Entscheidung des Generalstaatsanwaltes in Nürnberg:
Richter machen sich strafbar, wenn sie Patientenverfügungen missachten
Um Haaresbreite entkam ein Straubinger Vormundschaftsrichter einer Bestrafung wegen Körperverletzung im Amt, weil er eine Patientenverfügung missachtet hatte. Das Verfahren wurde nur deshalb eingestellt, weil es zu der richterlich angeordneten Amputation eines Beines nicht mehr kam, da sich die Ärzte geweigert hatten, den Eingriff durchzuführen. So konnte die Patientin an ihrer Krankheit versterben, wie sie es in ihrer Patientenverfügung gewünscht hatte. (Aktenzeichen 4 BerL 144/07 - Generalstaatsanwalt Nürnberg, Verfügung vom 15.01.2008).
Die Entscheidung bestätigt, dass die Rechtslage zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen klar ist. Mit einer Patientenverfügung kann man rechtsverbindlich Behandlungen untersagen, unabhängig von Art, Schwere und Stadium der Erkrankung (keine sog. „Reichweitenbegrenzung“).
Der Fall:
Maria M., 82, wohnhaft in einem Straubinger Altenheim, sollte bei schwerer Zuckerkrankheit im Juni 2007 im Straubinger Klinikum St. Elisabeth der rechte Unterschenkel amputiert werden. Das verweigerte sie. Bei ihrem ebenso zuckerkranken Vater hatte es acht Amputationen gegeben, bis er sterben konnte. Maria M. blickte auf ein erfülltes Leben zurück und wollte in Frieden sterben. Die Ärzte klärten sie auf, dass sie als Folge des fortschreitenden Krankheitsbildes (Schwarz-Werden des Beines) sterben würde. Sie würde aber bei guter palliativer ärztlicher Versorgung nicht leiden. Sie dokumentierten den Patientenwillen, und Maria M. kam „unversehrt“ zurück ins Heim. Dort setzte man sich nun am runden Tisch zusammen, Vertreter des Heimes, der Hausarzt, der Enkel als rechtlicher Vertreter und die geistig vollkommen klare Maria M.. Nach erneuter Aufklärung legte sie nun schriftlich nieder, dass sie nicht amputiert werden wollte. Sie wollte an ihrer Krankheit sterben.
Im Sinne der Rechtsprechung war sie also weder „irreversibel“ noch „tödlich“ erkrankt. Ihre Patientenverfügung war dennoch verbindlich, wie jetzt der Nürnberger Generalstaatsanwalt feststellt.
Als Frau M. schon im Sterben lag, erfolgte durch eine ärztliche Urlaubsvertreterin eine Anzeige beim Vormundschaftsgericht Straubing. Daraufhin entschied der beschuldigte Vormundschaftsrichter, dass der Enkel von Maria M. als Vorsorgebevollmächtigter den Interessen der Frau zuwider handeln würde, weil er die Amputation verhindern wollte.
Der Richter setzte sofort einen rechtlichen Betreuer ein, der wiederum sofort die Amputation zur Lebensrettung von Maria M. anordnete. Dazu kam es nicht mehr. Die Ärzte im Klinikum St. Elisabeth in Straubing kannten den Willen von Frau M.. Diese war auch schon gar nicht mehr operationsfähig und verstarb am nächsten Tag.
