Pflegedokumentation & das Einsichtsrecht

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

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Gast

Pflegedokumentation & das Einsichtsrecht

Beitrag von Gast » 22.04.2005, 17:32

Bundesdatenschutzbeauftragter kritisiert unzulässige Einsichtnahme von Kostenträgern in die Pflegedokumentation

VDAB: Kostenträger müssen sich endlich an die esetzlich geregelten Verfahren zur Datenerhebung halten

In seinem am 19. April 2005 vorgelegten Bericht kritisiert der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, erneut die unzulässige Praxis der Kostenträger, sich Zugang zu intimen Patientendaten aus Krankenhausentlassungsberichten, Pflegeplanungsbögen und Pflegedokumentationen zu verschaffen. Besonders die Pflegedokumentation sei „Objekt der Begierde“ bei Kranken- und Pflegekassen, so der Bundesdatenschutzbeauftragte. „Immer noch verlangen Kranken- und Pflegekassen von ambulanten Pflegediensten die Einsichtnahme in die Pflegedokumentation bzw. deren Übersendung zur Abrechnungsprüfung, obwohl dieses Vorgehen offensichtlich gegen geltende Rechtsnormen verstößt“, beanstandet auch Oliver Aitcheson, Leiter des ambulanten Fachbereichs des Verbandes Deutscher Alten und Behindertenhilfe e.V. (VDAB).
Auch zur Prüfung der Leistungspflicht bei verordneter häuslicher Krankenpflege fragten die Kassen bei Pflegediensten persönliche Patientendaten ab und gelangten auf diese Weise an Pflegeplanungsbögen „mit sehr detaillierten Angaben“, so der Bundesdatenschutzbeauftragte weiter. Um die Berechtigung einer Verordnung zu prüfen, seien die Kassen jedoch lediglich befugt, beim verordnenden Arzt nachzufragen. Mit Verweis auf ein Rundschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) vom 9. Januar 2004 verdeutlicht der Bundesdatenschutzbeauftragte nun erneut: Die Pflegedokumentation ist keine Abrechnungsgrundlage.
Allein der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bzw. die von den Landesverbänden der Pflegekassen bestellten Sachverständigen sind berechtigt, im Rahmen einer örtlichen Prüfung nach § 114 Abs. 1 bis 3 SGB XI Einblick in die Pflegedokumentation zu nehmen. Darüber hinaus besteht weder eine Verpflichtung noch eine Berechtigung der Pflegeeinrichtung, die Pflegedokumentation zu offenbaren. „Wir begrüßen die wiederholte eindeutige Klarstellung des Sachverhaltes durch den Bundesdatenschutzbeauftragten und erwarten, dass die Kostenträger sich zukünftig an die gesetzlich geregelten Verfahren zur Datenerhebung halten“, so Aitcheson.

Für Rückfragen steht Ihnen Oliver Aitcheson, Tel.: 02054 / 95 78 – 11, oliver.aitcheson@vdab.de zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung vom 20.4.2005
Nicole Meermann
Pressereferentin
VDAB Bundesgeschäftsstelle Essen
Im Teelbruch 132
45219 Essen
Tel.: 02054.9578-15
Fax: 02054.9578-40
Mail: nicole.meermann@vdab.de
Internet: http://www.vdab.de

WernerSchell
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Pflegedokumentation & das Einsichtsrecht

Beitrag von WernerSchell » 22.04.2005, 17:43

Siehe auch den Beitrag

----- Einsichtnahme in Krankenunterlagen durch Krankenkassen

im Rechtsalmanach, Nr. 15, dieser Homepage:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... tnahme.htm
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Gast

Keine Weitergabe der Pflegedokumentation

Beitrag von Gast » 23.04.2005, 11:51

Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar bestätigt:

Für Weitergabe der Pflegedokumentation an die Kassen besteht keine gesetzliche Grundlage

BERLIN (22.04.2005) – Die Kritik von Bundesinnenminister Otto Schily an dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar, überlagert derzeit leider die so wichtige Diskussion über zentrale Kritikpunkte, die Deutschlands oberster Datenschützer in seinem 20. Tätigkeitsbericht (2003-2004) genannt hat – unter anderem zum Thema „Pflegedokumentation“. Unmissverständlich kritisiert Schaar darin die gängige, aber unzulässige Praxis einiger Kranken- und Pflegekassen, bei ambulanten Pflegediensten Pflegedokumentationen von deren Patienten einzufordern. Er stellt klar: „Für eine Weitergabe der Pflegedokumentation an die Pflegekassen besteht weder eine gesetzliche Grundlage, noch ein Bedarf, weil der Inhalt der der Abrechnungsunterlagen in § 105 SGB XI abschließend geregelt ist und die Pflegedokumentation danach keine Abrechnungsunterlage darstellt.“ Dazu erklärt Thomas Meißner, Vorstandsmitglied ArbeitgeberVerband im Gesundheitswesen (AVG) e.V.:

