Kann eine Berufsbetreuuerin aus einem für die Betreute abgeschossenen Pflegevertrag selbst in Anspruch genommen werden?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Kann eine Berufsbetreuuerin aus einem für die Betreute abgeschossenen Pflegevertrag selbst in Anspruch genommen werden?

Beitrag von WernerSchell » 20.07.2018, 05:58

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Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 21.03.2018, 4 U 117/16
Quelle: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:8074911

Leitsatz zur Entscheidung:
Zur Frage, inwieweit eine Berufsbetreuerin aus einem für die Betreute abgeschlossenen Pflegevertrag selbst in Anspruch genommen werden kann.

Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4.5.2016 (Az. 2-19 O 254/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 16.989,61 €.

Gründe
I.
Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aus einem Pflegevertrag sowie Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht geltend.
Die Klägerin betreibt einen ambulanten häuslichen Krankenpflegedienst. Die Beklagte, eine Rechtsanwältin, ist als Berufsbetreuerin tätig. Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 05.09.2012 (Az.: ...) wurde sie zur Betreuerin von Frau X (im Folgenden: die Betreute) bestellt.
Die Betreute lebte bis November 2012 mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in einer Sozialwohnung. Als ein Zusammenleben nicht mehr möglich war, wurde die Betreute in Ermangelung anderer Möglichkeiten zunächst in ein Pflegeheim untergebracht. Im Zusammenhang mit der Beantragung einer Sozialwohnung für die Betreute telefonierte die Beklagte mehrfach mit der Zeugin Z1 vom zuständigen Sozialamt/Y. Am 07.11.2012 wurde gemeinsam mit der Zeugin Z1 ein Antrag auf eine Sozialwohnung ausgefüllt.
Die Betreute besuchte wochentäglich eine Tagespflegeeinrichtung. Infolge einer durch ein zerebrales Aneurysma erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigung war sie auf Hilfestellung bei der körperlichen Pflege angewiesen. Um die Pflege der Betreuten sicherzustellen, wurde unter dem 22.12.2012 auf Betreiben der Beklagten ein Pflegevertrag geschlossen, der die Pflege der Betreuten durch die Klägerin vorsah. Die von der Beklagten auf dem Pflegevertrag geleistete Unterschrift trägt den Zusatz "als Betreuerin". Unter "Leistungen" ist u.a. handschriftlich eingefügt worden, "Große Körperpflege", "Kleine Körperpflege", "Kämmen" und "Einfache Hilfe b. Ausscheid." Unter "Sonstige Vereinbarungen" heißt es: "Pflegekasse 550,00 €, Restkosten für Pflege übernimmt Sozialamt oder gesetzl. Betreuerin Fr. A".
Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Pflegevertrages vom 22.12.2012 wird auf Bl. 347 d. A. Bezug genommen.
Ob die Urkunde tatsächlich am 22.12.2012 unterzeichnet wurde und ob bereits in dem Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die Beklagte auch die weiteren Leistungen sowie die Einfügungen unter "Sonstige Vereinbarungen" enthalten gewesen waren, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin erbrachte im Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 30.09.2013 Pflegeleistungen für die Betreute, für welche die Klägerin dem Sozialamt/Y insgesamt 15.951,29 € in Rechnung stellte. Hinsichtlich des genauen Inhalts der Rechnungen wird auf Bl. 29 ff. d. A. Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 05.05.2014 lehnte das Sozialamt eine Kostenzusage hinsichtlich der Rechnungen für den Zeitraum Dezember 2012 bis September 2013 mit der Begründung ab, es fehle an einem hierfür erforderlichen Antrag.
Gegen den Bescheid des Sozialamtes erhob die Beklagte im Namen der Betreuten am 11.06.2014 Widerspruch.
Am 18.08.2014 wurde die Betreuung vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen des Wegfalls der Voraussetzungen für eine Betreuung gem. § 1908d BGB aufgehoben.
Mit Schreiben vom 02.10.2014 teilte die Beklagte der Klägerin die Aufhebung der Betreuung mit, und dass sie infolgedessen das Widerspruchsverfahren nicht mehr für die Betreute fortführen könne.
Dennoch bot die Beklagte der Betreuten mit Schreiben vom 2.10.2014 an, für diese das Widerspruchsverfahren privat weiterzuführen, wenn die Betreute sie entsprechend bevollmächtige. Mit Schreiben vom 12.10.2014 lehnte die Betreute eine Bevollmächtigung der Beklagten ab und forderte diese vielmehr auf, sämtliche Unterlagen, die diese im Rahmen der Betreuung erhalten habe - auch die Unterlagen betreffend das Sozialamt - herauszugeben.
Unter dem 16.10.2014 forderte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Betreute zur Zahlung der offenen Rechnungsbeträge unter Fristsetzung bis zum 26.09.2014 auf. Eine Reaktion auf das Schreiben seitens der Betreuten erfolgte nicht.
Erstmals unter dem 16.10.2014 forderte die Klägerin auch die Beklagte zur Zahlung auf, für den Fall, "dass Frau X als Empfängerin der Leistungen zahlungsunfähig ist und das Sozialamt nicht zahlt" (Anlage K 16, Bl. 51 f. d. A.).
In einem weiterem Schreiben vom 30.10.2014 (Anlage K 19, Bl. 56 f. d. A.) wies die Klägerin die Beklagte auf die nach ihrer Ansicht bestehende Rechtslage hin: "Da Sie als Betreuerin Dritten gegenüber nicht direkt haften, verbleibt es zunächst bei Frau X als primärer Schuldnerin. Sobald sich ein Titel gegen Frau X erstritten habe, (...) müsste Frau X dann ihrerseits eine Schadensersatzklage gegen Sie (...) anstrengen".
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2014, der Betreuten zugestellt am 12.11.2014, wies der Magistrat - das Rechtsamt - der Stadt B den von der Beklagten für die Betreute eingelegten Widerspruch vom 11.06.2014 zurück. Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum vom Dezember 2012 bis September 2013 die Beklagte als Betreuerin keinen rechtzeitigen Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe. Das Sozialamt habe erst mit Antragstellung am 30.09.2013 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Voraussetzungen erlangt. Im Übrigen wird auf den Widerspruchsbescheid (Anlage K 28, Bl. 70 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Betreute hat den Widerspruchsbescheid nicht im Wege einer Klage angefochten.