Der Vormundschaftsrichter zeigte den Enkel wegen Körperverletzung und fahrlässiger Tötung an. Nun wäre der Richter um ein Haar schwer bestraft worden. Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren kann die Körperverletzung im Amt geahndet werden, § 340 StGB. Rechtsbeugung ist sogar ein Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr, § 339 StGB. In beiden Fällen ist allein der Versuch strafbar. Für den „Versuch“ fehlte es aber am Beginn der Vorbereitungen zur Operation. Die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung waren aber verbindlich. So schreibt der Generalstaatsanwalt: „Auch das Vormundschaftsgericht darf sich nicht darüber hinwegsetzen.“
Sodann folgen sehr beachtliche „grundsätzliche Ausführungen“ des Generalstaatsanwalts. Wörtlich heißt es: „Bei der Frage, ob bei einem Kranken eine Operation oder ein sonstiger ärztlicher Eingriff vorzunehmen ist, muss in erster Linie sein Selbstbestimmungsrecht beachtet werden. Jeder Mensch kann selbst bestimmen, ob, wie lange und in welcher Weise er behandelt werden soll. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gilt auch dann, wenn es darauf gerichtet ist, eine aus medizinischen Gründen dringend erforderliche Behandlung zu verweigern oder lebensverlängernde Maßnahmen abzubrechen. Bei einer Missachtung des Selbstbestimmungsrechts eines Kranken kommt eine strafbare Körperverletzung in Betracht, wenn ein ärztlicher Eingriff vorgenommen oder auf andere Weise, z. B. durch Verabreichung von Medikamenten, in den Körper eingegriffen wird.“
Sodann erklärt der Generalstaatsanwalt, dass all dies genauso gilt, wenn der Patient aktuell nicht mehr entscheidungsfähig ist. Dann ist nämlich der hypothetische Wille auf Basis einer Patientenverfügung oder der Wertewelt des Patienten zu ermitteln. Hierbei beruft sich der Generalstaatsanwalt auf die klare Rechtslage seit einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1994 („Kemptener Entscheidung“). Wörtlich führt er aus: „Es ist Aufgabe des Vormundschaftsrichters, diesen hypothetischen Willen zu ergründen und festzustellen. Er darf sich dazu nicht in Widerspruch stellen. "
Der Bescheid stellt klar, dass Vormundschaftsrichter mit einem Fuß im Gefängnis stehen, wenn sie den Patientenwillen nicht respektieren. Besonders bedeutsam ist, dass es sich hier um einen Fall handelt, bei dem die Patientin weder tödlich noch unheilbar erkrankt war. Sie hätte noch Jahre leben können - allerdings mit immer neuen Amputationen!
Den Originaltext der Entscheidung können Sie auf telefonische Anforderung (089 / 65 20 07) per Fax erhalten.
Mitgeteilt von
Medizinrechtliche Sozietät
Putz & Steldinger - München
Quelle: Pressemitteilung vom 23.1.2008
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PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/ 65 20 07
Fax: 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de/
Missachtung von Patientenverfügungen - Strafbarkeit !
Moderator: WernerSchell
Patientenverfügung ist verbindlich
Patientenverfügung ist verbindlich
NÜRNBERG. (hpd) Ein neuer Fall belegt die Gültigkeit des Patientenwillens. Nach einer Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg vom 15. Januar d.J. besteht kein strafrechtliches Risiko bei Beachtung einer Patientenverfügung! Demzufolge machen sich auch Richter strafbar, wenn sie Patientenverfügungen missachten.
...(weiter lesen unter)
http://hpd-online.de/node/3709
NÜRNBERG. (hpd) Ein neuer Fall belegt die Gültigkeit des Patientenwillens. Nach einer Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg vom 15. Januar d.J. besteht kein strafrechtliches Risiko bei Beachtung einer Patientenverfügung! Demzufolge machen sich auch Richter strafbar, wenn sie Patientenverfügungen missachten.
...(weiter lesen unter)
http://hpd-online.de/node/3709
Patientenverfügung ist verbindlich – Nachlese
Pressemitteilung vom 4.2.2008 des Humanistischen Pressedienstes:
http://hpd-online.de/node/3755
Patientenverfügung ist verbindlich – Nachlese
NÜRNBERG. (hpd) Palliation im Krankenhaus, Amputation und „Reichweitenbegrenzung"? Auf unseren Beitrag vom 28. Januar erhielten wir eine Stellungnahme des Direktors des Amtsgerichts Straubing, Horst Böhm. Auf diese Einlassung antwortet die medizinrechtliche Sozietät ebenso grundsätzlich. Beide Positionen sind im folgenden dokumentiert.
Mitteilung des Amtsgerichts Straubing aufgrund Anfrage der Presse am 24.1.2008
„Die dem Amtsgericht Straubing von der Presse zur Verfügung gestellte Einstellungsverfügung des Generalstaatsanwalts darf im Interesse betreuungsbedürftiger Menschen nicht unwidersprochen bleiben. Wesentliche Sachverhalte sind bisher leider nicht zur Sprache gekommen.
