Belastung in der Krankenpflege

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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R.Koep
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Belastung in der Krankenpflege

Beitrag von R.Koep » 29.01.2009, 21:21

Belastung in der Krankenpflege

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit der Einführung der Fallabrechnung, finden wie bekanntlich immer mehr Behandlungen in den Krankenhäusern statt. Nur der Personalsschlüssel bleibt wie auch hier im Forum berichtet dabei gleich-
Nun scheinen allerdings einzelne Krankenhäuser auch die Stationen überzubelegen und sehen dazu auch keine Notwendigkeit den Stellenschlüssel anzupassen.
Für Altenheime warten wir seit Jahren vergeblich auf einen Stellenschlüssel, gibt es denn einen für die Behandlung von Krankenhauspatienten?

Einen schönen Tag noch
R.Koep

WernerSchell
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Pflege-Stellenschlüssel im Krankenhaus?

Beitrag von WernerSchell » 30.01.2009, 07:39

Hallo Herr R.Koep,

für die Krankenhäuser gibt es keine verbindlichen Personalbemessungssysteme. Siehe dazu in diesem Forum unter
Pflege-Stellenschlüssel im Krankenhaus?
viewtopic.php?t=3807&highlight=stellenschl%FCssel
Weil die Situation genau so ist, wollen wir die Planung von Personalstellen in Heimen und Krankenhäusern beim Pflegetreff am 17.02.2009 problematisieren:
viewforum.php?f=7
Meine Meinung ist, dass wir ohne eine auf festen Berechnungsgrundlagen beruhende personelle "Aufrüstung" keine entscheidenden Verbesserungen in den Pflegesystemen erreichen werden. Die Veränderung des Pflegebegriffs allein hilft insoweit nicht weiter. Für den Bereich des SGB XI wird es dazu heute eine Pressemitteilung unter http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de geben.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Pflegesituation in Krankenhäusern verschlechtert

Beitrag von WernerSchell » 31.01.2009, 07:40

Siehe auch im Forum:
viewtopic.php?t=10931

Pflegesituation in Krankenhäusern offenbar deutlich verschlechtert
Freitag, 30. Januar 2009

Berlin – Nach Einschätzungen von Beschäftigten deutscher Krankenhäuser hat sich die Pflegesituation dort drastisch verschlechtert. In einer bundesweiten Online-Umfrage unter knapp 2.000 Pflegekräften bewerteten 82,5 Prozent die Personalausstattung ihrer Abteilung als nicht angemessen, berichtet der Berliner Tagesspiegel vom Samstag. 42,5 Prozent der Befragten gaben an, sie wollten nicht, dass eigene Angehörige oder Bekannte dort versorgt würden.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe, der die Umfrage initiiert hat, sprach von „katastrophalen Ergebnissen“ und der Bestätigung von „zum Teil haarsträubenden Arbeitsbedingungen“. Die Lage sei „sehr viel dramatischer als in der Bevölkerung bekannt“, sagte Verbandsreferentin Johanna Knüppel der Zeitung.
.... (mehr)
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=35260
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https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Patientenversorgung katastrophal

Beitrag von Service » 02.02.2009, 07:42

Katastrophaler Pflegenotstand überall - dramatischer als bisher bekannt

Kliniken haben viel zu wenig Pflegepersonal
Berlin - Der Pflegenotstand in Krankenhäusern sei „sehr viel dramatischer als in der Bevölkerung bekannt". Das geht aus einer anonymen Umfrage unter 2000 Krankenschwestern und Pflegern im Auftrag des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe hervor. Der Verband spricht von „katastrophalen Ergebnissen". 82,5 Prozent der Befragten beklagen Personalmangel in ihrer Abteilung. Fast die Hälfte würde dort eigene Angehörige oder Bekannte nicht versorgt haben wollen. Experten zufolge fehlen bereits 70.000 Kräfte.
Der Tagesspiegel widmet diesem Thema seinen „Aufmachertitel" am 31.1.: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Tite ... 92,2719658

Kommentar: Sind wir kollektive Verdrängungskünstler?
Wie ist es nur möglich, dass wir für eine Operation sehr wohl wissen wollen, wie es um die Qualität des Chirurgen steht - dass wir nach der anschließenden Intensivpflege, die maßgeblich für die Genesung ist, aber nicht fragen. Ähnlich wie bei den Altenheimen: Wir wollen die weitgehende Misere dort lieber kollektiv verdrängen. Eine „Pflege- und Geriatrielobby" für unsere letzten Lebensjahre kommt erst mühsam in Gang - obwohl der Anteil langwieriger chronischer Erkrankungen gravierend zunimmt und quasi zum Regelfall wird.