Mit Schreiben vom 17.11.2014 (Anlage K 29, Bl. 76 f. d. A.) forderte die Klägerin, vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, die Beklagte erneut auf, den Gesamtbetrag i.H.v. 15.960,26 € zzgl. Zinsen an die Klägerin zu überweisen. In dem Schreiben wies sie darauf hin, den Widerspruchsbescheid vom 05.11.2014 geprüft zu haben, wobei sowohl sie und ihr jetziger Prozessbevollmächtigter "der Auffassung (sind), dass eine Klage zum Sozialgericht keine Aussicht auf Erfolg hat, da die zutreffende Begründung des Rechtsamts der Stadt B weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht angreifbar ist".
Mit "Abtretungsvertrag" vom 17.11.2014 (Anlage K 30, Bl. 78 d. A.) trat die Betreute der Klägerin etwaige ihr gegenüber der Beklagten zustehende Schadensersatzansprüche wegen der vom Sozialamt nicht übernommenen Pflegekosten ab.
Die Klägerin hat in der ersten Instanz vorgebracht, ihr stünde der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte sowohl aus dem Pflegevertrag als auch aus dem abgetretenen Schadenersatzforderung gemäß §§ 1833, 1915 BGB zu.
Sie ist der Auffassung, eine vertragliche Zahlungspflicht ergebe sich aus der von der Beklagten im Pflegevertrag übernommenen "Zahlungsgarantie".
Sie behauptet, der Pflegevertrag in der vorliegenden Fassung vom 22.12.2012 sei in den Kanzleiräumen der Beklagten von den Parteien unterzeichnet worden. Dass die Vertragsurkunde mit zwei unterschiedlichen Stiften ausgefüllt worden sei, rühre daher, dass die Geschäftsführerin der Klägerin den oberen Teil bereits während eines Telefonats mit der Beklagten ausgefüllt habe, während sie den Rest des Vertrages erst am 22.12.2012 eingefügt habe. Das Dokument sei nicht nachträglich geändert worden.
Die Klägerin hat zudem behauptet, die Beklagte habe auch nach Unterzeichnung des Pflegevertrages bei späteren Gelegenheiten gegenüber verschiedenen Zeugen nochmals bestätigt, dass sie die Restkosten persönlich übernehmen werde, falls das Sozialamt aus irgendeinem Grund nicht zahlen sollte.
Die Leistungen seien auch so erbracht worden, wie sie in Rechnung gestellt worden seien. Sie meint, im Hinblick auf die von der Beklagten abgezeichneten Leistungsnachweise sei das pauschale Bestreiten der Beklagten unsubstantiiert.
Aus abgetretenem Recht bestehe die Klageforderung deswegen, weil es die Beklagte - ausweislich des Widerspruchsbescheids vom 5.11.2014 - grob pflichtwidrig und schuldhaft versäumt habe, den Leistungsantrag beim Sozialamt rechtzeitig zu stellen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 16.989,61 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.960,26 € seit dem 27.09.2014 und aus 16.989,61 € seit Rechtshängigkeit sowie 865,00 € vorgerichtliche Anwaltskosten an die Klägerin zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe den Pflegevertrag zwar unterschrieben, jedoch nicht mit dem Inhalt der vorliegenden Endfassung. Das Schriftstück sei gefälscht worden. Der von ihr unterzeichnete Vertrag habe im Zeitpunkt der Unterschrift unter "Leistungen" nur die ersten vier Positionen enthalten. Auch sei im Zeitpunkt ihrer Unterschrift das Feld für "Sonstige Vereinbarungen" noch nicht ausgefüllt gewesen. Auch die Leistungsnachweise, auf denen die Rechnungen basierten, seien nachträglich verändert worden. Nicht sämtliche in den Leistungsnachweisen enthaltenen, und später in Rechnung gestellten Leistungen seien auch tatsächlich erbracht worden. Weiter hat die Beklagte vorgebracht, sie habe sich als Berufsbetreuerin zu keinem Zeitpunkt dazu bereit erklären wollen, für die Pflegekosten persönlich einzustehen, weswegen sie den Vertrag auch mit dem Zusatz "als Betreuerin" unterzeichnet habe. Die Beklagte hat weiter behauptet, sie habe bereits im September 2012 und im Dezember 2012 einen Leistungsantrag an das Sozialamt gestellt und hierzu Anfang Januar 2013 mehrfach Telefonate mit dem Sozialamt geführt. In diesen Telefonaten habe sie das Sozialamt darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Betreute für den Pflegedienst einen über die Leistungen der Pflegekasse hinausgehenden Bedarf habe. Die finanzielle Situation und die Pflegebedürftigkeit der Betreuten seien dem Sozialamt schon jahrelang bekannt gewesen, zumal bei der Prüfung und der Berechnung des Umfangs der Sozialleistungen immer wieder auch die Leistungen der Pflegekasse, die die Betreute erhalten hatte, zu berücksichtigen gewesen seien.
Sie ist ferner der Auffassung, ein Anspruch aus abgetretenem Recht stünde der Klägerin schon deswegen nicht zu, da die Betreute den Sinn und die Tragweite der von ihr unterzeichneten Abtretungserklärung nicht erfasst habe, weswegen die Abtretung etwaiger Ansprüche an die Klägerin unwirksam sei. Darüber hinaus habe die Beklagte ihre Pflichten als Betreuerin ordnungsgemäß wahrgenommen, so dass eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Betreuten nicht bestünde.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z1.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 361 - 362 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 09.07.2015 (Bl. 283 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem am 04.05.2016 verkündeten Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünde weder aus § 765 Abs. 1 BGB (Bürgschaft) noch aus einem vertraglichen Schuldbeitritt der begehrte Zahlungsanspruch zu.
Ein vertraglicher Anspruch scheitere daran, dass ein Vertrag, durch welchen sich die Beklagte habe verpflichten wollen, die Kosten für die Pflege der Betreuten zu übernehmen, nicht zustande gekommen sei. Das Landgericht hat offengelassen, ob der schriftliche Pflegevertrag nachträglich ergänzt bzw. verändert wurde. Jedenfalls folge insbesondere aus der Tatsache, dass die Beklagte "als Betreuerin" den Pflegevertrag unterschrieben habe, dass sie nur als Vertreterin für die Betreute habe Willenserklärungen abgeben wollen, nicht jedoch Erklärungen im eigenen Namen.
Auch stünden der Klägerin keine Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht der Betreuten zu. Es fehle an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten und dem streitgegenständlichen Schaden. Das Sozialamt habe den Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen. Gemäß dem im Sozialrecht herrschenden Kenntnisgrundsatz sei Sozialhilfe antragsunabhängig zu leisten. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die zuständige Sozialarbeiterin, die Zeugin Z1, bereits Ende des Jahres 2012 über die finanzielle und körperliche Hilfsbedürftigkeit der Betreuten Kenntnis gehabt habe.