„Datenschutz ist ein hohes Gut – auch und gerade in der häuslichen Krankenpflege, wo es um die Betreuung von pflege- und hilfebedürftigen Menschen geht. Umso wichtiger ist es, dass sich auch Pflege- und Krankenkassen an den Datenschutz halten. Dieser ist zuletzt mehrfach außer Kraft gesetzt worden. Einige Kranken- und Pflegekassen haben kaum noch eine Gelegenheit ausgelassen, in alle nur denkbaren Unterlagen möglichst breitflächig Einsicht zu bekommen und von allem, was Patienten und Pflegedienste betrifft, entsprechende Kopien zu fertigen.

Dabei handelt es sich aus Sicht des AVG um eine Mogelpackung, da dies alles unter dem Deckmantel von Transparenz, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle verkauft wird. Immer häufiger berichten uns ambulante Dienste, dass hinter ihrem Rücken so genannte `Pflegefachkräfte´der Kranken- und Pflegekassen ausschwärmen und still und heimlich Rechnungsunterlagen, ja ganze Patientenakten bis hin zu Pflegeplanungs- und Pflegeverlaufsbögen kopieren und zu den Schreibtischen der Sachbearbeiter auf Kassen- und Pflegekassenseite transportieren. Es wird argumentiert, dass der Patient mit diesem Sachverhalt einverstanden sei, und so haben die Kassen schnell eine Unterschrift des Versicherten. Doch weder Kranken- noch Pflegekassen haben ein Einsichtsrecht in die Dokumentation, geschweige denn in die Planung- und Pflegeunterlagen. Allein der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) und die im Rahmen des § 112 ff und § 113 SGB XI bestellten Sachverständigen dürfen Einsicht in die medizinischen Daten nehmen. Transparenz und Qualitätssicherung – ebenfalls hohe Güter in der Pflege – haben nichts mit Eingriff in die Persönlichkeitsrechte zu tun. Ambulante Pflegedienste haben kein Problem mit Transparenz und Qualität, aber sie wollen nicht der Willkür der Kassen ausgesetzt sein nach dem Prinzip: Die Kassen beschaffen sich sensible Patientendaten und die Pflegedienste werden anschließend wegen Verletzung des Datenschutzes in Haftung genommen.

Der AVG begrüßt es daher, dass einige Kassen (z.B. die TechnikerKrankenkasse TK) inzwischen Datenschutzbestimmungen ernst nehmen und sich nicht mehr Akten wild übermitteln bzw. kopieren lassen. Der AVG würde es begrüßen, wenn alle Kranken- und Pflegekassen diesen noch zu seltenen Weg beschreiten würden. Nur dann lassen sich Persönlichkeitsrechte der Patienten schützen und gleichzeitig Transparenz in Leistungsabrechnung und Qualitätssicherung bringen. Wir brauchen dazu keine neuen Gesetze, sondern gegenseitiges Vertrauen.“

Quelle: Pressemitteilung vom 22.4.2005
Jörn Mohaupt
Geschäftsführer
AVG ArbeitgeberVerband im Gesundheitswesen e.V.
Schönholzer Strasse 3
13187 Berlin
Tel. (030) 49 90 53 80
Fax (030) 49 90 53 88
E-Mail: info@avg-ev.com
Internet: http://www.avg-ev.com

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Pflegedokumentation - Objekt der Begierde!

Beitrag von Berti » 23.04.2005, 12:27

Der Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz für 2003 - 2004 ist übrigens unter
http://www.bfd.bund.de/information/20tb_broschuere.pdf
nachlesbar / abrufbar (siehe vor allgem Seiten 171, 172)

Gruß Berti

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Pflegedokumentation & das Einsichtsrecht

Beitrag von Berti » 24.04.2005, 13:22


WernerSchell
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Pflegedokumentation - Objekt der Begierde

Beitrag von WernerSchell » 25.04.2005, 11:07

Siehe auch im Rechtsalmanach Nr. 15 unter

Pflegedokumentation - Objekt der Begierde - Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (Seiten 171/172), (Quelle: http://www.bfd.bund.de/information/20tb_broschuere.pdf)
sowie
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... tnahme.htm
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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