Als in den lezten Jahren erfolgreicher erwiesen hat sich die Lobby für Sterbende und für Hospizarbeit, die sich mit der Sondersituation der letzten Lebenswochen und -tage (i.d.R. todkranker Krebspatienten) befasst. Allerdings scheint man hier auch durch die konkreten Suizidhilfe-Fälle von Roger Kusch immer noch nicht begriffen zu haben, dass für diese die Angst vor dem Pflegeheim maßgeblich waren. Natürlich brauchen wir alternative Angebote für freiwillensfähige alte Menschen, die aus dem Leben scheiden wollen. Aber die zu entwickelnde Hospizarbeit wird dazu kein wirksamer „Gegenpol" (s.u.) sein können. Wir wollen doch ehrlich und glaubwürdig bleiben und gerade in der Sterbebegleitungsbewegung auch unsere eigenen Grenzen anerkennen.

Krankenhauspflege z. B. von Intensivpatienten und die palliative Sterbepflege schlagen zurecht Alarm. Darüber hinaus gibt es ein weiteres Ringen im Rahmen des bestehenden Finanzvolumens: Zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. Dazu wurde ebenalls in dieser Woche von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ein neues Konzept zur Messung der Pflegebedürftigkeit vorgestellt. Es will endlich Schluss machen mit der Pflege im Minutentakt und soll den Demenzkranken zugute kommen.

Ja, darauf haben wir dringend gewartet und gefordert, dass die starren Pflegestufen aufgehoben werden. Aber: Mehr Geld soll es insgesamt - erst einmal - nicht geben.

Warum eigentlich nicht über ein Konjunkturpaket? Kann denn das „Argument" der knappen Ressourcen heutzutage glaubhaft von der Politik vorgebracht werden? Erscheint die Ankurbelung von erlahmter Nachfrage nach dem „goldenen Kalb" Autos (bei übersättigtem Markt!) wirklich sinnvoller als die Befriedigung dringend benötigter Arbeitsplätze im Gesundheitswesen? Die Pflege ist - mit derzeit ca. 1,2 Millionen Arbeitnehmer/innen - nachweislich der „Jobmotor" mit Zukunft. Vielleicht ein vorgezogenes Wahlkampfthema?

Jedenfalls: Fragen Sie doch vor einem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt demnächst auch einmal, wie es denn dort mit der Pflegequalität steht ...
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Meldungen der letzten Woche
Abschied von der Minutenpflege - aber nicht mehr Geld

<< BERLIN taz Darauf warten viele pflegende Angehörige: Bundesgesundheitsministerium Ulla Schmidt (SPD) legte am Donnerstag ein neues Konzept zur Messung der Pflegebedürftigkeit vor. .... Nicht mehr der zeitliche Aufwand fürs Putzen oder Anziehen darf mehr der Gradmesser für Pflegebedürftigkeit sein, sondern das Ausmaß der Selbstständigkeit. ...

Wie steht es um das Gedächtnis und die Kommunikationsfähigkeit des zu Pflegenden? Kann er oder sie sich ankleiden, essen und trinken, soziale Kontakte aufrechterhalten und einen Haushalt führen?
"Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff stellt einen Paradigmenwechsel dar", urteilte ... Jürgen Gohde vom Kuratorium Deutsche Altershilfe. Die Gesundheitsministerin ergänzte, die Entwicklung gehe "weg von ,Minutenbetreuung', hin zu ganzheitlicher Betreuung".
Doch noch ist es nicht soweit. ... Einen Gesetzentwurf werde sie bis zur Bundestagswahl Ende September jedoch nicht mehr einbringen, erklärte Schmidt. ... Teurer als bisher wird die Pflege auf alle Fälle. >>

Quelle und mehr:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland ... tenpflege/
Siehe auch: http://nachrichten.rp-online.de/article ... anke/27953

„Runder Tisch Palliativmedizin" plant Charta

In der vergangenen Woche wurde - wie angekündigt - ein „Runder Tisch Palliativmedizin" gegründet. Und zwar gemeinsam von der Bundesärztekammer (BÄK), der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und dem Deutschen Hospiz- und Palliativerband (DHPV) gegründet. Geplant ist eine nationale „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen". Diese soll, wie der Hauptgeschäftsführer der BÄK, Christoph Fuchs, bei der Auftaktveranstaltung am Dienstag sagte, vor allem eins: „ ...ein wirksamer Gegenpol zu den Angeboten für einen assistierten Suizid werden".
Quelle: http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=35211

Richtlinie zur ambulanten Palliativversorgung wird immer noch nicht umgesetzt

Michael Kauch (FDP): Mangelnde Umsetzung der gesetzlichen Palliativrichtlinie wird zum Ärgernis. Quelle Pressemitteilung vom 21.1.:
http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_ ... is-/i.html

Quelle: Mitteilung vom 1.2.2009
http://www.patientenverfuegung.de.

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Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus?

Beitrag von Presse » 02.02.2009, 18:31

DBfK-Online-Umfrage:
Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus?

Erste Zwischenergebnisse aus dem Bereich Krankenhausversorgung – Arbeitssituation und Rahmenbedingungen der Pflegenden erschreckend

Die katastrophale Lage in den Einrichtungen des Gesundheitswesens spiegelt eine aktuelle Meinungsumfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe e.V. (DBfK) wider. „Die Lage ist dramatisch, sowohl für die Beschäftigten in den Pflegeberufen als auch für die Patienten“, sagt Johanna Knüppel, Referentin im DBfK Bundesverband.

