Neuordnung von Aufgaben im Krankenhaus ...

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

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Neuordnung von Aufgaben im Krankenhaus ...

Beitrag von Presse » 28.04.2010, 11:27

Pressemitteilung vom 28.04.2010:

DBfK veröffentlicht Positionspapier zur Neuordnung von Aufgaben im Krankenhaus

Kaum ein Thema wird im deutschen Gesundheitswesen so kontrovers diskutiert wie die Verteilung von Aufgaben innerhalb der beteiligten Berufsgruppen. Angesichts des zunehmenden Kostendrucks, verstärkt nach dem Sachverständigengutachten 2007, und in jüngster Zeit befördert durch Fachkräftemangel, stehen Prozessoptimierung und die Verlagerung von Tätigkeiten auf jeweils kostengünstigere Berufsgruppen in Krankenhäusern ganz oben auf der Agenda. Welche rechtlichen Grundlagen zu beachten sind und welche Kriterien für eine qualitätsorientierte sichere Übertragung berücksichtigt werden müssen hat der DBfK in einer ausführlichen Stellungnahme zusammengefasst und veröffentlicht. Das Papier dient der Klärung offener Fragen und bietet Handlungshilfe zu wichtigen Themen wie z.B. „Formen der Kooperation und Aufgabenverschiebung“, „Juristische Abgrenzung von Delegation, Substitution und Allokation“, und „Elementare Prinzipien der Delegation“.

Das Papier „Position des DBfK zur Neuordnung von Aufgaben im Krankenhaus“ steht als Download (272 KB) unter http://www.dbfk.de/service/download/berufspolitik.php zur Verfügung.

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK)
Salzufer 6, 10587 Berlin
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Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die berufliche Interessenvertretung der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Der DBfK ist deutsches Mitglied im International Council of Nurses (ICN) und Gründungsmitglied des Deutschen Pflegerates (DPR). Mehr Informationen über den Verband und seine internationalen und nationalen Netzwerke können Sie auf der Homepage http://www.dbfk.de nachlesen. Falls Sie Interviewwünsche haben oder weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte per E-Mail an presse@dbfk.de oder rufen Sie uns unter 030-219157-0 an.

Mit freundlichen Grüßen
Johanna Knüppel | Referentin | Redaktion DBfK Aktuell | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - Bundesverband e.V.
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Pflegekräfte - mehr Aufgaben und mehr Stellen

Beitrag von Sabrina Merck » 30.04.2010, 09:47

Hallo,
Pflegekräfte nehmen heutzutage schon vielfältige Aufgaben aufgrund von Delegationsentscheidungen war. Das löst bei vielen Pflegekräften Unbehangen aus, einmal, weil sie ohnehin aufgrund von Arbeitsverdichtungen mehr als ausgelastet sind, zum anderen ergeben sich vielfältige Fragen der Haftung, die bislang nur unbefriedigend unbeantwortet zu sein scheinen.
Natürlich können Pflegekräfte mehr Kompetenzen übernehmen. Sie haben bereits heute eine entsprechend ausgerichtete Ausbildung und wären dem gewachsen. Aber die Aufgabenübertragung müsste durch entsprechende gesetzliche Regelungen abgesichert werden.
Aber entscheidend wäre für eine Aufgabenübertragung, dass die Pflege auch entsprechend mehr Stellen zugewiesen bekäme. Es ist aktuell ein Unding, dass die Arztstellendotierung aufgrund von Aufgaben vorgenommen wird, die von Pflegekräften erledigt werden (z.B. Injektionen, Blutentnahmen).
Wenn zusätzliche Aufgaben auf die Pflege übertragen werden sollen, dann nur mit deutlich mehr Personalausstattung. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass bereits heute in den Krankenhäusern über 70.000 Stellen für Pflege entschwunden sind. Diese Lücke muss unabhängig von der angedeuteten Stellenvermehrung durch zusätzliche Aufgaben geschlossen werden.
Also: "Pflegekräfte braucht das Land" - So eine aktuelle Pressemitteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... tstand.php
MfG Sabrina
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Lutz Barth
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Zum Stand der Neuordnung der Gesundheitsfachberufe

Beitrag von Lutz Barth » 04.05.2010, 19:55

Vgl. dazu im Übrigen kritisch

Barth, Zum Stand der „Neuordnung der Gesundheitsfachberufe“!

