mehr Personal, und zwar Personal, dass für diese Menschen zugewandte Arbeit geeignet und qualifiziert ist.
Bei der Auswahl muss man mit aller Sorgfalt vorgehen; bestimmte Personenkreise von vorneherein zu diskretitieren, halte ich für problematisch. Das ist ja auch schon hier angeklungen. Leider haben die Medien für unerfreuliche Schlagzeilen gesorgt. Folgerichtig muss man eigentlich den Journalisten auf die Finger hauen! Sie sollen weniger polarisieren, sondern sachlich informieren. Und da gibt es noch ganz andere Pflegethemen, aber an die geht keiner so richtig ran.
Wo menschenverachtend gepflegt wird, kann man "dicke Schlagzeilen" machen. Aber da drücken sich die Herren Journalisten gerne vorbei. Wieso eigentlich?

Ruth Burgmüller

Nelly

Besseres Personal für die Altenpflege !!!

Beitrag von Nelly » 18.03.2006, 11:02

Hallo ForumsteilnehmerInnen!

Die Schlagzeile mit den "Huren für die Altenpflege" ist die übliche Masche der Medien. Aufmerksamkeit erwecken, um Produkte abzusetzen. Den Journalisten geht es oft nicht (oder fast nie) um die Sache. Das muss man einfach wissen. Deshalb sollten wir auch nicht auf diesen Bluff herfallen und jetzt für weitere Schlagzeilen, die die Pflege in Misskredit bringen, sorgen.

Wenn überhaupt, müssen wir uns unabhängig von der "Hurenproblematik" um besseres - und auch deutsch sprechendes - Personal in der Altenpflege kümmern. Es kann nicht angehen, dass dort jeder genommen wird, der einigermaßen robust erscheint . Herr Breitscheidel hat ja in seinem Buch (und ergänzend in seinen Fernsehauftritten) aufgezeigt, dass er nie nach einer Ausbildung gefragt worden ist; nur "ledig, männlich, kräftig" usw. waren die Einstellungskriterien. Solche Verhaltensweisen müssen diskutiert werden. Insoweit sehe ich großen Handlungsbedarf. Es wäre hilfreich, wenn sich der neue Pflege-Selbsthilfeverband dieser Sichtweise anschließen und diesbezüglich für eine ausgewogene Diskussion sorgen könnte.

Ein schönes Wochenende wünscht
eine Altenpflegerin (aus Berufung)
Nelly

H.P.

Prostituierte und von Gewalt betroffene Frauen

Beitrag von H.P. » 21.03.2006, 16:22

Netzwerk "ProFridA"
Prostituierte und von Gewalt betroffene Frauen in den Arbeitsmarkt, von Januar 2006 - August 2007


Nähere Erläuterungen Der Diakonie Westfalen nachlesbar unter
http://www.diakonie-westfalen.de/servle ... de.nsf&dt=&

Forum Sozialstation

Prostituierte und Gewaltopfer in die Pflege?

Beitrag von Forum Sozialstation » 29.03.2006, 10:54

NRW: Prostituierte und Gewaltopfer sollen als Pflegerinnen
qualifiziert werden


(er) Ein neues Projekt hat das Diakonie-Netzwerk ProFridA ( http://www.profrida.de ) der Diakonie Westfalen gestartet: Prostituierte und Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, sollen unter anderem für Tätigkeiten in der Pflege qualifiziert werden. Nordrhein-Westfalen (NRW) und der Europäische Sozialfonds stellen für das Projekt etwas über eine Million EUR zur Verfügung. Bis zu 20 Monate lang können die Beraterinnen die Frauen bei ihrer Berufsfindung begleiten. Rund 30 Frauen haben sich bereits für eine Teilnahme gefunden, maximal 50 können bei dem Projekt, das bis 2007 läuft, mitmachen.
Die vollständige Meldung vom 14. März 2006 lesen Sie auf unserer Startseite unter http://www.forumsozialstation.de

Quelle: Mitteilung vom 28.3.2006

Menschen-pflegen.de

Vom Straps zur Schnabeltasse

Beitrag von Menschen-pflegen.de » 19.04.2006, 12:29

Leserbrief zum Spiegel-Artikel „Vom Straps zur Schnabeltasse“ (Ausgabe SPIEGEL Nr. 11 vom 13.03.2006)

