Ist Altenpflege noch menschlich? - Was ist zu tun?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Bobo56
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Ist Altenpflege noch menschlich? - Was ist zu tun?

Beitrag von Bobo56 » 13.07.2012, 18:47

Ist Altenpflege noch menschlich?

Ich drücke mich so drastisch aus, weil es wohl kaum eine bessere Fragestellung dafür gibt. Die gravierenden Pflegemängel in so vielen Heimen, ein Pflegeschlüssel der nichts anderes bedeutet als minimaler Personaleinsatz bei maximalem Gewinn, Personal, dass physisch und psychisch am Ende ist. Mir sind viele Pflegekräfte bekannt, die Antidepressiva nehmen, um in dem täglichen Stress bestehen zu können. Desweiteren erlebe ich, wie tagtäglich einfachste Normen gebrochen werden, wie täglich gegen Gesetze verstoßen wird, darunter auch das Strafrecht. Leider ist es auch so, dass ein hoher Prozentsatz der in Pflege Beschäftigten gar nicht dort arbeiten dürfte und und bin auch der Auffassung, dass es so einige Heime gar nicht geben dürfte. Aber leider hat in Deutschland die Pflege keine Lobby, daher interessiert es keinen Menschen bzw. Politiker. Leider verstehe ich nicht, warum die Pflegekräfte, sehr zur Freude der Heimleitungen, gegeneinander arbeiten, mobben u.a. Die Leute werden ja regelrecht bespitzelt, um sie dann bei der Leitung anschwärzen zu können.
Es gibt noch viel mehr Beispele, auch von Verstößen im strafrechtlichen Bereich. Aber man soll ja immer die Klappe halten. das liest man auch immer wieder hier.
Seit Jahren wird gefordert, dass sich in der Pflege etwas ändern müsse. Und was passiert? Nichts!!! Es wird eher nur noch schlechter. Eine Pflegefachkraft am WE für ein ganzes Heim oder eine Helferin leitet einen WB. Wo ist da die Qualität der Pflege zu erkennen? Es kann nicht sein, dass ein Heim eine 1,0 in der Bewertung bekommt. Wenn man nur einmal genau hinschaut fallen die Mängel sofort in's Auge. Aber die Kontrolleinrichtungen wollen anscheinend gar keine Mängel mehr aufdecken. Was nützen denn sogenannte Kontrollen, wenn in den Heimen die Termine immer noch bekannt werden. Woran das wohl liegen mag?
So, ich habe mal meine kurze Meinung dazu gesagt. Ist es nicht an der Zeit, dass es eine eigene Pflegegewerkschaft gibt?
BDRB

Rauel Kombüchen
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Altenpflege - die Probleme sind zahlreich

Beitrag von Rauel Kombüchen » 14.07.2012, 07:15

Hallo Bobo,

dass es in der Altenpflege Probleme gibt, kann nicht bestritten werden. Die entscheidenden Knackpunkte werden ja auch hier seit Jahren angesprochen und diskutiert. Die Neusser Pflegetreffs befassen sich auch mit den entsprechenden Fragestellungen:
viewtopic.php?t=11655

Ich habe aber ein Problem damit, immer nur allein die Altenpflege im Fokus zu haben. Unsere Gesellschaft hat insgesamt vielfältige Defizite. Gewalt ist überall festzustellen. > viewtopic.php?t=17328 Arbeitgeber sind allgemein darauf aus, immer höhere Profite zu erwirtschaften, in allen Bereichen. Auch im gesamten Gesundheitssystem sind unzureichende Arbeitsbedingungen auszumachen, in Krankenhäusern, Rehaeinrichtungen, Arztpraxen, Pharmaindustrie usw. - Dies sage ich nur, damit wir nicht dem Irrglauben unterliegen, allein die Altenpflege sei ein großes "Minenfeld". Es gibt ja einen Münchner Pflegekritiker, der Dinge erzählt, als sei lediglich die Altenpflege mit Mängeln bepflastert. Nein, Mängel gibt es überall.