Richtlinien zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten sollen in diesem Jahr kommen

>>> http://www.pflegerecht-zeitschrift.de/N ... th_PMR.pdf <<<
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Ausübung von Heilkunde - klare Zuständigkeiten gefordert

Beitrag von Presse » 15.05.2010, 06:54

Pressemitteilung der Bundesärztekammer vom 14.05.2010

Ärztetag fordert klare Zuständigkeiten der Gesundheitsberufe

Der 113. Deutsche Ärztetag in Dresden hat die politisch Verantwortlichen aufgefordert, die zunehmende Aufweichung klarer rechtlicher Zuständigkeiten bei der Ausübung von Heilkunde zu verhindern. „Das geht zu Lasten der Versorgungsqualität und der Patientensicherheit und verletzt haftungsrechtliche Standards“, kritisierten die Delegierten. Stattdessen müsse das Delegationsprinzip fortentwickelt und rechtssicher so ausgestaltet werden, dass alle Bereiche der Patientenversorgung davon profitieren. Die seit einigen Jahren geforderte neue Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen sei weniger an den Bedürfnissen der Patienten orientiert als „an einer ökonomischen Vorgabe für möglichst effiziente Prozessoptimierung sowie an berufspolitischen Wunschvorstellungen“, kritisiert der Ärztetag.

Das Ärzteparlament regte an, die Kompetenzen und Zuständigkeiten der verschiedenen Gesundheitsberufe aufeinander abzustimmen. Die vom Vorstand der Bundesärztekammer 2009 in Auftrag gegebene Studie „Delegation ärztlicher Aufgaben an nichtärztliche Berufe in der stationären Versorgung“ nennt dazu zahlreiche Ansatzpunkte, „die ausschließlich den Notwendigkeiten des Versorgungsprozesses und nicht politischen Wunschvorstellungen einzelner Berufsgruppen gerecht werden“.

Quelle: http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .8198.8291

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Pflegenotstand beheben und Neuverteilung der Aufgaben

Beitrag von PflegeCologne » 15.05.2010, 11:06

Hallo,
wenn sich die Ärzte zu Wort melden, habe ich oft den Eindruck, dass es nur um die Wahrnehmung der eigenen Interessen geht.
Bei einer Neuverteilung der Aufgaben in der Krankenversorgung müssen aber alle Gesundheitsberufe korrekt behandelt werden. Dabei denke ich vor allem an die Pflegekräfte.
Pflegekräfte können aufgrund ihrer Qualifizierung mehr Aufgaben übernehmen als bisher. Allerdings sollte dies aus rechtlichen Gründen per Gesetz verbindlich geregelt werden. Es sollte auch nicht dem Gutdünken der Ärzte überlassen bleiben, wer welche Aufgaben wahrnimmt.
Wenn eine Neuverteilung der Aufgaben erfolgt, müssen selbstverständlich - unabhängig von den laufenden Diskussionen um den Pflegenotstand - die stellenplanmäßigen Folgerungen gezogen werden. Es kann und darf nicht sein, dass Pflegekräfte noch mehr Aufgaben übernehmen, und die Ärzte die Stellen zugedacht bekommen.
Über die Neuerungen müssen alle Beteiligten in gleichberechtigter Partnerschaft reden. Die Dominanz der Ärzte muss beendet werden.
MfG Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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Delegation der Pflege auf Ungelernte ?

Beitrag von thorstein » 15.05.2010, 23:01

Es fällt auf, dass bei den Stellungmahmen, einschließlich dem Diskussionspapier von Herrn Barth, die eine, vielleicht zukünftig wichtigste Seite des Problems nicht erkannt, erfasst oder schlichtweg ignoriert wird.

Wer das Positionspapier des DBfK aufmerksam durchliest, wird feststellen, dass es eben nicht nur um die Delegation oder Substitution ärztlicher Aufgaben durch pflegerisches Fachpersonal geht, sondern auch um die Delegation pflegerischer Tätigkeiten auf Assistenzpersonal. Hier wird offensichtlich, analog dem Modell in den Altenheimen, darüber nachgedacht, die sogenannte Grundpflege auf ungelernte Pflegekräfte zu übertragen. Nur so wäre es ja auch möglich, dem jetzt schon überlasteten Fachpersonal zusätzliche Aufgaben zu übertragen.