Darüber hinaus würde ein etwaiger Schadensersatzanspruch infolge eines weit überwiegenden Mitverschuldens der Betreuten scheitern, § 254 BGB. Nach der Aufhebung der Betreuung wäre die Betreute gehalten gewesen, selbst gegen den fehlerhaften Widerspruchsbescheid vorzugehen und Klage zu erheben.
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 362 - 364 d. A.).
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2016, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, Berufung eingelegt und diese binnen der bis zum 12.08.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 11.08.2016, eingegangen am selben Tag, begründet. Sie verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und beantragt hilfsweise die Zurückverweisung an das Landgericht.
Sie macht insbesondere geltend, das Landgericht habe den Pflegevertrag rechtlich unzutreffend ausgelegt. Dem der Unterschrift beigefügten Zusatz "als Betreuerin" komme keine weitergehende Bedeutung zu, als dass dies die Berufsbezeichnung der Beklagten sei. Sie meint, der Wortlaut des Vertrages sei insofern eindeutig, als die Beklagte erklärt habe, für den Fall, dass das Sozialamt nicht zahle, für die Kosten persönlich einstehen zu wollen.
Erstmals in der Berufungsbegründung trägt die Klägerin vor, die Beklagte sei auch in anderen Pflegeverträgen eine entsprechende Verpflichtung eingegangen, was dafür spreche, dass es nicht unüblich sei, dass vom Sicherungsinstrument einer persönlichen Haftung der Betreuerin Gebrauch gemacht werde.
Schließlich ist die Klägerin der Auffassung, das Landgericht habe die Aussage der Zeugin Z1 fehlerhaft gewürdigt. Die Zeugin habe lediglich bekundet, dass die Betreute "möglicherweise" finanziell hilfsbedürftig gewesen sei. Eine abschließende Kenntnis von der Bedürftigkeit habe deshalb nicht vorliegen können, da noch nicht festgestanden habe, in welcher Höhe die Pflegekasse Leistungen übernehmen werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 04.05.2016 abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 16.989,61 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.960,26 € seit dem 27.9.2014 und aus 16.989,61 € seit Rechtshängigkeit sowie 865,00 € vorgerichtliche Anwaltskosten an die Klägerin zu verurteilen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur Durchführung der Beweisaufnahme und erneuten Entscheidung an das Landgericht Frankfurt zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klägerin habe nicht darlegen und beweisen können, dass sich die Beklagte mit dem Pflegevertrag für die Verbindlichkeit der Betreuten habe verbürgen wollen. Insbesondere habe sie darin keinen vertraglichen Schuldbeitritt erklären wollen.
Der streitgegenständliche Pflegevertrag sei nicht beweiskräftig, da er nachträglich ergänzt worden sei. Sie meint, die Vermutung der Echtheit der Vertragsurkunde gemäß § 440 Abs. 2 ZPO sei im vorliegenden Fall zerstört, da die Vertragsurkunde Mängel im Sinne von § 419 ZPO aufweise.
Der Senat hat mit Beschluss vom 10.04.2017 darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Würdigung die Auslegung der Erklärung zu dem Ergebnis führe, dass die Beklagte lediglich als sog. Ausfallbürgin habe haften wollen, dass jedoch eine Haftung ausscheide, da die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten bei der Geltendmachung der Zahlungsansprüche gegen die primäre Schuldnerin, die Betreute, verletzt habe.
Auf diesen gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.05.2017 Stellung genommen. Insbesondere ist sie der Auffassung, der Erklärung sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagte erst dann hafte, wenn weder die Betreute noch das Sozialamt zur Zahlung bereit sei. Sie meint, es wäre Aufgabe der Beklagten als Betreuerin gewesen, dafür zu sorgen, dass die Klägerin ihr Geld erhalte. Es sei unbillig, von ihr zu fordern, gegen die Betreute und das Sozialamt vorzugehen oder sich von der Betreuten deren Ansprüche abtreten zu lassen, da die Beklagte es vertraglich als Betreuerin übernommen habe, die Ansprüche beim Sozialamt geltend zu machen, erforderlichenfalls auch gerichtlich.
Im Übrigen wäre es von vornherein aussichtslos gewesen, die Betreute in Anspruch zu nehmen, weil "klar" gewesen sei, dass diese "nichts besitzt". Eine Pflicht, das Sozialamt zu verklagen, habe deshalb nicht bestanden, weil es sich bei dem Sozialamt nicht um den Hauptschuldner gehandelt habe.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen
II.
Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte Berufung ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zum einen bestehen keine vertraglichen Ansprüche aus der Erklärung der Beklagten aus dem Pflegevertrag vom 22.12.2012 unter "Sonstige Vereinbarungen: Pflegekasse 550,00 €, Restkosten für Pflege übernimmt Sozialamt oder gesetzl. Betreuerin Fr. A".
Entgegen der Behauptung der Beklagten, sie habe dem Pflegevertrag zwar unterschrieben, der Zusatz unter "Sonstige Vereinbarungen" sei jedoch nachträglich von der Geschäftsführerin der Klägerin eingefügt worden, ist dieser Zusatz als von ihr unterschrieben anzusehen. Allerdings führt die Abgabe dieser Willenserklärung letztlich nicht zu einer Haftung der Beklagten.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichen unterschrieben sind, den vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind, § 416 ZPO. Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich, § 440 Abs. 2 ZPO. Diese gesetzliche Beweisvermutung gilt nur dann nicht, wenn durch Streichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft der Urkunde ganz oder teilweise aufgehoben oder gemindert wird, worüber das Gericht nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, § 419 ZPO.
Vorliegend weist der Pflegevertrag nach der freien Überzeugung des Senats, § 286 Abs. 1 ZPO, keine Anhaltspunkte für die ernsthafte Möglichkeit von nachträglichen Einfügungen oder sonstigen äußeren Mängeln im Sinne des § 419 ZPO auf mit der Folge, dass die - unstreitig - von der Beklagten unterschriebene Urkunde den vollen Beweis dafür erbringt, dass die in ihr enthaltene Erklärung in den "Sonstige Vereinbarungen" von der Beklagten stammt.
