Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Gast

Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:46

Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Liebes Forum!
Auf unsere Intensivstation haben wir die Krankenakten am Bett des Patienten. Es kommt immer wieder zu Diskussionen mit den Angehörigen, wenn sie in den Akten blättern.
Meine Fragen: Dürfen Angehörige uneingeschränkt Einsicht in die Patientenakte nehmen? Welche Unterlagen dürfen sie einsehen? Dürfen sie auch Einsicht in die Pflegedokumentation, Übergabeberichte und Verlaufsdokumentation nehmen?
Im voraus schon vielen Dank für ihre zahlreichen Antworten.

Gast

Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:47

Hallo Ralf,
zu Deinem Fragenkomplex gibt es in diesem Forum bereits zahlreiche Texteinstellungen. Diese Texte können aufgerufen werden, wenn Du unter „suche“ die Begriffe „Einsichtsrecht“ bzw. „Krankendokumentation“ eingibst. Dort fand ich den nachfolgenden Text, den das Team Werner Schell vor einiger Zeit eingestellt hat. Damit werden auch Deine Fragen beantwortet.
Alles klar? Sonst noch einmal melden.
Gruß Berti

Text vom 14.4.2002
Einsichtsrecht für Angehörige (Sohn)? - Selbstbestimmungsrecht - Schweigepflicht - Besuchsrecht - Hausordnung
Sehr geehrter Fragesteller (Andreas),
Angehörige haben im Allgemeinen keinerlei Rechte auf Informationen (einschließlich Einsichtnahme in Dokumentationsunterlagen); ihnen gegenüber gilt sogar grundsätzlich Schweigepflicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich dann, wenn sie vom Patienten ausdrücklich bevollmächtigt oder vom Vormundschaftsgericht als Betreuer bestellt sind.
Besuch zu empfangen kann als Patientenrecht verstanden werden. Ob und ggf. inwieweit dieses Recht eingeschränkt werden kann, hängt von den Einzelumständen (z.B. Hausordnung) ab. Einschränkungen müssen also anhand der rechtlichen Rahmenbedingungen konkretisiert werden können. Wie seitens des Personals in bestimmten Einzelsituationen verfahren werden soll, müßte ggf. der Arbeitgeber näher festlegen.
In diesem Forum gibt es im Übrigen Texte, die weitere Hinweise enthalten. Benutzen Sie die Suchfunktionen und geben Sie die jeweiligen Betriffe ein, z.B. Krankendokumentation, Einsichtsrecht, Selbstbestimmungsrecht, Rechtliche Betreuung.
Mit freundlichen Grüßen
Team Werner Schell

Gast

Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Gast » 21.07.2003, 13:38

Hall Ralf,
das Wichtigste ist schon von Berti (Team Schell) gesagt. Selbst wenn aber ein Informationsrecht der Angehörigen angenommen werden darf / muss: ein selbständiges Blättern in der Krankendokumentation kann nicht zulässig sein. Wenn Informationswünsche bestehen, müssen sich Angehörige an das Personal wenden. Die Intensivstation würde sonst zum Selbstbedienungsladen verkommen!
MfG
Beate Küsters

Stefan_Huber

Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Stefan_Huber » 23.07.2003, 16:50

Ralf schrieb u.a.: Auf unsere Intensivstation haben wir die Krankenakten am Bett des Patienten. Es kommt immer wieder zu Diskussionen mit den Angehörigen, wenn sie in den Akten blättern.

Da die Angehörigen zunächst einmal kein eigenes Recht auf Akteneinsicht haben, muss insoweit auch die Verschwiegenheit gewahrt werden. Es muss meines Erachtens überlegt werden, ob die Krankenakten richtig deponiert sind. Wenn durch die Lagerung der Krankenakten eine Einsicht kaum verhindert werden kann, stellt sich die Frage, ob das nicht eine Verletzung der Schweigepflicht ist.
Es kann vor allem ernste therapeutische Gründe geben, den Angehörigen bestimmte Informationen (noch) nicht zu geben.
Ist ein Angehöriger legitimierter Rechtsvertreter (Eltern, Betreuer, Bevollmächtigter) ist die Rechtslage wohl eine andere!
Stefan

Isolde
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Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Isolde » 16.08.2003, 18:34

Hallo Ralf,
Angehörige ja sogar der eigene Ehepartner haben kein Recht in die Krankenakte einzusehen. Ich würde das Thema Krankenakte am Krankenbett bei Euch auf der Intensivstation diskutieren
Gruß

Gast

Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Gast » 17.08.2003, 10:33

Hallo zusammen,
die Angehörigen haben formal-rechtlich keinen Anspruch auf Informationen, weder schriftlich noch mündlich. Es muss immer anhand der Einzelumstände vorgegangen und entschieden werden. Der Patientenwille muss ggf. erforscht und maßgeblich gemacht werden (Patientenverfügung?).
Man kann Angehörige, z.B. Ehefrau oder erwachsene Kinder, oft in geeigneter Weise einbeziehen, indem diese zu Betreuern bestellt werden. Dann ist rechtlich alles klar!
Gruß Berti

Mueller-Bohlen
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Re: Einsicht in Patientenakte durch Angehörige

Beitrag von Mueller-Bohlen » 18.08.2003, 12:38

Das Akteneinsichtsrecht auf Intensivstationen ist seit Jahren ein großes Problem.

In de Regel werden aufgrund der Kürze der Behandlunsgzeit keine juristischen Betreuungen eingerichtet; so sind die Patienten in den Zeiten, in denen sie keine Entscheidungen treffen können, der Situation vollkommen ausgeliefert sind.

Formal besteht für die Angehörigen in dieser Situation kein Akteneinsichtsrecht. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass diese unbefriedigende Realität bei Angehörigen zu erheblichem Unmut führt.

Soweit möglich, sollte im Vorwege - z.B. bei der Aufnahme oder beim Aufklärungsgespräch - mit den Patienten schriftlich geregelt werden, ob und wer Einsicht bekommen darf, ggf.

Ich würde dazu raten, zu diesem Thema grundsätzlich das Vormundschaftgericht anzusprechen.

mfG
Lutz Müller-Bohlen
unanbh. Pflegeberater
Gubitzstr. 51 a
10409 Berlin
Tel 030/49855655

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