Pflege light - Hartz-IV-Bezieher als Pflegekräfte?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Lupo01
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Pflege light - Hartz-IV-Bezieher als Pflegekräfte?

Beitrag von Lupo01 » 06.09.2010, 04:28

Hartz-IV-Bezieher als Pflegekräfte?
Berlin. Hartz-IV-Bezieher sollen nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) künftig auch als Pflegekräfte eingesetzt werden. »Wir haben 2,2 Millionen Hartz-IV-Empfänger, die arbeitsfähig sind, aber keinen Job finden. Ich sehe nicht ein, daß Pflegekräfte künftig nur noch aus Osteuropa kommen«, sagte Merkel der Bild am Sonntag. (ddp/jW)
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Rauel Kombüchen
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Pflege - Personal muss geeignet & qualifiziert sein

Beitrag von Rauel Kombüchen » 13.09.2010, 07:13

Mein Text noch einmal:

Frau Merkel scheint in der Tat von allen guten Geistern (Beratern) verlassen. Siehe auch
viewtopic.php?p=54608#54608
Auch hohe Politiker sollten sich nur zu den Themen äußern, von denen sie etwas verstehen. Wir müssen endlich alle kapieren, dass man für die Pflege geeignet und qualifiziert sein sollte. Der Status "Langzeitarbeitsloser" allein reicht nicht.

Rauel
Pflegeversicherung - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung nachhaltig sichern! BürgerInnen müssen mehr Informationen erhalten - z.B. wg. Individualvorsorge!

Flocky
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Mangelnde Anerkennung für die Pflegekräfte

Beitrag von Flocky » 14.09.2010, 17:34

Als Reaktion auf die Aussage von Frau Merkel hat sich eine Gruppe von Pflegekräften auf ganz Deutschland zusammengetan und Frau Merkel folgende Brief geschrieben:

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

wir haben in Deutschland 1.157000 professionell Pflegende,(794000 Gesundheits- und Krankenpfleger/Innen, 363000 Altenpfleger/Innen
Quelle: destatis – die aktuellsten Zahlen stammen aus 2008 )
die Tag für Tag in Gesundheitsversorgung und Pflege hoch motiviert und engagiert arbeiten. Und das unter Rahmenbedingungen, die schon seit Langem nichts mehr mit Sicherheit und Zuverlässigkeit in der Gesundheitsversorgung zu tun haben. Weder für den Kranken / Alten noch für den Pflegenden.

Deutschland braucht leistungsfähige Krankenhäuser für eine hochwertige, innovative, flächendeckende und wohnortnahe Patientenversorgung. Dafür wollen wir die Grundlagen sichern und dazu beitragen, dass die Arbeit im Krankenhaus attraktiv bleibt.“

Dieses Ziel aus dem aktuellen Koalitionsvertrag muss allen in der Pflege Tätigen wie blanker Hohn erscheinen. Es klingt wie eine Utopie aus einer anderen Zeit. Die Realität im deutschen Gesundheitswesen sieht anders aus: Zeitdruck, Rationierung und Überlastung bestimmen den Arbeitsalltag von Pflegekräften. Attraktive Arbeitsplätze sehen anders aus!

Dass diese Situation nun noch durch Ihre (unbedachten?) Äußerungen und Ideen weiter auf die Spitze getrieben werden soll, ist für uns Pflegende nicht zu verstehen!
Sie wollen Lösungen? Die liegen sicherlich nicht darin, mal eben 2,2 Millionen Hartz-IV-Empfänger in die Pflegeberufe zu schicken.
Ihre Vorschläge scheinen noch immer geprägt vom Bild der Pflegekraft mit überwiegend weiblichen Tugenden, wie Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Mütterlichkeit und Aufopferung, sowie einer altruistischen Motivation bei der Berufswahl, wie sie sicherlich in den Anfängen der Pflegeberufe durchaus üblich war. Doch Pflege als Beruf ist mehr, ist anders und hat sich zu einem hochkomplexen und hochqualifizierten Beruf innerhalb des Gesundheitswesens entwickelt!

Begriffe wie Wissen, Kompetenz und Professionalität scheinen Fremdworte, wenn Politik von Pflege / Pflegekräften spricht. Zu deutlich wird dadurch die mangelnde WERT-schätzung, die uns als Pflegefachkräften von Politik und Gesellschaft entgegengebracht wird.
Es spiegelt die Unwissenheit über einen Beruf wider, in dem Sozial-, Kommunikativ- und Methodenkompetenzen unabdingbar sind. Der Beruf erfordert darüber hinaus ein fundamentales Wissen in Bereichen wie Physiologie, Psychologie, Medizin und Pharmazeutik.
Das lässt sich nicht in Crash-Kursen vermitteln, sondern nur über eine gründliche Ausbildung, für die ein Mindestmaß (mittlere Reife) an schulischer Vorbildung erforderlich ist.

