Ärztliche Behandlungsfehler: Mehr als die Hälfte aller Vorwürfe sind unberechtigt! Marburger Bund fordert neue "Fehlerkultur"
Wiesbaden (ots) - 400.000 bis 500.000 Patienten sollen in
Deutschland jährlich falsch behandelt werden. So die gewagte
Schätzung vermeintlicher Experten. Doch diese Horrorzahlen sind weit
überzogen. Das Entscheidende: Über die Hälfte aller Vorwürfe sind
unberechtigt. Die entsprechenden Statistiken stellte der größte
Arzthaftpflichtversicherer DBV-Winterthur am 23. April 2006 zusammen mit
dem Marburger Bund auf einer Pressekonferenz am Rande des
Internistenkongresses in Wiesbaden vor.
Beim Marktführer DBV-Winterthur sind 122.000 Ärzte
berufshaftpflichtversichert. Im Jahr 2005 gingen bei der Versicherung
4.583 Meldungen über vermeintliche Behandlungsfehler ein. Von diesen
Vorwürfen waren 47 Prozent berechtigt, 53 Prozent jedoch nachgewiesen
unberechtigt. Dies gilt nicht erst seit 2005: "Obwohl unser Bestand
an Arzthaftpflichtversicherten in den letzten zehn Jahren
kontinuierlich zugenommen hat, blieb die absolute Zahl der jährlichen
Schadenmeldungen in diesem Zeitraum stabil. Ebenso stabil blieb das
Verhältnis von berechtigten zu unberechtigten Vorwürfen: Mehr als die
Hälfte der Vorwürfe waren stets nachgewiesen unberechtigt", erläutert
Patrick Weidinger, Leiter Arzthaftpflicht bei der DBV-Winterthur.
Die Validität der Zahlen wird untermauert durch das moderne und
objektive Schadenmanagement bei der DBV-Winterthur. Bei ihr hat die
außergerichtliche Einigung unbedingte Priorität. Unmittelbar nach
einer Schadenmeldung klären spezialisierte Volljuristen gemeinsam mit
erfahrenen Beratungsärzten eine mögliche Haftungssituation. Ziel ist
eine zeitnahe und zugleich richtige Entscheidung. In deren Folge
werden berechtigte Ansprüche angemessen befriedigt und unberechtigte
mit nachvollziehbarer Begründung zurückgewiesen. 92 Prozent aller
Fälle konnten auf diese Weise außerhalb des Gerichtssaals geklärt
werden.
Bei der Entscheidungsfindung spielen die Gutachter- und
Schlichtungsstellen eine große Rolle. In über einem Drittel aller
Fälle werden diese durch den Patienten angerufen. Ihr Ergebnis wird
meist von allen Beteiligten akzeptiert. Der Anteil der
Schlichtungsverfahren beträgt 34 Prozent. Ein gerichtliches Verfahren
wird nur aufgenommen, wenn es unvermeidbar ist. Dies kann zum
Beispiel der Fall sein, wenn Forderungen der Höhe nach deutlich über
den Vergleichsbeträgen der Rechtsprechung liegen. "Vor diesem
Hintergrund erstaunt es nicht, dass der beklagte Arzt nur selten den
Prozess verliert", resümiert Weidinger, "von den acht Prozent aller
Fälle, in denen es zum Zivilprozess kam, hat der Arzt nur bei sechs
Prozent 'verloren', das sind gerade einmal 0,48 Prozent aller Fälle."
Der Marburger Bund vertritt die Interessen der
Krankenhausärztinnen und -ärzte und kämpft zurzeit für bessere
Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. Für ihn sind ärztliche
Behandlungsfehler immer seltener die Schuld eines einzelnen Arztes
sondern eine Verkettung unglücklicher Umstände. Diese werden bedingt
durch zunehmende Komplexität und Schnittstellen bei der Behandlung
und immer größere Kosteneinsparungen zu Lasten der Weiterbildung.
"Die herkömmliche Herangehensweise mit der Suche nach einem
Schuldigen läuft oft ins Leere", so Dr. med. Matthias Albrecht,
Vorsitzender des Landesverbandes Berlin/Brandenburg und Klinikarzt.
Der Marburger Bund fordert deshalb einen neuen Umgang mit Fehlern.
Viel versprechende Ansätze seien unter anderem anonyme
Fehlermeldesysteme, bei denen Ärzte aus den Fehlern anderer lernen
können, die strukturierte Aufarbeitung von Zwischenfällen im Team
sowie eine echte integrierte Versorgung, die den gesamten Patienten
im Blick behält. Dr. Albrecht: "Fehler können wir nie ganz
ausschließen. Aber wenn wir massiv in diese
Fehlervermeidungsinstrumente investieren und gleichzeitig eine neue
Fehlerkultur schaffen, werden wir Schadenfälle minimieren."
Der größte Arzthaftpflichtversicherer DBV-Winterthur beschränkt
sich beim Qualitätsmanagement nicht nur auf das reine
Schadenmanagement. Das Unternehmen engagiert sich zudem in der
Schadenprophylaxe (z. B. durch Administration bei der
Patientenaufklärung) und bei der Vermeidung von Konflikten im
Arzt-Patientenverhältnis. So hat die DBV-Winterthur mehrfach darauf
hingewiesen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient
durch einen Behandlungsfehler nicht erschüttert sein muss, wenn alle
Beteiligten sachlich mit der Situation umgehen.
In der Medizinerausbildung sind Arzthaftung und rechtliche
Rahmenbedingungen des Arztberufes bisher allerdings noch immer kein
Thema. DBV-Winterthur Gruppe bietet deshalb Ärzten aller Fachgebiete
in Zusammenarbeit mit den führenden Ärzteverbänden kostenlose
zertifizierte Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Thema durch hoch
spezialisierte Medizinjuristen.
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Quelle: Pressemitteilung vom 23.4.2006
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