Neues Bundesgerichtshof-Urteil: Unterhalt vom Gynaekologen fuer Kind nach fehlerhafter Verhuetungsbehandlung
Karlsruhe (ALfA). Nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VI ZR 48/06) vom 14. November 2006 koennen Eltern kuenftig wegen einer ungewollten Schwangerschaft nach einer fehlerhaften Verhuetungsbehandlung vom Gynaekologen Unterhalt fuer ihr Kind verlangen. Dies gilt nicht nur fuer die Mutter und ihren Ehemann, sondern auch fuer ihren nicht verheirateten Partner. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom selben Tag hervor.
Hintergrund der Entscheidung ist der Fall einer 25-jaehrigen Frau, die sich vor vier Jahren ein langwirkendes Verhuetungsmittel oberhalb der Armbeuge einsetzen liess. Weil ihrem Gynaekologen dabei ein Fehler unterlief, wurde sie aber trotzdem schwanger. Die Klaegerin konnte wegen der Schwangerschaft und der Betreuung des Kindes eine ihr zugesagte Arbeitsstelle nicht antreten. Nun muss der Arzt bis zum 18. Lebensjahr des heute dreijaehrigen Jungen Unterhalt in Hoehe von knapp 600 Euro im Monat abzueglich des Kindergelds zahlen.
Die Frau hatte dem Beklagten vorgeworfen, dass ihm beim Einsetzen des Verhuetungsmittels ein Behandlungsfehler unterlaufen sei. Das Oberlandesgericht hatte den Beklagten verurteilt, an die Klaegerin Unterhaltsschadensersatz fuer den zurueck liegenden Zeitraum (Dezember 2002 bis Dezember 2005) und bis zum Eintritt der Volljaehrigkeit des Sohnes monatlich im Voraus in Hoehe von 270 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe der Regelbetragsverordnung abzueglich des jeweiligen gesamten Kindergeldes zu bezahlen. Die dagegen gerichtete Revision des beklagten Arztes hat der unter anderem fuer das Arzthaftungsrecht zustaendige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zurueckgewiesen.
Unter den Umstaenden des vorliegenden Falles sei eine Haftung des Arztes fuer den Unterhaltsschaden der Eltern zu bejahen. Dies ergebe sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur "fehlgeschlagenen" Familienplanung, wie sie das Bundesverfassungsgericht gebilligt hat. Die personenrechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind spreche nicht dagegen, in derartigen Faellen die Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermoegensschaden anzusehen. Im Bereich der Arzthaftung gelte wie in jedem anderen Bereich der Vertragshaftung, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursachte Schaden zu ersetzen ist, heisst es in der Pressemitteilung. Zu ersetzen sei nur das Existenzminimum des Kindes, welches das Oberlandesgericht hier zutreffend berechnet habe.
Weitere Informationen:
BGH-Urteil: Schadensfall Kind
Die perverse Idee, dass der Nachwuchs einen Schaden darstellt, ist nun vom Bundesgerichtshof vertreten worden. Der aerztliche Fehler muss wohl geahndet werden. Aber die Frage ist: Wie soll das Kind jetzt leben?
Kommentar von Konrad Adam
DIE WELT 15.11.06
http://www.welt.de/data/2006/11/15/1110915.html
Arzt haftet fuer Unterhalt bei fehlerhaften Verhuetungsmassnahmen
PRESSEMITTEILUNG Bundesgerichtshof 14.11.06
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... =2&anz=163
Quelle: ALfA-Newsletter 43/06 vom 17.11.2006