Im Zwischenergebnis berichten die 2000 Teilnehmer aus dem Bereich Krankenhaus:

- 32,3% erwägen die Berufsaufgabe und den Wechsel in eine andere Tätigkeit mehrfach wöchentlich bis täglich.

- 42,5% würden die eigenen Angehörigen, Freunde oder Bekannte nicht im eigenen Arbeitsbereich versorgen lassen

- 71,7% sehen die Attraktivität des Pflegeberufes für junge Generationen in den kommenden 10 Jahren drastisch verschlechtert.

82,5% sind der Meinung, dass die Personalausstattung im eigenen Arbeitsbereich nicht ausreichend ist. „Wir wissen von unseren Mitgliedern über die zum Teil haarsträubenden Arbeitsbedingungen“, so Johanna Knüppel. Im Mittel versorgt eine Pflegende 12 Patientinnen verantwortlich pro Schicht und leistet 6 Aufnahmen / Entlassungen (je nach Schichtform und Arbeitsbereich streut der Wert entsprechend). Im vergangenen Jahr sind die Teilnehmer im Mittel 6mal zur Arbeit gegangen, obwohl sie mit Rücksicht auf die eigenen Gesundheit hätten zuhause bleiben sollen.

Über zwei Drittel der Teilnehmer (66,8%) sind mehrfach wöchentlich bis täglich mit widersprüchlichen Arbeitsanweisungen konfrontiert, erhalten wichtige Informationen unzureichend oder zu spät und mehr als die Hälfte der Teilnehmer haben fast nie eine geregelte und vollständige Pause. Dies führt im Ergebnis dazu, dass 69,2% der Meinung sind, dass sich die Pflegequalität im vergangenen Jahr verschlechtert hat.

„Diese Befunde unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung der Personalsituation im Krankenhausbereich“, so Gudrun Gille, Präsidentin des Berufsverbands. Die in der Gesetzgebung derzeit geplante (teilfinanzierte) Schaffung von zusätzlichen 17.000 Stellen könne nur ein erster Schritt zur Bewältigung der Krise sein.

Der DBfK führt im Auftrag der Agnes-Karll-Gesellschaft für Gesundheitsbildung und Pflegeforschung mbH eine Meinungsumfrage zu Personalausstattung, behindernden Faktoren in der täglichen Arbeitssituation und Zukunft der Pflegeberufe durch. Die Teilnahme erfolgt anonym und nur über das Internet auf der Homepage des DBfK http://www.dbfk.de. Die Meinungsumfrage schließt zum 28. Februar. Eine vollständige Analyse aller drei Versorgungsbereiche Krankenhaus, stationäre und ambulante Pflege erscheint im April 2009.

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V.
Salzufer 6, 10587 Berlin
Tel.: 030-2191570
Fax: 030-21915777
dbfk@dbfk.de
http://www.dbfk.de

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die berufliche Interessenvertretung der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Der DBfK ist deutsches Mitglied im International Council of Nurses (ICN) und Gründungsmitglied des Deutschen Pflegerates (DPR). Mehr Informationen über den Verband und seine internationalen und nationalen Netzwerke können Sie auf der Homepage http://www.dbfk.de nachlesen. Falls Sie Interviewwünsche haben oder noch mehr Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte per E-Mail an presse@dbfk.de oder rufen Sie uns unter 030-219157-0 an.

Quelle: Pressemitteilung - übersandt am 2.2.2009
DBfK-Bundesverband e. V.
Susanne Adjei
Sozialmanagerin
Tel.: +49 30 21 9157- 0
Fax: +49 30 21 9157-77
Salzufer 6
10587 Berlin
http://www.dbfk.de

Rob Hüser
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Registriert: 13.11.2005, 16:47

Pflege wirklich notleidend

Beitrag von Rob Hüser » 03.02.2009, 07:15

Presse hat geschrieben: ... Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe, der die Umfrage initiiert hat, sprach von „katastrophalen Ergebnissen“ und der Bestätigung von „zum Teil haarsträubenden Arbeitsbedingungen“. Die Lage sei „sehr viel dramatischer als in der Bevölkerung bekannt“, sagte Verbandsreferentin Johanna Knüppel der Zeitung...
Kenner der Szene wurden von dem Untersuchungsergebnis des DBfK nicht überrascht. Die Verhältnisse in der Pflege sind in der Tat schlimmer, als gemeinhin angenommen. Mitteilungen über solche Situationen werden auch systematisch unterdrückt. Leitende Krankenpflegekräfte geben nach außen nicht zu, was wirklich los ist. Sie fürchten, wegen Versagen in ein schlechtes Licht zu geraten. Im Übrigen geht es immer um den vorauseilenden Gehorsam. Es geht hier auch um Marketing. Welches Krankenhaus will zugeben, dass die eigene Pflege notleidend ist ?
Daher muss die Kritik "von außen" in die Gesellschaft und an die politisch Verantwortlichen heran getragen werden. Das ist bitter nötig! Die Lage ist wirklich nicht gut!

Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

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