In den stationären Pflegeinrichtungen gibt es aber zweifelsfrei schlechte Rahmenbedingungen, die letztlich vom Gesetzgeber so angelegt sind. Die Stellenschlüssel decken vielleicht nur zu 70 - 80 % die notwendigen pflegerischen Verrichtungen ab. Es gibt also eklatante Lücken in der Zuwendung. Standards, Leitlinien usw können nur unzureichend zur Geltung kommen. Pflegekräfte müssen sehen, wie sie die notwendigsten Arbeiten erledigen. Vieles bleibt unerledigt. Mängel sind dann die Folge.
Insoweit sind nach meiner Einschätzung vorrangig die politischen Gremien und diejenigen verantwortlich, die die Gesetze umzusetzen haben, Kassenverbände, Trägerverbände. Die Pflegekräfte sind im Zweifel nur die Prügelknaben.

Natürlich wäre es sinnvoll, wenn sich die Pflegekräfte engagierter einmischen würden, z.B. mittels einer Pflegegewerkschaft. Aber dazu wird es wohl kaum kommen. Im Übrigen sind die Normal-BürgerInnen kaum an Pflege interessiert. Die Mängel entdecken sie erst dann, wenn der Pflegefall in der Familie präsdent ist. Dann kommt das große Jammern.

Siehe auch im Forum:
viewtopic.php?t=16644
viewtopic.php?t=15865
viewtopic.php?t=16148

MfG Rauel Kombüchen
Pflegeversicherung - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung nachhaltig sichern! BürgerInnen müssen mehr Informationen erhalten - z.B. wg. Individualvorsorge!

conny24
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Mehr Personal ist für bessere Pflege zwingend

Beitrag von conny24 » 14.07.2012, 08:00

Hallo zusammen,

ich halte es für richtig, einmal aufzuzeigen, dass gesamtgesellschaft gesehen, vieles aus dem Ruder läuft. Nicht nur die Arbeitswelt in der Altenpflege ist notleidend.
Allerdings sehe ich viele Probleme in der Altenpflege als lösbar an. Denn die politisch Verantwortlichen müssten nur das Hauptproblem, die unzureichende Stellendotierung in der Pflege aufgreifen und entsprechende Regelungen verfügen. Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk fordert z.B. seit Jahren bundeseinheitliche Personalbemessungssysteme für die Pflege, die den Bedarf sachlich begründen können. Die Mitte der 90er Jahre aufgehobene Pflege-Personal-Regelung müsste in veränderter Form einfach wiederbelebt werden.
Wie hier schon öfter gesagt wurde: Ohne Mehr Personal wird es keine bessere Pflege geben können.
Siehe auch aktuell die Diskussion über die fehlenden Pflegekräfte in der Intennsivpflege >>> viewtopic.php?t=17566
Prof. Isfort macht seit Jahren auf den Pflegenotstand aufmerksam. Er war auch schon mehrfach beim Neusser Pflegetreff. Die Pflegekräfte sollten sich öfter mit einblenden!

LB. Grüße Conny 24
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss) tritt für menschenwürdige Pflege ein - jetzt und überall! - Näheres unter:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Bobo56
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Ist Altenpflege noch menschlich?

Beitrag von Bobo56 » 14.07.2012, 14:26

Hallo an Alle,
so langsam ist es aber nicht mehr hinnehmbar, dass es immer so weiter geht. Die alten Menschen haben doch ein Grundrecht darauf, in Würde ihren Lebensabend zu genießen und nicht nur wie das Personal die Geldbeschaffer der Heimbetreiber zu sein. Im Prinzip gibt es keine Altenpflege mehr in Deutschland. Das trifft natürlich auch auf die anderen genannten Bereiche zu. Ich hatte mich nur ganz speziell auf die Pflege konzentriert. Was ist das für ein Staat und eine Gesellschaft, die die Menschen an den Rand drängt und nur an sich denkt. Das es keine Pflegegewerkschaft geben soll, ist auch nicht hinnehmbar. Da es das Internet gibt, wäre es leicht, in allen Bundesländern interessierte Leute zu mobilisieren. Wir haben uns 1989 auch spontan in Berlin zusammengefunden und eine Gewerkschaft gegründet. Allerdings wurde sie danach einfach "übernommen". Zumindest sollte wirklich der Personalschlüssel als erste Maßnahme geändert werden. Doch wer soll das in die Wege leiten????
Also wird sich langfristig nichts ändern, das ist mein Fazit!
BDRB