Da der Fachkräftemangel von der Politik wie eine Naturkatastrophe betrachtet wird - keiner kann etwas dafür und es lies sich auch leider nicht verhindern, ist der Verlauf der Entwicklung vorhersehbar.

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Assistenzpersonal

Beitrag von Lutz Barth » 16.05.2010, 07:02

Sehr verehrter Herr Thorstein.

Wenn Sie einige meiner Beiträge ggf. intensiver lesen, wird Ihnen sicherlich auffallen, dass ich das Problem durchaus sehe, wenngleich ich davon ausgehe, dass die damit verbundenen (Rechts-)Probleme überschaubar sein dürften.

Wir werden uns trotz der beabsichtigten Subtsitution ärztlicher Leistungen auf die beruflich Pflegenden nicht in der Gänze von den Rechtsregeln der Delegation verabschieden müssen, sondern diese gerade vor dem Hintergrund der Übertragung auf "ungelernte" Pflegekräfte neu diskutieren. Andererseits habe ich nach den verschiedenen Stellungnahmen jedenfalls nicht den Eindruck gewinnen können, dass die Autoren das Problem der Substitution hinreichend erkannt haben, so dass wir derzeit eher im Begriff sind, die alte Debatte um die (ungelösten) Rechtsfragen der Delegation zu führen.

Im Übrigen werden auch die Professionellen einen Teil ihrer behandlungspflegerischen Aufgaben auf die Pflegeassistenzkräfte übertragen, so dass der Hinweis auf die Grundpflege zu kurz greift.

Abschließend vielleicht auch der Hinweis darauf, dass das Fachpersonal nicht rechtzeitig und vor allem mit Konsequenz darauf hingewiesen hat, dass ein Teil der ihr übertragenen Aufgaben nicht zu ihrem Verantwortungsbereich gehört (so vor allem in stationären Alteneinrichtungen) und es vielmehr seit Jahren ein besonderes Anliegen der einschlägigen Berufsverbände war und ist, scheinbar höherwertige Aufgaben wahrzunehmen. Dass diese Tendenz auf Wohlgefallen der Politiker stieß, lässt sich nun wahrlich verleugnen, hat man/frau doch über Jahre hinweg die systemfremde Finanzierung der Behandlungspflege der Bewohner/innen über die Pflegeversicherung akzeptiert - im Übrigen zu Lasten der sozialpflegerischen Inhalte. Insoweit ist der "Pflegenotstand" ein stückweit "hausgemacht" so wie ich davon ausgehe, dass künftig die pflegehaftungsrechtlichen Folgen, die mit einer Substitution verbunden sind, von den beruflich Pflegenden beklagt werden. Da helfen dann auch keine mehr oder minder gehaltvollen Praxistipps von namhaften Pflegerechtlern, die derzeit selbst um Orientierung ringen, wird doch gar der Ruf nach einem neuen Pflegehaftungsrecht laut!

Wir sollten den beruflich Pflegenden nicht mehr Steine statt Brot geben und die auf sie zukommenden Folgen deutlich benennen, ohne hier nun in Schwarzmalerei zu verfallen.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Pflegerische Aufgaben in Krankenhaus und Heim