„Vom Straps zur Schnabeltasse“, überschrieb der Spiegel in der Ausgabe Nr. 11 vom 13. März dieses Jahren einen Beitrag, in dem ein nordrhein-westfälisches Modellprojekt zur Umschulung von Prostituierten für Tätigkeiten in der Altenpflege vorgestellt wurde. „Weg von der Straße, rein ins Seniorenheim“, denn „Experten“ meinten, so der Spiegel, Prostituierte seien für diesen Beruf besonders geeignet. Wer sich wie sie rund um die Uhr Machos, Muttersöhnchen, Akademikern, alten wie jungen Männern widme, lerne, sich auf unterschiedliche Charaktere und Bedürfnisse einzustellen und bringe daher positive Startvoraussetzungen für den Beruf als Seniorenpflegerin mit. „Ein nahe liegender Schritt“, mit diesen Worten wurde eine Mitarbeiterin von der Diakonie Westfalen zitiert, die dieses unter anderem aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierte Umschulungsprojekt koordinieren soll. Und weiter wird die Mitarbeitern der Diakonie zitiert: „Prostituierte könnten ‚allgemein gut mit Menschen umgehen’, verspürten kaum noch Ekelgefühle und hätten ‚null Berührungsängste’. Fähigkeiten, die sie von vielen Schwesternschülerinnen und zukünftigen Pflegern unterscheide.“ Und für einen Vertreter der Bundesagentur für Arbeit scheint das alles schlüssig, denn in Seniorenheimen und sozialen Hilfsdiensten werde händeringend nach neuen Kräften gesucht. Die Rheinpfalz (Ausgabe Ludwigshafen) informierte am 13. März dieses Jahres unter der Überschrift: „Huren werden zu Pflegekräften umgeschult“ über den nordrhein-westfälischen Modellversuch. Klaus-Peter Lohest, Abteilungsleiter im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit hat zu beiden Artikeln einen Leserbrief verfasst, den wir an dieser Stelle abdrucken möchten. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Unser Grundgesetz macht da keine Ausnahmen: Aller Menschen Würde ist zu achten – die von Prostituierten, die von Menschen, die pflegen und die von Menschen, die gepflegt werden. Pflege und „Ekel“ schließen sich aus, da Pflege Zuwendung und Ekel Distanzierung bedeutet. Wenn die Mitarbeiterin eines kirchlichen Wohlfahrtsverbandes im Zusammenhang mit den Plänen, ehemalige Prostituierte als Altenpflegerinnen umzuschulen, wirklich, wie zitiert, die Pflege alter Menschen mit „Ekelgefühlen“ in Verbindung gebracht haben sollte, dann ist das nicht nur nicht wertschätzend für Pflegende und Pflegebedürftige, sondern auch generell nicht akzeptabel.

Wir wissen: Die allermeisten Pflegeprofis machen ihren oft sehr anstrengenden Job sehr gut. Sie haben keinerlei Berührungsängste vor Menschen in extrem schwierigen Pflegesituationen. Deshalb ist ihnen Achtung und Respekt entgegen zu bringen. Prostituierten eine andere berufliche Perspektive zu eröffnen, ist wichtig und richtig. Eines von vielen Arbeitsfeldern kann auch die Pflege sein. Maßgeblich für diesen anspruchsvollen Dienst am Menschen kann und sollte nicht die Herkunft und vorherige Tätigkeit der Pflegenden sein. Hier zählt vielmehr Herz, Einfühlungsvermögen und eine gute Ausbildung, um den zu pflegenden Menschen und sich selbst gerecht werden zu können. Dies kann jedoch nicht in einem „Hau-Ruck-Verfahren“ erfolgen, weil eine qualitativ hochwertige Pflege einer qualifizierten Berufsausbildung bedarf.

Verfasser:
Klaus Peter Lohest
Leiter der Sozialabteilung
des Ministeriums für Arbeit, Soziales,
Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz

Quelle: Mitteilung vom 19.4.2006
http://www.menschen-pflegen.de/enid/ce4 ... 39/8q.html

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Aus dem Bordell in die Altenpflege

Beitrag von WernerSchell » 04.03.2007, 10:22

Siehe auch unter

Ich war eine Hure - Aus dem Bordell in die Altenpflege
Sendung vom 04.03.2007 17:30 Uhr (NDR)
viewtopic.php?t=6130
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Antworten