PflegeCologne
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Ist Altenpflege noch menschlich?

Beitrag von PflegeCologne » 14.07.2012, 14:46

Bobo56 hat geschrieben: ..... Zumindest sollte wirklich der Personalschlüssel als erste Maßnahme geändert werden. Doch wer soll das in die Wege leiten???? Also wird sich langfristig nichts ändern, das ist mein Fazit!
Hallo Bobo56,
der Gesetzgeber hat die Einzelregelungen, nach der die konkrete Pflege in den Einrichtungen ablaufen soll, in die Hände der sog. Selbstverwaltung gegeben. Diese besteht im Wesentlichen aus Kassen- und Trägervertretern. Offensichtlich gibt es dort Einvernehmen darüber, die Situation nicht grundlegend zu verändern und die Kosten im Rahmen zu halten. Die auf solchen Beurteilungen beruhenden Rahmenverträge sehen die maßgeblichen Stellenschlüssel vor.
Dieses System führt aber genau zu den Unzulänglichkeiten, die wir beklagen. Daher bin ich mit Pro Pflege ... der Meinung, dass der Gesetzgeber gefordert ist. Alle, die die Fehler im System erkennen, sind eigentlich aufgerufen, entsprechende Initiativen stark zu machen. Nur so kann Druck erzeugt werden. Ich weiß, dass Pro Pflege ... weiter sehr aktiv ist. Vielleicht sollten sich dort mehr MitstreiterInnen einfinden? !!!
Siehe die Hinweise unter
viewtopic.php?t=14148
Viele Grüße
Pflege Coglogne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Rob Hüser
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Pflegemängel - Gesetzgeber war und ist gefordert

Beitrag von Rob Hüser » 14.07.2012, 15:52

Hallo,
der Text unter
viewtopic.php?t=17585
stimmt mehr als nachdenklich und verlangt danach, das Pflegegeschehen einer gesamtheitlichen Betrachtung zu unterwerfen. Es gibt vielfältige Mängel, offensichtlich auf allen Seiten. Daher ist der Gesetzgeber - seit langem - gefordert, die notwendigen klarstellenden Vorschriften zu formulieren. Aber - mit der Pflege gewinnt man keine Wahlen. Die WahlbürgerInnen interessieren sich nicht für das Thema. Nur die unmittelbar Betroffenen sehen was los ist - und finden kein Gehör.
MfG Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

johannes
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Beitrag von johannes » 18.07.2012, 13:43

Klar stellende Vorschriften helfen nicht wirklich weiter!

Dem Gesetzgeber muß durch die Pflegekräfte und die Pflegebedürftigen klar gemacht werden, daß seine Gesetze das Papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt wurden.

SGB XI, § 28, Abs. 4 schreibt vor, daß Fähigkeiten Pflegebedürftiger erhalten und verloren gegangene nach Möglichkeit zurück gewonnen werden sollen. Das geht nur mit aktivierender Pflege - Aufgaben werden dem Pflegebedürftigen übergeben = Anleitung, Motivation, Unterstützung.

Mit den durch denselben Gesetzgeber gedeckelten Personalschlüsseln wird das Gesetz konterkariert! Wie kann man das ändern?

Geredet wurde genug, hingewiesen wurde genug! Jetzt muß die Zeit des Handelns folgen!

Aktivierend pflegen in der Zeit, die vom Gesetzgeber genehmigt wurde. Was in dieser Zeit nicht geschafft wird, bleibt liegen! Also Schluß mit lustig!