Beitrag von Rita Reinartz » 16.05.2010, 07:25

Pflegerische Aufgaben in Krankenhaus und Heim

Ich habe beim Lesen der Beiträge ein Problem: Ist es nicht so, dass bei der Delegation immer nur die Aufgabenübertragung von Ärzten auf Pflegekräfte gemeint ist? Es wandern also Aufgaben von der einen Berufsgruppe kraft Weisung in die andere nichtärztliche Gruppe.
Die im Rahmen einer Berufsgruppe vorzunehmenden Aufgabenzuordnungen sind dann nicht Delegationsentscheidungen, sondern einfach nur Weisungen (kraft Direktionsrecht des Arbeitgebers).
Ich denke, dass auch ein wenig die sprachlichen Ungenauigkeiten korrigiert gehören.
Ansonsten bin ich auch der Meinung, dass die Pflege mehr leisten kann, als ihr jetzt an Aufgaben zugewachsen ist. Das sollte aber vernünftig und nachvollziehbar für alle Beteiligten verbindlich geregelt werden. Dass Pflegekräfte auch den nachgeordneten MitarbeiterInnen Tätigkeiten überlassen können, versteht sich. Nicht alles, was heute die Pflege macht, muss dort bleiben, so z.B. Hotelservice, Schreibkram.
Die gesamte Neuordnung der Aufgabenzuschnitte müsste auf jeden Fall stellenplanmäßig exakt abgebildet werden. Dann würde sich auch - vielleicht mit Hilfe von Personalbemessungssystemen - deutlich machen lassen, dass mehr Pflegekräfte gebraucht werden.

R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

thorstein
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Beitrag von thorstein » 16.05.2010, 17:26

Sehr geehrter Herr Barth,

mir stellt sich im Lichte realpolitischer Probleme schon die Frage, welche Bedeutung ihren rechts -(philosophischen) Diksussionbeiträgen beizumessen ist. Die Rechtslage wird doch der Realität angepasst und nicht umgekehrt.

Sie pflegen ja weiterhin ihr Vorurteil, dass die Pflege selbst scharf auf sogenannte höherwertige Tätigkeiten wäre und damit die Dikussion mitverschuldet. Was hatte den ihrer Ansicht nach die Pflege damit zu tun, dass die Behandlungspflege als unbezahlter Nebenjob im SGB 11 verankert wurde. Wo waren damals die rechtlichen Bedenkenträger?

Der Fachkräftmangel und die Kostenexplosion auch in den Krankenhäusern ist wohl nicht mehr in den Griff zu bekommen. Also wird es entsprechende Massnahmen geben. Krankenschwestern werden vermehrt und selbständig bislang ärztliche Aufgabe übernehmen und Pflegehelfer Tätigkeiten, die bislang von Fachpersonal übernommen wurde. Und die Rechtslage wird dieser Situation angepasst. Realpolitisch ist es vollkommen widersinnig, Pflegekräfte haftungsrechtlichen Risiken auszusetzen. Die sollen und müssen ihre Arbeit machen.

Natürlich könnte man mir Naivität vorwerfen, wenn ich die sicher gewaltigen rechtlichen Probleme einfach ignoriere. Umgekehrt schiene es mir auch naiv, wenn jemand glaubt, rechtliche Bedenken würden an der Entwicklung irgend etwas ändern.

Lutz Barth
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Realpolitische Lage?

Beitrag von Lutz Barth » 17.05.2010, 18:36

Verehrter Thorstein,
ob die Rechtslage der Realität angepasst wird, ist mit Blick auf die Neuordnung der Gesundheitsfachberufe wohl nicht das Problem, zumal es nach meiner Rechtaufassung es diesbezüglich keine Probleme geben dürfte - es sei denn, unter dem Begriff der Substitution wird eine wie auch immer geartete Delegation von ärztlichen Aufgaben verstanden.

Ihr Hinweis darauf, wo seinerzeit die Bedenkenträger waren, wiegt indes ohne Frage schwer. In der Tat habe ich hierzu bereits deutlich Position vertreten und speziell gegenüber sog. Pflegerechtlern den Vorwurf erhoben, mit Blick auf die sog. "Pflichtaufgaben" durch die beruflich Pflegenden eben diesen Prozess mit verantwortlich begünstigt zu haben. Gleichwohl stelle ich allerdings aufgrund einschlägiger Studien fest, dass es wohl nicht ganz von der Hand gewiesen werden kann, dass mit der Übernahme "ärztlicher Aufgaben" die Professionellen ein stückweit ihren beruflichen Alltag aufgewertet wissen wollten und da lag es natürlich nahe, diesem Wunsch (sicherlich auch aus Kostengründen) nachzugeben.

