Dokumentationspflicht der Ärzte - Diagnosen eintragen?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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roland666
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Dokumentationspflicht der Ärzte - Diagnosen eintragen?

Beitrag von roland666 » 19.02.2008, 16:59

Dokumentationspflicht der Ärzte - Diagnosen eintragen?

Hallo,

ich hab mal über die Suchfunktion versucht, ein Topic zu finden, wo sich mein Problem erklärt, habe aber nichts gefunden. Ich schildere es hier und hoffe, dass einer eine Antwort über mein Problem findet:

Zu mir: Ich bin Stationsleitung einer interdisziplinären Privat-Station und kämpfe tagtäglich mit den Assitenzärzten über banale Dinge. Da wir keinen Stationsarzt haben (bzw. noch nicht) setzt sich der Tagesablauf aus teilweise 4 unterschiedlichen Visiten zusammen. Jeder Arzt versucht dabei, seine routinierte Arbeitsweise auf meiner Station einzubringen. Es versteht sich von selbst, dass wir dem nicht nachkommen können.

Nun zum rechtlichen Problem:

Problemstellung einfach: Der chirurgische Arzt möchte, weil es im ganzen Haus so üblich ist, dass die Pflegekräfte die Hauptdiagnose auf das wichtigste Blatt (sogen. Fieberkurve) einträgt.

Problemstellung etwas erweitert: Die Pflegekräfte sollen, wenn der Patient aus der Aufnahme kommt, die Diagnose (z.b. Radiusfraktur re.) in die Fieberkurve von dem Aufnahmebogen übertragen. Ich bedenke dabei, dass wenn eine Operation ansteht, und man sich auf die Fieberkurve verlässt und genau diese von der Pflegekraft evtl. flasch übertragene Diagnose als Operationsdiagnose nimmt, dass dann die Pflegekraft in Haftung genommen werden kann. Als Stationsleitung bin ich für das Personal zuständig und habe dieses Übertragen verboten.

Argument einer chirurgischen Stationsleitung ist gewesen: 1. Ich verlange schon von den Pflegekräften, dass die Lesen und Schreiben können, 2. Genau dieses Verfahren wird täglich bei den Medikamenten ausgeübt, Arzt ordnet auf dem Verordnungsbogen an, Pflege überträgt es auf die Fieberkurve.

Nun war ich heute bei der Pflegedienstleitung und bat um Rat: Der hatte den Kopf voll mit Personalmangel...

Wer kann mir sagen, wo ich rechtliche Grundlagen finden kann ?

Vielen Dank fürs Lesen...

Roland Schröder

Herbert Kunst
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Diagnosen eintragen - PDL ggf. einschalten

Beitrag von Herbert Kunst » 19.02.2008, 17:23

Hallo Roland,
es wäre natürlich prima, wenn jede Berufsgruppe immer ihre eigenen Aufzeichnungen machen würde. Wenn es allerdings von den Vorgesetzten, letztlich vom Arbeitgeber, so gewollt ist, dann können / müssen wohl auch Pflegekräfte auf Zuruf bestimmte Schreibarbeiten vornehmen. Es sei denn, es handelt sich um die Delegation von ärztlichen Verrichtungen, dann muss man auf Nummer sicher gehen und die Beweislage bedenken. Also, der Arzt wird selbst die Delegationsanordnung aufschreiben, zumindest zeichnen:
viewtopic.php?t=5010&highlight=delegation
Wenn es aber nur darum gehen sollte, eine bestimmte Diagnose irgendwohin zu schreiben, dann sehe ich hier zunächst keine rechtlichen Bedenken. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die Diagnoseangaben mit Datum und Hinweis auf den jeweiligen Arzt gemacht werden. Rechtliche Regeln gibt es insoweit nicht. Wenn Bedenken bestehen, sollte man das Thema (schriftlich) der Pflegedienstleitung vortragen und Verfahrenshinweise erbitten. Dann liegt der "schwarze Peter" dort.
Eine Eintragung steht im Übrigen nie auf Dauer für sich allein. Weiteres Mitdenken ist ständig angesagt.
Reicht das?
Gruß
Herbert Kunst
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PflegeCologne
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Haftung ausschließen - Vorgesetzte einbinden!

Beitrag von PflegeCologne » 19.02.2008, 19:01

Hallo Roland,
wo werden denn konkret die Haftungsprobleme gesehen? Wenn es, wie Herbert vorgeschlagen hat, klare Verhaltensregeln der PDL gibt, ist sowieso kein Haftungsproblem gegeben.
MfG
PflegeCologne
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Probleme müssen in der Führungsetage diskutiert werden

Beitrag von Bettina Olbing » 21.02.2008, 07:53

Guten Morgen Roland,
ich denke, dass Problem muss in der Führungsetage diskutiert und entschieden werden. Soweit es um die Belange der Pflege geht, muss sich die PDL engagiert zeigen. Wenn aber von da nichts kommt (was mich nicht verwundern könnte), wird es immer wieder Probleme geben.
Also ran an die PDL!
MfG
Bettina

roland666
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Beitrag von roland666 » 25.02.2008, 12:20

Also ersteinmal vielen Dank für die Antworten.