Der zuständige Richter hat gerade auch im Hinblick auf die besondere Dringlichkeit des Falles umfassende Ermittlungen in kürzester Zeit durchgeführt, um den besonderen Umständen gerecht zu werden. Dabei hat er festgestellt, dass die Betroffene unter massiven Schmerzen gelitten hat, die außerhalb eines Krankenhauses nicht behandelt werden konnten. Dies konnte er bei einem Besuch vor Ort selbst miterleben. Darüber hinaus haben dies der Pflegedienst, eine behandelnde Ärztin, ein Berufsbetreuer und ein renommierter Sachverständiger, der seit Jahren bei verschiedenen Gerichten psychiatrische Gutachten erstattet, festgestellt. In einer derartigen Situation darf eine hilflose Person, die selbst nicht mehr entscheiden kann, nicht einem Bevollmächtigten überlassen bleiben, der in Kenntnis dieser Umstände eine Verbringung der schmerzleidenden Patientin in ein Krankenhaus verweigert. Für derartige schwierige Entscheidungen ist der Betreuungsrichter berufen und er weiß wie er zu entscheiden hat.
Eine schriftliche ‚Patientenverfügung' lag dem Gericht zu keinem Zeitpunkt vor. Bezüglich der Bevollmächtigung (Vorsorgevollmacht) hat der Sachverständige zudem ausgeführt, dass begründete Zweifel bestehen, ob die Patientin damals diese Vollmacht noch wirksam erteilen konnte.
Ein weiterer maßgeblicher Umstand wird bei den Vorwürfen in der Einstellungsverfügung leider ebenfalls nicht gewürdigt. Der Richter hat eine Amputation weder angeordnet noch genehmigt. Auch der vom Gericht eingesetzte Betreuer als gesetzlicher Vertreter hat nur die von zwei Ärzten im Hinblick auf die Schmerzbehandlung für dringend notwendig erachtete Krankenhausbehandlung veranlasst.
Schlussendlich wird unter den Experten des Betreuungsrechts seit langem die Reichweite einer ‚Patientenverfügung' diskutiert. Jeder Mensch bestimmt selbstverständlich ob und wie er behandelt wird. Jeder Mensch kann aber auch seine Ansicht ändern und er wird dies vielleicht tun, wenn sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Es ist nicht einzusehen, dass man einem einwilligungsunfähigen Menschen dies versagt, so dass sich die einmal versagte Einwilligung praktisch wie ein unabänderliches Todesurteil auswirkt.
Die Betreuungsrichter werden daher auch in Zukunft nicht wegschauen, wenn hilflose Menschen Schmerzen erleiden und Ihnen die dringend notwendige Schmerzlinderung versagt wird. Wohl, Wille, Wunsch der Betreuten werden auch weiterhin der richtige Maßstab für die Betreuungsrichter sein."
Einstellungsverfahren korrekt
Die medizinrechtliche Sozietät in München arbeitete daraufhin alle vorliegenden Ermittlungsakten bis ins Detail auf und diagnostizierte die Korrektheit der Einstellungsverfügung durch den Generalstaatsanwalt in Nürnberg.
Die Stellungnahme (PDF im Anhang) fügt dieser Aktenanalyse eine umfassende Würdigung des Falles bei.
„Wir werden diesen Fall künftig als idealen Lernfall für Fortbildungen aller Arten benutzen und stellen die anliegende Darstellung auch Ihnen und allen, die den Fal zu Schulungen verwenden wollen, gerne zur Verfügung. Der Fall enthält alle Probleme und Facetten des Themas der letzten zehn Jahre und hätte bei Informiertheit aller Beteiligten so problemlos ablaufen können. Leider bekamen wir das Mandat ja erst nach dem Ableben der Patientin", so Wolfgang Putz, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der LMU München.
http://hpd-online.de/node/3755
Patientenverfügung ist verbindlich – Nachlese
NÜRNBERG. (hpd) Palliation im Krankenhaus, Amputation und „Reichweitenbegrenzung"? Auf unseren Beitrag vom 28. Januar erhielten wir eine Stellungnahme des Direktors des Amtsgerichts Straubing, Horst Böhm. Auf diese Einlassung antwortet die medizinrechtliche Sozietät ebenso grundsätzlich. Beide Positionen sind im folgenden dokumentiert.
Mitteilung des Amtsgerichts Straubing aufgrund Anfrage der Presse am 24.1.2008
„Die dem Amtsgericht Straubing von der Presse zur Verfügung gestellte Einstellungsverfügung des Generalstaatsanwalts darf im Interesse betreuungsbedürftiger Menschen nicht unwidersprochen bleiben. Wesentliche Sachverhalte sind bisher leider nicht zur Sprache gekommen.