Problematisch allerdings erscheint mir, dass gerade bei den Pflegenden die Auffassung vorherrschend ist, dass allein aufgrund der Tatsache, dass etwas real - also tatsächlich - bereits ärztliche Aufgaben geleistet werden, dies auch rechtlich unproblematisch sei. Dem ist mitnichten so und lässt sich vielfach nur durch ein weiteres Faktum nach dem Motto "wo kein Kläger, dort auch kein Richter" erklären. Überdies ist zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren vermehrt rechtskundige Pflegedirektoren die "Auslegung" des Pflegerechts übernommen haben und freilich auf ihren Veranstaltungen ein stückweit ihre Fahne in den ideologischen Wind einer Profession hängen. Dass hierbei offen zu Tage getretende Rechtsverständnis ist allerdings mehr eine "kleine Rechtskunde", die in ihren Folgen durchaus gravierend ist. Wenn dann auch noch Professoren - insbesondere solche mit einer Honorarprofessur - die völlig unhaltbare These äußern, dass letztlich alles erlaubt sei, was gesetzlich nicht verboten ist, dann bedeutet dies zwar nicht gleich der "Untergang der Rechtskultur", aber zeigt letztlich, dass auch das Pflegerecht etwas mehr ist, als es zunächst den Anschein hat.

"Realpolitisch" und dies scheint insbesondere der Wunsch der Berufsverbände zu sein, werden selbstverständlich die beruflich Pflegenden einem Haftungsrisiko ausgesetzt, dass letztlich auch angemessen ist. Denn es wird kaum begründbar sein, warum bei gleicher Tätigkeit unterschiedliche Haftungsmaßstäbe angesetzt werden sollen.

Der "Preis" ist also sehr hoch und von daher kann es nur die Aufgabe eines redlichen Juristen sein, hierauf auch die Pflegenden aufmerksam zu machen.
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Beitrag von thorstein » 17.05.2010, 22:34

Sehr geehrter Herr Barth,

unredliche Motive wollte ich ihnen keinesfalls unterstellen. Ich habe nur versucht, eine realpolitische Einschätzung abzugeben, was selbstverständlich auch nicht heißt, dass ich diese Entwicklung begrüsse.

Ganz grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es möglich sein muss, Tätigkeitsprofile im Gesundheitswesen festzulegen, die bei fachlicher und persönlicher Eignung selbstverantwortlich durchgeführt werden. Kein Mensch, also auch kein Arzt und keine Pflegekraft, kann ordentlich arbeiten, wenn jede Handlung immer auch aus haftungsrechtlichen Erwägungen existenzbedrohend wäre. Das wäre auch mein Anspruch an die Rechtssprechung.

Und fachlich besser geeignet ist bestimmt nicht immer der Arzt. Wenn ich mir bei einem herzinfarkt aussuchen könnte, ob mich der Hausarzt oder ein erfahrener Rettungssanitäter findet, fiele mir die Entscheidung nicht schwer. Und wenn ich mich bei einer Dekubitusbehandlung zwischen einer Altenpflegerin mit einer Fortbildung zur Wundmanagerin oder dem Hausarzt entscheiden müßte, würde ich auch keine Sekunde zögern.

Als Altenpfleger im stationären Bereich bin ich offen für alle Lösungen. Entscheiden wir uns für festangestellte heimärzte, die zukünftig die Behandlungspflege übernehmen - sehr gut. Bleibt es aber dabei, dass wie bisher Pflegekräfte entscheiden, wann ein Arzt gebraucht wird, dieser dann - gelegentlich auch nur telefonisch - entscheidet, was zu tun ist und dann wiederum die Pflegekräfte gefragt sind, brauchen wir eine - auch rechtliche - Anpassung an die Realität. tatsächlich geht es hier nicht nur um das Problem: wo kein Kläger, da kein Richter, sondern darum, dass vielen Pflegekräften ihr Verantwortungsbereich gar nicht mehr bewußt ist. Wenn Sie auf den Zusammnhang von Diagnose, Indikation und Massnahme hinweisen, ist das längst Berufsalltag der Fachkräfte in unseren Heimen. Am deutlichsten nachvollziehbar bei der sogenannten Bedarfsmedikation.

Ich denke, der Preis ist tatsächlich sehr hoch, wenn man die Dinge so weiterlaufen lässt wie bisher.

Mathias Raab
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Re: Ausübung von Heilkunde - klare Zuständigkeiten gefordert

Beitrag von Mathias Raab » 08.06.2010, 17:53

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Zuletzt geändert von Mathias Raab am 28.06.2010, 23:44, insgesamt 1-mal geändert.