Leute macht die Augen auf! Handelt! Sonst werden wir in ein paar Jahren Verhältnisse haben, die wir uns niemals vorstellen wollen.
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Stellenschlüssel müssen verbessert werden

Beitrag von WernerSchell » 19.07.2012, 07:22

Hallo und guten Morgen,
ich sehe es auch so, dass die Stellenschlüssel für die Pflegeeinrichtungen völlig unzureichend sind und deutlich verbessert gehören. Dies wurde auch beim letzten Pflegetreff am 15.05.2012 in Neuss in Anwesenheit von Herrn Zylajew, pflegepolitischer Sprecher der Union im Bundestag, von mir ausgeführt. > viewtopic.php?t=16058
Es gab dazu keinen Widerspruch, nur Zustimmung. Allerdings wurde ich aufgefordert, dazu die erforderliche Mehrheit zu organisieren.
Es wird daher weiter notwendig sein, in geeigneter und konstruktiver Form für die notwendigen Verbesserungen einzutreten. Dazu ist aber offensichtlich ein "Bündnis" notwendig, dass die Entscheidungsträger zum richtigen Handeln zwingt.
Siehe Kurzstatement zu Herrn Fussek unter
"Hohe Dunkelziffer" bei Sterbehilfe
viewtopic.php?t=17605

Werner Schell
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johannes
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Beitrag von johannes » 19.07.2012, 10:50

Danke, Herr Schell, daß Sie den Politiker angesprochen haben. Dieser Herr Zylajew hat offensichtlich nicht das Rückrat, sich selbst in seiner Fraktion im Bundestag dafür stark zu machen, sonst hätte er nicht Sie aufgefordert, für eine Mehrheit zu sorgen.

Wenn er nun auffordert, die erforderliche Mehrheit zu organisieren, wäre das ja der Startschuß, meinen Vorschlag in die Tat umzusetzen. Wenn Sie nun neben mir beim DPR (Deutscher Pflegerat) vorstellig werden, und mich von NRW aus unterstützen, könnte ja vielleicht in absehbarer Zeit was draus werden.

Darum hier mein Schreiben an den DPR, auf das ich bis heute keine wirkliche Reaktion bekommen habe:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich betreibe eine Pflegeeinrichtung mit 17 Pflegebedürftigen. Seit Jahren plädiere ich dafür, daß die Menschenwürde nicht erst bei den Pflegebedürftigen, sondern bereits bei den Pflegenden beginnen muß. Weder die jetzt ins Auge gefaßte Erhöhung der Mittel noch die sogenannte Ausbildungsinitiative sind Mittel, die Problemlage der Pflege zu verbessern.

Die Kostenträger haben Personalschlüssel - witzigerweise auch noch unterschiedlich in den verschiedenen Bundesländern - festgelegt, die unmöglich eine gesetzeskonforme Pflege sicherstellen. Maßstab für die Festlegung dieses wichtigsten aller Aspekte ist der § 28, Abs. 4 des SGB XI. Mit den vorliegenden Personalschlüsseln wird dieses Gesetz konterkariert.

1. die Personalausstattung ist völlig unzureichend, da sie nicht am pflegerischen Bedarf orientiert ist. Dieser liegt wesentlich höher.

2. eine Ausbildungsinitiative ist ein Witz, wenn nicht gleichzeitig der Personalschlüssel erhöht wird, da für die zusätzlich ausgebildeten Pflegekräfte einfach keine Arbeitsplätze verfügbar sind. Die zusätzlichen Pflegekräfte könnten nur dann unterkommen, wenn andere verdiente Pflegekräfte den vorhandenen Platz räumten. Damit läßt sich jedoch die Pflege nicht verbessern. Also müssen die Personalschlüssel nach oben korrigiert werden.