Es mag sicher unter den Hartz-VI-Empfängern Menschen geben, die in der Lage und auch bereit sind, eine solche Ausbildung zu durchlaufen. Diese Menschen sollen natürlich auch gern gefördert werden. Hierzu passt allerdings nicht, dass gerade Ihre Regierung die Förderung des dritten Umschulungsjahres für solche Maßnahmen gestrichen hat.

Ihre Aussage lässt befürchten, dass es zu einem weiteren Einsatz von „Pflegehilfskräften“ kommen soll, die, -minimalistisch ausgebildet, Teilaufgaben der Pflegearbeit übernehmen sollen. Mit einer solchen Zerstückelung der Prozesse lässt sich aber das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel (s.o.) sicherlich nicht erreichen.

„Die in den Gesundheits- und Pflegeberufen Tätigen leisten einen wichtigen Beitrag für unser Gemeinwesen. Sie verdienen unseren Respekt und Anerkennung.“

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sie tragen mit Ihren Äußerungen leider zum Gegenteil bei.
Mit Ihren Äußerungen machen Sie Unwissenheit und mangelnde Anerkennung deutlich, gegenüber einer Berufsgruppe, die einen unermesslichen Beitrag zum Wohl des Gemeinwesens und für den sozialen Frieden in Deutschland beiträgt. Noch!
Wie lange diese Berufsgruppe das unter den aktuellen Bedingungen noch leisten kann / wird, werden wir wohl alle erfahren.
Wir alle werden alt und älter. Und spätestens dann werden wir sehen, ob es ausreicht, einfach gepflegt zu werden. Und ob jeder pflegen kann.

thorstein
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Beitrag von thorstein » 14.09.2010, 21:14

Hallo Flocki,

was ist das für eine Gruppe, hat sie einen Namen und wie ist sie organisiert?

Grüsse

WernerSchell
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Bundeskanzlerin schätzt Pflege falsch ein

Beitrag von WernerSchell » 15.09.2010, 07:39

Siehe unser Statement zu den Äußerungen von Frau Merkel unter
viewtopic.php?t=14447&postdays=0&postorder=asc&start=15
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Gaby Modig
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Pflegekräfte - Anerkennung & Wertschätzung mangelhaft

Beitrag von Gaby Modig » 20.09.2010, 08:37

Flocky hat geschrieben:Als Reaktion auf die Aussage von Frau Merkel hat sich eine Gruppe von Pflegekräften auf ganz Deutschland zusammengetan und Frau Merkel folgende Brief geschrieben: ....
Hallo Flocky,
ich finde es großartig, wenn sich Pflegekräfte (endlich) trauen, mit ihren Vorstellungen an die politisch Verantwortlichen heranzutreten.
Gibt es denn schon eine Rückmeldung?
MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Karl Büser
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Mangelnde Anerkennung für die Pflegekräfte

Beitrag von Karl Büser » 30.09.2010, 08:32

Flocky hat geschrieben:Als Reaktion auf die Aussage von Frau Merkel hat sich eine Gruppe von Pflegekräften auf ganz Deutschland zusammengetan und Frau Merkel folgende Brief geschrieben: ....
Hallo,
die Kanzler zur Rede zu stellen, ist sicherlich richtig. Sie muss einmal von den "Fronterfahrenen" hören, was wirklich los ist.
Gibt es denn schon eine Rückmeldung aus dem Kanzleramt?
MfG Karl Büser
Die Würde des Menschen ist unantastbar - immer und ausnahmslos! Ich unterstütze daher Aktivitäten, die uns diesem Ziel näher bringen! Danke für Infos unter http://www.wernerschell.de

Sabrina Merck
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Pflegenotstand auflösen - Beschäftigungsprogramm

Beitrag von Sabrina Merck » 02.10.2010, 07:07

Aus Forum
viewtopic.php?t=14887
nach hier übernommen:
Presse hat geschrieben: ..... Von der Arbeitslosigkeit in die Pflege ist aber nicht jedermanns Sache. Wir sprechen gezielt Arbeitslose an, die schon vorher in der Pflege gearbeitet haben“, .....
Hallo Forum,
die Verantwortlichen sind möglicherweise auf dem Holzweg, wenn sie glauben, die Pflegeeinrichtungen (und Krankenhäuser?) allein mit solchen Personen beglücken zu sollen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus geholt werden. Arbeitsbeschaffung ist notwendig und löblich. Von mir aus auch bei Eignung Vermittlung in die Pflege.
Aber die anstehenden Versorgungs- und Pflegeprobleme werden wir nur lösen können, wenn wir mehr junge Menschen für die Pflege qualifizieren und dann durch bessere Rahmenbedingungen einschließlich höherer Vergütungen dafür sorgen, dass sie auch in der Pflege bleiben und nicht nach wenigen Jahren raus wollen.
Es grüßt Sabrina Merck
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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