Einschaltungen i.S.d. § 419 ZPO sind jedenfalls äußerlich erkennbare Einfügungen in den Text der Urkunde, z.B. in freie Zeilen (vgl. BGH NJW 1966, 1657, 1658). Ein äußerer Mangel einer Urkunde kann nicht nur bei Beschädigungen des Dokumentes durch Risse, Löcher o.ä., sondern auch dann vorliegen, wenn ein auffälliges Schriftbild, eine ungewöhnliche Anordnung der Erklärung auf dem Papier - z.B. ein im Verhältnis zum Rest des Schriftbildes eingequetschter Text - oder ein auf eine künstliche, nachträgliche Veränderung hinweisendes Format den Anschein einer nachträglichen Einschaltung erwecken (vgl. BGH, NJW 1980, 893). Dabei greift § 419 ZPO nicht erst dann ein, wenn feststeht, dass die bereits unterzeichnete Urkunde nachträglich geändert worden ist, sondern bereits dann, wenn dies nach dem Erscheinungsbild ernsthaft möglich ist (BGH NJW 1966, 1657, 1658 [BGH 02.06.1966 - VII ZR 41/64]) bzw. naheliegt (vgl. BGH NJW 1980, 893). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall gegeben sind, stellt eine vom Tatrichter nach § 286 ZPO zu entscheidende Frage dar (vgl. BGH NJW 1980, 893 [BGH 15.11.1979 - III ZR 93/78]).
Zu Unrecht meint die Beklagte, es bestehe deswegen die ernsthafte Möglichkeit einer nachträglichen Einschaltung, da leicht zu erkennen sei, dass die weiteren Leistungen zwar von derselben Hand, aber nicht in einem Zuge, sondern zu einem anderen Zeitpunkt und mit einem anderen, unterschiedlich dicken Stift ergänzt worden seien. Ebenso wenig überzeugt die Auffassung, die nachträgliche Einfügung ergebe sich daraus, dass die am rechten Rand des Vertrages aufgelisteten Gesamtkosten sich rechnerisch aus den vier oben stehenden Einzelleistungen ergäben, während unter Berücksichtigung der Kosten für die beiden weiteren Leistungen die Gesamtkosten über den ausgewiesenen 1.197,00 Euro lägen. Auch die Tatsache, dass oben im Vertragstext ausgeführt wird, dass die Pflegeleistungen erbracht werden entsprechend dem Gutachten des medizinischen Dienstes der Pflegekassen und laut des Bescheides der Pflegekasse, während die nach den vier oberen Leistungen im Vertrag enthaltenen Leistungen aber weder in dem Gutachten noch in dem Bescheid enthalten gewesen seien, führt nicht zur Annahme eines Mangels der Urkunde i.S.d. § 419 ZPO.
Eine plausible Erklärung dafür, weshalb das Vertragsformular mit zwei unterschiedlich dick schreibenden Kugelschreibern ausgefüllt worden ist, hat die Geschäftsführerin der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung vor dem Landgericht am 12.03.2015 genannt. Während sie den oberen Teil des Pflegevertrages bereits im Verlaufe eines Telefonates mit der Beklagten ausgefüllt habe, seien die weiteren Eintragungen zusammen mit der Beklagten - wie sie später klargestellt hat - im Büro der Beklagten vorgenommen worden. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Die Inaugenscheinnahme des Originalvertrages (Bl. 347 d. A.) ergibt zudem, dass der Klägervortrag dahingehend plausibel erscheint, dass im Vertragskopf die Anschrift, unter der die Betreute erst kurz vor dem Vertragsschluss Wohnung genommen hatte, erst unmittelbar vor der Unterzeichnung eingefügt worden sei, da diese beim Telefonat der Geschäftsführerin der Klägerin mit der Beklagten noch nicht bekannt gewesen sei. Bezüglich der "Leistungen" dürften auch hinsichtlich der ersten vier Eintragungen die Felder "mtl.", "Preis pro Leistung" und "Gesamtbetrag" erst mit dem dickeren Kugelschreiber, und damit am Tag der Vertragsunterzeichnung, eingefügt worden seien. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch aus dem Beklagtenvortrag, wonach nur die Gesamtbeträge der ersten vier Leistungen den Gesamtkostenbetrag ergäben, nicht, dass die weiteren Eintragungen erst nach der Unterzeichnung erfolgt seien müssen. Denn diese entsprechen hinsichtlich der Dicke der Schrift den vorgenannten Eintragungen. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamtbetrages ist zu berücksichtigen, dass die weiteren Leistungen nach den ersten vier nur "nach Absprache" erfolgen sollten, weswegen die endgültigen monatlichen Kosten für diese Leistungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht beziffert werden konnten. Daher erscheint es plausibel, dass sie in dem Gesamtkostenbetrag nicht enthalten sind.
Vor diesem Hintergrund der vereinbarten Leistung nur nach Absprache besteht auch nicht deswegen die ernsthafte Möglichkeit einer nachträglichen Einschaltung, weil die weiteren eingetragenen Leistungen weder dem Gutachten des medizinischen Dienstes noch dem Bescheid der Pflegekasse entsprächen oder weil die Betreute sich wochentäglich tagsüber in der Tagespflege aufgehalten habe, und die weiteren Leistungen daher nicht angezeigt gewesen wären. Unstreitig hat sich die Betreute an Wochenenden und Feiertagen nicht in der Tagespflege aufgehalten, so dass nachvollziehbar erscheint, für diese Tage die Möglichkeit einer weitergehenden Pflege zu vereinbaren.
Ferner ergibt sich die von Beklagtenseite behauptete, nachträgliche Einschaltung auch nicht aus dem äußeren Schriftbild des Vertrages, zumal weder die weiteren Leistungen noch die sonstigen Vereinbarungen im Verhältnis zu den übrigen Eintragungen eingequetscht erscheinen. Soweit in dem Text, der sich unter "Sonstige Vereinbarungen" findet, einzelne Worte abgekürzt wurden, lässt sich dies schon damit erklären, dass die für Eintragungen vorhandenen Freiräume auf dem Formular nicht ausreichend groß sind, um diese Worte vollständig auszuformulieren.
Soweit die Beklagte vorträgt, das Datum müsse nachträglich eingefügt worden sein, weil sie am 22.12.2012 nicht in ihrer Kanzlei gewesen sei und daher den Vertrag nicht dort an diesem Tage habe unterzeichnen können, ergibt sich hieraus nicht der zwingende Schluss auf eine nachträgliche Einschaltung, zumal ohne Weiteres auch ein Rück- oder Vordatieren eines Vertrages möglich ist und die Klägerin unstreitig bereits am 21.12.2102 mit der Erbringung der Pflegeleistungen begonnen hatte. Schlussendlich ergibt die Inaugenscheinnahme des Originalvertrages zudem, dass die Beklagte selbst den Vertrag mit dem dicker schreibenden Kugelschreiber unterschrieben haben dürfte, d.h. dass die angeblich nachträglich mit dem dickeren Stift vorgenommenen Einfügungen von ihr stammen dürften.