Ich habe die Auswertung von ca. 60.000 im Hause erbrachten Einzelleistungen, die Pflege betreffend, seit dem Jahre 2008 im Internet veröffentlicht. Dort können Sie sich ein Bild von Theorie und Wirklichkeit machen. http://www.razyboard.com/system/forum-h ... 13514.html

3. die restriktive Vergütungspolitik der Kostenträger verhindert ebenfalls eine angemessene Entwicklung der Pflegebranche. Immer mehr Aufgaben werden dem Personal bei einem absolut unzureichenden Personalschlüssel aufgebürdet. Auch bei der Vergütung des Pflegepersonals übt man sich in Zurückhaltung. Die Pflegesatzverhandlung in diesem Jahr (2011) ergab eine Steigerung der Personalkosten von 0,56 % pro Jahr gegenüber den Personalkosten von 2003. Halten wir dieser großzügigen Geste (man wollte noch weniger zugestehen) die jährliche Inflationsrate von 1,61 % gegenüber, erkennen wir unschwer, wie rücksichtslos von dieser Seite vorgegangen wird.

Ich plädiere dafür, daß die großen Organisationen, die im DPR zusammen geschlossen sind, die Pflegekräfte dazu auffordern, NUR eine einzige Woche Dienst nach Vorschrift zu machen (SGB XI, § 28, Abs. 4). Dann werden auch die letzten Politiker wach werden und erkennen, was die Stunde geschlagen hat. Gern stehe ich für weitere Informationen zur Verfügung, vor allem was den Nachweis des realen Pflegepersonalbedarfs betrifft. Die menschenunwürdige Behandlung der Pflegekräfte muß aufhören. Wir sollten es uns nicht mehr leisten, engagierte Pflegekräfte zu verheizen!

Gern sehe ich Ihrer Antwort entgegen

mit freundlichen Grüßen

Johannes Paetzold

Haus Maranatha
Bauernpfad 1
69434 Heddesbach
Tel. 06272 912061
Fax 06272 912062
Mail info@altenpflege-heute.com
Web www.altenpflege-heute.com
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Pflege interessiert die Gesellschaft kaum

Beitrag von WernerSchell » 26.07.2012, 07:45

johannes hat geschrieben: .... Wenn er nun auffordert, die erforderliche Mehrheit zu organisieren, wäre das ja der Startschuß, meinen Vorschlag in die Tat umzusetzen. Wenn Sie nun neben mir beim DPR (Deutscher Pflegerat) vorstellig werden, und mich von NRW aus unterstützen, könnte ja vielleicht in absehbarer Zeit was draus werden.
....
Die Kostenträger haben Personalschlüssel - witzigerweise auch noch unterschiedlich in den verschiedenen Bundesländern - festgelegt, die unmöglich eine gesetzeskonforme Pflege sicherstellen.
1. die Personalausstattung ist völlig unzureichend, da sie nicht am pflegerischen Bedarf orientiert ist. Dieser liegt wesentlich höher. ....
Sehr geehrter Herr Paetzold,

