Der Arzt hat sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen Befunden Kenntnis erhält

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Der Arzt hat sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen Befunden Kenntnis erhält

Beitrag von WernerSchell » 15.11.2018, 07:12

Ärzte müssen Patienten über schwerwiegende Befunde informieren - auch wenn die Patienten bei ihnen aktuell nicht in Behandlung sind. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.08.2018 - VI ZR 285/17 - klargestellt.

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In dem Streit verlangte ein Mann von seiner langjährigen Hausärztin Schmerzensgeld und Schadenersatz. Sie hatte ihn wegen Schmerzen im linken Bein und Fuß an einen Facharzt überwiesen. Später wurde ein Geschwulst in der Kniekehle entdeckt, das bei einer Operation entfernt wurde. Dass das Geschwulst ein bösartiger Tumor war, teilte die Klinik ausschließlich der Hausärztin mit. Sie sprach den Mann knapp eineinhalb Jahre später darauf an, als dieser wegen einer Handverletzung das nächste Mal zu ihr kam. Er benötigte danach weitere Krankenhausaufenthalte und Operationen. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte die Klage des Patienten abgewiesen. Die Richter hielten es für nachvollziehbar, dass die Ärztin, die zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr in die Behandlung eingebunden war, nichts unternommen hatte. Das sieht der BGH anders: Dem Arztbrief, der nur an sie ging, habe die Frau unschwer entnehmen können, dass die Klinik sie irrtümlicherweise für die behandelnde Ärztin hielt. Gerade in ihrer koordinierenden Funktion als Hausärztin hätte sie laut Urteil die Information weitergeben müssen. Das OLG muss den Fall nun neu verhandeln und entscheiden.

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Das Urteil des BHG ist abrufbar unter > https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- ... os=0&anz=1

Der Entscheidung wurde folgender Leitsatz voran gestellt:
Der Arzt hat sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen Befunden - und gegebenenfalls von der angeratenen Behandlung - Kenntnis erhält, auch wenn diese nach einem etwaigen Ende des Behandlungsvertrags bei ihm eingehen. Der Arzt, der als einziger eine solche Information bekommt, muss den Informationsfluss aufrechterhalten, wenn sich aus der Information selbst nicht eindeutig ergibt, dass der Patient oder der diesen weiterbehandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten hat.

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Ärzte Zeitung vom 28.08.2018:
Fürsorgepflicht von Hausärzten / BGH
Patient muss auch nach Überweisung informiert werden

Ärzte haben laut Bundesgerichtshof eine "nachwirkende Schutz- und Fürsorgepflicht". Heißt: Wird ihnen durch Dritte ein kritischer Befund bekannt, müssen sie ihre Patienten darüber in Kenntnis setzen. mehr » https://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=96 ... efpuryykqr
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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