Der zuständige Richter hat gerade auch im Hinblick auf die besondere Dringlichkeit des Falles umfassende Ermittlungen in kürzester Zeit durchgeführt, um den besonderen Umständen gerecht zu werden. Dabei hat er festgestellt, dass die Betroffene unter massiven Schmerzen gelitten hat, die außerhalb eines Krankenhauses nicht behandelt werden konnten. Dies konnte er bei einem Besuch vor Ort selbst miterleben. Darüber hinaus haben dies der Pflegedienst, eine behandelnde Ärztin, ein Berufsbetreuer und ein renommierter Sachverständiger, der seit Jahren bei verschiedenen Gerichten psychiatrische Gutachten erstattet, festgestellt. In einer derartigen Situation darf eine hilflose Person, die selbst nicht mehr entscheiden kann, nicht einem Bevollmächtigten überlassen bleiben, der in Kenntnis dieser Umstände eine Verbringung der schmerzleidenden Patientin in ein Krankenhaus verweigert. Für derartige schwierige Entscheidungen ist der Betreuungsrichter berufen und er weiß wie er zu entscheiden hat.
Eine schriftliche ‚Patientenverfügung' lag dem Gericht zu keinem Zeitpunkt vor. Bezüglich der Bevollmächtigung (Vorsorgevollmacht) hat der Sachverständige zudem ausgeführt, dass begründete Zweifel bestehen, ob die Patientin damals diese Vollmacht noch wirksam erteilen konnte.
Ein weiterer maßgeblicher Umstand wird bei den Vorwürfen in der Einstellungsverfügung leider ebenfalls nicht gewürdigt. Der Richter hat eine Amputation weder angeordnet noch genehmigt. Auch der vom Gericht eingesetzte Betreuer als gesetzlicher Vertreter hat nur die von zwei Ärzten im Hinblick auf die Schmerzbehandlung für dringend notwendig erachtete Krankenhausbehandlung veranlasst.
Schlussendlich wird unter den Experten des Betreuungsrechts seit langem die Reichweite einer ‚Patientenverfügung' diskutiert. Jeder Mensch bestimmt selbstverständlich ob und wie er behandelt wird. Jeder Mensch kann aber auch seine Ansicht ändern und er wird dies vielleicht tun, wenn sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Es ist nicht einzusehen, dass man einem einwilligungsunfähigen Menschen dies versagt, so dass sich die einmal versagte Einwilligung praktisch wie ein unabänderliches Todesurteil auswirkt.
Die Betreuungsrichter werden daher auch in Zukunft nicht wegschauen, wenn hilflose Menschen Schmerzen erleiden und Ihnen die dringend notwendige Schmerzlinderung versagt wird. Wohl, Wille, Wunsch der Betreuten werden auch weiterhin der richtige Maßstab für die Betreuungsrichter sein."
Einstellungsverfahren korrekt
Die medizinrechtliche Sozietät in München arbeitete daraufhin alle vorliegenden Ermittlungsakten bis ins Detail auf und diagnostizierte die Korrektheit der Einstellungsverfügung durch den Generalstaatsanwalt in Nürnberg.
Die Stellungnahme (PDF im Anhang) fügt dieser Aktenanalyse eine umfassende Würdigung des Falles bei.
„Wir werden diesen Fall künftig als idealen Lernfall für Fortbildungen aller Arten benutzen und stellen die anliegende Darstellung auch Ihnen und allen, die den Fal zu Schulungen verwenden wollen, gerne zur Verfügung. Der Fall enthält alle Probleme und Facetten des Themas der letzten zehn Jahre und hätte bei Informiertheit aller Beteiligten so problemlos ablaufen können. Leider bekamen wir das Mandat ja erst nach dem Ableben der Patientin", so Wolfgang Putz, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der LMU München.
Die Nichtbeachtung des mutmaßlichen Willen des Patienten ist eine Körperverletzung - BVerfG 2 BvR 1451/01
„Straubinger Fall“ - Erklärung Sozietät Putz&Steldinger
Presseerklärung der Medizinrechtlichen Sozietät Putz&Steldinger
zum „Straubinger Fall“
Enkel verhinderte gegen den Druck eines Vormundschaftsrichters eine Zwangsamputation bei seiner Großmutter, weil sie diese in ihrer Patientenverfügung verboten hatte. Der Vormundschaftsrichter zeigte ihn an. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg gibt dem Enkel Recht. Der Generalstaatsanwalt ermittelte gegen den Vormundschaftsrichter: Wäre es zur Amputation gekommen, hätte hingegen der Vormundschaftsrichter mit einer Anklage wegen Körperverletzung im Amt rechnen müssen.
