Übermaß an Bürokratie macht Pflege teuer

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

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Übermaß an Bürokratie macht Pflege teuer

Beitrag von Presse » 13.07.2012, 08:19

Übermaß an Bürokratie macht Pflege teuer
VON EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 13.07.2012
Berlin (RP). Jeder siebte Euro, den die Pflegeversicherung aufwendet, fließt in die Dokumentation von Pflegeleistungen. Dies geht nach Informationen unserer Zeitung aus internen Daten des Normenkontrollrats hervor. Zur Dokumentation zählen das Ausfüllen von Anträgen und Formularen sowie die schriftlichen Nachweise darüber, was für die Pflegebedürftigen getan wurde. Allein die Aufnahme eines Pflegebedürftigen in ein Heim verursacht sechseinhalb Arbeitsstunden nur für die Dokumentation. In diese Zeit ist die Begrüßung des Neuankömmlings noch nicht eingerechnet. Insgesamt fließen jährlich 2,7 Milliarden Euro in die Dokumentation der Pflege. ....
Weiter lesen unter
http://nachrichten.rp-online.de/wirtsch ... -1.2908130

WernerSchell
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Personalnotstand muss behoben werden

Beitrag von WernerSchell » 13.07.2012, 17:12

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
Pro Pflege - Selbsthilfetzwerk ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".



Neuss, den 13.07.2012

An den
Nationalen Normenkontrolrat
*) siehe Rückmeldung dazu unten
Nachrichtlich:
An die Ombudsfrau für die Entbürokratisierung in der Pflege - z.Hd. Frau Beikirch

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Rheinische Post (Neuss-Grevenbroicher Zeitung) hat heute, 13.07.2012, zur Bürokratie in der Pflege berichtet:
Übermaß an Bürokratie macht Pflege teuer
VON EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 13.07.2012
Berlin (RP). Jeder siebte Euro, den die Pflegeversicherung aufwendet, fließt in die Dokumentation von Pflegeleistungen. Dies geht nach Informationen unserer Zeitung aus internen Daten des Normenkontrollrats hervor. Zur Dokumentation zählen das Ausfüllen von Anträgen und Formularen sowie die schriftlichen Nachweise darüber, was für die Pflegebedürftigen getan wurde. Allein die Aufnahme eines Pflegebedürftigen in ein Heim verursacht sechseinhalb Arbeitsstunden nur für die Dokumentation. In diese Zeit ist die Begrüßung des Neuankömmlings noch nicht eingerechnet. Insgesamt fließen jährlich 2,7 Milliarden Euro in die Dokumentation der Pflege. ....
Weiter lesen unter http://nachrichten.rp-online.de/wirtsch ... -1.2908130

Der vorstehende Text wurde in unser Forum eingestellt: viewtopic.php?p=67435#67435

Da sich nunmehr eine weitere Diskussion ergeben wird, bitte ich um Mitteilung, welche konkreten Daten Ihnen in der o.a. Angelegenheit vorliegen. Grundsätzlich kann man nichts gegen Entbürokratisierungsbestrebungen einwenden. Allerdings verlangen z.B. Qualitätssicherung und haftungsrechtliche Anforderungen in der Pflege ein umfängliches Dokumentationsgeschehen. Bekanntlich wird seit Jahrzehnten über weniger Bürokratie gesprochen. Geholfen hat das alles nicht.

Auch die vom Bundestag am 29.06.2012 beschlossene "Neuausrichtung der Pflegeversicherung" enthält in ihrer Unzulänglichkeit nichts, was einen Bürokratieabbau bewirken könnte. Es sind vielmehr einige Regelungen in diesem Gesetz enthalten (Flexibiliserung in der häuslichen Pflege), die voraussichtlich die Bürokratie erschweren bzw. ausweiten werden.

Ich bin nach all dem der Meinung, dass die durch das Dokumentationsgeschehen sich ergebenenden Engpässe im personellen Bereich durch eine deutliche Anhebung der Stellenschlüssel verändert werden müssen. Dies sollte auch eigentlich die Arbeitgeberseite endlich einmal klarstellen.

Ohne mehr Personal werden wir keinen einzigen Mangel in der Pflege beheben können!

Für Ihre Rückmeldung im Voraus vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Diplom-Verwaltungswirt - Oberamtsrat a.D. - Buchautor/Journalist - Dozent für Pflegerecht (u.a. an der St. Elisabeth-Akademie Düsseldorf/Neuss und der Volkshochschule Neuss)
Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e. V.- http://www.medizinjournalisten.de/
http://www.wernerschell.de - Pflegerecht und Gesundheitswesen - Infos auch bei http://www.facebook.com/


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Pflegetreff am 14.11.2012, 15.00 - 17.00 Uhr, Kontakt Neuss-Erfttal
Themen: Medizinische Versorgung (Arztbesuche zu Hause und im Heim), Medikamente für ältere pflegebedürftige Menschen (zuviele, Wechselwirkungen?), Fixierungen (auch mittels Psychopharmaka), Weiterbildung zur Krankheit Demenz und Palliativversorgung.
Näheres hier: viewtopic.php?t=17341
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+++
*) Rückmeldung vom Nationalen Kontrollrat am 13.07.2012:

Sehr geehrter Herr Schell,
ich leite Ihre Anfrage an die Bundesregierung (konkret Geschäftsstelle für Bürokratieabbau im Bundeskanzleramt) weiter. Hintergrund ist, dass die Bundesregierung in einem Projekt die von Ihnen angesprochenen Daten ermittelt hat, der NKR begleitet den Prozess. Insofern ist der von Ihnen zitierte Zeitungstext falsch.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Gold
Sekretariat des Nationalen Normenkontrollrates
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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johannes
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Beitrag von johannes » 14.09.2012, 15:13

Jeder siebte Euro, den die Pflegeversicherung aufwendet, fließt in die Dokumentation von Pflegeleistungen.
Diese Meldung ist wohl ein Witz!?

Die Pflegeversicherung bezahlt ja nicht einmal die erforderliche pflegerische Versorgung. In In Pflegestufe 1 werden von der pflegerischen Versorgung im unteren Drittel der erforderlichen Zeiten von 45 - 119 Minuten, also 57 Minuten täglich vergütet, Pflegestufe 2 werden von der pflegerischen Versorgung in Baden-Württemberg gerade mal 93 %, also 112 Minuten von 120 bis 239 Minuten täglich vergütet, in Pflegestufe 3 sind es nur noch 63 % , also 157 Minuten von mindestens 240 Minuten bis zu 24 Stunden täglich vergütet. Das war's.

Woher nehmen die also ihre Zahlen?

Nicht vergütet werden:

- Zeiten für soziale Betreuung - obwohl sie gefordert werden
- Zeiten für Behandlungspflege - obwohl sie gefordert werden
- Zeiten für Übergaben, Fortbildungen, Weiterbildungen - obwohl sie gefordert werden
- Zeiten für die Begleitung in der persönlichen Lebensführung der Bewohner - obwohl sie gefordert werden
- Zeiten für die Dokumentation, obwohl diese immer umfangreicher werden.

Alles in allem erbringen Pflegekräfte nachweislich 40 % ihrer Leistung ohne Gegenleistung durch die Pflegeversicherung, die Sozialhilfe und der eingesetzten persönlichen Mittel des Pflegebedürftigen.
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

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Pflege von Bürokratie entlasten!

Beitrag von Presse » 21.03.2013, 08:08

Pflege von Bürokratie entlasten! / Was Pflegekräfte schon lange sagen, ist nun belegt: Zuviel Zeit und Kosten für Verwaltungstätigkeiten

Berlin (ots) - Wie viel Zeit und Kosten beansprucht die Dokumentation der Pflege? Wie viele Anträge auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden jährlich gestellt? Und welche Kosten werden durch die Antragsverfahren verursacht? Diesen und weiteren Fragen ist der Normenkontrollrat im Auftrag der Bundesregierung in der Studie zur Ermittlung des Erfüllungsaufwandes in der Pflege nachgegangen, die heute im Rahmen einer Abschlussveranstaltung im Bundeskanzleramt vorgestellt wurde.

Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung dem Thema Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung in der Pflege einen hohen Stellenwert einräumt. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) hat das Projekt daher - wie zahlreiche andere Akteure - beratend begleitet.

Der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Pflegeleistungen sowie bei der Pflegedokumentation schlägt besonders zu Buche: Allein für die Pflegedokumentation entstehen jährlich Kosten von rund 2,7 Mrd. Euro. Mehr als zwei Drittel dieser Kosten entfallen dabei auf das Ausfüllen von Leistungsnachweisen. Die Feststellungen von Pflegestufen verursachen 110 Mio. Euro. Die Kosten für die Antragsverfahren im Bereich der häuslichen Krankenpflege betragen 54 Mio. Euro.

"Die Studie zeigt, dass der Handlungsdruck enorm hoch ist: In einem Pflegeheim mit 100 Plätzen kosten die heutigen Anforderungen an die Pflegedokumentation 26 Arbeitsstunden, die für Betreuung und Pflege verloren gehen. Wir können und dürfen es uns in Zukunft nicht mehr leisten, dass von acht Stunden Arbeitszeit im Pflegeheim oder beim ambulanten Pflegedienst eine Stunde nur für die Pflegedokumentation wegfällt", sagt bpa-Präsident Bernd Meurer.

