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Pflegeheim in Hopsten - Ermittlungen wegen Fehler

Verfasst: 14.08.2010, 06:41
von Gaby Modig
Die Medien haben in den letzten Tagen lehbaft über angebliche Pflegemängel in einem Altenheim in Hopsten berichtet und u.a. getitelt:
Staatanwaltschaft ermittelt gegen Pflegeheim in Hopsten
So lautet z.B. die Überschrift in der Rheinischen Post (Bericht vom 13.08.2010 im überregionalen Teil)

In den Berichten geht es um verschiedene Vorwürfe, die dringend einer Abklärung bedürfen:

So wird z.B. von der Staatsanwaltschaft wegen Betruges und des Todes einer Bewohnerin gegen das Pflegeheim in Hopsten (Kreis Steinfurt) ermittelt. In dem Heim soll nach Äußerungen der Staatsanwaltschaft bereits im August 2009 eine 94 Jahre alte Frau gestorben sein, nachdem sie über Unterleibschmerzen geklagt hatte. Das Pflegeheim soll keinen Arzt gerufen und die Frau lediglich ins Bett gesteckt haben. Zwei Tage später starb sie. Die Leiche der Frau wurde jetzt exhumiert und soll obduziert werden. Zudem wirft die Staatsanwaltschaft dem Pflegeheim und seiner Besitzerin vor, Bewohner unter Medikamente gesetzt zu haben, um eine höhere Eingruppierung in der Pflegestufe zu bekommen. Durch die Medikamente wurden die Betroffenen anscheinend ruhiggestellt und in einen apathischen Zustand versetzt. Aufgrund der Eingruppierung in eine höhere Pflegestufe soll das Heim mehr Geld erhalten haben, als ihm eigentlich zustand. Zudem sollen nicht erbrachte Pflegeleistungen vorgegaukelt und abgerechnet worden sein. Überdies steht die Besitzerin des Pflegeheimes im Verdacht, beim Ausbau des Hauses Scheinrechnungen vorgelegt und zu Unrecht Subventionen der NRW.Bank und des Kreises Steinfurt erhalten zu haben. Allein der Schaden zu Lasten der Krankenkassen soll bei 40.000 bis 50.000 Euro liegen. Ins Rollen gekommen waren die Ermittlungen nach Hinweisen eines Betreuers und von Mitarbeitern.

Es wird abzuwarten sein, was die Ermittlungen tatsächlich hervorbringen und was strafrechtlich relevant ist. Möglicherweise wird sich zeigen, dass die Aufarbeitung von Mängeln in der Pflege mit den Mitteln des Strafrechts nicht wirklich mgölich ist. Die zahlreichen Beiträge in diesem Forum zu ähnlichen Vorwürfen machen deutlich, dass es um eine handfeste Pflegereform gehen muss.
In der o.a. Angelegenheit geht es aber wohl zum Teil überhaupt nicht um eigentliche Pflegefehler. Wenn die Verdächtigungen zutreffen, geht es um Betrug und krimineller Energie zur Erlangung finanzieller Vorteile. Damit hatten Pflegekräfte wohl eher weniger zu tun. Pflegekräfte waren wohl eher an der Aufdeckung der Vorfälle beteiligt.

Gaby Modig

Verfasst: 14.08.2010, 13:41
von thorstein
Es wird abzuwarten sein, was die Ermittlungen tatsächlich hervorbringen und was strafrechtlich relevant ist. Möglicherweise wird sich zeigen, dass die Aufarbeitung von Mängeln in der Pflege mit den Mitteln des Strafrechts nicht wirklich mgölich ist.
Vielleicht wird ja gerade umgekehrt ein Schuh daraus. Vielleicht ist die starfrechtliche Seite der Unterversorgung der einzige Hoffnungsschimmer in diesem durch und durch verlogenen System. Es ist doch kein Zufall, dass alle grossen Parteien in diesem Land einen Pflegenotstand schlichtweg leugnen. Und daran muss sich auch überhaupt nichts ändern, weil die Betroffenen, die eigentlichen Opfer dieses Systems sich nicht wehren können und naturgemäss versterben.

Mängel im Pflegesystem bereits amtlich bestätigt

Verfasst: 15.08.2010, 09:09
von Gaby Modig
thorstein hat geschrieben: ..... Vielleicht wird ja gerade umgekehrt ein Schuh daraus. Vielleicht ist die starfrechtliche Seite der Unterversorgung der einzige Hoffnungsschimmer in diesem durch und durch verlogenen System. Es ist doch kein Zufall, dass alle grossen Parteien in diesem Land einen Pflegenotstand schlichtweg leugnen. Und daran muss sich auch überhaupt nichts ändern, weil die Betroffenen, die eigentlichen Opfer dieses Systems sich nicht wehren können und naturgemäss versterben.
Guten Morgen,

man liest immer wieder von strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit sog. Pflegefehlern. Man meint auf Anhieb immer, diese Fehler müssten konkreten Pflegepersonen zugerechnet werden können.
Da es sich aber letztlich meist um systemische Mängel handelt, die zu solchen Fehlern führen, sind strafrechtliche Konsequenzen nur eher selten möglich. Es sei denn, es gäbe eine Möglichkeit, Träger, Kassenvertreter bzw. Politiker, die die systemischen Mängel zu verantworten haben, anzuklagen.
Hat nicht der BGH in einigen Grundsatzentscheidungen (2005?) klargestellt, dass Regressleistungen an gesetzliche Krankenkassen wegen verschiedener Verletzungen von HeimbewohnerInnen (meist Stürze mit Folgebehandlungen) nicht möglich seien, weil die vorgegebenen sachlichen und personellen Ausstattungen der Heime eine zu weit gehende Fürsorge nicht möglich machen? Das sei systemisch bedingt und müsse dann so hingenommen werden. Hat damit der BGH nicht klar und unmissverständlich die systemischen Unzulänglichkeiten "amtlich" bestätigt?
Leider hat es aber der BGH seinerzeit versäumt, diese Situationen klar und unmissverständlich zu kritisieren oder gar Korrekturbedarf anzumahnen. Er hat sich einer Kritik des Gesetzgebers enthalten. M.E. mehr als bedauerlich.

MfG Gaby Modig