WernerSchell
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Ausübung von Heilkunde - klare Zuständigkeiten gefordert

Beitrag von WernerSchell » 08.06.2010, 18:03

Mathias Raab hat geschrieben: .... Mich würde sehr interessieren wann genau man diese Studie denn in den Händen halten kann. Leider blieb meine Online-Suche dazu erfolglos. Ich verfasse aktuell zu diesem Thema meine Diplomarbeit und bin auf die Ergebnisse dieser Studie sehr gespannt.
Weiß dazu jemand mehr? ....
Sehr geehrter Herr Raab,
wir erkundigen uns im Sinne Ihrer Fragestellung.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen

Beitrag von Presse » 24.06.2010, 17:53

Siehe auch Forum
viewtopic.php?p=52761#52761

“Die Politik darf sich nicht wegducken!”
Juristen, Mediziner und Pflegende fordern klare Regelungen zur Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen


Unter dem Druck der knappen finanziellen und personellen Ressourcen im Gesundheitswesen werden die Aufgaben zwischen Ärzten, Pflegenden und Servicekräften längst neu verteilt. Was fehlt ist bisher eine verlässliche gesetzliche Grundlage, waren sich jetzt die Referenten und Fachbesucher auf dem JuraHealth-Congress 2010 in der Berliner Urania einig.

Wo klare Regelungen, etwa zur Ausbildung chirurgischer Operationsassistenten oder zur Übernahme medizinischer Versorgungsleistungen durch die Pflege fehlen, agieren die Betroffenen in einer haftungsrechtlichen Grauzone. In der Praxis sei es längst unumgänglich geworden, Randaufgaben der Ärzte auf die Pflege zu verlagern, erklärte der Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Görlitz, René Bostelaar. Zur Koordinierung und Kontrolle der Abläufe bedürfe es aber gleichzeitig der Einführung eines modernen Case-Managements, forderte der frühere Pflegedirektor der Uniklinik Köln, der dort viel beachtete Projekte zur Delegation ärztlicher Leistungen realisiert hat.

Zahlreiche Referenten aus der Rechtswissenschaft wie der Kölner Pflegerechtler Prof. Dr. Volker Großkopf wiesen jedoch auf die bisher noch fehlende Rechtsprechung zur Haftung bei der Neuverteilung von Aufgaben in Medizin und Pflege hin. Er riet zu einem umfassenden Haftpflichtmanagement, um die Klinik oder Pflegeeinrichtung im Falle einer Klage vor der Beweispflicht bei Schadensersatzforderungen wirksam zu schützen. Dazu sei eine enge Orientierung an geltenden fachlichen Standards sowie eine umfassende Dokumentation der ergriffenen und unterlassenen Maßnahmen notwendig. Sein Kollege, der Osnabrücker Wirtschafts- und Sozialrechtler Prof. Dr. Klaus Theuerkauf, wies aber auch auf die Grenzen der aktuellen und künftigen pflegerischen Expertenstandards hin, die eine konkrete Anpassung an die jeweiligen Arbeitsabläufe in einer Einrichtung erforderten und nicht wörtlich als Anleitung verstanden werden dürften.

Zu den aktuellen Sorgen des Gesundheitswesens über einen in vielen Bereichen bröckelnden
Haftpflichtschutz nahm Stefan Knoch aus der Geschäftsführung des internationalen Versicherungsmaklers Assekuranz AG aus Luxemburg Stellung. Er verwies auf eine rasant gestiegene Inanspruchnahme von Haftpflichtversicherungen und auf höhere Haftungssummen in vielen Einzelfällen. Maßnahmen der Qualitätssicherung und der Krisenintervention könnten dabei helfen, das Haftungsrisiko eines Krankenhauses oder einer Pflegeeinrichtung und damit letztlich auch die Prämien deutlich zu senken.

Die Versicherungen müssten auch in alle Bemühungen um moderne Konzepte zum Personaleinsatz eingebunden werden, waren sich die Juristen, Ärzte und Pflegemanager einig. Sie sehen einhellig große Chancen zur Verbesserung der Versorgung und für finanzielle Einsparungen, wiesen in den Fachvorträgen auf dem JuraHealth-Congress in der Berliner Urania aber auch auf die rechtlichen Unklarheiten hin.