"Die Bürokratiekosten sind vollständig aus dem Ruder gelaufen. Die Klagen der Pflegekräfte, dass jeder Handschlag dokumentiert und belegt werden muss, ist durch das statistische Bundesamt in seinen Auswirkungen eindeutig und stichhaltig belegt. Jetzt muss Schluss sein mit der Frustration der Pflegekräfte. Wir setzen hohe Erwartungen an die angekündigten Vorschläge zur Vereinfachung der Pflegedokumentation der Ombudsfrau des Bundesgesundheitsministeriums.
Wir erwarten aber auch entschlossenes Handeln der Kranken- und Pflegekassen zur Verkürzung von Genehmigungsverfahren. Wir bieten unsere konstruktive Beteiligung an einem spürbaren Abbau der Bürokratie in der Pflege an", so Meurer.

Quelle: Pressemitteilung vom 20.03.2013 bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
Pressekontakt: Herbert Mauel, Bernd Tews, Geschäftsführer, Tel.: 030-30878860

Anja Jansen
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Entbürokratisierung - eine Alibiforderung

Beitrag von Anja Jansen » 21.03.2013, 08:19

Presse hat geschrieben:Pflege von Bürokratie entlasten! / Was Pflegekräfte schon lange sagen, ist nun belegt: Zuviel Zeit und Kosten für Verwaltungstätigkeiten ....
Dass Pflegekräfte mit vielfältigen bürokratischen Arbeiten befasst sind, ist seit Jahren / Jahrzehnten bekannt. Der Ruf nach Entbürokratisierung ist folglich nicht neu. Er ist in periodischen Abständen mehr oder weniger laut zu vernehmen. Insbesondere die Verbandsvertreter machen sich für die Entbürokratisierung stark. Entsprechende Forderungen dienen, das sagt natürlich keiner, auch dazu, Fehlversorgungen zu rechtfertigen.
Meiner Meinung sollten wir endlich begreifen, dass es keine Entbürokratisierung geben kann bzw. geben wird. Die Anforderungen an Qualität und Belegerstellung (in jeder Hinsicht) sind umfangreich. Auch immer mehr haftungsrechtliche Erwägungen zwingen zu einer Erfassung aller Vorgänge. Die Gründe für die Bürokratie ließen sich näher ausführen.
Daher muss es m.E. bei der Büroarbeit verbleiben. Aber, die Verantwortlichen in der Politik müssen die Weichen dafür stellen, dass auch ausreichendes Personal für diese Schreibarbeiten zur Verfügung steht. Solange dieses Personal nicht verfügbar ist, muss die Behebung des Pflegenotstandes benannt werden - von mir aus auch gebetsmühlenartig. Da geht kein Weg dran vorbei.

Anja Jansen
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

Hildegard Kaiser
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Entbürokratisierung - eine Alibiforderung

Beitrag von Hildegard Kaiser » 22.03.2013, 18:41

Anja Jansen hat geschrieben: Dass Pflegekräfte mit vielfältigen bürokratischen Arbeiten befasst sind, ist seit Jahren / Jahrzehnten bekannt. Der Ruf nach Entbürokratisierung ist folglich nicht neu. Er ist in periodischen Abständen mehr oder weniger laut zu vernehmen. Insbesondere die Verbandsvertreter machen sich für die Entbürokratisierung stark. Entsprechende Forderungen dienen, das sagt natürlich keiner, auch dazu, Fehlversorgungen zu rechtfertigen.
Meiner Meinung sollten wir endlich begreifen, dass es keine Entbürokratisierung geben kann bzw. geben wird. Die Anforderungen an Qualität und Belegerstellung (in jeder Hinsicht) sind umfangreich. Auch immer mehr haftungsrechtliche Erwägungen zwingen zu einer Erfassung aller Vorgänge. Die Gründe für die Bürokratie ließen sich näher ausführen.
Daher muss es m.E. bei der Büroarbeit verbleiben. Aber, die Verantwortlichen in der Politik müssen die Weichen dafür stellen, dass auch ausreichendes Personal für diese Schreibarbeiten zur Verfügung steht. Solange dieses Personal nicht verfügbar ist, muss die Behebung des Pflegenotstandes benannt werden - von mir aus auch gebetsmühlenartig. Da geht kein Weg dran vorbei.
Hallo Anja,
ich fürchte, dass Du mit Deinen Einschätzungen richtig liegst. Pflegeplanung und vieles mehr ergibt sich ja schließlich aus den Berufsgesetzen und den zahlreichen Standards und Handlungsanleitungen. Es gibt gute Gründe, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Aber: Wer all das in die Welt setzt und den Pflegekräften zur Pflicht macht, muss auch für die notwendigen Personalstellen sorgen! Und daran hapert es = Pflegenotstand, vielfach beschrieben.
LB Grüße Hilde
Mehr Pflegekräfte = bessere Pflege!

Herbert Kunst
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Bürokratiekosten laufen aus dem Ruder

Beitrag von Herbert Kunst » 31.03.2013, 14:39

"CAREkonkret", Die Wochenzeitung für Entscheider in der Pflege", berichtet in ihrer Ausgabe vom 28.03.2013 u.a. über
"Jetzt offiziell: Bürokratie verursacht Kosten in Milliardenhöhe - Kosten sind vollständig aus dem Ruder gelaufen"
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

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