Die jüngste „Pressearbeit“ eines Straubinger Vormundschaftsrichters („Richter will ohne Makel in Pension - Beschwerde im Landtag erwogen - falscher Sachverhalt zugrunde gelegt“) gibt Anlass, zum Gegenstand und Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen wie folgt Stellung zu nehmen:
Der Richter wehrt sich weiter gegen eine Einstellung eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens wegen des Verdachts der versuchten Körperverletzung im Amt. Er behauptet, er wollte lediglich eine angemessene Schmerztherapie erreichen. Daher hätte schon ein Anfangsverdacht verneint werden müssen. Dem steht die Darstellung des Enkels und Betreuers entgegen: danach verlangte der Richter ultimativ die Zustimmung zur Amputation und entzog angesichts der Weigerung des Enkels, der sich auf die entgegenstehende Patientenverfügung der Großmutter berief, diesem die Betreuung.
Richtig ist, dass die Einlieferung in die Klinik vom neuen Betreuer entschieden wurde. Aus den Akten ergibt sich weiter, dass der Richter in vollem Einvernehmen mit der Hausärztin war, die eine Amputation erreichen wollte. Bei Einlieferung in die Klinik befand sich die Betroffene jedoch schon im Sterbeprozess, so dass eine Amputation unterblieb.
Nach dem Tod der Betroffenen erstattete der Straubinger Vormundschaftsrichter Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Tötung durch Unterlassen. In der Sterbefallanzeige vermerkt die Kriminalpolizei demgemäß als Tatverdacht, dass möglicherweise absichtlich die Klinikeinweisung vereitelt wurde, um den Tod herbeizuführen. Daher wurde die Leiche beschlagnahmt und zur Klärung der Todesursache obduziert.
Erst auf die Strafanzeige der Rechtsanwälte Putz&Steldinger gegen den Strafrichter wurde nun gegen diesen wegen versuchter Körperverletzung im Amt ermittelt.
Ein Vormundschaftsrichter ist verpflichtet zu ermitteln, ob der Patientenwille eine Amputation rechtfertigt. Bei einem willensunfähigen Patienten muss er prüfen, ob es einen vorausgeäußerten oder einen mutmaßlichen Willen gibt, der die Amputation rechtfertigt. Die Patientin Maria M. hatte bei vollem Bewusstsein eine Amputation abgelehnt und dann noch eine entsprechende schriftliche Patientenverfügung verfasst. Nach der Darstellung des Enkels wurde weder von der behandelnden Ärztin noch in einer verhörartigen Anhörung durch den Richter eine Schmerzmedikation in der Klinik angestrebt. Vielmehr wirkten sowohl die Ärztin als auch der Richter mit allem Nachdruck und der jeweiligen Autorität ihrer Funktion auf den Enkel ein, er müsse einer Amputation zustimmen, weil die Betroffene nur so von ihrem Leid befreit werden könne. Die gebotene Alternative, die Patientin schmerzfrei sterben zu lassen, wurde vom Richter eben gerade nicht zugelassen. Jeder weiß, dass man Sterbende mit Narkosemitteln und Schmerzmitteln schmerzfrei sterben lassen kann. Hierzu hatte der Enkel auch einer Krankenhausbehandlung zugestimmt.
Die Einlassung der Ärztin in einem standesrechtlichen Verfahren, welche sich in den Strafakten befindet, zeigt, dass die Ärztin nur von einer Amputation ausging. Als der Enkel eine Amputation wegen der Patientenverfügung seiner Oma pflichtgemäß verweigerte, schaltete die Ärztin den Richter ein, um die Amputation herbeizuführen. Es wurde zu keiner Zeit eine wirksame Schmerztherapie ohne Amputation angeboten.