Die damit von der Beklagten stammende Erklärung: "Restkosten für Pflege übernimmt Sozialamt oder gesetzl. Betreuerin Fr. A" führt jedoch nicht zu einem vertraglichen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts folgt dies zwar nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte "als Betreuerin" den Pflegevertrag unterschrieben hat und damit keine eigene Willenserklärung habe abgeben wollen. Zwar wollte die Beklagte in Vertretung der Betreuten den Pflegevertrag insoweit abschließen, als dieser Leistungsvereinbarungen und die zu zahlende Pflegevergütung enthält. Das bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche Erklärungen in diesem Vertrag ausschließlich als in fremdem Namen abgegeben anzusehen wären. Aus dem objektiven Empfängerhorizont ergibt sich vielmehr, dass die Erklärungen in den "Sonstigen Vereinbarungen" von der Beklagten persönlich, im eigenen Namen, abgegeben wurden. Eine Verpflichtung zur Übernahme der Restkosten entweder durch das Sozialamt oder die Betreuerin konnte logischerweise nicht von der Betreuten selbst eingegangen werden, sondern ausschließlich von der Beklagten als Betreuerin. Diese Erklärung ergibt nur dann Sinn, wenn sie von einem Dritten, also nicht von dem Betreuten selbst, abgegeben wird, weil diese ohnehin aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Pflegevertrag haftet (so auch OLG Hamm, Urt. 3.11.11, Az. I-17 U 69/11, zit. nach juris).
Die Auslegung der Erklärung ergibt weiter, dass die Beklagte weder die Übernahme der Kosten durch die Betreute oder das Sozialamt garantieren wollte, noch dass sie einen Schuldbeitritt erklären wollte, sondern dass sie nur als sog. Ausfallbürgin, d.h. für den Fall, dass die Klägerin mit ihrer Forderung gegen die Betreute endgültig ausfällt, haften wollte.
Vertragsurkunden sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, §§ 133, 157 BGB. Dabei ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, wenngleich einem klaren Wortlaut bei der Auslegung eine erhebliche Bedeutung zukommt (BGH, NJW 01, 144 [BGH 11.09.2000 - II ZR 34/99]). Bei der Auslegung sind auch die vertraglichen Begleitumstände, die erkennbaren, beiderseitigen Interessenlagen der Vertragsparteien, der Zweck der vertraglichen Regelung und die Verkehrssitte zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Ellenberger, 77. Aufl., 2018, § 133, Rn. 7 ff. m.w.N.).
Sowohl eine Garantieübernahme, d.h. die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht für den Fall des Ausbleibens eines Erfolgs, als auch ein Schuldbeitritt, d.h. die Übernahme einer eigenen Haftung neben der des Hauptschuldners, sind von einer Bürgschaft dadurch abzugrenzen, dass die Schuld des Garanten bzw. des Beitretenden - anders als die Bürgschaftsverpflichtung - von der Entstehung und vom Fortbestand der gesicherten Schuld unabhängig ist. Es ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine selbständige und unbedingte (dann Garantie oder Schuldbeitritt) oder nur eine vom Anspruch gegen den Hauptschuldner abhängige, sog. akzessorische Schuld (dann Bürgschaft) begründet werden soll. Da sowohl der einer Schuld Beitretende als auch der Garant - anders als der Bürge - typischerweise ein eigenes unmittelbares, wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Hauptverbindlichkeiten hat, wird im Falle des Fehlens eines solchen Eigeninteresses regelmäßig nur eine Bürgschaft anzunehmen sein. Im Zweifel liegt kein Garantieversprechen oder Schuldbeitritt vor, sondern eine Bürgschaft (vgl. Palandt/Ellenberger, 77. Aufl., 2018, Einf v § 765, Rn. 17; Palandt/Grüneberg, Überbl v § 414, Rn. 4 m.w.N.; MüKo/Bydlinski, 7. Aufl., 2016, Vorb § 414, Rn. 23 m.w.N.).
Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Beklagte lediglich als sog. Ausfallbürgin haften wollte, d.h. für den Fall, dass die Klägerin mit ihrer Forderung gegen die Betreute endgültig ausfällt, und nicht, dass sie der Schuld der Betreuten beitreten, oder ein Garantieversprechen abgeben wollte.
Gegen ein Garantieversprechen und einen Schuldbeitritt spricht, dass es nicht der Interessenlage einer Berufsbetreuerin entspricht, unabhängig von der Entstehung und vom Fortbestand der gesicherten Schuld eine eigene Verbindlichkeit zu begründen und neben dem Betreuten für die Zahlung der vereinbarten Pflegekosten einzustehen. Auch ist das für eine Garantieübernahme bzw. einen Schuldbeitritt sprechende Indiz eines wirtschaftlichen Eigeninteresses an der Erfüllung der Hauptverpflichtung vorliegend nicht gegeben. Eine Berufsbetreuerin hat regelmäßig kein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Erfüllung der Verpflichtungen eines Betreuten aus einem Pflegevertrag (so auch OLG Hamm, Urt. 3.11.11, Az. I-17 U 69/11, zit. nach juris). Auch im vorliegenden Fall ist ein solches Interesse weder ersichtlich, noch von der Klägerin vorgetragen. Vielmehr spricht der Klägervortrag, wonach die Beklagte eine vergleichbare Kostenübernahme angeblich auch in anderen Pflegeverträgen erklärt habe, gegen ein solches Eigeninteresse.
Vielmehr ist die Erklärung in dem Pflegevertrag dahingehend auszulegen, dass die Beklagte - als Berufsbetreuerin - für die Pflegekosten nur für den Fall einstehen wollte, dass die Kosten weder von der Betreuten selbst aufgebracht werden können, noch von der Pflegekasse und dem Sozialamt übernommen werden. Dafür spricht zum einen bereits der Wortlaut der Vereinbarung. Die Beklagte hat sich nur verpflichtet, die "Restkosten" zu tragen, d.h. die Kosten, die weder von der Betreuten aufgebracht, noch von der Pflegekasse erstattet werden können. Darüber hinaus spricht für diese Auslegung, dass die Beklagte ausweislich des Pflegevertrages den Leistungsantrag beim Sozialamt bereits gestellt, die Klägerin die Rechnungen ausnahmslos direkt beim Sozialamt eingereicht, und die Klägerin nach Zahlungsverweigerung durch das Sozialamt zunächst die Betreute persönlich auf Zahlung in Anspruch genommen hat. Erstmals nach der Leistungsverweigerung des Sozialamts und der Betreuten hat sie die Beklagte in Anspruch genommen. Unstreitig gingen beide Parteien davon aus, dass die Kosten von dem Sozialamt übernommen werden. Hätte die Beklagte damit gerechnet, dass das Sozialamt die Kosten entgegen der übereinstimmenden Erwartung nicht übernehmen würde, hätte sie eine persönliche, primäre Haftungsübernahme nicht abgegeben. Dies entspricht dem Wesen einer Ausfallbürgschaft: Lediglich für den Fall, dass der Hauptschuldner (die Betreute bzw. das Sozialamt) die Kosten nicht aufbringen bzw. übernehmen kann, sollte die Beklagte als Absicherung haften.