ich danke Ihnen für die o.a. Rückmeldung. Ihre Einschätzung wird von mir uneingeschränkt geteilt. Sie haben die Personalnot exakt beschrieben. Und da liegt das Hauptproblem begründet.
Daher habe ich in den letzten Jahren wiederholt den DBfK und DPR angeschrieben und gebeten, den Pflegenotstand aufgrund unzureichender Stellenschlüssel deutlicher und gegenüber der Politik kämpferischer aufzugreifen. Leider ist mein Erfolg diesbezüglich bescheiden. Der DBfK hat zwar gelegentlich den Pflegenotstand aufgegriffen und hat einige öffentliche Veranstaltungen organisiert, aber der DPR hat mir nicht einmal geantwortet. Ich habe daraufhin diese "Untätigkeit" auch ein wenig kritisch beleuchtet und jetzt bekomme ich wohl erst recht keine Antwort mehr.
Ich habe mir in Richtung Bundestag die Finger wund geschrieben, erfahre Schulterklopfen, Folgerungen werden aber nicht gezogen. Wahrscheinlich ist da eher ein Herr Hundt, Arbeitgeberpräsident, der Partner, der kürzlich erklärt hat, bereits ein 0,1% Beitragserhöhung für die Pflege sei eine Katastrophe.
Mein Brief an die Bundeskanzlerin mit der Bitte, die Pflege zur Chefsache zu machen, wurde nicht einmal mit einer Eingangsbestätigung bedacht (siehe dazu auch mein Statement bei Youtube).
Die politisch Verantwortlichen wissen offensichtlich Bescheid, dass man mit Pflege keine Wahlen gewinnt und die BürgerInnen erst dann aufmerksam werden, wenn der Pflegefall in der Familie angekommen ist. Ansonsten kümmert sich "Otto Normalverbraucher" nicht um das Pflegesystem.
Was die sonstigen "Pflegekritiker" angeht, bin ich ebenfalls mehr als enttäuscht. Da kocht jeder mit unterschiedlichem Ego sein "Pflegesüppchen" und konstruktive Aktivitäten in Richtung Bundestag, Verbände usw. gibt es nicht. So lade ich seit Jahren nach Neuss zum Pflegetreff ein und animiere dazu, dass wir uns gemeinschaftlich strategisch und taktisch organisieren. Kaum Interesse, es kommen, wenn überhaupt, die unterschiedlichsten Entschuldigungen.
Ich werde zwar meinen Kampf für bessere Pflege-Rahmenbedingungen nicht aufgeben, aber eine gewisse Ratlosigkeit / Enttäuschung ist nicht zu leugnen. Ich überlege zur Zeit, wie ich mich für die Zukunft aufstelle. Im nächsten Jahr ist ja Wahlkampf angesagt und der Pflegebedürftigkeitsbegriff muss ja noch neu gestaltet werden. .... Bis dahin arbeite ich umfangreich an eher regionalen Projekten im Rhein-Kreis Neuss - Med. Versorgung, Medikation, Fixierung, Demenz-Weiterbildung, Palliativversorgung und Hospizarbeit. Diesen Themen ist auch der nächste Pflegetreff am 14.11.2012gewidmet (siehe den angefügten Hinweis).
Wenn Sie weitere Vorschläge haben, wie wir vorgehen können, sind Informationen sehr willkommen.

Herzliche Grüße
Werner Schell

Aktuelle Hinweise:

JuraHealth Congress 2012, Interview: Werner Schell, Pflege-Experte
…. kommt zu dem Schluss, dass vom Staat nichts zu erwarten ist und die Bürger sich nun selbst an die Hand nehmen müssen. Sein Brief an die Bundeskanzlerin Merkel mit der Aufforderung die Pflege zur "Chefsache" zu machen ist auf taube Ohren gestoßen. …. Film (ca. 4,18 Minuten) ansehen unter:
http://www.youtube.com/watch?v=XYqs_-kZ ... ure=relmfu

Pflegetreff am 14.11.2012, 15.00 - 17.00 Uhr, Kontakt Neuss-Erfttal
Themen: Medizinische Versorgung (Arztbesuche zu Hause und im Heim), Medikamente für ältere pflegebedürftige Menschen (zuviele, Wechselwirkungen?), Fixierungen (auch mittels Psychopharmaka), Weiterbildung zur Krankheit Demenz und Palliativversorgung.
Auf dem Podium werden hochkarätige Referenten sitzen. Frau Prof. Dr. Dr. Ursula Lehr, ehemalige Bundesfamilien- und Gesundheitsministerin, und Uwe Brucker, Fachbereichsleiter des MDS, haben zugesagt. Zugesagt hat auch ein Hausarzt aus Neuss, Dr. med. Verfürth, u.a. als Vertreter der Ärztekammer Nordrhein aktiv (war bereits 2011 als Referent bei einem Pflegetreff).
Näheres hier: viewtopic.php?t=17341
+++
Siehe auch unter
Missstände in der Altenpflege - Gesetzgeber verantwortlich
viewtopic.php?t=17439
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Taube
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Personalschlüssel deutlich verbessern