Generell sei gesagt, daß ich 1. eine rechtliche Grundlage benötige, um das Pflegepersonal abzusichern und 2. die Arbeitsmoral der Ärzte nicht unterstützen möchte. Wie Herbert schon sagte: jeder sollte seine eigene Doku verrichten. Ich habe den Eindruck, dass die Ärzte versuchen, viele Verrichtungen zu delegieren. Wenn ich aber sehe, dass viele Ärzte sich über die anfallende und kaum zu schaffende Arbeit beschweren, im Gegenzug aber gerne viele Pausen einlegen, dann geht mir der Hut hoch. Wenn dann auch noch der Arzt sich beschwert, dass wir die das Eintragen der Diagnose verweigern, dann muss ich schauen, wie ich das Problem lösen kann. Meine Idee war es nun, dass es irgendwo in einem Gesetz oder ähnliches festgelegt ist, ob eine Pflegekraft eine Diagnose eintragen darf, oder nicht.

Eine Kollegin sagte mir: Wenn es im Hause Standard ist, dann muss ich das machen. Jaja, was im Hause so in den letzten Jahren alles Standard geworden ist... für mich noch lange kein Grund, dies auch so zu übernehmen.

Leider habe ich bisher keinen Stationsleitungskurs absolviert, in dem Rechtsgrundlagen vermittelt werden. Mein menschlicher Verstand sagt mir aber: Trage keine Diagnosen ein, weil ich Pflegekraft bin und keine Diagnosen erstelle/übertrage. Ich frage mich tatsächlich, was bei einer Klage gegen das Haus passiert, wenn Behandlungsfehler aufgrund einer falsch eingetragenen Diagnose passieren wird... Die erste Frage wird lauten: wer hat die falsche Diagnose eingetragen ? (A: Pflegekraft) Wenn dann aber auch noch gefragt wird, warum die Pflegekraft die Diagnose einträgt, wird wohl kein Arzt sagen: Das machen wir immer so...

Verrenne ich mich da nun in etwas, oder sehe ich das zu kleinkarriert ?

Ich werde auf jeden Fall die PDL in Beschlag nehmen...

LG
Roland

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§ 10 Berufsordnung der Ärzte - Dokumentationspflicht

Beitrag von Herbert Kunst » 25.02.2008, 12:32

Hallo Roland,

das Problem kann rechtlich korrekt nur gelöst werden, indem der Arbeitgeber bzw. die Führungskräfte Weisungen erteilen, so oder so. Im Zweifel muss also die Führungsebene beteiligt werden und "Farbe bekennen". - Natürlich dürfen nur Ärzte Diagnose stellen. Auch das Eintragen kann grundsätzlich als ärztliche Aufgabe definiert werden.
Du suchst eine entsprechende Grundlage, dass die Pflege aus der Delegation bezüglich der Schreibarbeit für die Ärzte rauskommt. Ich nenne Dir einfach einmal die (Muste)Berufsordnung der Ärzte. Dort ist ausgeführt, dass der Arzt über sein Wirken eine DOkumentation zu fertigen hat (er selbst eigentlich). Damit könnte man im Zweifel argumentieren. Hilft das?

Gruß
Herbert Kunst

§ 10 Muster-Berufsordnung:

Dokumentationspflicht

(1) Ärztinnen und Ärzte haben über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststel-lungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen, sie dienen auch dem Interesse der Patientin-nen und Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.
(2) Ärztinnen und Ärzte haben den Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen grundsätzlich in die sie betreffenden Krankenunterlagen Einsicht zu gewähren; ausge-nommen sind diejenigen Teile, die subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen von Ärztinnen und Ärzten enthalten. Auf Verlangen sind Patientinnen und Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.
(3) Ärztliche Aufzeichnungen sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht.
(4) Nach Aufgabe der Praxis haben Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde gemäß Absatz 3 aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden.
(5) Ärztinnen und Ärzte können ihre Patientenunterlagen bei Aufgabe oder Übergabe der Praxis grundsätzlich nur mit schriftlicher Einwilligungserklärung der betroffenen Pa-tientinnen und Patienten an die Praxisnachfolgerin oder den Praxisnachfolger überge-ben. Soweit eine Einwilligung der Patientin oder des Patienten nach entsprechenden Bemühungen nicht zu erlangen ist, hat die bisherige Praxisinhaberin oder der bisherige Praxisinhaber die Unterlagen gemäß Absatz 3 aufzubewahren.
(6) Ist eine Aufbewahrung bei der bisherigen Praxisinhaberin oder dem bisherigen Praxisinhaber nicht möglich, ist die Übergabe an die Praxisnachfolgerin oder den Praxis-nachfolger nur statthaft, wenn diese die Unterlagen getrennt von eigenen Unterlagen unter Verschluss halten. Die Unterlagen dürfen nur mit Einwilligung der Patientinnen und Patienten eingesehen und weitergegeben werden.
(7) Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.

Quelle: http://209.85.135.104/search?q=cache:0o ... cd=1&gl=de
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Beitrag von roland666 » 25.02.2008, 14:23

TOPP !

Jetzt habe ich eine vernünftige Quelle, mit der ich bei der PDL anklopfen kann.

Vielen Dank ! Ich werde berichten, wie es ausgegangen ist...

Gruß
Roland

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Aufzeichnen müssen / sollen Ärzte möglichst selbst

Beitrag von Herbert Kunst » 25.02.2008, 16:32

Hallo,
bitte noch Beitrag unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... fgaben.htm
auswerten.
Gruß
Herbert Kunst
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