Wann darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Freddie
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Wann darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Beitrag von Freddie » 11.01.2017, 15:36

Liebes Forum, ich frage als neues Mitglied in dieser Rubrik, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich hier richtig bin, aber es scheint kein anderer Themenbereich zu passen. Darum also hier kurz meine Geschichte:

Ich wurde vor ca. 2 Jahren von meiner Hausärztin zum Internisten überwiesen. Dort wurde mir eine Darmspiegelung dringend angeraten, da ich erblich belastet bin und im entsprechenden Alter. Da ich große Angst habe vor allem, was mit Arzt und Untersuchung zu tun hat, habe ich den Termin mehrmals verschoben und letztendlich abgesagt.

Seit Weihnachten habe ich nun Schmerzen im Bauch und wollte auf die Darmspiegelung zurück kommen. Ich habe wieder bei dem Internisten angerufen und habe zunächst den Termin bekommen. Die Sprechstundenhilfe (Ehefrau des Arztes) hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich seinerzeit den Termin fünfmal verschoben habe. Ich habe das zwar nicht so in Erinnerung, aber es könnte trotzdem stimmen. Ich musste versichern, dass ich dieses Mal auch wirklich komme.

Etwa eine Stunde später erhalte ich einen Anruf von der Dame, der Arzt hat sich meine Akte nochmal angeschaut und will mir nun doch keinen Termin zur Darmspiegelung geben, da ich damals so oft abgesagt hatte. Ich empfinde das als echte Schikane, zumal ich das nicht auf Jux und Tollerei gemacht habe, sondern weil ich z.T. tatsächlich den Termin nicht wahrnehmen konnte und z.T. zugegebenermaßen auch aus Angst abgesagt habe und auch, weil ich damals niemanden hatte, der mich zum Arzt fahren und von dort wieder abholen hätte können. Ich gehe auch nicht davon aus, dass die Vorbereitungen zu einer Darmspiegelung in einer internistischen Praxis einen derart großen Zeitaufwand erfordern. Das wird dort doch fast täglich gemacht.

Nun meine Frage: darf mir ein Arzt in so einer Situation die Behandlung verweigern? Nicht, dass ich plane gegen ihn vorzugehen, ich möchte es einfach nur wissen.

Ich bedanke mich herzlich für Infos!

Freddie

WernerSchell
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Wann darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Beitrag von WernerSchell » 11.01.2017, 16:01

Sehr geehrter Herr Freddie,
Darmspiegelungen sind nicht so harmlos, wie es gerne allzu oft dargestellt wird. Über die Risiken und Unannehmlichkeiten wird gerne hinweggeredet. Daher kann ich Ihr zögerliches Verhalten grundsätzlich nachvollziehen. Die zurückliegenden Absagen sollten aus meiner Sicht kein Grund dafür sein, dass sich jetzt der Arzt verweigert.
Gleichwohl ist es immer so, dass ein Arzt eine Behandlung ablehnen darf, wenn das Vertrauensverhältnis arg belastet ist. Wahrscheinlich wird "Ihr" Arzt das so sehen wollen. Daher kann die Behandlungsverweigerung aus rechtlichen Gründen möglicherweise korrekt sein. Allerdings muss aber auch eine anderweitige Versorgungsmöglichkeit für Sie bestehen. Diese sollten Sie auch in Anspruch nehmen. Denn es macht keinen Sinn, einen Arzt mit rechtlichen Mitteln zu einer Untersuchung zu nötigen. Natürlich können Sie sich bei Ärztekammer oder bei der Kassenärztlichen Vereinigung beschweren.
Wenn es eine problemlose andere Untersuchungsmöglichkeit gibt, würde ich diese anstreben und die Absage zunächst auf sich beruhen lassen.
Wenn Sie im Neusser Raum wohnhaft sind, können Sie auch gerne zum Vortrag am 23.01.2017 zur VHS kommen. Dann geht es um die Patientenrechte.
Viele Grüße
Werner Schell

Siehe auch unter
> viewtopic.php?f=6&t=20276
> viewtopic.php?f=7&t=21734
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https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Freddie
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Re: Wann darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Beitrag von Freddie » 12.01.2017, 08:56

Lieber Herr Schell,
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie haben natürlich recht und ich möchte, wie gesagt, auch gar nicht gegen diesen Arzt in irgend einer Form vorgehen. Es ging mir nur um die Information.

Die Zulässigkeit des Arguments, dass der Arzt kein Vertrauen zu einem bestimmten Patienten aufbauen kann, ist halt auch ein Freibrief für Ärzte, Patienten nach Lust und Laune abzulehnen. Wer kann schon die Gefühle eines Menschen nachweisen? Eine sehr schwammige Regelung.

Jedenfalls danke nochmal für Ihre ausführliche Info und Hut ab vor Ihrem Engagement in diesem Rechtsbereich!

Freddie

WernerSchell
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Wann darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Beitrag von WernerSchell » 12.01.2017, 09:27

Ergänzende Informationen:
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Die Rechtsbeziehungen zwischen Arzt und Patient im Überblick
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... hungen.php
Grenzen der Behandlungspflicht
https://www.das.de/de/rechtsportal/pati ... licht.aspx
Patientenrechtgesetz
http://www.patienten-rechte-gesetz.de/bgb-sgbv/
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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"Ärztliche Behandlungspflicht - Wann dürfen Patienten abgelehnt werden?"

Beitrag von WernerSchell » 25.01.2019, 16:43

"Ärztliche Behandlungspflicht - Wann dürfen Patienten abgelehnt werden?" Ein Beitrag im "Hessischen Ärztelbatt", 2/2019.
Die Zeitung ist vollständig abrufbar unter > https://www.laekh.de/images/Hessisches_ ... 2_2019.pdf
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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