Davon, dass die Beklagte vorliegend weder einen Schuldbeitritt erklären, noch eine Zahlungsgarantie übernehme wollte, sondern lediglich als Ausfallbürgin haften wollte, scheint nunmehr auch die Klägerin selbst auszugehen. Sowohl im Schriftsatz vom 04.05.2017 als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28.2.2018 hat die Klägerin die Beklagte als "Bürgin" bezeichnet. Die Klägerin trägt im Schriftsatz vom 04.05.2017 wörtlich vor: "Wenn das Sozialamt nicht zahlt, zahlt die Beklagte" und weiter: "Erst nachdem die Klägerin erfahren hat, dass das Sozialamt nicht zahlen wird, (...) sah sich die Klägerin veranlasst, von der Bürgschaft Gebrauch zu machen und die Beklagte zur Zahlung aufzufordern". Außerdem hat die Klägerin im der Berufungsbegründungsschrift die Zahlungszusage der Beklagten als "Sicherungsinstrument" bezeichnet. Auch im vorgerichtlichen Schreiben vom 16.10.2014 hat die Klägerin die Beklagte zur Zahlung aufgefordert - nur - für den Fall, "dass Frau X als Empfängerin der Leistungen zahlungsunfähig ist und das Sozialamt nicht zahlt". Schließlich hat die Klägerin auch im weiteren Aufforderungsschreiben vom 30.10.2014 - zutreffend - festgestellt: "Da Sie als Betreuerin Dritten gegenüber nicht direkt haften, verbleibt es zunächst bei Frau X als primärer Schuldnerin". Damit hat die Klägerin die Voraussetzungen einer Ausfallbürgschaft zutreffend erkannt. Die Beklagte sollte nicht primär und unmittelbar, sondern nur dann ergänzend, als Absicherung, haften, falls die Pflegekosten weder von der Betreuten selbst aufgebracht werden können, noch vom Sozialamt erstattet werden.
Die Voraussetzungen des Haftungseintritts der Beklagten als Ausfallbürgin sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Der Bürgschaftsfall ist nicht eingetreten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH haftet der Ausfallbürge nur dann, wenn der Gläubiger trotz Aufwendung der gebotenen Sorgfalt weder vom Hauptschuldner, noch durch Verwertung anderer vorrangiger Sicherheiten Befriedigung für seine Forderung erlangen konnte. Der Gläubiger hat nicht nur den objektiv eingetretenen Verlust nachzuweisen, sondern auch darzulegen und zu beweisen, dass der Ausfall trotz Einhaltung der bei der Verfolgung des verbürgten Anspruchs gebotenen Sorgfalt eingetreten ist oder auch dann eingetreten wäre, wenn er diese Sorgfalt angewandt hätte. Dabei ist der Gläubiger grundsätzlich zunächst gehalten, den Versuch einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zu unternehmen und zunächst andere Sicherheiten zu verwerten, bevor er den Ausfallbürgen in Anspruch nehmen darf. Bei der Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten handelt es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, die der Gläubiger darzulegen und zu beweisen hat (vgl. nur BGH Urteil 10.12.98, Az. IX ZR 156/98, NJW 99, 1467; BGH Urteil 20.3.2012, Az. XI ZR 234/11, NJW 12, 1946). Wenn zunächst gegen andere, vorrangige Schuldner vorgegangen werden muss - wie hier gegen das Sozialamt - genügt eine bloße Zahlungsunwilligkeit des vorrangigen Schuldners nicht für den Eintritt der Bürgenhaftung. Vielmehr müssen zuvor sämtliche rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sein, wozu auch eine klageweise Geltendmachung gehört (vgl. OLG München, Beschluss 6.4.06, Az. 19 U 4564/05, WM 07, 1786).
Vorliegend hat die Klägerin ihre Pflicht, mit der gebotenen Sorgfalt zunächst die Hauptschuldnerin, die Betreute, erfolglos in Anspruch zu nehmen, verletzt. Wie dargelegt, haftet die Beklagte als Ausfallbürgin erst, wenn die Klägerin trotz hinreichender und ernsthafter Bemühungen keine Befriedigung von ihrem Vertragspartner, der Betreuten erlangen, kann. Die Klägerin hat die Betreute lediglich einmal, mit Schreiben vom 16.10.2014, zur Zahlung aufgefordert. Nachdem die Betreute auf dieses Schreiben nicht reagiert hat, hat die Klägerin ihre Ansprüche gegenüber der Betreuten nicht weiterverfolgt. Dies genügt nicht den Anforderungen, die der BGH an ein ernsthaftes und sorgfältiges Vorgehen gegen den Hauptschuldner aufgestellt hat.
Zum einen hat die Klägerin ihre Sorgfaltspflicht dadurch verletzt, dass sie keine hinreichenden Bemühungen unternommen hat, dass die Pflegekosten vom Sozialamt übernommen werden. Sie hätte die Betreute dazu anhalten müssen, gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 5.11.2014 Klage zu erheben.
Zwar war die Klägerin nicht gehalten, sich den sozialrechtlichen Leistungsanspruch der Betreuten gegenüber dem Sozialamt abtreten zu lassen. Die Abtretung eines - noch nicht rechtskräftig festgestellten - Leistungsanspruchs gegenüber dem Sozialamt wäre nach den besonderen Grundsätzen des Sozialrechts unwirksam. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG zum Recht des AsylbLG (BSG, Urteil 30.10.2013, Az. B 7 AY 2/12 R, BSGE 114, 292) und zum Recht der GKV (BSG, Urteil 18.7.1006, Az. B 1 KR 24/05 R, BSGE 97, 6 [BSG 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R]) können nur bereits durch Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren festgestellte Ansprüche abgetreten werden. Dies beruht auf der Überlegung, dass es sich bei sozialrechtlichen Leistungsansprüchen grundsätzlich um höchstpersönliche Ansprüche handelt. Darüber hinaus soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Anspruchsinhabers geschützt werden. Würde mit der Abtretung zugleich die Befugnis übertragen, die gerichtliche Feststellung eines Kostenerstattungsanspruchs zu betreiben, bestünde die Gefahr, dass sich - etwa unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung von Mitwirkungspflichten - der Hilfebedürftige durch die erzwungene Preisgabe von sensiblen, höchstpersönlichen Daten vom "Datensubjekt zum Zeugen wandeln würde". Dies führt dazu, dass der Leistungsberechtigte gehalten ist, seine Ansprüche zunächst selbst zu verfolgen und erforderlichenfalls einzuklagen (BSG, Urteil 30.10.2013, Az. B 7 AY 2/12 R, BSGE 114, 292; BSG, Urteil 18.7.1006, Az. B 1 KR 24/05 R, BSGE 97, 6 [BSG 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R]). Dieser Grundsatz ist auf sämtliche Sozialhilfeansprüche zu übertragen, mithin auch auf den vorliegenden Anspruch auf Hilfe zur Pflege i.S.d. § 8 SGB XII (vgl. jurisPK/Coseriu, SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 17, Rn. 26).