Durch die Nichtermittlung des Patientenwillens und die folgende Entpflichtung des Enkels als Betreuer hat der Richter eine Mitursache gesetzt, die Amputation herbeizuführen. Da es zu dieser nicht mehr kam, wurde nur wegen versuchter Körperverletzung im Amt ermittelt. Da auch die Voraussetzungen für einen Versuch (Beginn der Ausführungshandlung) verneint wurden, wurde das Verfahren vom Generalstaatsanwalt korrekterweise am 15.01.2008 eingestellt. Die Korrektheit wurde vom Justizministerium auf die Beschwerde des Richters bestätigt. Da es schon am Tatbestand der versuchten Körperverletzung im Amt fehlte, kam es auf die Motivation des richterlichen Handelns (Zielrichtung seines Vorsatzes) nicht mehr an.
Richtig ist, dass die Einstellungsverfügung des Generalstaatsanwalts, insbesondere die dortigen grundsätzlichen Ausführungen, in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden und unter Fachleuten auf reges Interesse stoßen. Denn hier wird klargestellt, dass prinzipiell eine ärztliche Behandlung gegen den Patientenwillen (beim Bewusstlosen gegen den mutmaßlichen Willen oder gegen die Patientenverfügung) eine strafbare Körperverletzung ist.
Das Todesermittlungsverfahren Maria M. wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 14.01.2008 (AZ 131 UJs 111901/07) eingestellt. Damit wurde der Enkel voll rehabilitiert.
Wörtlich formuliert der unterzeichnende Oberstaatsanwalt: „Insbesondere begründet die Weigerung des Enkels der Verstorbenen, eine möglicherweise lebensrettende Amputation bei dieser zu veranlassen, keinen strafrechtlichen Vorwurf, da diese, wie wiederholt, so schon anlässlich einer stationären Krankenhausbehandlung im Zeitraum 11. bis 22.06.2007 eine Amputation abgelehnt hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verstorbene insoweit ihre Entscheidung geändert hat, sodass er, jedenfalls aus seiner subjektiven Sicht, durch seine Entscheidung den Willen der verstorbenen vollzogen hat.“ Ferner konnte kein Nachweis geführt werden, dass die Schmerztherapie fehlerhaft war.
Quelle: Pressemitteilung vom 20.06.2008
Medizinrechtliche Sozietät Putz&Steldinger
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PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/ 65 20 07
Fax: 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de/
zum „Straubinger Fall“
Enkel verhinderte gegen den Druck eines Vormundschaftsrichters eine Zwangsamputation bei seiner Großmutter, weil sie diese in ihrer Patientenverfügung verboten hatte. Der Vormundschaftsrichter zeigte ihn an. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg gibt dem Enkel Recht. Der Generalstaatsanwalt ermittelte gegen den Vormundschaftsrichter: Wäre es zur Amputation gekommen, hätte hingegen der Vormundschaftsrichter mit einer Anklage wegen Körperverletzung im Amt rechnen müssen.
Die jüngste „Pressearbeit“ eines Straubinger Vormundschaftsrichters („Richter will ohne Makel in Pension - Beschwerde im Landtag erwogen - falscher Sachverhalt zugrunde gelegt“) gibt Anlass, zum Gegenstand und Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen wie folgt Stellung zu nehmen:
Der Richter wehrt sich weiter gegen eine Einstellung eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens wegen des Verdachts der versuchten Körperverletzung im Amt. Er behauptet, er wollte lediglich eine angemessene Schmerztherapie erreichen. Daher hätte schon ein Anfangsverdacht verneint werden müssen. Dem steht die Darstellung des Enkels und Betreuers entgegen: danach verlangte der Richter ultimativ die Zustimmung zur Amputation und entzog angesichts der Weigerung des Enkels, der sich auf die entgegenstehende Patientenverfügung der Großmutter berief, diesem die Betreuung.
Richtig ist, dass die Einlieferung in die Klinik vom neuen Betreuer entschieden wurde. Aus den Akten ergibt sich weiter, dass der Richter in vollem Einvernehmen mit der Hausärztin war, die eine Amputation erreichen wollte. Bei Einlieferung in die Klinik befand sich die Betroffene jedoch schon im Sterbeprozess, so dass eine Amputation unterblieb.
Nach dem Tod der Betroffenen erstattete der Straubinger Vormundschaftsrichter Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Tötung durch Unterlassen. In der Sterbefallanzeige vermerkt die Kriminalpolizei demgemäß als Tatverdacht, dass möglicherweise absichtlich die Klinikeinweisung vereitelt wurde, um den Tod herbeizuführen. Daher wurde die Leiche beschlagnahmt und zur Klärung der Todesursache obduziert.