Beitrag von Taube » 28.07.2012, 07:30

johannes hat geschrieben: .... Die Kostenträger haben Personalschlüssel - witzigerweise auch noch unterschiedlich in den verschiedenen Bundesländern - festgelegt, die unmöglich eine gesetzeskonforme Pflege sicherstellen. Maßstab für die Festlegung dieses wichtigsten aller Aspekte ist der § 28, Abs. 4 des SGB XI. Mit den vorliegenden Personalschlüsseln wird dieses Gesetz konterkariert.
1. die Personalausstattung ist völlig unzureichend, da sie nicht am pflegerischen Bedarf orientiert ist. Dieser liegt wesentlich höher. .....
Hallo Johannes,
genau so ist das. Die Stellenschlüssel sind nicht nur regional unterschiedlich, sondern bundesweit völlig unzureichend. Sie werden dem nicht gerecht, was aufgrund des SGB XI von den Pflegeeinrichtungen eigentlich zu erwarten ist. Daher sehe ich die Hauptverantwortung für die mangelnde Zuwendung und die daraus resultierenden Mängel bei denjenigen, die die Gesetze machen und in verantwortlicher Weise an der Umsetzung beteiligt sind. Die Pflegekassenverbände müssten eigentlich sicherstellen, dass die personellen Bedingungen so vereinbart werden, dass damit bundesweit gute Pflege geleistet werden kann. Ich sehe übrigens viel Einsparpotential zugunsten besserer Personalausstattungen!
Liebe Grüße Taube
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Ich unterstütze daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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Pflegemängel - Pflegenotstand auflösen

Beitrag von WernerSchell » 31.08.2012, 07:57

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist im Zusammenhang mit den im Saarland aufgetretenen Pflegemängeln vom Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarländischen Landtages um Stellungnahme gebeten worden. Da eine Anreise zur Anhörung am 05.09.2012 ins Saarland aus terminlichen Gründen nicht möglich ist, wurde das nachfolgende Statement per E-Mail oder per Postsendung (mit einem Printexemplar der angesprochenen Stellungnahme vom 21.08.2011) übersandt.
Der Brieftext wird, weil er nochmals in aller Deutlichkeit auf die unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen aufmerksam macht, hier vorgestellt: viewtopic.php?p=68385#68385
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Pflegenotstand auflösen

Beitrag von Rauel Kombüchen » 12.09.2012, 07:15

WernerSchell hat geschrieben:Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist im Zusammenhang mit den im Saarland aufgetretenen Pflegemängeln vom Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarländischen Landtages um Stellungnahme gebeten worden. Da eine Anreise zur Anhörung am 05.09.2012 ins Saarland aus terminlichen Gründen nicht möglich ist, wurde das nachfolgende Statement per E-Mail oder per Postsendung (mit einem Printexemplar der angesprochenen Stellungnahme vom 21.08.2011) übersandt.
Der Brieftext wird, weil er nochmals in aller Deutlichkeit auf die unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen aufmerksam macht, hier vorgestellt: viewtopic.php?p=68385#68385
Sehr geehrter Herr Schell,
ich finde es beachtenswert, dass der Saarländische Landtag Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk um eine Stellungnahme gebeten hat. Sie haben daraufhin sehr treffend geantwortet. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Es wäre zu wünschen, dass mehr sog. "Pflegekritiker" in dieser Form, sachlich und konstruktiv, reagieren würden. Wir wären bezüglich der notwendigen Verbesserungen in der Pflege sicherlich weiter.
Danke nochmals und alles Gute!
Rauel Kombüchen
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Die Pflege wird zum Pflegefall - Appell ...