Ob sich an diesem Ergebnis vorliegend etwas durch die Tatsache ändert, dass die Betreute der Beklagten angeboten hat, dieser ihre Ansprüche gegen das Sozialamt abzutreten, und damit zu erkennen gegeben hat, auf ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu verzichten, kann vorliegend offen bleiben.
Denn die Klägerin hätte zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten bei der Verfolgung ihres Zahlungsanspruches die Betreute zumindest dazu anhalten müssen, selbst im Wege des Klageverfahrens die Sozialleistungsansprüche geltend zu machen. Die Klägerin war verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende und Zumutbare zu unternehmen, um eine Leistungsübernahme durch das Sozialamt zu erwirken, um damit die Schuld der Betreuten bei der Klägerin tilgen zu können. Der Klägerin stand zwar kein unmittelbarer Anspruch gegen das Sozialamt zu. Die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers bestand nur gegenüber der Betreuten. Die Klägerin hätte jedoch darauf hinwirken können und müssen, dass die Beklagte ihren Anspruch gerichtlich verfolgt. In diesem Falle wäre der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Pflegekosten erloschen, und damit der Rückgriff auf die Beklagte als Ausfallbürgin entbehrlich gewesen.
Es wäre für die Klägerin vorliegend auch möglich und zumutbar gewesen, die Betreute dazu anzuhalten, ihre Ansprüche klageweise geltend zu machen. Ausweislich des Schreibens des Klägervertreters vom 10.10.2014 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits sowohl über die Aufhebung der Betreuung als auch über die vom Sozialamt versagte Kostenübernahme informiert. Mithin wusste die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2014, dass die Beklagte nicht mehr befugt war, im Namen der Betreuten Klage zu erheben. Insoweit geht auch der Einwand der Klägerin fehl, es sei Aufgabe der Beklagten als Betreuerin gewesen, Ansprüche gegen das Sozialamt durchzusetzen. Nach der Aufhebung der Betreuung war die Betreute wieder alleine berechtigt und verpflichtet, etwaige Sozialhilfeansprüche geltend zu machen. Ausweislich des Schreibens des Klägervertreters an die Beklagte vom 17.11.2014 war die Klägerin auch über den der Betreuten am 12.11.2014 zugestellten Widerspruchsbescheid informiert und hatte diesen bereits rechtlich prüfen lassen. Hätte die Klägerin - immerhin anwaltlich vertreten - den Widerspruchsbescheid zutreffend geprüft, wäre sie unschwer zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Klage vor dem Sozialgericht Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Zu diesem Zeitpunkt lief die 1-monatige Klagefrist noch, so dass ausreichend Zeit geblieben wäre, eine entsprechende Klageschrift zu verfassen (worauf der damalige Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte im Schreiben vom 17.11.2014 selbst hingewiesen hat).
Eine entsprechende Klage vor dem Sozialgericht hätte Aussicht auf Erfolg gehabt.
Vorliegend sind streitgegenständlich Sozialhilfeleistungen in Form der Übernahme der Kosten der Hilfe zur Pflege im Sinne des § 61 SGB XII. Gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Zur Sozialhilfe gehört gemäß § 8 Nr. 5 SGB XII auch die Hilfe zur Pflege im Sinne des § 61 SGB XII. Anerkannt ist, dass der Anspruch auf Sozialhilfe antragsunabhängig, von Amts wegen, besteht. Der Anspruch setzt lediglich die Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Bedarf und der Hilfsbedürftigkeit voraus (vgl. BeckOK/Groth, Sozialrecht, Stand 1.12.2017, SGB XII, § 18, Rn. 1 ff.).
Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht nach Vernehmung der Zeugin Z1 zu dem Ergebnis gelangt, dass die zuständige Sachbearbeiterin beim Sozialamt, die Zeugin Z1, bereits vor dem Jahr 2011, d.h. lange vor dem streitgegenständlichen Stichtag 01.10.2013, Kenntnis sowohl von der Pflegebedürftigkeit, als auch von der finanziellen Hilfsbedürftigkeit der Betreuten hatte, d.h. dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der streitgegenständlichen Sozialleistung vorlagen. Die Zeugin bekundete glaubhaft, dass sie bereits seit mehreren Jahren gewusst habe, dass die Betreute finanziell bedürftig gewesen sei, da diese "Hartz IV" bezogen habe.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es unbeachtlich, dass die Zeugin ihre Aussage im Laufe der Vernehmung dahin eingeschränkt hat, dass sie lediglich Kenntnis von einer "möglichen" Hilfsbedürftigkeit gehabt habe, weil zunächst einmal die Leistungen der Pflegekasse hätten abgewartet werden müssen, bevor das Sozialamt seine Eintrittspflicht habe prüfen können. Die Kenntnis von dem exakten Betrag, den die Pflegekasse übernimmt, hat keinen Einfluss auf die generelle Kenntnis der finanziellen Hilfsbedürftigkeit der Betreuten. Die Kenntnis braucht sich noch nicht auf die genaue Höhe der zu erbringenden Leistung zu beziehen. Es genügt die allgemeine Kenntnis von dem Bedarf und der Hilfsbedürftigkeit. In einem laufenden Leistungsfall, also nach Einsetzen der Sozialhilfe - so wie vorliegend -, bei dem Leistungen der Hilfe zur Pflege gewährt werden, hat der Sozialhilfeträger die erforderliche Kenntnis bereits vor einer sich auf die Höhe der Leistung auswirkenden Änderung der Verhältnisse. Da § 18 SGB XII zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist es schon ausreichend, dass überhaupt die Notwendigkeit der Hilfe erkennbar ist, nicht aber in welchem Umfang die Hilfe geleistet werden muss. Die Kenntnis von den Voraussetzungen für die Leistung bezieht sich deshalb nicht auf das jeweilige, gegebenenfalls sich ändernde Ausmaß der Pflegebedürftigkeit, und damit nicht auf die konkrete Höhe der zu erbringenden Leistungen, sondern darauf, dass der erforderliche Pflegebedarf Leistungen der Sozialhilfe erfordert (vgl. BSG Urteil 2.2.12, Az. B 8 SO 5/10 R, NJW 12, 2540). Vorliegend bekundete die Zeugin nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts glaubhaft, dass ihr sowohl die Pflegebedürftigkeit als auch die finanzielle Hilfsbedürftigkeit der Betreuten seit Jahren bekannt gewesen sei. In welcher Höhe die Pflegekasse Zahlungen übernimmt, und damit in welcher Höhe letztlich das Sozialamt Leistungen zu erbringen hat, hat keinen Einfluss auf die generelle Kenntnis des Sozialamts vom Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen.