Erst auf die Strafanzeige der Rechtsanwälte Putz&Steldinger gegen den Strafrichter wurde nun gegen diesen wegen versuchter Körperverletzung im Amt ermittelt.
Ein Vormundschaftsrichter ist verpflichtet zu ermitteln, ob der Patientenwille eine Amputation rechtfertigt. Bei einem willensunfähigen Patienten muss er prüfen, ob es einen vorausgeäußerten oder einen mutmaßlichen Willen gibt, der die Amputation rechtfertigt. Die Patientin Maria M. hatte bei vollem Bewusstsein eine Amputation abgelehnt und dann noch eine entsprechende schriftliche Patientenverfügung verfasst. Nach der Darstellung des Enkels wurde weder von der behandelnden Ärztin noch in einer verhörartigen Anhörung durch den Richter eine Schmerzmedikation in der Klinik angestrebt. Vielmehr wirkten sowohl die Ärztin als auch der Richter mit allem Nachdruck und der jeweiligen Autorität ihrer Funktion auf den Enkel ein, er müsse einer Amputation zustimmen, weil die Betroffene nur so von ihrem Leid befreit werden könne. Die gebotene Alternative, die Patientin schmerzfrei sterben zu lassen, wurde vom Richter eben gerade nicht zugelassen. Jeder weiß, dass man Sterbende mit Narkosemitteln und Schmerzmitteln schmerzfrei sterben lassen kann. Hierzu hatte der Enkel auch einer Krankenhausbehandlung zugestimmt.
Die Einlassung der Ärztin in einem standesrechtlichen Verfahren, welche sich in den Strafakten befindet, zeigt, dass die Ärztin nur von einer Amputation ausging. Als der Enkel eine Amputation wegen der Patientenverfügung seiner Oma pflichtgemäß verweigerte, schaltete die Ärztin den Richter ein, um die Amputation herbeizuführen. Es wurde zu keiner Zeit eine wirksame Schmerztherapie ohne Amputation angeboten.
Durch die Nichtermittlung des Patientenwillens und die folgende Entpflichtung des Enkels als Betreuer hat der Richter eine Mitursache gesetzt, die Amputation herbeizuführen. Da es zu dieser nicht mehr kam, wurde nur wegen versuchter Körperverletzung im Amt ermittelt. Da auch die Voraussetzungen für einen Versuch (Beginn der Ausführungshandlung) verneint wurden, wurde das Verfahren vom Generalstaatsanwalt korrekterweise am 15.01.2008 eingestellt. Die Korrektheit wurde vom Justizministerium auf die Beschwerde des Richters bestätigt. Da es schon am Tatbestand der versuchten Körperverletzung im Amt fehlte, kam es auf die Motivation des richterlichen Handelns (Zielrichtung seines Vorsatzes) nicht mehr an.
Richtig ist, dass die Einstellungsverfügung des Generalstaatsanwalts, insbesondere die dortigen grundsätzlichen Ausführungen, in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden und unter Fachleuten auf reges Interesse stoßen. Denn hier wird klargestellt, dass prinzipiell eine ärztliche Behandlung gegen den Patientenwillen (beim Bewusstlosen gegen den mutmaßlichen Willen oder gegen die Patientenverfügung) eine strafbare Körperverletzung ist.
Das Todesermittlungsverfahren Maria M. wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 14.01.2008 (AZ 131 UJs 111901/07) eingestellt. Damit wurde der Enkel voll rehabilitiert.
Wörtlich formuliert der unterzeichnende Oberstaatsanwalt: „Insbesondere begründet die Weigerung des Enkels der Verstorbenen, eine möglicherweise lebensrettende Amputation bei dieser zu veranlassen, keinen strafrechtlichen Vorwurf, da diese, wie wiederholt, so schon anlässlich einer stationären Krankenhausbehandlung im Zeitraum 11. bis 22.06.2007 eine Amputation abgelehnt hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verstorbene insoweit ihre Entscheidung geändert hat, sodass er, jedenfalls aus seiner subjektiven Sicht, durch seine Entscheidung den Willen der verstorbenen vollzogen hat.“ Ferner konnte kein Nachweis geführt werden, dass die Schmerztherapie fehlerhaft war.
Quelle: Pressemitteilung vom 20.06.2008
Medizinrechtliche Sozietät Putz&Steldinger
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PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7
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