Beitrag von Service » 16.09.2012, 06:25

Die Pflege wird zum Pflegefall - Appell für mehr Menschlichkeit

Mehr als 13.500 Beschäftigte in Bielefeld sind in den Arbeitsfeldern der Pflege und Betreuung von alten, behinderten und psychisch kranken Menschen beschäftigt. Die Betriebsräte und Mitarbeitendenvertretungen aus diesen Bielefelder Einrichtungen und Diensten wenden sich jetzt mit einem Appell an die Politiker in Bielefeld und im Land. Christian Janßen Vorsitzender der Mitarbeitendenvertretung in Bethel.regional sagte, die Arbeit in Pflege, Betreuung und Begleitung werde immer schwerer, die Personalschlüssel dagegen immer schlechter. „Stationen und Wohngruppen sind immer häufiger unterbesetzt. Die Mitarbeitenden klagen zunehmend unter Arbeitsdruck und werden öfter krank.“ So seien Krankenpflegehelfer und -helferinnen, die häufig zu abgesenkten Löhnen arbeiteten, inzwischen 50 % länger krankgeschrieben, als der Bundesdurchschnitt der Arbeitnehmer. Psychische Erkrankungen haben im Jahresverlauf um 27 % zugenommen bestätigte im Juni auch die DAK Bielefeld. Georg Neumann, Vorsitzender der Gesamtmitarbeitendenvertretung im Dienststellenverbund Johanneswerk, betonte, dass die Personaldecke oft so dünn sei, dass die Kolleginnen bei einer Erkrankung einer Kollegin unvermutet für zwei Stationen und 43 Bewohner zuständig seien.
„In der Altenhilfe wird schon seit Jahren unter schwierigsten Umständen gearbeitet, Kolleginnen müssen häufig aus dem Frei einspringen“, betont Michael Mamat, Stellvertreter im der MAV im DiakonieVerband Brackwede. Diese Entwicklung habe vor 20 Jahren begonnen - so die Betriebsräte - und inzwischen ein solches Ausmaß angenommen, dass die gewählten Interessenvertretungen immer häufiger mit den Auswirkungen psychischer Belastungen in ihrer Arbeit konfrontiert werden.
Die Entwicklung habe auch gesellschaftspolitische Gründe, so die Betriebsräte. Dies betrifft besonders die Frage, wie viel es unserer Gesellschaft wert sei, dass alte, kranke und behinderte Menschen menschenwürdig gepflegt, betreut und begleitet werden (können). „Die Beschäftigten in der Pflege brauchen Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen, eine tarifliche Bezahlung und geregelte Arbeitsbedingungen und bestimmt nicht den Druck durch chronische Unterbesetzung, Lohndumping und prekäre Arbeitssituationen“ sagte Annelie Buntenbach, Mitglied des geschäftsführenden DGB-Bundesvorstands.
Bielefeld besitzt mit Bethel, Johanneswerk, Ummeln, den Einrichtungen von AWO, DRK, DiakonieVerband Brackwede und der Gesellschaft für Sozialarbeit eine für Großstädte bundesweit einmalige Vielfalt und Dichte von Einrichtungen und Diensten in Pflege und Betreuung. Deshalb wenden sich einundzwanzig Interessenvertretungen, die insgesamt über 13.500 Beschäftigte vertreten, gerade aus Bielefeld an die Politiker. „Wir verstehen uns in erster Linie nicht als lokale Interessenvertretungen, die sich zu Wort melden, sondern als ein Beispiel für die in der Zukunft gefährliche Entwicklung in der Bundesrepublik“, so Christian Janßen.

Quelle: Mitteilung vom 15.09.2012
Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe
Weißenburger Straße 12
44135 Dortmund
Tel.: 0231/ 579743
Fax: 0231/ 579754
E-Mail: info@vkm-rwl.de

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Pflege wird zum Pflegefall - Appelle überregional

Beitrag von PflegeCologne » 17.09.2012, 07:10

Service hat geschrieben:Die Pflege wird zum Pflegefall - Appell für mehr Menschlichkeit
Solche Appelle dürfen nicht regional beschränkt bleiben. Sie müssen vor allem auch in Berlin gehört werden können.

Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
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