Auswirkungen der Aufklärungspflichten auf die Krankenhausvergütung

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Gesperrt
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Auswirkungen der Aufklärungspflichten auf die Krankenhausvergütung

Beitrag von WernerSchell » 23.04.2020, 06:20

Bundesozialgericht

Auswirkungen der Aufklärungspflichten auf die Krankenhausvergütung

Patienten sind schon aus Haftungsgründen über Chancen und Risiken einer möglichen Behandlung ordnungsgemäß aufzuklären.

Bild

Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. März 2020 - B 1 KR 20/19 R -

Wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 19. März 2020 (Aktenzeichen B 1 KR 20/19 R) entschieden hat, dient eine ordnungsgemäße Aufklärung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung aber auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Denn im Sachleistungssystem entscheidet letztlich der Versicherte, ob er die ihm ärztlich angebotene, medizinisch notwendige Leistung abruft. Fehlt die ordnungsgemäße Aufklärung, kann das Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses gegen die Krankenkasse des Versicherten haben. Das Bundesozialgericht entwickelt damit seine bisherige Rechtsprechung fort (BSG Urteil vom 8. Oktober 2019 - B 1 KR 3/19 R). Eine ordnungsgemäße Aufklärung ist danach kein bloßer Formalismus. Zwar kann bei Routinebehandlungen im Sinne einer widerlegbaren Vermutung davon ausgegangen werden, dass die Aufklärung ordnungsgemäß stattgefunden hat und Versicherte ihre Entscheidung für die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen auf der Grundlage von ausreichenden Informationen getroffen haben. Das gilt jedoch nicht, wenn mit der Behandlung ein hohes Risiko schwerwiegender Schäden, insbesondere ein hohes Mortalitätsrisiko verbunden ist. In diesen Situationen ist regelmäßig nicht auszuschließen, dass Versicherte bei ordnungsgemäßer Aufklärung von dem Eingriff Abstand genommen hätten. Dies gilt in besonderem Maße, wenn es sich bei der beabsichtigten Behandlung um einen noch nicht dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechenden Therapieansatz handelt. Versicherte müssen wissen, auf was sie sich einlassen, um abwägen zu können, ob sie die Risiken einer solchen Behandlung um deren Erfolgsaussichten willen eingehen wollen.

In einem Vergütungsstreit zwischen einem Hamburger Krankenhaus und der beklagten Krankenkasse blieb offen, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung des Versicherten stattgefunden hatte. Das Bundessozialgericht hat daher das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der damals 60-jährige Versicherte war an einem Mantelzelllymphom, einer Form des Lymphdrüsenkrebses, erkrankt. Das Landessozialgericht muss nun prüfen, ob der Versicherte, über Chancen und Risiken der bei ihm nach mehr als einjährigem Stillstand der Krankheit durchgeführten Übertragung der Stammzellen eines Fremdspenders (allogene Stammzelltransplantation) ordnungsgemäß aufgeklärt worden war. Der Versicherte starb rund einen Monat nach Durchführung der Behandlung an den Folgen einer Sepsis mit Multiorganversagen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesozialgerichts vom 16.04.2020
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pres ... 20_06.html


+++
Deutsches Ärzteblatt vom 16.04.2020:
Patientenaufklärung auch für Vergütung von Krankenhaus¬leistungen bedeutsam
Kassel – Eine ordnungsgemäße Patientenaufklärung über Chancen und Risiken einer möglichen Behandlung ist nicht nur aus medizinischen Gründen bedeutsam, sondern auch aus ökonomischen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel klargestellt (AZ B... [mehr] > http://170770.eu1.cleverreach.com//c/32 ... 975-q8w69h
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Gesperrt