“Die Politik darf sich hier nicht wegducken”, forderte in der abschließenden Podiumsdiskussion Prof. Dr. Ingo Palsherm von der Hochschule Fresenius in Idstein. Er kritisierte, dass beispielsweise die jüngste Bundesratsinitiative zur gesetzlichen Regelung der Ausbildung für chirurgische Assistenten im Bundestag zurückgewiesen wurde. Andere Möglichkeiten für Modellprojekte, zum Beispiel zur pflegerischen Verordnungskompetenz im Bereich der Wundversorgung, könnten ebenfalls nicht in die Tat umgesetzt werden.

Auch aus den Reihen der Kongressteilnehmer bekam diese Forderung große Zustimmung. Gerade in der Pflege herrsche eine große Bereitschaft, neue Aufgaben zu übernehmen, berichteten Fachbesucher aus Krankenhäusern und Pflegeheimen. Es müsse dazu aber endlich eine verlässliche arbeits- und haftungsrechtliche Regelung geben.

Quelle. Pressemitteilung vom 11.06.2010
http://www.jurahealth-congress.de/index ... icle_id=63

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Neuordnung von Aufgaben des Pflegedienstes - Studie

Beitrag von Presse » 07.07.2010, 09:44

Pressemitteilung 07. Juli 2010

DKG zur DKI-Studie "Neuordnung von Aufgaben des Pflegedienstes unter Beachtung weiterer Berufsgruppen"

Kernkompetenzen der Pflege müssen gestärkt werden
Die Entwicklung in Medizin und Pflege sowie die zunehmende Arbeitsbelastung und -verdichtung in den Kliniken erfordern eine Überprüfung der Zuordnung der Aufgaben des ärztlichen und pflegerischen Dienstes. Nach der Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) zur "Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes" im April 2008 stellte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Rudolf Kösters, heute eine aktuelle DKI-Studie zur "Neuordnung von Aufgaben des Pflegedienstes unter Beachtung weiterer Berufsgruppen" vor. Im Rahmen der repräsentativen Erhebung, an der sich insgesamt 421 Kliniken beteiligten, wurden die Pflegedienstleitungen nach delegationsfähigen Tätigkeiten befragt. Dazu zählten neben Aufgaben im grundpflegerischen Bereich auch Service- und Assistenztätigkeiten für die Patienten.

Die von der DKG in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass von einer Übertragung von Tätigkeiten des Pflegedienstes positive Effekte auf einen effizienten Personaleinsatz im Krankenhaus ausgehen können, ohne dass die Qualität der Krankenhausleistungen abnimmt. Gleichzeitig bewirke eine Konzentration auf die Kernkompetenzen der Pflegekräfte eine bessere Nutzung der knappen Ressourcen, die die Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit steigern können. "Die Kliniken wollen die Pflegekräfte weiter entlasten. Wir setzen damit die politische Botschaft des letzten Pflegegipfels im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im April 2009 aktiv um", machte der DKG-Präsident deutlich.

Die Palette übertragbarer Tätigkeiten reiche nach Angaben der beteiligten Kliniken von einfacheren Tätigkeiten (Erfassen der Essenswünsche, Hol- und Bringdienste) bzw. patientennahen Hilfstätigkeiten (Hilfe bei der Körperpflege, Vor- und Nachbereiten der Utensilien zur Körperpflege) bis hin zu hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (Betten beziehen, Ordnung in Patientenzimmern). Wie hoch das Entlastungspotential des examinierten Pflegepersonals im Einzelfall sei, hänge von den krankenhaus-individuellen Gegebenheiten vor Ort ab. Von zentraler Relevanz sei, dass Tätigkeiten zu einem zweckmäßigen Aufgabenfeld kombiniert werden. Es ergebe sich sowohl ein Kaskadeneffekt durch die Abgabe von delegierbaren Arbeiten an Service- und Pflegeassistenten als auch durch die Übernahme von Aufgaben mit einem höheren Qualifikationsanspruch aus dem bisherigen ärztlichen Bereich.