Darüber hinaus bekundete die Zeugin glaubhaft, mehrfach von der Geschäftsführerin der Klägerin telefonisch kontaktiert worden zu sein. Diese habe versucht, für die Betreute Leistungen zu beantragen (was an der fehlenden Antragsberechtigung eines Pflegedienstes scheiterte). Daraus ergibt sich, dass die Zeugin Z1, und damit das Sozialamt, von einem nicht durch die Pflegekasse gedeckten Pflegeaufwand Kenntnis hatte. Auf die Stellung eines Antrags und auf die Kenntnis der genauen Höhe der zu erbringenden Leistungen kam es wie ausgeführt nicht an.
Danach wäre die Durchführung eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht durch die Betreute aller Voraussicht nach erfolgversprechend gewesen, wodurch die streitgegenständliche Forderung auf Begleichung der Pflegekosten durch die Betreute hätte getilgt werden können.
Darüber hinaus hat die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten bei der Beitreibung ihrer Forderung gegen die Beklagte auch dadurch verletzt, dass sie - über die unterlassene Einwirkung auf die Betreute zur klageweisen Geltendmachung der Zahlungsansprüche gegen das Sozialamt hinaus - nicht ernsthaft versucht hat, vom Hauptschuldner, der Betreuten, Befriedigung zu erlangen. Die einmalige Zahlungsaufforderung vom 16.10.2014 genügte insoweit nicht. Insbesondere hat die Klägerin nicht - wie vom BGH gefordert (vgl. BGH Urteil 10.12.98, Az. IX ZR 156/98, NJW 99, 1467; BGH Urteil 20.3.2012, Az. XI ZR 234/11, NJW 12, 1946) - sich ihren Anspruch gegen die Betreute titulieren lassen und hat nicht den Versuch einer Zwangsvollstreckung unternommen. Dass diese Pflicht bestanden hat, hat die Klägerin im Übrigen selbst erkannt. So wies sie selbst in ihrem Schreiben vom 30.10.2014 die Beklagte darauf hin: "Da Sie als Betreuerin Dritten gegenüber nicht direkt haften, verbleibt es zunächst bei Frau X als primärer Schuldnerin. Sobald sich ein Titel gegen Frau X erstritten habe, (...) müsste Frau X dann ihrerseits eine Schadensersatzklage gegen Sie (...) anstrengen". Aus welchem Grund die Klägerin letztlich ihre Forderung gegen die Betreute entgegen ihrer Ankündigung doch nicht hat titulieren lassen, ist nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass der Ausfall auch bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt eingetreten wäre, d.h. dass auch bei ernsthafter Verfolgung des Anspruchs gegenüber dem Schuldner und Durchführung der Zwangsvollstreckung sie keine Befriedigung erlangt hätte. Der Vortrag, die Betreute in Anspruch zu nehmen, wäre von vornherein aussichtslos gewesen, weil "klar" gewesen sei, dass diese "nichts besitzt", so dass hätte ausgeschlossen werden können, dass die Betreute ihre Pflege selbst hätte bezahlen können, genügt nicht. Mangels genauen Vortrags zu den Vermögensverhältnissen, insbesondere auch zu etwaigem verwertbaren Grundeigentum, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass im Wege einer Zwangsvollstreckung die Schuld - zumindest teilweise - hätte getilgt werden können.
Festzuhalten bleibt, dass die Klägerin gegen ihre Pflicht zur gewissenhaften und ernsthaften Verfolgung ihres Zahlungsanspruches gegen ihren Hauptschuldner, die Betreute, verstoßen hat, mit der Folge, dass die Beklagte als Ausfallbürgin nicht haftet.
Schließlich hat das Landgericht auch zutreffend befunden, dass kein Schadensersatzanspruch der Betreuten gegen die Beklagte wegen Pflichtverletzung aus dem Betreuungsverhältnis besteht, der an die Klägerin hätte abgetreten werden können.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Zurechnungszusammenhang zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten (die verzögerte Einreichung eines Antrags) und dem Schaden (die abgelehnte Übernahme der Leistungen) festgestellt. Genauer gesagt fehlt es an der Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem Schaden. Die Leistungsverweigerung beruhte nicht auf einer verzögerten Antragstellung. Wie bereits dargelegt, besteht der Sozialhilfeanspruch gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII antragsunabhängig. Die Leistungsverweigerung beruhte vielmehr auf der unzutreffenden Rechtsansicht des Sozialamts bzw. auf der unterlassenen Klageerhebung. Dass eine entsprechende Klage vor dem Sozialgericht Aussicht verfolgt gehabt hätte, wurde bereits ausgeführt.
Auch andere Pflichtverletzungen aus dem Betreuungsverhältnis sind nicht ersichtlich. Insbesondere war die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin nach Aufhebung der Betreuung im August 2018 nicht mehr berechtigt und verpflichtet, für die Betreute das Widerspruchsverfahren weiter zu betreiben und gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 05.11.2014 Klage zu erheben. Die Beklagte hat sogar - überobligatorisch - der Betreuten angeboten, durch Erteilung einer entsprechenden Vollmacht diese in dem Verfahren weiter zu vertreten und insbesondere Klage einzureichen, was die Betreute allerdings ablehnte. Weitere nachvertragliche Pflichten bestanden für die Beklagte nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert daran auch die Tatsache nichts, dass der Senat mit dem Hinweisbeschluss vom 10.4.2017 an der in der mündlichen Verhandlung am 15.3.2017 geäußerten vorläufigen rechtlichen Würdigung nicht mehr festgehalten hat.
Die Festsetzung des Streitwerts für die Berufungsinstanz folgt aus §§ 3 ZPO, 47 GKG.
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