Überlastungsanzeige und Übernahme ärztlicher Tätigkeiten

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Antworten
intensivotter
Newbie
Beiträge: 15
Registriert: 23.09.2007, 22:53

Überlastungsanzeige und Übernahme ärztlicher Tätigkeiten

Beitrag von intensivotter » 09.01.2013, 09:20

Guten Morgen liebes Forum!
Meine 1.Leitung und ich haben seit geraumer Zeit grundverschiedene Ansichten, was den Umgang mit Gesetzen und Vereinbarungen angeht.
Sie ist , z.B. der Meinung, das ein Umsetzen des Medzinproduktegesetz,z.B. das Benutzen eines neues Beatmungsgerätes erst nach erfolgter Einweisung statt zu finden hat als übertrieben.Sie meint, "man müsse damit spielen, dann weiß man wie es funktoniert".Ich seh dieses anders.
Zur Zeit haben wir einen extrem hohen Arbeitsaufwand auf unserer Intensivstation, der noch gefördert wird durch eine unadäquate ärztliche Besetzung.Unsere Stationsärzte sind alle samt intensivmedizinisch unerfahren.Die Oberärzte kommen nur zur Visite.Dem entsprechenden übernehmen wir viele ärztliche Tätigkeiten, z.B. übernehmen wir das komplette Beatmungsregime der Patienten,korrigen falsche angeordnete Behandlungsbögen etc.Um unsere Patienten einigermaßen grundpflegerisch versorgen zu können, verzichten wir auf unsere Pausen.Seit dem 23.12.2012 hat keine Schicht seine gesetzlich vorgeschreibene Pause genommen und nicht mehr pünktlich Feierabend gemacht.
Gespräche mit dem Oberärzten brachten keinen Erfolg.Das die jungen und unerfahren Ärzte nicht gut angeleitet und eingearbeitet werden sehen sie anders als die Pflege.
Nun forderte meine 1.Leitung mich auf, ich solle eine Überlastungsanzeige schreiben.Vom Arbeitsaufwand und einer drohenden Gefährdung der Patienten wäre eine Überlastungsanzeige mit Sicherheit angebracht.
Als ich sie darauf hinwies, das wir dann die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten,wie z.B.oben erwähnt,nicht mehr durchführen sollten, meinens Wissen nach auch nicht mehr dürfen, wurde sie ungehalten.
Meine Frage ist:Müssen wir tatsächlich, wenn es uns nicht möglich eine pflegerische Versorgung der Patienten, z.B regelmäßiges Lagern, durch zu führen,weiterhin ärztliche Tätigkeiten übernehmen?Und, gibt es gesetzliche Grundlagen, die regeln, was bzw. welche Tätigkeiten im Rahmen einer Überlastungsanzeigen nicht durchführen sollte?

Ich bedanke mich im Vorfeld für hoffentlich hilfreiche Aussagen!
MfG intensivotter

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Rechtssicheres Arbeiten - Sorgfaltsgebot beachten

Beitrag von Herbert Kunst » 09.01.2013, 11:08

Hallo intensivotter,

die Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten ist nur in eingeschränkter Form zulässig. Zu den Delegationsgrundsätzen gibt es einige hilfreiche Ausführungen - hier:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Es sollte eigentlich in der Träger-Betriebsleitung darüber befunden werden, wie man mit dem Thema umgeht. Es kann als sinnvoll angesehen werden, insoweit eine hausinterne Dienstanweisung zu schaffen, damit alle wissen, was Sache ist. Siehe dazu die Hinweise in dem Buch zur Injektionsproblematik - hier: http://www.wernerschell.de/html/injektionen.php
Es kann eigentlich nicht angehen, dass die verbleibenden Probleme auf dem Rücken der einzelnen Pflegekräfte mittels Überlastungsanzeige aufgelöst werden sollen. Dennoch erscheint das Schreiben eines Briefes sinnvoll, allerdings an die Pflegedienstleitung, damit diese für die notwendigen Klärungen sorgt. Damit sollte die Pflegedienstleitung aufgefordert werden festzulegen, welche Aufgaben vordringlich zu erledigen sind. Grundsätzlich ist es so, dass ArbeitnehmerInnen immer mit der erforderlichen Sorgfalt arbeiten müssen. Daher haben wichtige Aufgaben wohl immer Vorrang. Aber insoweit für Klarheit zu sorgen, ist letztlich Sache der Führung. Das wäre einzufordern.
Zur Überlastungsanzeige - siehe hier: http://www.wernerschell.de/Buchtipps/10 ... tungen.php
Was den Umgang mit Gerätschaften angeht, ist klar die gebotene Einweisung zu fordern. Solche Geräte sind keine Übungsfelder. Es muss sicher und für den Patienten gefahrendminimiert gearbeitet werden.
Soweit zunächst - man könnte nur mehr sagen. Vielleicht sollte auch der Pflegedienstleitung geraten werden, eine Rechtskunde-Weiterbildung zu absolvieren.

Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Sabrina Merck
Sr. Member
Beiträge: 434
Registriert: 18.05.2007, 10:32

Delegation ärztlicher Aufgaben in Richtung Pflege

Beitrag von Sabrina Merck » 11.01.2013, 08:07

Guten Morgen,
die Erörterungen um die Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten kann man natürlich auch berufspolitisch angehen.
Warum sollen Pflegekräfte für Ärzte Aufgaben erledigen, die stellenplanmäßig im Pflegedienst nicht vorgesehen sind?
Ärztliche Aufgaben wahrzunehmen bedeutet auch immer ein erhöhtes Haftungsrisiko. Es darf daher nach Klärungen verlangt werden,
wie die haftungsrechtlichen Risiken abgesichert sind. Gibt es eine ausreichende Haftpflichtversicherung, die die Pflegekräfte mit einschließt?
Gibt es klare Absprachen darüber, wer wem was unter welchen Voraussetzungen übertragen darf?
Ich denke, dass insoweit Klarheit geschaffen werden sollte.
LB Grüße Sabrina Merck
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen - Buchtipp

Beitrag von WernerSchell » 14.02.2016, 07:34

Was sollten Pflegekräfte tun, wenn sie merken, dass die Pflege nicht mehr optimal gewährleistet werden kann? Welche Möglichkeiten bestehen, um korrekt auf Mängel aufmerksam zu machen, ohne dabei persönliche Nachteile (z.B. Rüge, Abmahnung, Kündigung) erfahren zu müssen? Das Buch "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen" informiert zur Rechtslage. Weil es hier in jüngster Zeit hier zahlreiche Anfragen (per Telefon bzw. E-Mail) von Pflegekräften gegeben hat, wird auf die Veröffentlichung aufmerksam gemacht wird
> viewtopic.php?f=5&t=21519
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen ...

Beitrag von WernerSchell » 20.01.2018, 16:29

Buchtipp - aus aktuellem Anlass!

Werner Schell:

100 Fragen
zum Umgang mit Mängeln
in Pflegeeinrichtungen

Wie man konkret bei Pflegemängeln vorgeht
- das verraten die 100 Tipps dieses Buches


Bild

Kunz Verlag, Schlütersche Buchreihe - 2011
168 Seiten
Gewicht: 226 gr.
210 mm x 148 mm
Paperback
ISBN: 9783899937671
Preis 12,95 Euro > https://buecher.schluetersche.de/de/100 ... 35430.html

Das Buch:
Was sollten Pflegekräfte tun, wenn sie merken, dass die Pflege nicht mehr optimal gewährleistet werden kann?
Pflegekräfte müssen wissen, was sie tun sollen, wenn sie nicht so arbeiten können, wie es dem Stand der
pflegewissenschaftlichen Standards entspricht. Allerdings müssen sie bei jedem Vorgehen beachten, dass sie
fast ausnahmslos gegen Strukturen ankämpfen, die sie selbst nicht beeinflussen können. Umso wichtiger ist es,
dass sie einige Regeln beachten. Welche das sind, wie man konkret bei Pflegemängeln vorgeht - das verraten
die 100 Tipps dieses Buches!


Der Autor:
Werner Schell ist Dipl.-Verwaltungswirt und lehrt seit Jahrzehnten in der Aus-, Fort- und Weiterbildung
von Pflegekräften als Dozent für Pflegerecht. Er hat zahlreiche Fachbücher und Zeitschriftenartikel zum
Patienten- und Pflegerecht verfasst. Werner Schell ist seit vielen Jahren in der Patientenselbsthilfebewegung
aktiv und Gründer von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk, Neuss.


Nähere Informationen:
http://www.wernerschell.de/Buchtipps/10 ... tungen.php
http://www.wernerschell.de/Buchtipps/Ma ... tungen.pdf
Siehe auch die Pressemitteilung vom 16.05.2011:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... otfall.php
Pflegenotstand und Pflegemängel – die Furcht vor dem Pflegeheim
http://www.mg-heute.de/2011/06/19/pfleg ... /#more-590
Das Whistleblower-Netzwerk informiert unter folgender Adresse:
http://www.whistleblower-net.de/blog/20 ... -buchtipp/

>>>> Buchbestellung ist auch online möglich unter:
http://www.libri.de/shop/action/product ... 37678.html
http://www.amazon.de/100-Fragen-Umgang- ... 3899937678
http://www.weltbild.de/3/16757455-1/buc ... ungen.html
http://www.buecher.de/shop/altenpflege/ ... /33328721/

Weitere Informationen:
viewtopic.php?f=5&t=15865

+++
Werner Schell:
40 Jahre ehrenamtlicher Einsatz für Patienten und pflegebedürftige Menschen!


Bild

Angesichts der demografischen Entwicklung gewinnen die Hilfe- und Unterstützungserfordernisse,
v.a. im Zusammenhang mit dem Lebensrisiko "Pflegebedürftigkeit", immer mehr an Bedeutung.
Es kam folgerichtig zur Gründung des Vereins "Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk". Dieses Netzwerk
ist mittlerweile mit seinen Pflegetreffs bundesweit gut bekannt (> viewtopic.php?f=7&t=11655 )
Dabei ist der Grundsatz bedeutsam: Wir - pflegebedürftige Menschen, Angehörige, Pflegekräfte
- sind die Betroffenen und wollen eine menschenwürdige Pflege jetzt - und überall !
Weitere Informationen u.a.: http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/ bzw.
viewtopic.php?f=6&t=14148&p=86375#p86375
Einige Filmdokumentationen informieren:
> viewtopic.php?f=6&t=21070


Quelle: viewtopic.php?f=6&t=21495

+++
Bild
Quelle: viewtopic.php?f=6&t=21660

+++
Siehe auch:
Rhein-Kreis Neuss - Neues Online-Beschwerdeportal für Pflegemängel
> viewtopic.php?f=3&t=22342
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Antworten