Kösters wies darauf hin, dass ein veränderter Ressourceneinsatz angesichts der Rahmenbedingungen für die Kliniken unabdingbar sei: "Seit Mitte der 90er Jahre hat die Arbeitsverdichtung im Pflegedienst spürbar zugenommen. Hier sind neue Konzepte für eine veränderte Aufgabenteilung und Arbeitsorganisation im Krankenhaus zwingend erforderlich." Hinzu komme, dass die demographische Entwicklung nicht nur einen steigenden Bedarf an Ärzten, sondern auch an (Fach-)Pflegekräften auslösen werde. Die Erhöhung der Attraktivität der Pflegeberufe sei daher von großer Relevanz für die Kliniken.

Gleichzeitig machte der DKG-Präsident deutlich, dass zur Änderung der Prozesse im Krankenhaus vor allem die Neugestaltung einer Aufbauorganisation gehöre. "Nur so kann die Neuordnung von Aufgaben des Pflegedienstes zu einem Erfolgsmodell werden", sagte Kösters. Die richtige Organisation, die Optimierung der internen Prozesse und der optimierte Einsatz der Mitarbeiter nach ihren jeweiligen Fähigkeiten seien unumgänglich. Dabei müsse das Schnittstellenmanagement sowohl zwischen den Mitarbeitern mit unterschiedlichen Qualifikationen innerhalb einer Abteilung als auch zwischen Mitarbeitern unterschiedlicher Stationen funktionieren. "Wenn dies gelingen soll, muss die organisatorische Verantwortung für den Einsatz der Mitarbeiter beim Pflegemanagement bleiben", so der DKG-Präsident.

Die DKI-Erhebung zeige darüber hinaus auf, dass für das Tätigkeitsfeld von Assistenz- und Servicekräften vor allem auch Mitarbeiter gewonnen werden können, die nur aufgrund von speziellen Rahmenbedingungen (z.B. kinder- und familienfreundliche Arbeitszeiten) den Weg zurück ins Arbeitsleben fänden. Zudem seien die Qualifizierungsansätze zum Service- und Pflegeassistent eine berufliche Chance für diejenigen Bewerber, die auf dem Ausbildungsmarkt eher eingeschränkte Möglichkeiten haben. Gleiches gelte für Quereinsteiger. Daher sollten Qualifizierungsmaßnahmen für diese Tätigkeitsfelder (z.B. Serviceassistenz) umfassend durch die zuständigen Stellen gefördert werden, da die Krankenhäuser eine sichere Anstellung mit guten Perspektiven bieten könnten.

Dateien
2010-07-07_PM-DKG-zur-DKI-Studie-Neuordnung-Pflegedienst (doc, 38 KB)
http://www.dkgev.de/newsletter/?link=ht ... dienst.doc
2010-07-07_PM-DKG-zur-DKI-Studie-Neuordnung-Pflegedienst (pdf, 20 KB)
http://www.dkgev.de/newsletter/?link=ht ... dienst.pdf
2010-07-07_DKI-Studie_Neuordnung-Aufgaben-Pflegedienst_Zusammenfassung (pdf, 111 KB)
http://www.dkgev.de/newsletter/?link=ht ... assung.pdf
2010-07-07_DKI-Studie_Neuordnung-Aufgaben-Pflegedienst_Langfassung (pdf, 3 MB)
http://www.dkgev.de/newsletter/?link=ht ... assung.pdf
2010-07-07_Präsentation_Offermanns (pdf, 71 KB)
http://www.dkgev.de/newsletter/?link=ht ... rmanns.pdf

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder - 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände - in der Bundespolitik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 2.083 Krankenhäuser versorgen jährlich über 17,5 Mio. Patienten mit 1,1 Mio. Mitarbeitern. Bei 64,6 Mrd. Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.

Kontakt:
Moritz Quiske (Ltg.)
Holger Mages
Daniel Wosnitzka
Tel. (030) 3 98 01 -1020 / -1022 / -1023

Sekretariat
Stephanie Gervers
Tel. (030) 3 98 01 -1021
Fax (030) 3 98 01 -3021
e-mail: pressestelle@dkgev.de
web: http://www.dkgev.de

Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
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Wegelystraße 3
10623 Berlin

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